Hodenkarzinom
Bei Hodenkrebs handelt es sich um eine bösartige Tumorerkrankung, die mit einem Anteil von weniger als zwei Prozent aller neuen Krebsfälle insgesamt relativ selten auftritt. Dennoch spielt sie gerade bei Männern in jungem und mittlerem Alter eine bedeutende Rolle, denn hier stellt sie die häufigste Tumorneuerkrankung des Mannes dar. Wird der Krebs früh entdeckt, kann er in den meisten Fällen dauerhaft geheilt werden und selbst im metastasierten Stadium besteht im Gegensatz zu vielen anderen bösartigen Tumoren eine gute Heilungschance. Dementsprechend sollten Warnsignale wie Schwellungen und Verhärtungen im Hoden immer ernst genommen und von einem Arzt bzw. Urologen begutachtet werden.
Inhaltsverzeichnis
Hodenkrebs: Kurzüberblick
Hodenkrebs ist besonders unter jüngeren Patienten verbreitet. Rund 80 Prozent der Betroffenen sind unter 50 Jahre alt. In etwa 95 Prozent aller Fälle tritt der Tumor nur in einem der beiden Hoden auf. Hier eine kurze Übersicht zu dem Beschwerdebild:
- Symptome am Hodensack: Hodenschwellung, Hodenvergrößerung, Knoten oder Verhärtungen, Spannungsgefühle beziehungsweise ein Ziehen im Hodensack, Berührungsempfindlichkeit, Flüssigkeitsansammlungen.
- Allgemeine Symptome: Chronische Müdigkeit, Leistungsabfall, Appetitlosigkeit, Übelkeit, Gewichtsabnahme, Rückenschmerzen, Atembeschwerden.
- Risikofaktoren: Hodenhochstand, Fehlentwicklung der Harnröhrenöffnung, erbliche Veranlagung, Zellveränderungen im Hoden (Testikuläre intraepitheliale Neoplasie), Unfruchtbarkeit.
- Diagnose: Ultraschalluntersuchung, Biopsie, Computertomografie.
- Therapie: Operative Entfernung des Hodens, anschließend kann eine Chemotherapie oder Strahlentherapie erforderlich sein. Durch regelmäßige Überprüfungen wird sichergestellt, dass sich keine weiteren Metastasen bilden.
Hodenkarzinom: Definition und Häufigkeit
Mit dem Begriff „Hodenkrebs“ bzw. „Hodenkarzinom“ wird in der Medizin eine bösartige Gewebewucherung bezeichnet, die sich im Hoden des Mannes ausbreitet, aber über den Blutkreislauf auch jedes andere Körperorgan befallen kann. Betroffen sind vor allem jüngere Männer im Alter zwischen 25 bis 45 Jahren, bei denen diese Krebsart die häufigste bösartige Tumorerkrankung darstellt. Generell gehört Hodenkrebs jedoch laut dem Robert-Koch-Institut zu den selteneren Krebsarten und macht mit rund 4.000 Neuerkrankungen im Jahr einen Anteil von etwa 1,6 Prozent an allen Krebserkrankungen bei Männern aus.
Bei den meisten Betroffenen (95%) tritt der Krebs einseitig auf. Zudem gehen fast alle Tumoren (90%) von Keimzellen aus („Keimzelltumoren“). Unterschieden wird dabei zwischen Tumoren, die vom Hodengewebe bzw. den so genannten „Spermatogonien“ (Seminome) ausgehen und den so genannten „Nicht-Seminomen“, die aus verschiedenen Gewebearten bestehen können und dementsprechend spezifischer z. B. als Dottersacktumor oder Chorionkarzinom bezeichnet werden. Beide Formen sind in etwa gleich häufig, wobei sich Nicht-Seminome durchschnittlich etwas früher entwickeln. Dementsprechend liegt das mittlere Alter beim Auftreten eines nicht-seminomatösen Hodentumors bei 27 Jahren und bei Seminomen bei 37 Jahren.
Die übrigen 10% der bösartigen Hodentumoren haben ihren Ursprung im Stützgewebe („Sertoli-Zelltumoren“), in den Testosteron produzierenden Zellen („Leydig-Zelltumoren“) oder im Lymphgewebe des Hodens (Lymphome). Darüber hinaus können Tochtergeschwülste (Metastasen) von Tumoren anderer Organe in den Hoden auftreten.
Hodenkrebs Symptome
In den meisten Fällen treten bei dieser Krebsvariante deutlich erkennbare Symptome auf, weshalb eine Erkrankung meist von den Betroffenen selbst entdeckt wird. Typischerweise handelt es sich dabei um eine überwiegend einseitig auftretende Hodenschwellung, die sukzessive größer wird, aber keine Schmerzen bereitet. Hinzu kommen häufig fühlbare knotige Verhärtungen, ein Druck- oder Schweregefühl im Hoden sowie ein Ziehen in der Leiste. Einige Betroffene berichten zudem von Hodenschmerzen, geschwollenen Brustdrüsen, Blut im Sperma, einer Abnahme des sexuellen Verlangens oder einer Ansammlung von Flüssigkeit im Hodensack (Hydrozele). Im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung kann es aufgrund einer Lymphknotenschwellung im hinteren Bauchraum außerdem zu Rückenschmerzen und Atemnot kommen.
Schwellungen und Verhärtungen müssen jedoch nicht unbedingt auf eine Krebserkrankung hinweisen. Stattdessen sind häufig gutartige Erkrankungen wie zum Beispiel eine Nebenhodenentzündung oder ein so genannter „verdrehter Hoden“ (Hodentorsion) für die Symptome verantwortlich. Dennoch sollten die Beschwerden immer ernst genommen und zeitnah von einem Arzt bzw. Urologen abgeklärt werden, um gesundheitliche Risiken zu vermeiden.
Hodenkrebs Ursachen
Die Ursachen für Hodenkrebs sind bislang nicht vollständig geklärt. Bekannt sind jedoch einige Risikofaktoren, die sich begünstigend auf die Entstehung auswirken können. Hierzu zählt vor allem ein so genannter „Hodenhochstand“ (Kryptorchismus), bei welchem sich ein oder beide Hoden nach der Geburt nicht wie normalerweise im Hodensack, sondern z. B. in der Bauchhöhle oder im Leistenkanal befinden. Es handelt sich dabei um die häufigste angeborene Fehlbildung des Harn- und Geschlechtsapparats, die bei knapp ein bis drei Prozent der reifen männlichen Babys auftritt. Frühgeborene sind hingegen aufgrund ihrer noch unreifen Entwicklung mit bis zu 30 Prozent deutlich häufiger betroffen.
In einigen Fällen (ca. 7%) wandert der Hoden in den ersten Lebensmonaten von selbst in den Hodensack, nach dem ersten Lebensjahr ist dieser Prozess jedoch sehr unwahrscheinlich. Wird ein Hodenhochstand nicht frühzeitig behandelt, steigt zum einen die Gefahr für eine eingeschränkte Zeugungsfähigkeit (Infertilität), eine Hodentorsion und einen Leistenbruch. Zudem erhöht sich das Risiko für die spätere Entwicklung eines Hodentumors laut aktueller Studien um das Doppelte bis Dreifache. Da es schon innerhalb der ersten sechs bis zwölf Lebensmonate zu Schädigungen kommen kann, raten Experten heute dazu, die Therapie vor Ende des ersten Lebensjahres abzuschließen. Verändert sich die Lage dementsprechend innerhalb des ersten halben Lebensjahres nicht von allein, wird versucht, den Hochstand medikamentös durch die Gabe von Hormonen zu therapieren. Bleibt ein Erfolg aus, ist zur Lageveränderung des Hodens normalerweise ein kleiner operativer Eingriff erforderlich.
Neben dem werden erbliche Faktoren als Ursache für ein erhöhtes Erkrankungsrisiko vermutet, da der Tumor teilweise innerhalb einer Familie gehäuft auftritt. Dementsprechend würde laut der Deutschen Krebshilfe in einer Familie mit mehreren Söhnen ein Fall von Hodenkrebs zu einem etwa zwölffach erhöhten Risiko für die Brüder führen. Gleiches gelte demnach, wenn der Vater erkrankt ist, denn auch hier sei das Krebs-Risiko für den Sohn höher, als bei Altersgenossen ohne familiäre Vorbelastung.
Hodenkrebs Diagnose
Besteht ein Verdacht auf ein Hodenkarzinom, erfolgt normalerweise zunächst eine gründliche Befragung, durch welche sich der Arzt ein erstes Bild machen kann. Hilfreich ist es daher, sich im Vorhinein mit Fragen wie z. B. „Seit wann besteht die Schwellung?“ oder „Welche weiteren Beschwerden sind aufgetreten?“ zu beschäftigen, um möglichst genaue Antworten geben zu können. Anschließend erfolgt eine genaue Abtastung der Hoden, durch welche der Arzt verhärtete oder knotige Stellen erkennen kann, ergänzend hilft eine Ultraschalluntersuchung (Hodensonographie), um eventuelle Veränderungen sichtbar zu machen.
Häufig wird zur Bestätigung bzw. Entkräftung des Verdachts eine Blutprobe entnommen, um Hinweise auf mögliche „Tumormarker“ wie z. B. das Eiweiß Alpha-Fetoprotein (AFP) oder das Hormon Humanes Choriongonadotropin beta (ß-HCG) zu erhalten. Bei diesen handelt es sich um biologische Substanzen im Blut oder anderen Körperflüssigkeiten, die in erhöhter Konzentration auf die Entstehung oder das Wiederkehren von bösartigen Tumoren hinweisen können.
Bestätigt sich der Verdacht, wird der Hoden normalerweise im nächsten Schritt im Rahmen einer Operation freigelegt. Auf diese Weise kann der Arzt oft bereits erkennen, ob es sich um einen bösartigen Tumor handelt. Für eine eindeutige Diagnose ist jedoch die Untersuchung einer Gewebeprobe aus dem betroffenen Hoden notwendig (Biopsie). Um zu prüfen, ob bereits eine Metastasenbildung in anderen Organen oder ein Lymphknotenbefall vorliegen, werden abschließend in der Regel weitere bildgebende Verfahren wie z.B. Röntgenuntersuchungen oder die Computertomographie (CT) eingesetzt.
Therapie bei Hodenkrebs
Konnte die Diagnose eindeutig gestellt werden, besteht der erste Schritt zur Behandlung normalerweise in der operativen Entfernung des betroffenen Hodens inklusive Nebenhoden und Samenstrang über einen Schnitt in der Leiste (Orchidektomie). Der in der Regel unter Vollnarkose durchgeführte Eingriff gilt dabei als relativ einfach und risikolos. Zudem kann während der OP eine kleine Gewebeprobe aus dem gesunden Hoden entnommen werden, um eine mögliche Krebs-Vorstufe auf der anderen Seite entdecken zu können. Nebenwirkungen bzw. Folgeschädigungen wie z. B. Unfruchtbarkeit oder Impotenz treten durch die Entfernung eines einzelnen Hodens nur in sehr seltenen Fällen auf, da der gesunde Hoden auf der anderen Seite die Fehlfunktion ausgleicht. Zudem kann bei Bedarf aus kosmetischen Gründen ein Implantat aus Silikon (Hodenprothese) eingesetzt werden, welches sich in Aussehen uns Anfühlen nicht von einem gesunden Hoden unterscheidet.
Die weiteren Behandlungsschritte nach dem Eingriff richten sich nach der Tumorart (Seminom oder Nicht-Seminom) und der Ausprägung der Erkrankung. Bei früh entdeckten Tumoren genügt in vielen Fällen ein abwartendes Konzept („Wait-and-see-Strategie“), bei welchem vorerst keine weitere Therapie durchgeführt wird. Hier sind jedoch sehr kurzfristige Kontrollen notwendig, um eine eventuelle Metastasen-Bildung frühzeitig zu erkennen. Alternativ kommen bei einem Krebs vom Typ „Seminom“ je nach Krankheitsstadium eine Strahlen- oder unterschiedliche chemotherapeutische Verfahren zum Einsatz.
Bei einem Nicht-Seminom wird hingegen im Normalfall keine Strahlentherapie durchgeführt, da diese Tumorart weniger strahlenempfindlich ist. Hier kommen stattdessen nach der Entfernung des kranken Hodens entsprechend des Krankheitsstadiums ebenfalls die abwartende Überwachungsstrategie oder eine Chemotherapie in Frage. Zudem können in diesem Fall weitere Operationen erforderlich werden, um Lymphknoten im hinteren Bauchraum oder Metastasen in einzelnen Körperorganen zu entfernen
Wird der Hodenkrebs entdeckt und entsprechend therapiert, ist die Prognose normalerweise gut. Wichtig ist allerdings eine möglichst frühe Erkennung und Behandlung, denn in diesem Fall können mehr als 95% der Hodentumoren dauerhaft geheilt werden. Auch bei fortgeschrittener Erkrankung bestehen im Gegensatz zu den meisten anderen bösartigen Tumoren gute Heilungschancen, wodurch laut dem Robert Koch-Institut die relativen 5-Jahres-Überlebensraten mit 97 % hoch sowie die Mortalität mit 170 Todesfällen im Jahr vergleichsweise gering ist.
Hodenkrebs Vorsorge: Richtiges Abtasten wichtig
Um einer bösartigen Tumorerkrankung vorzubeugen, sollte jeder Mann etwa ein Mal im Monat beide Hoden auf Veränderungen abtasten. Dies gilt vor allem, wenn das Risiko aufgrund eines Hodenhochstands oder erblichen Vorbelastungen durch einen erkrankten Vater oder Bruder stark erhöht ist. Beginnen sollte die eigenen Untersuchung zudem bereits ab der Pubertät, da Hodenkrebs vor allem bei sehr jungen Männern auftritt. Einfach und unkompliziert funktioniert das Abtasten, wenn der Hodensack mit den Handflächen gehalten und mit den Fingern beider Hände gleichzeitig befühlt wird. Jeder Hoden sollte dabei einzeln betastet und gründlich auf Veränderungen hin untersucht werden.
Während ein gesunder Hoden normalerweise eine glatte Oberfläche hat, zeigt sich Hodenkrebs meist durch Verhärtungen oder die schmerzlose Vergrößerung eines gesamten Hodens, wobei oft nur eine Seite betroffen ist. Fällt bei der Kontrolle etwas auf, sollte nicht gezögert, sondern umgehend ein Arzt aufgesucht werden. Dies ist besonders wichtig, denn Hodenkrebs kann umso besser geheilt werden, je früher er entdeckt wird. Zudem können auch andere Veränderungen wie z. B. Krampfadern der Hoden (Varikozelen) auf diese Weise entdeckt und bei Bedarf behandelt werden.
Eine spezielle Früherkennungsuntersuchung mit Kostenübernahme durch die Krankenkasse beim Arzt gibt es hingegen nicht. Dennoch raten Experten Männern ab 20 Jahren zu einer jährlichen Tastuntersuchung durch den Urologen, um eine mögliche Erkrankung frühzeitig identifizieren zu können. Betroffene, bei denen der Hodenkrebs bereits behandelt wurde, sollten zudem unbedingt zur Nachsorge gehen. Denn auch wenn Rückfälle relativ selten vorkommen, gilt es, gesundheitliche Risiken zu vermeiden und den Gesundheitszustand regelmäßig kontrollieren zu lassen. (nr)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Deutsche Krebsgesellschaft e.V.: Hodenkrebs (Abruf: 26.08.2019), krebsgesellschaft.de
- Österreichische Krebshilfe-Krebsgesellschaft: Hodenkrebs (Abruf: 26.08.2019), krebshilfe.net
- Interdisziplinäre Arbeitsgruppe Hodentumoren: Häufige Fragen zu Hodenkrebs (Abruf: 26.08.2019), hodenkrebs.de
- Deutschen Krebshilfe / Deutschen Krebsgesellschaft: Ratgeber Hodenkrebs, Stand: Dezember 2017, krebshilfe.de
- Krebsliga Schweiz: Hodenkrebs (Abruf: 26.08.2019), krebsliga.ch
- Albers, S. Krege, C. Bokemeyer u.a..: Hodentumoren, in: Kurzgefasste interdisziplinäre Leitlinien, Deutsche Krebsgesellschaft (Hrsg.), W. Zuckschwerdt Verlag 2008
- Leitlinienprogrammes Onkologie: S3-Leitlinie Diagnostik, Therapie und Nachsorge der Keimzelltumoren des Hodens, Version 1.0, Stand 2019, leitlinienprogramm-onkologie.de
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.