Insektenstiche bedeuten für manche Allergiker Lebensgefahr
Bei einer Insektenstichallergie reagieren Betroffene mit einer allergisch bedingten Überempfindlichkeit auf das Gift von bestimmten Insekten. Meist sind Wespen und Bienen die Übeltäter. Ein Insektenstich kann bei diesen Allergikern einen lebensbedrohlichen anaphylaktischen Schock auslösen. Hier das Wichtigste in Kürze:
- Definition: Bei einer Insektenstichallergie findet, ausgelöst durch Bestandteile des Insektengifts, eine Überreaktion im Immunsystem statt, die den gesamten Körper betrifft. Die Reaktion auf das Gift hängt vom Schweregrad der Allergie ab.
- Symptome: Je nach Schweregrad kann ein Insektenstich Beschwerden wie Juckreiz und Schwellungen,Schwindel, Übelkeit und Erbrechen bis hin zu Krämpfen, Luftnot und Schwächeanfälle auslösen. Im schlimmsten Fall kommt es sogar zu lebensbedrohlichen Situationen mit rasantem Blutdruckabfall, Kollaps und Bewusstlosigkeit.
- Auslöser: Stiche von Bienen und Wespen lösen am häufigsten die allergischen Reaktionen aus. Stiche von Hummeln und Hornissen bilden ebenfalls mögliche Auslöser, sind jedoch weitaus seltener. Auch Mückenbisse können allergische Reaktionen hervorrufen, welche jedoch weniger bedrohlich verlaufen.
- Ursachen: Das Immunsystem der Betroffenen reagiert überschießend auf den Stich und bildet Antikörper gegen die im Insektengift enthaltenen Allergene aus, die das gesamte Herz-Kreislauf-System beeinflussen können.
- Risikogruppen: Häufig sensibilisiert sich das Immunsystem von Stich zu Stich. Somit zählen Menschen, die vermehrt gestochen werden, zu der Risikogruppe, also beispielsweise Imker, Gärtner, Feuerwehrleute und Obstbauern.
- Therapie: Die sogenannte Hyposensibilisierung gilt als einzige effektive ursächliche Therapie gegen Insektenstichallergien. Außerdem sollten Betroffene bei Aufenthalten im Freien ein Notfallset mit sich führen.
Inhaltsverzeichnis
Verschiedene Allergietypen
Bei den Allergien sind vier verschiedene Typen bekannt. Der Typ, dem auch die Insektenstichallergie zugeordnet wird, ist der Typ I, der Soforttyp, bei dem der Körper durch eine besonders starke Bildung von Immunglobulinen des Typs IgE innerhalb von Sekunden bis Minuten reagiert. Weitere Allergie-Arten sind der Typ II oder auch zytotoxischer Typ mit einer Reaktionszeit von Stunden oder Tagen, der Typ III oder auch Immunkomplextyp, bei dem der Organismus innerhalb von sechs bis acht Stunden auf das Antigen reagiert und der Typ IV, auch als Spättyp bezeichnet, welcher durch Symptome der Allergie im Zeitraum von ein bis drei Tagen gekennzeichnet ist.
Ursachen
Der Insektenstichallergie liegt eine Veranlagung zugrunde, die im Laufe des Lebens zu einer allergischen Reaktion führen kann. Bei Kontakt mit dem Allergen, hier das Gift eines Insektes, produziert der Körper große Mengen an Immunglobulinen des Typs IgE. Diese bleiben an der Oberfläche von Mastzellen (Blutzellen, die zu den Leukozyten gehören) haften. Hat der Betroffene ein zweites Mal Kontakt mit einem Insektengift, startet der Körper eine sogenannte Antigen-Antikörper-Reaktion, worauf die Mastzellen sofort Histamin und andere Inhaltsstoffe freisetzen.
Allergische Reaktionen zeigen sich in kürzester Zeit
Innerhalb von Sekunden oder Minuten zeigen sich die allergischen Symptome. Dies ist bei einer Insektenstichallergie meist eine Anaphylaxie. Dabei kommen nach anfänglichem Juckreiz, Rötung und Schwellung der Einstichstelle weitere Symptome hinzu, die nicht mehr lokal begrenzt sind, sondern sich immer mehr im ganzen Körper ausbreiten können. Dies sind Ödeme in Gesicht und Oberkörper, Luftnot und anfallartige Rötung, vor allem des Gesichtes (Flush). Durch das freigesetzte Histamin, das einen gefäßerweiternden Effekt hat, sinkt der Blutdruck. Auch Bauch- und Unterleibskrämpfe können entstehen.
Anaphylaktischer Schock
Die Anaphylaxie kann im Extremfall in einem lebensbedrohlichen anaphylaktischen Schock enden. Dieser geht mit Bewusstseinsverlust, Pulsbeschleunigung und Blutdruckabfall einher, bis letztendlich Kreislaufversagen und Atemstillstand eintreten können.
Auslöser für eine Insektenstichallergie
Die Hauptauslöser für eine Insektenstichallergie sind das Gift der Honigbiene und der Wespe. Hummeln und Hornissen sind zwar große, Angst einflößende Insekten, jedoch kommt es weniger häufig zu Stichen durch diese Arten. Wespen sind, was das Zustechen anbelangt, aggressiver. In der Regel verlieren diese auch nicht ihren Stachel, wie dies bei der Biene der Fall ist. Des Weiteren können Mückenstiche allergische Reaktionen hervorrufen. Diese sind zwar sehr unangenehm, aber nicht so gefährlich wie die Immunreaktion auf Bienen- und Wespengift.
Symptome der Insektenstichallergie
Bei den Symptomen der Insektenstichallergie werden Lokalreaktionen von Allgemeinreaktionen unterschieden. Zu den Lokalreaktionen gehören Rötung, Juckreiz, Juckender Hautausschlag und Schwellungen an der Einstichstelle. Diese kann sich verstärken und mehrere Tage anhalten. Allgemeinreaktionen treten nicht in der Nähe des Stichs auf, sondern können den ganzen Körper befallen. Leichte Ausprägungen sind eine Gesichtsrötung, Übelkeit, Schwindel und Atembeschwerden. Zu den ausgeprägteren Allgemeinsymptomen gehören anhaltende, massive Übelkeit und Erbrechen sowie Herzrasen. Eine Insektenstichallergie kann im schlimmsten Fall zu lebensbedrohlichen Situationen mit Atemnot, rasantem Blutdruckabfall, Kollaps, Bewusstlosigkeit bis hin zu Kreislaufstillstand führen.
Diagnose
Um eine Insektenstichallergie diagnostizieren zu können, ist eine ausführliche Anamnese nötig. Dabei werden Betroffene nach Ausprägung und Ablauf des Stichs genau befragt. Ein anschließend durchgeführter Allergie-Test, bei dem kleinste Mengen an Bienen- und Wespengift mit Hilfe einer Lanzette in die Haut eingebracht werden, kann den Verdacht auf eine Insektenstichallergie erhärten. Meist folgt daraufhin noch ein Bluttest, beim dem die Anzahl der Immunglobuline des Typ E bestimmt wird.
Medikamentöse Behandlung
Die medikamentöse Behandlung einer Insektenstichallergie ist keine ursächliche, sondern eine reine Symptombehandlung. Jedoch ist diese äußerst wichtig, um die allergischen Reaktionen im Akutfall schnellstens in den Griff zu bekommen und einem anaphylaktischen Schock entgegenwirken zu können. Zu den angewandten Medikamenten gehören Antihistaminika, Glucocorticoide und Mastzellstabilisatoren.
Der Einfluss des Histamins
Histamin ist eine Substanz, die der Körper selbst herstellt. Bei einem Allergenkontakt wird aus den Mastzellen Histamin freigesetzt, was zu den verschiedensten, unangenehmen Allgergiesymptomen führt. Eine Erschlaffung der Gefäßmuskulatur, welche sich durch einen Blutdruckabfall bemerkbar macht, eine erhöhte Gefäßpermeabilität, wodurch Schwellungen, sowohl lokal als auch im ganzen Körper auftreten, und eine Beeinträchtigung der Darmschleimhaut, was zu Durchfall führen kann. All dies sind Symptome, ausgelöst durch das frei gewordene Histamin.
Antihistaminikum
Hier greift der Einsatz eines Antihistaminikums. Dieses beeinflusst nicht die Ausschüttung und den Abbau der Substanz, sondern blockiert die Rezeptoren im Körper, an denen Histamin angreift. Mastzellenstabilisatoren hingegen greifen in den Mechanismus der Histaminausschüttung ein, indem sie die Zellwände der Mastzellen stabilisieren. Glucocorticoide, die ebenfalls bei der Behandlung der Insektenstichallergie zum Einsatz kommen, wirken entzündungshemmend, was gerade bei allergischen Symptomen sehr wichtig ist.
Adrenalin
Da bei einem Insektenstich das Histamin nicht die alleinige, verantwortliche Substanz ist, werden auch andere Gegenspieler wie zum Beispiel Alpha- oder Beta-Sympathomimetika verwendet. Bei einem anaphylaktischen Schock ist das wichtigste Mittel das Adrenalin. Dies wirkt erweiternd auf die Bronchien und Blutdruck erhöhend. Eine fertige Notfallspritze, die Adrenalin enthält, genannt Autoinjektor, ist ein Teil jedes Notfallsets, das Personen mit einer Insektenstichallergie möglichst immer griffbereit haben sollten, da es im Ernstfall lebensrettend ist.
Prävention
Die Vermeidungsstrategie ist natürlich das Beste, um eine allergische Reaktion zu umgehen. Jedoch ist dies natürlich nicht immer möglich. Diese Maßnahmen können zum Schutz vor Insektenstichen beitragen:
- Kleidung: Die Betroffenen sollten sich mit passender Kleidung schützen und stets Schuhe tragen, wenn sie sich im Garten bewegen.
- Essen im Freien: Beim Verzehr von Eis, Kuchen und Ähnlichem ist äußerste Vorsicht geboten.
- Obst und Blumen: Das Pflücken von Obst oder Blumen sollte den Personen vorbehalten sein, die keine Insektenstichallergie haben.
- Parfüm: Parfümierte Kosmetika sind möglichst zu meiden, da die Insekten Düfte lieben und durch diese angelockt werden können.
- Insektengitter: In der Nacht schützt ein Insektenschutzgitter vor dem Fenster.
- Motorrad: Zum Schutz vor Insektenstichen am besten fest anliegende Kleidung tragen und das Visier des Helms stets verschlossen halten.
Notfallset
Betroffene sollten stets das Notfallset mit sich tragen. Wichtig ist es zudem, Freunde und Bekannte von der Allergie in Kenntnis zu setzen, damit diese bei einem Stich, die Notfallsituation sofort erkennen und dementsprechend handeln können. Auch der Einsatz des Notfallsets erspart nicht Alarmierung des Notarztes.
Hyposensibilisierung bei Insektenstichallergie
Da ein Insektenstich im Leben niemals ausgeschlossen werden kann, ist eine ursächliche Behandlung in Form einer spezifischen Immuntherapie zu empfehlen. Bei einer Hyposensibilisierung wird der Organismus mit kontinuierlich sich steigernden Dosen des Insektengiftes, in Form einer Injektion, konfrontiert. Daraufhin gewöhnt sich das Immunsystem langsam an das Gift.
Stationäre Durchführung
Diese Behandlung ist nicht ganz ungefährlich. Der Beginn der Therapie wird daher stationär durchgeführt, um bei einer Überreaktion sofort handeln zu können. Die Grundbehandlung dauert in der Regel fünf bis zehn Tage. Dabei wird mit einer sehr geringen Dosis des Insektengiftes begonnen und diese dann behutsam, in kleinsten Schritten, gesteigert.
Hohe Erfolgsaussichten
Danach kann die Therapie ambulant durchgeführt werden, jedoch stets unter ärztlicher Aufsicht. So müssen Patienten nach jeder Injektion mindestens eine halbe Stunde in der Praxis verweilen, damit ein eventuelles schnelles Eingreifen des Arztes möglich ist. Die komplette Hyposensibilisierung dauert zwischen drei und fünf Jahren. Diese Therapie bietet eine 95-prozentige Sicherheit und kann ab dem fünften Lebensjahr erfolgen.
Notfallmaßnahmen bei einem Insektenstich
Die anschließend aufgeführten Maßnahmen sollten beim Eintreten einer Notfallsituation befolgt werden. Betroffene sollten auch Freunde, Verwandte und Kollegen über diese aufklären, damit im Notfall richtig reagierr werden kann, wenn Betroffene selbst nicht mehr dazu in der Lage sind. Zu diesen Maßnahmen zählen:
- Ruhe bewahren: Dies ist extrem wichtig, um die weiteren Schritte erfolgreich durchzuführen. Eine Panikattacke würde die Situation nur drastisch verschlimmern.
- Notarzt: Sofort einen Notarzt anrufen.
- Notfallset: Bei einem vorhandenen Notfallset, das sowohl ein Antihistaminikum, als auch ein Glucocorticoid und ebenso Adrenalin enthält, sollte dieses sofort, noch bevor der Arzt kommt, zum Einsatz gebracht werden. Das Adrenalin sollte, sobald die ersten Symptome auftreten, als erstes angewandt werden. Danach werden die beiden anderen Arzneimittel verabreicht. Jeder Betroffene sollte vor dem ersten Einsatz seines Notfallsets in dessen Anwendung eingewiesen werden.
- Einstichstelle kühlen: Zusätzlich sollte die Einstichstelle gekühlt werden. Bei einem verschluckten Insekt ist das Lutschen von Eiswürfeln zu empfehlen, jedoch nur, solange die Betroffenen bei Bewusstsein sind.
Notfallmittel aus der Naturheilkunde
Auf keinen Fall ist bei einer Insektenstichallergie auf das Notfallset und den Notarzt zu verzichten. Jedoch hält die Homöopathie drei Mittel parat, die in einem solchen Notfall zusätzlich zum Einsatz kommen können. Das homöopathische Mittel Apis hilft sowohl bei Wespen– als auch bei Bienenstichen. Vespa hingegen kommt nur bei Wespenstichen zum Einsatz. Normalerweise erfolgt die Anwendung oral. Jedoch kann das Mittel in etwas Wasser aufgelöst und damit die Einstichstelle versorgt werden. Der allgemeine, plötzlich einsetzende Notfall erfordert Aconitum. Diese Mittel sollten, ebenso wie das Notfallset, stets bei sich getragen werden.
Weiterführende Informationen
- Hausmittel gegen Wespen: Mit diesen Maßnahmen Wespen vertreiben.
- Einige Wespenstiche können auch für Nichtallergiker lebensgefährlich werden: Auch für Nichtallergiker besteht eine Gefahr, wenn sie im Mund- oder Halsbereich gestochen werden.
- Schnelle Hilfe gegen Wespen- und Bienenstiche bei Kindern: Was zu beachten ist, wenn Kinder von Wespen oder Bienen gestochen werden.
- Insektengift-Allergie wird von Vielen unterschätzt: Expertin berichtet über Behandlungsmöglichkeiten einer Insektenstichallergie.
- Bienen- und Wespenstiche können tödlich enden: Bayrische Staatministerin für Gesundheit Melanie Huml rät zur Vorsicht bei Wespen- und Bienenstichen.
- Wie man sich vor Wespen schützen kann: Expertentipps zur Prävention von Wespenstichen.
- Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG): Insektengiftallergie (Abruf: 24.07.2019), gesundheitsinformation.de
- Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie e.V. (DGAKI): S2k Leitlinie Bienen- und Wespengiftallergie, Diagnose und Therapie, Stand März 2011, awmf.org
- Trautmann, Axel / Kleine-Tebbe, Jörg: Allergologie in Klinik und Praxis: Allergene - Diagnostik - Therapie, Thieme, 2. Auflage, 2013
- European Centre of Allergy Research Foundation (Stiftung ECARF): Insektengiftallergie (Abruf: 24.07.2019), ecarf.org
- Przybilla, Bernhard; Ruëff, Franziska: Insektenstiche, Dtsch Arztebl Int, 2012, aerzteblatt.de
- National Health Service UK: Overview - Insect bites and stings (Abruf: 24.07.2019), nhs.uk
- American College of Allergy, Asthma & Immunology: Insect Sting Allergy (Abruf: 24.07.2019), acaai.org
- Asthma and Allergy Foundation of America: Insect Allergies (Abruf: 24.07.2019), aafa.org
(sw, vb)
Autoren- und Quelleninformationen
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