Eine Kieferprellung wird in der Fachsprache Kiefergelenk Kontusion genannt. Durch ein Trauma, einen Schlag ins Gesicht oder einen Sturz, kann es zu einer Kieferprellung kommen. Alles über den komplexen Aufbau des Kiefers, über die Symptome und die Behandlung erfahren Sie in den folgenden Zeilen.
Inhaltsverzeichnis
Definition
Ein Schlag gegen den Unterkiefer oder ein Sturz kann zu einem Gelenkerguss oder zu Einblutungen ins Kiefergelenk führen. Die Betroffenen können den Mund nur unter Schmerzen öffnen und auf der betroffenen Seite ist das Schließen nicht mehr möglich. Die Patientinnen und Patienten verharren in einer Schonhaltung. Eine Fraktur muss unbedingt ausgeschlossen werden. Deshalb ist der zeitnahe Besuch beim Zahnarzt dringend nötig.
Das Kauorgan
Das menschliche Kauorgan besteht aus einem Zusammenspiel aus linkem und rechtem Kiefergelenk, Muskeln und einem komplexen Band– und Kapselapparat. Das Kiefergelenk gehört zu den kleinsten, jedoch komplexesten Gelenken des menschlichen Körpers. Durch die Kiefergelenke ist der Unterkiefer mit der Schädelbasis verbunden. Komplizierte Dreh- und Gleitbewegungen sind möglich.
Störungen dieses Systems führen zu Schmerzen, Veränderungen in der Bewegung und/oder eingeschränktem Mundöffnen und –schließen. Ein Trauma bringt hier das ganze Zusammenspiel aus dem Gleichgewicht.
Definition Prellung – Kontusion
Eine Prellung bezeichnet eine abgeschlossene, stumpfe Verletzung. Eine Hautverletzung ist dabei nicht vorhanden. Auslöser sind ein Sturz, Fall, Schlag, Stoß oder Ähnliches. Gewebe, wie zum Beispiel Haut, Muskeln, Faszien, Sehnen, Fettgewebe, werden dabei gequetscht. Eine Prellung ist in der Regel sehr schmerzhaft, vor allem bei Belastung und Bewegung des betroffenen Gebietes.
Bei der Prellung eines Gelenks bildet sich häufig ein Erguss, was bedeutet, dass vermehrt Flüssigkeit in die Gelenkhöhle eintritt. Werden dabei auch noch Blutgefäße zerstört, entsteht ein Bluterguss.
Kontusion des Kiefers
Bei der Kontusion des Kiefers prallen die Gelenkoberflächen zusammen. Dadurch werden Knorpel, die Kortikalis (der äußere direkt unter der Knochenhaut gelegene kompakte Teil des Knochens) und Diskus (Knorpelscheibe) verletzt. Des Weiteren entstehen ein seröser Erguss und eventuell eine Einblutung in den Gelenkraum. Ursache für die Kieferprellung ist eine direkte oder indirekte Gewalteinwirkung, zum Beispiel durch einen Sturz auf das Kinn.
Die Betroffenen möchten den Kiefer gar nicht mehr bewegen und nehmen eine Schonhaltung mit leicht geöffnetem Mund ein. Jede Bewegung bereitet Schmerzen. Ein Gelenkerguss oder eine Einblutung in den Gelenkspalt kann mit einer sogenannten „Bonnet-Schonstellung“ einhergehen. Dies ist eine Entlastungsstellung: der Unterkiefer ist zur gesunden Seite hin verschoben. Ebenso ist eine Kieferklemme möglich.
Diagnose
Eine Kieferprellung gehört zeitnah in die Zahnarztpraxis. Mit Hilfe einer Röntgenuntersuchung lässt sich eine Fraktur ausschließen. Der Erguss ist durch einen erweiterten Gelenkspalt sichtbar. Eventuell wird ein MRT angeordnet, um Weichteilschäden zu erkennen. Ist die Flüssigkeitsansammlung sehr ausgeprägt, wird eventuell punktiert.
Wichtig ist eine Ruhigstellung. Dazu dient eine sogenannte Kopf-Kinn-Kappe. Empfohlen wird in dieser Zeit weiche Kost zu sich zu nehmen. Des Weiteren wird Physiotherapie angeordnet. Die Patientinnen und Patienten werden zu aktiven Mundöffnungsübungen angehalten. Gegen die Schmerzen wird ein Antiphlogistikum verschrieben.
Eine Nachsorge ist wichtig, vor allem aber bei Kindern. Hier können traumatisch bedingte Knorpelnekrosen zu sogenannten Ankylosen (Gelenkversteifung) oder Wachstumsstörungen führen. Die Spätfolgen bei Erwachsenen sind eine oromandibuläre Dysfunktion (Gelenkgeräusche bei Bewegung, Knirschen, eingeschränkte Kieferbewegungen, Schmerzen) und eine Arthrosis deformans (degenerative Gelenkerkrankung).
Hilfe aus der Naturheilkunde
Bei einer Kieferprellung ist die Akupunktur ein geeignetes Mittel aus der Naturheilkunde. Die Schüßler Salze Nr. 8 Natrium chloratum (Erguss, Schwellung) und Nr. 3 Ferrum phosphoricum (Entzündung, Trauma) unterstützen die Behandlung.
Wichtige Mittel aus der Homöopathie sind Arnika, Apis mellifica, Symphytum, Ruta und Bellis perennis. Der schmerzende Bereich wird mehrmals täglich mit der Schüßler Salbe Nr. 3 Ferrum phosphoricum oder einer Arnikasalbe vorsichtig eingerieben. Abschwellend, entzündungshemmend und heilend wirken Enzyme wie zum Beispiel das Bromelain. Der oder die behandelnde Therapeut/in wird ein geeignetes Mittel empfehlen.
Zusammenfassung
Eine Kieferprellung ist ein akutes Trauma, ein akutes Geschehen, das sofort in die Hand eines Arztes gehört. Eine ausführliche Untersuchung ist wichtig, um eine Kieferfraktur auszuschließen. Engmaschige Nachsorge ist unerlässlich, um Spätfolgen zu verhindern. (sw)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Ronald A. Schoenenberger et al.: Akute Funktionsstörungen des Kiefergelenks, Thieme, 2009, (Abruf 29.09.2021), Thieme
- Rainer Ottis Seidl, Michael Herzog, Arne Ernst: Traumatologie des Kopf-Hals-Bereichs, Thieme, 2003
- Arne Ernst et al.: Traumatologie des Kopf-Hals-Bereichs, Diagnostik von Verletzungen des Unterkiefers, Thieme, 2003, (Abruf 29.09.2021)
- Norbert Schwenzer, Michael Ehrenfeld: Spezielle Chirurgie, Bd 2: Zahn-Mund-Kiefer-Heilkunde, Lehrbuch zur Aus- und Weiterbildung, Thieme, 2001
- Hendrik Holtmann, Berit Hackenberg: BASICS Mund- und Kiefer-Gesichtschirurgie, Urban & Fischer, 2020
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.