Verkrümmte Wirbelsäule
Wer dauerhaft eine ungesunde Sitzhaltung annimmt oder häufig in gebückter Position arbeitet, der riskiert über kurz oder lang einen krummen Rücken. Ebenso gibt es zahlreiche Krankheiten, die eine Rückenkrümmung befördern. Eine Therapie ist hier nicht in allen Fällen dazu in der Lage, die Krümmung wieder wett zu machen. In der Regel helfen gezielte Behandlungsmaßnahmen jedoch, wenn auch nur zur teilweisen Korrektur.
Inhaltsverzeichnis
Definition
Die aufrechte Körperhaltung des Menschen wird bekanntlich durch den besonderen Aufbau der menschlichen Wirbelsäule garantiert. Anders als bei allen anderen Wirbeltieren verläuft diese beim Mensch evolutionsbedingt senkrecht. Beginnend am Hals (Cervix) erstreckt sich der knöcherne Wirbelaufbau dabei am Brustkorb (Thorax) entlang bis zum Lendenbereich (Regio lumbalis). Kerzengerade ist die menschliche Wirbelsäule trotz des aufrechten Verlaufs aber nicht. Vielmehr besitzt sie eine natürliche S-Form, die sich aus der besonderen Anordnung der einzelnen Wirbelsäulenabschnitte ergibt. Unterteilen lassen sich diese wie folgt:
- Halswirbelsäule (Pars cervicalis) – die Halswirbel werden auch C1 bis C7 genannt.
- Brustwirbelsäule (Pars thoracica) – die Brustwirbel bezeichnet man als Th1 bis Th12.
- Lendenwirbelsäule (Pars lumbalis) – hier liegen die Lendenwirbel L1 bis L5.
- Kreuzbein (Os sacrum) – besteht aus lediglich einem Wirbelknochen.
- Steißbein (Os coccygis) – weist ebenfalls nur einen Knochen auf.
Wirbel bestehen aus dem Wirbelkörper und dem Wirbelbogen. Die Wirbelbögen sind miteinander durch die Wirbelgelenke verbunden. Durch die Wirbelbögen der Wirbel verläuft des Weiteren der sogenannte Wirbelkanal (Canalis vertebralis), welcher das Rückenmark und somit das Kernstück des menschlichen Nervensystems enthält. Insgesamt weist die menschliche Wirbelsäule 24 Wirbel und 23 Bandscheiben auf, welche die Wirbelgelenke miteinander verbinden.
Darüber hinaus sind acht bis zehn Wirbel im Laufe der Evolution zu den beiden Wirbelknochen Kreuz- und Steißbein verwachsen. Dank der flexiblen Verbindung zwischen den Wirbeln durch die Bandscheiben wird dabei die bestmögliche Beweglichkeit der Wirbelsäule garantiert. Die aufrechte Haltung der Wirbelsäule wird außerdem durch eine Reihe von Muskeln und Bändern gewährleistet, welche den Wirbelsäulenelementen zusätzliche Stabilität geben.
Verliert die Wirbelsäule nun aus irgendeinem Grund an Stabilität, kommt es zu einer Neigung einzelner Wirbel nach vorne oder zur Seite. Die so entstehende Krümmung der Wirbelsäule kann verschiedene Krankheitsbilder zur Folge haben, darunter:
- Kyphose,
- Lordose,
- Morbus Bechterew,
- Morbus Scheuermann,
- Skoliose,
- Spondylitis
.
Hinter der umgangssprachlichen Bezeichnung „krummer Rücken“ verbirgt sich also eigentlich eine ganze Reihe von verschiedenen Krankheitsbildern, die eine Rückenkrümmung als Begleiterscheinung mit sich bringen. Die Erkrankungen können angeboren oder erworben sein und den Alltag des Betroffenen je nach Ausprägung der Krümmung teils erheblich einschränken. In Sachen Entstehungsursachen lässt sich hier grob nach zwei Kategorien unterscheiden:
- Die Wirbelsäule direkt betreffende Ursachen
- Nicht auf die Wirbelsäule bezogene Ursachen
Die Wirbelsäule direkt betreffende Ursachen
Auch wenn der Wirbelsäule eine wortwörtlich tragende Rolle im Bereich der Körperhaltung zukommt, ist sie bisweilen doch sehr anfällig für zahlreiche Gesundheitsbeschwerden. Insbesondere die Einflussfaktoren für einen krummen Rücken sind hierbei sehr vielfältig. Von rheumatischen und entzündlichen Erkrankungen der Wirbelsäule, die einen krummen Rücken provozieren, über genetisch bedingte Verformungen, welche zu teils irreparablen Rückenkrümmungen führen, bis hin zu natürlichen Abnutzungserscheinungen und Wachstumsstörungen der Wirbelsäule mit anschließender Krümmungsneigung gibt es hier unzählige Krankheitsszenarien. Grob lassen sich folgende Erkrankungsgruppen nennen:
- Angeborene Fehlbildungen,
- Wachstumsstörungen im Jugendalter,
- altersbedingter Verschleiß der Wirbelgelenke,
- erworbener Verschleiß der Wirbelgelenke,
- Wirbelentzündungen,
- Bandscheibenvorfälle.
Fehlbildungen und Wachstumsstörungen
Der Mechanismus, der hinter Verformungen und Wachstumsstörungen der Wirbelsäule steht, ist noch nicht abschließend erklärt. Mediziner und Experten vermuten allerdings eine genetische Komponente, denn Krankheitsbilder wie die Skoliose oder Kyphose weisen eine deutliche familiäre Häufung auf. Außerdem scheint es geschlechtsspezifische Prädispositionen zu geben, denn gerade die Skoliose tritt besonders bei jungen Mädchen vermehrt auf.
Zur Erklärung einer zur Seite verkrümmten Wirbelsäule wird bei der Skoliose ein ungleiches Wachstum der Muskel- und Knochenanteile im Rückenbereich während der Wachstumsphase angeführt. Hierdurch soll es zu einer von der natürlichen S-Form abweichenden, seitlichen Krümmung der Wirbelsäule und einer Verdrehung der einzelnen Wirbel zueinander kommen. Je nach Schweregrad kann diese Krümmung auch mit bloßem Auge zu erkennen sein und das typische Bild eines krummen Rückens zeigen.
Kyphosen, also die Verstärkung der natürlichen Krümmung nach außen im Brustwirbelbereich, sind gemeinhin auch als Buckel bekannt. Sie entstehen häufig aufgrund von Wirbelfehlbildungen, wie beispielsweise einem Block- oder Halbwirbel.
Rheuma und Entzündungen
Bei der rheumatisch und entzündlich bedingten Erkrankung der Wirbelsäule, Morbus Bechterew, wird ebenso eine genetische Komponente vermutet. Zusätzlich kommt hier noch eine Schwäche des Immunsystems zum Tragen, die wiederkehrende Entzündungen der Wirbelgelenke verursacht. Infolgedessen kommt es zu Verformungen, Versteifungen und Funktionseinschränkungen im Bereich der Wirbelkörper.
Morbus Scheuermann ist eine häufige Wirbelsäulenerkrankung im Jugendalter, deren Ursachen noch weitestgehend unbekannt sind. Die Erkrankung verursacht ein ungleiches Wachstum der vorderen und hinteren Wirbelanteile im Brust- und Lendenwirbelbereich und hat eine Verstärkung der krankheitsbedingten Kyphose zur Folge. Da doppelt so viele Jungen wie Mädchen betroffen sind, werden hier abermals genetische bzw. geschlechtsspezifische Einflussfaktoren diskutiert.
Gelenkverschleiß und Bandscheibenprobleme
Nicht nur die großen Gelenke wie Knie-, Hüft- und Ellenbogengelenke, sondern auch die kleinen Gelenke in der Wirbelsäule können von Gelenkverschleiß betroffen sein. Gleiches gilt für Knochenverschleiß, der sich bei weitem nicht nur auf die Großknochen in Beinen und Armen beschränkt. Auch die knöchernen Anteile der Wirbelsäule können durch Arthrose oder Osteoporose betroffen sein. Der Verschleiß geht immer mit Stabilitätseinbußen im Bereich der betroffenen Knochen und Gelenke einher, was im Falle der Wirbelsäule natürlich einen Stabilitätsverlust für die Körperhaltung bedeutet.
Gleiches gilt für einen Bandscheibenvorfall, bei dem sich die Bandscheiben der Wirbelsäule von ihrem angestammten Platz lösen. Die Dislokation ist meist mit starken Schmerzen verbunden und zwingt Patienten so in eine gekrümmte Schonhaltung. Allerdings lässt sich die Rückenkrümmung hier meist nach entsprechender Rückversetzung der Bandscheiben wieder beheben.
Verletzungen und erworbene Wirbelsäulenkrümmungen
Eine der wohl häufigsten Ursachen für eine Rückenkrümmung beruht nicht auf Grunderkrankungen im eigentlichen Sinne, sondern vielmehr auf einem Fehlverhalten der Patienten. Die Rede ist von Fehlhaltungen der Wirbelsäule in Form einseitiger und zu starker Beanspruchung der Wirbelsäule, durch welche sich die Wirbelgelenke vorzeitig abnutzen. Hierdurch entstehen Haltungsschäden und letztlich bleibende Deformationen oder gar Brüche an den Wirbeln, die sich in von außen erkennbaren Verkrümmungen zeigen. Man spricht in diesem Fall von einer erworbenen Rückenkrümmung.
Ebenfalls erworben ist ein krummer Rücken, wenn er von einer Unfallverletzung herrührt. Dabei können zum einen beschädigte Wirbelkörper oder Bandscheiben für den Haltungsschaden verantwortlich sein. Zum anderen sollten auch unfallbedingt geschädigte oder mitverletzte Nerven nicht als Ursache unterschätzt werden. Im schlimmsten Fall kommt es hier zu einer Nervenlähmung im Bereich der Wirbelsäule, was dann einseitige Belastungen im Stützapparat provoziert, die wiederum eine Rückenkrümmung begünstigen.
Nicht auf die Wirbelsäule bezogene Ursachen
Anhand möglicher Unfallverletzungen als Ursache für einen krummen Rücken wird ersichtlich, dass das Aussehen und die Stabilität des Rückens nicht nur von der knöchernen Wirbelsäule bestimmt werden. Im Grunde ist sie das Resultat eines komplexen Zusammenspiels von Muskeln, Bändern, Nerven und Knochen. Aus diesem Grund können auch Erkrankungen, die den Muskelapparat, das Bindegewebe oder die Nerven betreffen, zu einem krummen Rücken führen.
Muskel- und Nervenerkrankungen
Erkrankungen des Muskelapparates und der Nerven verursachen, vor allem dann, wenn sie einseitig auftreten, ein Ungleichgewicht in der Beanspruchung des Rückens. Es bleibt nicht schwer zu erahnen, dass diese einseitige Fehlbelastung der Wirbelsäule rasch zu einer Verkrümmung des Rückens führen kann. Häufig zu beobachten ist dies bei dem Krankheitsbild Myasthenia gravis. Dabei handelt es sich um eine neurologische Erkrankung, bei welcher die Signalübertragung zwischen Nerven und Muskeln gestört ist. Betroffene Rückenmuskeln können aufgrund einer Muskelschwäche ihre Stützfunktion für die Wirbelsäule also nicht mehr ausführen, was eine dauerhafte und einseitige Belastung noch gesunder Rückenmuskeln zur Folge hat.
Auch das Marfan-Syndrom, eine Erkrankung des Bindegewebes, äußert sich häufig in einer unnatürlichen Verkrümmung des Rückens, da die Erkrankung in der Regel auch die Muskulatur beeinträchtigt.
Fehlbelastung von Muskulatur und Nerven
Mit Blick auf Fehlhaltungen, die zu einem krummen Rücken führen, sei an dieser Stelle auch noch einmal auf muskuläre Dysbalancen hingewiesen, die entsprechende Haltungsprobleme verursachen. Gerade unser moderner Alltag birgt hier aufgrund sitzgebundener Tätigkeiten immer mehr Risiken, sich einen krummen Rücken durch ungeeignete Sitzhaltungen einzuhandeln, und dies bereits in jungen Jahren. Während die Rückenkrümmung noch vor ein paar Jahrzehnten eher ein Problem der älteren Generation war, klagen mittlerweile auch jüngere Altersklassen vermehrt über Probleme mit ihrer Rückenhaltung.
Ursache für die Haltungsprobleme in jungen Jahren ist dabei in der Regel eine mangelnde Beanspruchung der Rückenmuskulatur. Durch monotone und mitunter auch relativ regungslose Körperhaltungen (z.B. dauerndes Sitzen vor dem PC) kommt es hier zu einer anhaltenden Muskelverspannung, die zunächst zu Schmerzen und Schonhaltung führt, später aber auch für bleibende Haltungsschäden sorgt, die den Rücken krumm werden lassen. Begünstigt wird ein derartiges Szenario durch folgende Alltagsfaktoren:
- Bewegungsmangel – Die moderne Welt ist voller Alltagstätigkeiten, die nur noch wenig mit körperlicher Arbeit oder Bewegung im Allgemeinen zu tun haben. Schon die Schulzeit kann hier einen gefährlichen Grundstein legen, da das Lernpensum immer intensiver wird und junge Menschen mehr und mehr Zeit am Schreibtisch verbringen als im Freien. Des Weiteren haben Computerspiele und Spielekonsolen unter Jugendlichen wie Erwachsenen inzwischen einen gefährlichen Trend des „gekrümmt vorm Bildschirm Hockens“ entfacht, der Behäbigkeit und falsche Sitzhaltungen fördert.
- Sitzgebundene Tätigkeiten – Abgesehen von dem typischen „Zocker-Syndrom“ in Sachen krummer Sitzhaltung ist auch die Arbeitswelt voller Gefahren für den Rücken. Von Servicetätigkeiten wie dem Arbeiten im Callcenter über Büroarbeiten und Home Office bis hin zu anderen auf Maschinen oder PCs fokussierten Tätigkeiten gibt es hier diverse Risikoberufe, die eine Entstehung von Rückenkrümmungen begünstigen.
- Einseitige Belastung: Nicht nur langes Sitzen stellt eine monotone Dauerbelastung für die Wirbelsäule dar. Auch Tätigkeiten, die auf schwerem Heben oder einer gebückten Arbeitshaltung beruhen, haben das Potential, einen krummen Rücken zu begünstigen. Oftmals ergibt sich hierdurch eine einseitige Belastung der Rückenmuskulatur, die dann entsprechende Verformungen der Wirbelsäule hervorruft. Gleiches gilt im Übrigen auch für starkes Übergewicht. Betroffene neigen dazu, der Gewichtsbelastung nachzugeben und entwickeln auf Dauer häufig eine nach vorne gebeugte Haltung. Ähnlich sieht es bei Frauen mit einer extrem großen Oberweite aus.
Sonderfall: Beinfehlstellung
Die Beinhaltung hat massiven Einfluss auf die Haltung der Wirbelsäule. Da die Beine den Beckengürtel stützen, dessen Rückseite bekanntlich durch das Kreuzbein gebildet wird, kann eine Beinfehlstellung sehr leicht auch den Sitz der Wirbelsäule aus dem Gleichgewicht bringen. Ist ein Bein beispielsweise kürzer geraten als das andere, bedeutet dies für Betroffene nicht nur Probleme in der Fortbewegung, da sie für gewöhnlich stark hinken müssen. Gleichzeitig beeinträchtigt eine ungleiche Beinlänge auch den aufrechten Sitz der Wirbelsäule. Seitlich geneigte Krümmungen des Rückens sind hier keine Seltenheit. Und auch Vorwärtskrümmungen, z.B. durch ausgleichende Schonhaltung, sind bei Beinfehlstellungen denkbar.
Symptome
Die Symptome, die mit einem krummen Rücken einhergehen, können sehr unterschiedlich sein. Charakteristisch ist in der Regel aber eine sichtbare, nach links, rechts, hinten oder vorne gekrümmte Haltung der Wirbelsäule, gepaart mit daraus resultierenden Rückenschmerzen. Diese können während der Bewegung oder aber auch erst in den Ruhephasen danach auftreten.
Je nachdem, wie stark die Wirbelsäule gekrümmt ist, hat die Krümmung auch Auswirkungen auf die Empfindungsfähigkeit im Rückenbereich. Da im Rückenmark wichtige Nervenwurzeln münden, sind Störungen in der Nervenfunktionalität bei Wirbelfehlstellungen nicht ganz auszuschließen. Und auch Organverlagerungen und damit verbundene Funktionsstörungen im Körpergeschehen sind bei extremer Rückenkrümmung keine Seltenheit. Alles in allem muss bei einem krummen Rücken mit folgenden Symptomen gerechnet werden:
- Auffällige Krümmung der Wirbelsäule bis hin zum Buckel,
- Fehlhaltung angrenzender Körperteile (z.B. Kopf, Becken oder Beine),
- Muskelverspannungen,
- Rückenschmerzen,
- Morgensteifigkeit,
- Entzündungsreaktionen (z.B. Arthritis),
- vorzeitiger Gelenkverschleiß,
- Knochenschwund,
- Nervenstörungen
- Funktionsstörungen der Augen, der Lunge, des Herzens und der Niere,
- Schlafstörungen.
Diagnose
Für die Untersuchung und Behandlung eines gekrümmten Rückens sollten Patienten direkt einen Orthopäden aufsuchen. Ärztlich feststellen lässt sich die Krümmung dann für gewöhnlich durch bloße Blickdiagnose. Um den Schweregrad genauer bestimmen und individuelle Ursachen für die Rückenkrümmung ausfindig machen zu können, sind in der Regel aber weitere Untersuchungsmaßnahmen notwendig. Ein eingehendes Patientengespräch zu Alltagsgewohnheiten und möglichen Vorerkrankungen kann diesbezüglich bereits erste Hinweise geben. Ebenso wird der Orthopäde einige Bewegungstests durchführen, um zu sehen, wie flexibel Wirbelsäule und Rückenmuskulatur sind.
Zur tatsächlichen Ermittlung der Krümmungsursache sind im Anschluss bildgebende Verfahren wie Röntgen oder CT notwendig. Wichtiges Maß zur Beurteilung des Schweregrads einer Krümmung ist dabei der sogenannte Cobb-Winkel. Benannt nach dem US-amerikanischen Chirurg und Orthopäden John Robert Cobb, definiert dieser spezielle Winkel natürliche und unnatürliche Wirbelsäulenkrümmungen und gibt damit Auskunft über die Schwere einer Krümmungsabweichung. So liegt ab einem Cobb-Winkel von mehr als 40 Grad beispielsweise eine Skoliose vor. Die durch eine derartige Winkelmessung gewonnenen Informationen geben Orthopäden anschließend Auskunft darüber, welche Therapiemaßnahmen einzuleiten sind.
Therapie
Die Therapie bei einem krummen Rücken ist stark an die zugrundeliegende Ursache gebunden. Neben konservativer Therapie, sowie Medikamenten und Operationen, können Betroffene aber auch selbst viel tun und müssen den krummen Rücken nicht als Schicksal hinnehmen.
Konservative Therapie
Werden Deformationen der Wirbelsäule frühzeitig festgestellt, bevor sie in einen extremen Verlauf übergehen, empfiehlt sich noch vor dem Einsatz von Medikamenten und Operationen eine konservative Therapie, die aus mehreren Teilschritten besteht. Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Verordnung eines angepassten Korsetts zur Korrektur der Wirbelsäulenhaltung und der regelmäßigen Anwendung von physio- und ergotherapeutischen Maßnahmen zur Stärkung der Rücken- und Rumpfmuskulatur.
- Korsett: Das verordnete Stützkorsett wird in einem Betrieb für Orthopädietechnik angepasst und hat zum Ziel, durch das regelmäßige Tragen eine gewisse Wachstumslenkung der Wirbelsäule zu erreichen. Dementsprechend werden Korsetts hauptsächlich bei heranwachsenden Betroffenen eingesetzt. Später können sie eine wachstumsbedingte Verformung leider nicht mehr verhindern. Nichtsdestotrotz findet das Korsett aber auch dann noch Anwendung, um für eine gewisse Rumpfstabilität zu sorgen und beispielsweise das Risiko drohender bzw. inoperabler Wirbelbrüche zu senken.
- Physio- und Ergotherapie: Physio- und ergotherapeutische Maßnahmen verfolgen bei einem krummen Rücken verschiedene Ziele. Wichtig ist, sich bewusst zu machen, dass sie ein Fortschreiten der Erkrankung nicht verhindern, den Betroffenen jedoch beim Erhalt seiner Lebensqualität unterstützen und den weiteren Verlauf der Rückenkrümmung abschwächen können. So hilft ein Mobilitätstraining der Wirbelsäule beispielsweise dabei, deren Versteifung vorzubeugen. Spezielle Übungen tragen ferner zur Dehnung und Kräftigung der geschwächten Rumpfmuskulatur bei und dienen der Haltungsschulung und Stabilisierung der Wirbelsäulenhaltung. Ebenso wichtig ist eine spezielle Atemgymnastik zur Verbesserung der Lungenfunktion. Eine regelmäßige Durchführung der Übungen ist für einen bestmöglichen Therapieerfolg unglaublich wichtig. Dabei sollte das anfängliche Training stets unter Anleitung eines Physio- bzw. Ergotherapeuten stattfinden. Dieser kann wichtige Hinweise geben, damit Betroffene die Übungen später so oft wie möglich auch zu Hause durchführen können. Insgesamt können Physiotherapie und Ergotherapie neben der Haltungsstabilisierung langfristig auch dabei helfen, Patienten ein besseres Lebensgefühl zu verschaffen.
- Stärkung der Rumpfmuskulatur: Der Rumpfmuskulatur, bestehend aus Rücken- und Bauchmuskeln, kommt im Rahmen der Wirbelsäulenverkrümmung eine besondere Bedeutung zu. Im Zuge der Verformung verkümmern diese Teile der Muskulatur zusehends, was die Auswirkungen des Krankheitsbildes meist noch zusätzlich verschlimmert. Ein fokussiertes Training unter Anleitung kann deshalb ein großes Stück Lebensqualität zurückbringen und einen extremen Krankheitsverlauf weiter entschärfen.
Neben gezielten Kräftigungs- und Dehnungsübungen sollte hier auch an der Kondition der Patienten gearbeitet werden. Das Zusammenspiel fördert die physiologische Haltung und verbessert die eigene Körperwahrnehmung.
- Umstellung der Alltagsgewohnheiten: Neben ergo- und physiotherapeutischen Maßnahmen kommt bei einem gekrümmten Rücken gerade auch dem eigenen Alltagsverhalten eine entscheidende Rolle zu. So sollten Patienten zum Beispiel sorgfältig ihren Arbeitsplatz auf rückenschonendes Arbeiten auslegen. Ergonomisch geformte Sitzmöglichkeiten und eine passende Sitzhöhe zum Arbeitstisch sind hier zum Beispiel für Bürokräfte das A und O. Auch ist die eigene Sitzhaltung zu kontrollieren. Während des Arbeitens sollten dann auch regelmäßige Pausen erfolgen, um sich zu bewegen und so die geplagte Wirbelsäule zu entlasten. Ein guter Tipp für den Alltag sind darüber hinaus Trainingsangebote wie Yoga oder Aquagymnastik. Ebenso sind professionelle Massagen eine Wohltat für den Rücken. Achten Sie hier aber bitte darauf, sich nur von geschultem Fachpersonal massieren zu lassen, denn falsche Massagetechniken können gerade bei bestehender Rückenkrümmung mehr schaden denn nutzen.
Weitere Maßnahmen im Alltag bestehen unter anderem aus der regelmäßigen Durchführung rumpfstärkender Übungen, wie sie vom Physio- oder Ergotherapeuten vorgezeigt wurden. Auch das Tragen von angepasstem Schuhwerk kann helfen, die Wirbelsäulenhaltung zu stabilisieren. Dies gilt insbesondere für Personen mit ungleicher Beinlänge, die sich am besten orthopädische Spezialschuhe anfertigen lassen. Um in der Nacht für eine wirbelsäulenschonende Liegeposition zu sorgen, ist es außerdem wichtig, sich eine rückenfreundliche Matratze und ggf. auch ein Spezialkissen zuzulegen. Nicht zuletzt kann auch die Reduktion von Übergewicht die Wirbelsäulenbelastung reduzieren.
Medikamentöse Therapie
Wirbelsäulenveränderungen und Haltungsschäden verursachen Muskelverspannungen und zum Teil starke Schmerzen, die aber medikamentös behandelbar sind. Auch Kortison kann in manchen Fällen, gerade wenn eine Entzündung zugrunde liegt, Linderung verschaffen. Bei rheumatischen Erkrankungen wie M.Bechterew kommen zur Entzündungsbehandlung auch sogenannte TNF-alpha-Blocker zum Einsatz, welche es vermögen, die Entzündungsreaktionen des Immunsystems zu unterbinden. Der behandelnde Arzt prüft hier Nutzen und Risiko beim Einsatz der entsprechenden Medikamente immer im Einzelfall.
Heilpflanzliche Behandlung
Es versteht sich von selbst, dass auch Heilpflanzen und homöopathische Präparate den krummen Rücken nicht therapieren können. Jedoch können sie diverse Begleiterscheinungen, bestehend aus Schmerzen durch Muskelverspannungen und Knochenreibung, lindern. So ist Beinwell zum Beispiel dafür bekannt, Muskelbeschwerden recht zuverlässig zu beheben. Und auch Andorn, Arnika und Teufelskralle sind dafür bekannt, bei Rückenproblemen gute Hilfe zu leisten. Man kann Auszüge der Heilpflanzen ganz unkompliziert auf einen wärmenden Umschlag geben und diesen dann um die betroffene Rückenpartie wickeln. Ebenso sind Kräuteröle zur Massage eine gute Möglichkeit zur Nutzung der heilpflanzlichen Kräfte.
Tipp: Auch Chili wird in der Behandlung von Rückenbeschwerden immer beliebter. Das scharfe Gewürz besitzt eine wärmende Wirkung auf die Muskulatur, was diese entspannt und somit schmerzhafte Verspannungen auflöst.
Operative Therapie
Ist die Krümmung der Wirbelsäule sehr weit fortgeschritten, verursachen die Verformungen stärkste Schmerzen, die medikamentös nicht mehr einstellbar sind. Auch werden Herz- und Lungenfunktion hierbei oftmals stark beeinträchtigt, sodass eine Operation in der Regel unumgänglich ist. Je nach Ursache finden hier verschiedene Operationstechniken Anwendung. Denkbar ist zum Beispiel eine Wirbelsäulenbegradigung durch das Einbringen von Drähten, Stäben, Ringen oder anderen Fixateuren. Versteifungen der Wirbel sind durch das Einbringen von knöchernem Material möglich. Und auch der Wiederaufbau von zerstörten bzw. frakturierten Wirbelkörpern ist im Rahmen einer Operation denkbar.
Im chirurgischen Bereich sind Nutzen und Risiken der Operation eingehend zu prüfen, denn es reicht oft nicht aus, die Wirbelsäule vom Rücken aus zu operieren. Die Säulenkonstruktion macht häufig einen dreiseitigen Zugang notwendig, weshalb Rückenoperationen generell als sehr langwierig und dadurch noch zusätzlich belastend für die Betroffenen gelten. Grundsätzlich werden Operationen am Rücken aber nicht nur mit Fortschreiten der ursächlichen Erkrankungen notwendig, sondern manchmal auch schon bei Kindern und Heranwachsenden eingesetzt, um Wachstumsschäden (z.B. durch eine Skoliose) so gering wie möglich zu halten. Jedoch sollten Betroffene auch nach erfolgter Operation den konservativen Ansatz nicht über Bord werfen, denn mit physio- und ergotherapeutischen Maßnahmen lässt sich die Lebensqualität über lange Zeit erhalten oder sogar wiederherstellen.
Krankheiten bei krummem Rücken
Kyphose, Lordose, Morbus Bechterew, Morbus Scheuermann, Skoliose, Spondylitis, Bandscheibenvorfall, Arthrose, Osteoporose, Wirbelfehlbildungen, Wirbelentzündungen, Wachstumsstörungen im Bereich der Wirbelsäule, Rheuma, Myasthenia gravis, Marfan-Syndrom, muskuläre Dysbalancen, Beinfehlstellungen.(ma)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e. V.: Skoliose (Abruf: 16.07.2019), kinderaerzte-im-netz.de
- Scoliosis Research Society: Behandlungsmöglichkeiten bei Skoliose (Abruf: 16.07.2019), srs.org
- Trobisch, Per / Suess, Olaf / Schwab, Frank: Die idiopathische Skoliose, Dtsch Arztebl Int, 2010, aerzteblatt.de
- Merck and Co., Inc.: Skoliose (Abruf: 16.07.2019), msdmanuals.com
- Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs: Skoliose: Was ist das? (Abruf: 16.07.2019), gesundheit.gv.at
- Amboss GmbH: Idiopathische Skoliose (Abruf: 16.07.2019), amboss.com
- Ruchholtz, Steffen / Wirtz, Dieter Christian: Orthopädie und Unfallchirurgie essentials: Intensivkurs zur Weiterbildung, Thieme, 3. Auflage, 2019
- Mayo Clinic: Scoliosis (Abruf: 16.07.2019), mayoclinic.org
- National Health Service UK: Overview - Scoliosis (Abruf: 16.07.2019), nhs.uk
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.