Leberkarzinom
Tumore der Leber (Leberkrebs) nehmen in der westlichen Welt zwar zu, sind aber noch relativ selten. Weltweit zählt aber insbesondere der Leberzellkrebs zu den fünfhäufigsten Krebserkrankungen. Zumeist wird die Erkrankung erst spät entdeckt, da Beschwerden erst im fortgeschrittenen Stadium auftreten. Dies begrenzt die Heilungschancen erheblich. Eine Früherkennung ist prinzipiell die wichtigste Voraussetzung für eine gute Prognose. Entsprechende Therapiemöglichkeiten werden individuell angepasst und bieten die Möglichkeit, das Überleben zu verlängern oder in einigen Fällen sogar eine vollständige Heilung zu erreichen. Vorbeugende Maßnahmen gegen Lebererkrankungen (wie Hepatitis-Infektionen und Leberzirrhose) und eine gesunde Lebensweise reduzieren das Erkrankungsrisiko.
Inhaltsverzeichnis
Definition
Bösartige Tumore der Leber werden unter dem Begriff Leberkrebs oder Leberkarzinom zusammengefasst. Wichtig ist die Unterscheidung zwischen Krebserkrankungen, die auch in der Leber ihren Ursprung haben (primärer Leberkrebs), und bösartigen Metastasen, die sich ausgehend von anderen Krebserkrankungen in der Leber ansiedeln. Grundsätzlich kommen Primärtumore in der Leber seltener vor als metastasierende Krebszellen.
In den meisten Fällen der primären Erkrankungen (bei circa vierundsechzig Prozent) handelt es sich um sogenannte Leberzellkarzinome, auch hepatozelluläres Karzinom (HCC) genannt. Hierbei entwickelt sich der Tumor, wie der Name schon sagt, direkt aus den Leberzellen (Hepatozyten). Aber auch andere Gewebestrukturen der Leber können erkranken. Sind Zellen der Gallengänge in der Leber Ausgangspunkt der Entartung, handelt es sich um ein sogenanntes cholangiozelluläres Karzinom (CCC). Dies ist etwa bei jeder vierten primären Tumorerkrankung der Fall. Liegt der Ursprung in den Blutgefäßen spricht man von einem Angiosarkom der Leber.
Insgesamt betrachtet ist Leberkrebs zwar relativ selten, aber aufgrund der sehr schlechten Prognose stellt die Erkrankung eine der häufigsten Ursachen bei Todesfällen aufgrund von Krebs dar. In Deutschland treten laut Daten des Robert Koch-Instituts von 2013 und 2014 etwa neuntausendeinhundert Neuerkrankungen pro Jahr auf, wobei fast achttausend Fälle tödlich enden. Männer erkranken häufiger als Frauen an dieser Krebsart. Es wird angenommen, dass die Zahl der Krankheitsfälle weiterhin ansteigen wird. Bisher gelten vor allem der steigende Alkoholmissbrauch und vermehrte Erkrankungen durch Fettleibigkeit (metabolisches Syndrom) sowie Infektionen mit dem Hepatitis-B- und -C-Virus als Grund für die Zunahme.
Dieser Artikel konzentriert sich auf das Leberzellkarzinom, die häufigste primäre Leberkrebsart.
Symptome
Oftmals gestaltet sich eine frühe Diagnose schwierig, da in der Regel zu Beginn keine Symptome auftreten und selbst die ersten Anzeichen im fortgeschrittenen Stadium eher unspezifisch sind. Mögliche Symptome, die bei einer Tumorerkrankung der Leber möglicherweise auftreten, aber auch andere harmlose Ursachen haben können, sind insbesondere die folgenden:
- Bauchschmerzen,
- Druck und Schmerzen im rechten Oberbauch, die auch ausstrahlen können (Flankenschmerzen),
- Schwellung unter dem rechten Rippenbogen,
- Appetitlosigkeit,
- Übelkeit und Erbrechen,
- Gewichtsabnahme,
- erhöhte Temperatur oder Fieber,
- allgemeine Leistungsschwäche,
- Gelbfärbung der Haut (Gelbsucht) mit Juckreiz und gelbe Augen,
- Dunkle Färbung des Urins und heller Stuhlgang.
Ist bereits ein Tumor im rechten Oberbauch äußerlich zu ertasten, ist die Erkrankung schon weit fortgeschritten und zumeist von weiteren Beschwerden begleitet, wie eine Aszites (Bauchwassersucht) und Kachexie (ausgeprägter, pathologischer Gewichtsverlust).
Ursachen
Dauerhaft bestehende Reizungen eines Organs durch Entzündungen sind ein Faktor, der Zellen offensichtlich schneller entarten lässt. Als Folge einer Hepatitis B- oder Hepatitis C-Infektion besteht daher ein erhöhtes Risiko für die Entstehung eines hepatozellulären Karzinoms. Dies gilt auch für Hepatitis B-Infektionen bei Neugeborenen.
Chronische Hepatitis B- oder C-Infektionen oder auch ein starker Alkoholmissbrauch führen häufig zu einer Leberschrumpfung (Leberzirrhose). Diese Lebererkrankung gilt als der wichtigste Risikofaktor beziehungsweise häufigste Auslöser für Leberkrebs und ist in mehr als neunzig Prozent der Fälle für die Entstehung eines Leberzellkarzinoms verantwortlich.
Aber auch andere Lebererkrankungen können die Entstehung von Lebertumoren begünstigen, wie etwa eine Fettleber. Diese kann beispielsweise infolge von Diabetes sein oder bei einem bestehenden metabolischen Syndrom auftreten, welches unter anderem mit erhöhten Blutfettwerten beziehungsweise einem starken Übergewicht (Adipositas) einhergeht.
Zu den weiteren Faktoren, die eine Krebserkrankung der Leber hervorrufen können, zählen Rauchen und Vergiftungen. Als gefährlich werden vor allem die über die Nahrung aufgenommenen Schimmelpilze (wie etwa Aspergillus flavus) eingestuft, die beispielsweise das Gift Aflatoxin B1 enthalten. Zudem gelten bestimmte orale Verhütungsmittel, Anabolika und chemische Substanzen, wie das ehemals verwendete Kontrastmittel Thorotrast, als krebsbegünstigend.
Aber auch erblich bedingte Stoffwechselerkrankungen wie die Hämochromatose (Eisenspeicherkrankheit) oder ein Alpha-1-Antitrypsin-Enzymmangel können das Leberkrebsrisiko steigern.
Diagnose
Die größte Chance auf eine Heilung bietet eine Früherkennung der Krankheit, was sich aber oftmals als schwierig erweist. Im Allgemeinen gibt es kein spezielles Screeningverfahren für Leberkrebs. Empfohlen werden aber für besonders gefährdete Personen Früherkennungsuntersuchungen im Abstand von sechs Monaten. Dies sind Betroffene mit einer Leberzirrhose (Stadium Child-Pugh A oder B), einer chronischen Hepatitis-Infektion oder einer Fettleber-Hepatitis.
Bei den Vorsorgeuntersuchungen wird die Leber mittels Ultraschall untersucht, um mögliche Tumore zu erkennen. Für präzisere Ergebnisse werden auch die farbkodierte Duplexsonographie oder Kontrastmittel angewandt. Die Bestimmung bestimmter Tumormarker (Alpha 1-Fetoprotein) spielt aufgrund der zu geringen Aussagekraft nur eine untergeordnete Rolle.
Besteht ein Verdacht auf Leberkrebs, kommen weitere Diagnoseverfahren zum Einsatz. Zunächst wird wie bei jeder ärztlichen Untersuchung eine Anamnese und körperliche Untersuchung durchgeführt. Blutuntersuchungen konzentrieren sich zumeist auf die Feststellung von möglichen Hepatitis-Infektionen und die erwähnten Tumormarker, die aber für sich genommen kein sichereres Diagnosekriterium darstellen.
Wurde auf den Ultraschallbildern ein Lebertumor erkannt, kommen weitere bildgebende Verfahren für eine präzisere Diagnostik zum Einsatz. Betroffene werden dann in aller Regel mittels Magnetresonanztomografie (MRT) oder manchmal per Computertomografie (CT) untersucht. Dabei können die genaue Position und Ausdehnung des Tumors bestimmt sowie mögliche Metastasen in anderen Körperregionen erkannt werden.
Bleiben nach den genannten Befunden noch Unsicherheiten bestehen, kann auch mittels einer Leberpunktion eine Gewebeprobe (Biopsie) des Tumors entnommen werden, um anhand dieser Probe weitere mikroskopische Untersuchungen durchzuführen. Dabei können gut- und bösartige Zellneubildungen voneinander unterschieden werden. Zeigen die Ergebnisse, dass es sich um Metastasen in der Leber handelt und nicht um einen primären Tumor, kommt es zu weiteren Untersuchungen, um den Ursprungskrebs ausfindig zu machen. An erster Stelle steht dann meist eine genaue Betrachtung des Magen-Darm-Trakts.
Behandlung
Abhängig vom Stadium der Erkrankung, dem Lebensalter und dem allgemeinen Gesundheitszustand stehen verschiedene Therapiemöglichkeiten zur Verfügung, die auch kombiniert zur Anwendung kommen können. Neue effektive Therapiemaßnahmen sind Gegenstand vieler Forschungsansätze.
Operative Verfahren
Eine chirurgische Entfernung des Tumors kann eine Heilung versprechen, ist oftmals aber aufgrund einer bestehenden Leberzirrhose nicht möglich, da das verbleibende Gewebe die lebensnotwendigen Funktionen in den meisten Fällen nicht mehr übernehmen kann. Eine weitere Möglichkeit bietet unter bestimmten Voraussetzungen eine vollständige Entfernung der Leber mit anschließender Lebertransplantation. Aber auch diese therapeutische Maßnahme kommt bei nur sehr wenigen Betroffenen in Betracht.
Lokale tumorzerstörende Maßnahmen
Methoden, mit dem Ziel die Krebszellen abzutöten, sind beispielsweise mehrmals verabreichte Ethanol- oder Essigsäure-Injektionen, die direkt in den Tumor gespritzt werden. Diese Anwendungen wurden aber vom neueren und effektiveren Verfahren der Radiofrequenz-Ablation fast vollständig abgelöst. Dabei wird das Tumorgewebe unter großer Hitzeeinwirkung sozusagen verbrannt. Diese Methodik hat vor allem für Geschwulste von drei bis fünf Zentimetern Aussicht auf Erfolg.
Zudem können bisher noch seltener angewandte lokale Ablationsverfahren eine Behandlungsoption darstellen. Dazu zählen zum Beispiel die Mikrowellenablation und die irreversible Elektroporation. In einigen Fällen können solche Eingriffe eine vorübergehende Besserung erzielen und die Zeit bis zu einer Lebertransplantation überbrücken. Wenige Spezialzentren bieten neuerdings zudem die Möglichkeit für eine Tumorzerstörung mittels hochintensivem fokussierten Ultraschall (HIFU) an, eine relativ sichere und effektive Behandlungsform für kleine Tumoren unter drei Zentimetern.
Strahlentherapie
Liegt bei Betroffenen ausschließlich Leberkrebs vor und sind operative sowie lokale Ablationsmethoden ausgeschlossen, kann unter Umständen ein noch relativ neues Verfahren eine weitere Behandlungsmöglichkeit bieten. Dabei handelt es sich um die selektive interne Strahlentherapie (SIRT). Über das präzise platzieren kleinster, radioaktiver Kügelchen in die versorgenden Gefäße der Leber werden die Tumore örtlich bestrahlt und die Blutgefäße, die den Tumor nähren, zudem verschlossen.
Für größere, abgegrenzte Karzinome eignen sich externe Strahlenbehandlungen, die auch zum Teil kombiniert mit der SIRT zur Anwendung kommen. Klinische Studien untersuchen diese und andere Neuerungen der Therapiemöglichkeiten, wie auch die Möglichkeit von Protonentherapien.
Medikamentöse Verfahren und Chemotherapie
Ein neues Medikament, das die Bindungsstellen (Rezeptoren) für Tumorwachstumsfaktoren blockieren und so die Krebsausbreitung (zeitweise) verhindern soll, ist Sorafenib. Internationale Forschungsergebnisse haben eine längere Leberfunktion und Überlebenszeit behandelter Betroffener gezeigt. Auch Lenvatinib und Regorafenib sind weitere zugelassene Präparate gleicher Funktion und Wirksamkeit. Es besteht aber der allgemeine Konsens, dass eine erhaltene Leberfunktion und ein guter Allgemeinzustand die Grundvoraussetzungen für diese Therapieform sind. Aktuelle Studien befassen sich mit der Entwicklung weiterer neuartiger Medikamente.
Erfahrungen haben gezeigt, dass bei den am häufigsten diagnostizierten und weit fortgeschrittenen Leberzellkarzinomen eine konventionelle Chemotherapie in den allermeisten Fällen nicht erfolgsversprechend ist. Daher kommen Zytostatika wie Doxorubicin nur in Einzelfällen und unter umfassender Abwägung zum Einsatz und auch nur, wenn bei den Betroffenen keine Leberzirrhose vorliegt.
Eine spezielle Therapiemöglichkeit bietet in einigen Spezialfällen aber die sogenannte Chemo-Embolisation, wobei die Chemotherapie mit Gefäßverschlüssen kombiniert wird. Kleine Kunststoffteilchen werden in Blutgefäße eingebracht, um den Tumor nicht weiter zu versorgen und zusätzlich wird ein Chemotherapeutikum lokal eingebacht, welches zusätzlich den Tumor bekämpft.
Eine weitere Bedeutung haben Medikamente für die Schmerzbekämpfung. Entgegen der Beschwerdefreiheit zu Krankheitsbeginn, treten im späteren Krankheitsstadium in aller Regel Schmerzen auf. Die meisten Betroffenen bekommen Schmerztabletten oder bei sehr starker Symptomatik auch Morphium.
Heilungschancen
Stellt man Leberkrebs erst im fortgeschrittenen Stadium fest, stehen die Heilungschancen ungünstig. Und auch wenn ein Leberkarzinom zunächst effektiv behandelt werden kann, kommt es nicht selten zu einer erneuten Krebserkrankung (Rezidiv) und die Behandlungen führen zu einer Lebensverlängerung, aber nicht zu einer vollständigen Genesung. Früherkennungsuntersuchungen stellen daher die wichtigste Voraussetzung für eine mögliche Heilung. Da die Diagnose aber meist erst im späteren Stadium gestellt wird, liegt im Durchschnitt die Fünf-Jahres-Überlebensrate nach Diagnosestellung bei nur etwa zehn Prozent.
Vorbeugende Maßnahmen und natürliche Hausmittel
Eine gesunde und fettarme Ernährung zusammen mit einem weitgehenden Verzicht auf Alkohol und Nikotin minimieren wichtige Risikofaktoren für die Krebsentstehung. Zudem konnte wissenschaftlich belegt werden, dass regelmäßiges Kaffee-Trinken vor der häufigsten Form von Leberkrebs schützt. Aber auch eine regelmäßige körperliche Aktivität hilft das Krebsrisiko zu reduzieren. Alle diese Maßnahmen tragen dazu bei, die Leber weniger zu belasten und resistenter gegen Erkrankungen zu machen beziehungsweise ein risikobehaftetes Übergewicht und Fettleibigkeit zu verhindern.
Daneben haben sich Medikamente (Statine), die gegen hohe Blutfettspiegel (Cholesterin) wirken und bei Betroffenen in diesem Zusammenhang indiziert sind, als effektive Möglichkeit zur Vorbeugung gegen Leberkrebs erwiesen. Bei Leberkrebs, der auf Hepatitis-Infektionen zurückzuführen ist, zeigen Impfungen (auch bereits im Kindesalter) eine gute Schutzwirkung.
Auch natürliche Hausmittel zum Leber entgiften oder zur Leberregenration eigenen sich für einen Erhalt der Funktionsfähigkeit des „Entgiftungsorgans“ und beugen verschiedenen Lebererkrankungen vor. (tf, cs)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Herold, Gerd und Mitarbeiter: Innere Medizin. Selbstverlag Gerd Herold, 2019
- dkg-web (Hrsg.): ONKO-Internetportal - Basisinformationen Leberkrebs (Abruf: 24.07.2019), krebsgesellschaft.de
- Robert Koch-Institut (Hrsg.): Krebs in Deutschland für 2013/2014, 11. Ausgabe (2017), krebsdaten.de
- Leitlinienprogramm Onkologie (Hrsg.: Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF): Diagnostik und Therapie des hepatozellulären Karzinoms, Langversion 1.0, Stand Mai 2013, AWMF Registernr: 032-053OL, leitlinienprogramm-onkologie.de
- Malek, Nisar P., Schmidt, Sebastian, Huber, Petra, Manns, Michael P., Greten, Tim F.: Diagnose und Therapieoptionen beim hepatozellulären Karzinom, in: Deutsches Ärzteblatt International, Ausgabe 111/7 (2014), aerzteblatt.de
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.