Eine Muskelentzündung kommt relativ selten vor und ist deshalb auch nicht so leicht zu diagnostizieren. In der Fachsprache wird sie Myositis („myo“ = Muskel und „itis“ = Entzündung) genannt. Erfahren Sie hier alles über Ursachen, Diagnose und Behandlungsansätze.
Inhaltsverzeichnis
Verschiedene Arten der Muskelentzündung
Eine Muskelentzündung kann durch Viren, Bakterien und Parasiten ausgelöst werden. Aber auch Autoimmungeschehen sind möglich.
Erreger bedingte Entzündung
Als virale Verursacher für eine Muskelentzündung sind das Coxsackie-B-Virus, HIV und Influenza-Viren zu nennen. Bakterielle Auslöser die Myositis hervorrufen können, sind Clostridium perfringens, Staphylokokken, Brucellen, Mykobakterien und die Erreger von Tetanus, Lepra und Syphilis.
Als ursächliche parasitäre Erkrankungen kommen Toxoplasmose, Zystizerkose und Trypanosomiasis in Frage. Toxische Ursachen können Clofibrat (Lipidsenker), Penicillin, Alkohol und Heroin sein.
Autoimmunkrankheiten als Auslöser
Muskelentzündungen können in Verbindung mit Autoimmunkrankheiten wie SLE (systemischer Lupus Erythematodes), Systemischer Sklerose, primärer Sklerose, Mischkollagenose, primärem Sjögren-Syndrom und der rheumatoiden Arthritis auftreten.
Symptome der Muskelentzündung
Symptome, die bei einer Muskelentzündung im Vordergrund stehen sind Muskelschmerzen und Muskelschwäche bis hin zu Muskelschwund. Anfängliche Beschwerden sind häufig Abgeschlagenheit, allgemeine Schwäche und Fieber. Des Weiteren können auch innere Organe betroffen sein. Mehr dazu unter den jeweiligen Formen der verschiedenen Entzündungen.
Polymyositis (PM)
Die Polymyositis ist eine Muskelentzündung, die sehr selten vorkommt und den Kollagenosen zuzuordnen ist. Die damit verbundenen Beschwerden sind vor allem Muskelschwäche und Schmerzen. Die Schwäche in den Muskeln äußert sich zum Beispiel durch Probleme beim Aufstehen oder Treppensteigen. Die Schmerzen können ähnlich wie bei einem Muskelkater sein.
Wie die Vorsilbe „poly“ schon vermuten lässt, sind bei dieser Entzündung „viele“ Muskeln betroffen. An dieser Muskelentzündung, die zur Gruppe rheumatischer Erkrankungen gehört, leiden vor allem erwachsene Frauen. Anfangs zeigt sich die Polymyositis häufig recht unspezifisch mit Symptomen wie Abgeschlagenheit, allgemeiner Schwäche und Fieber.
In den nächsten Wochen setzt dann die typisch fortschreitende Muskelschwäche ein. Davon sind vor allem das Becken, die Oberarme, die Oberschenkel und die Schultern betroffen. Eine Ausbreitung auf innere Organe, mit Herzschwäche, Atemproblemen bis hin zur Lungenfibrose ist möglich. Des Weiteren sind eventuell ein Raynaud-Syndrom und geschwollenes Zahnfleisch mit dabei. Die Polymyositis kann auch ein Hinweis auf ein Tumorleiden sein.
Für das Entstehen einer Polymyositis wird ein Autoimmungeschehen verantwortlich gemacht. Der Körper kämpft dabei gegen die eigenen Muskelzellen.
Eine solche Muskelentzündung verläuft ganz individuell, von Mensch zu Mensch verschieden. Schwerwiegendere Verläufe sind bei älteren männlichen Patienten anzutreffen.
Dermatomyositis (DM)
Bei der Dermatomyositis sind die Blutgefäße in der Muskulatur betroffen. Diese Art der Muskelentzündung gehört ebenso wie die Polymyositis zu den Kollagenosen. Die Entzündung betrifft die Haut und die quergestreifte Muskulatur.
Zwei Formen werden bei der Dermatomyositis unterschieden: die juvenile Form, die Jungen und Mädchen im Alter von sieben bis acht Jahren betrifft und die adulte Form, von der vor allem Frauen im Alter zwischen 35 und 44 Jahren und zwischen 55 und 60 Jahren betroffen sind. Ebenso wie bei der Polymyositis wird hier als Ursache eine Autoimmunreaktion gesehen.
Hierbei kämpft der Körper gegen die eigenen Haut- und Muskelzellen. Bei Patientinnen und Patienten, die älter als 50 Jahre sind, kann diese Muskelentzündung auch auf ein Tumorgeschehen hinweisen. Beispiele dafür sind Ovarialkarzinome, Lungen- und Mammakarzinome, gastrointestinale Karzinome sowie Non-Hodgkin-Lymphome (bei Asiaten v.a. nasopharyngeale Karzinome).
Die Beschwerden sind denen der Polymyositis ähnlich. Nur dass hierbei die Haut mit reagiert und zwar in der Regel, bevor alle anderen Symptome auftreten. Es kommt dabei zu Schwellungen im Gesicht, vor allem im Bereich der Augenlider. Gesicht und Hals zeigen eine rötliche Verfärbung, wobei um den Mund herum ein schmaler Streifen frei bleibt.
Da die Verfärbung wie ein gebundener Schal aussieht, wird dies auch als „Shawl-Zeichen“ bezeichnet. Auf den lichtexponierten Stellen zeigen sich helle und dunkle Stellen und die Oberflächenstruktur ist mal dünn und mal verhärtet. Das „Gottron-Zeichen“ steht für Rötungen und Erhabenheiten im Bereich der Fingerstreckenseiten und das „Keining-Zeichen“ beschreibt einen verdickten Nagelfalz, der beim Zurückschieben Schmerzen verursacht. Ein diffuser Haarausfall ist ebenso möglich.
Bei Patientinnen und Patienten, die älter als 50 Jahre sind und dazu noch unter Nachtschweiß, Fieber und starker Gewichtsabnahme leiden, sollte unbedient ein Tumorgeschehen und auch Infektionskrankheiten ausgeschlossen werden.
Immunvermittelte nekrotisierende Myopathie (IMNM)
Die IMNM ist eine Muskelentzündung, die sich mit massiver Muskelschwäche und ausgeprägten nekrotischen Muskelfasern im Bereich der Skelettmuskulatur zeigt. Dabei ist im Blut die Creatinkinase stark erhöht.
Auch bei dieser Muskelentzündung wird als Ursache ein Autoimmungeschehen angenommen, vor allem, weil zwei Antikörper, und zwar Anti-SRP und Anti-HMGCR vorhanden sind. Die Muskelbeteiligung ist heftiger als bei den beiden anderen, bereits beschriebenen Muskelentzündungen, und die Prognose ist schlechter.
Bei der Muskelbiopsie werden nur wenig Entzündungszeichen gefunden. Die IMNM kann ebenso, wie die beiden anderen Entzündungsformen in Verbindung mit einer Tumorerkrankung auftreten. Die Symptome ähneln im allgemeinen denen der Polymyositis.
Des Weiteren ist bekannt, dass die IMNM durch eine Statinexposition ausgelöst werden kann (Statine sind verschreibungspflichtige Lipidsenker). Die Diagnosestellung erfolgt mit Hilfe der unten beschriebenen Möglichkeiten. Um die IMNM sicher von der Polmyositis zu unterscheiden, ist eine Biopsie nötig.
Autoimmune Myositis
Die Muskelentzündungen Polymyositis, Dermatomyositis und die IMNM gehören zu den autoimmunen Myositiden. Dabei kämpft, wie bei allen Autoimmunkrankheiten, der Körper gegen sich selbst – das Immunsystem ist aus dem Gleichgewicht geraten und geht auf körpereigene Strukturen los.
Bei den Muskelentzündungen sind das in erster Linie Muskeln, aber auch Haut , Gelenke und sogar innere Organe. Eine genetische Veranlagung wird bei allen autoimmunen Geschehen diskutiert.
Einschlusskörperchenmyositis (IBM)
Die Einschlusskörperchenmyositis (inclusion body myositis, IBM) tritt vor allem bei Männern auf. Sie ist die häufigste erworbene Muskelerkrankung bei Männern ab dem 50. Lebensjahr. Diese Muskelentzündung ist schmerzlos mit zunehmend fortschreitender, asymmetrischer Muskelschwäche.
Vor allem betroffen sind Unterarme und Oberschenkel, Muskulatur von Kniestrecker, Hand- und Fingerbeuger. Das Treppensteigen und das Greifen wird schwierig. Es entstehen Fehlbelastungen und Muskelverspannungen. Bei der IBM kann es unter Umständen auch zu Schluckstörungen kommen.
Bei dieser Entzündung helfen weder Cortison noch Immunsuppressiva. Eine Verbesserung wurde mit der Gabe von Immunglobulinen erzielt.
Die Ursachen für die Einschlusskörperchenmyositis sind noch unbekannt. Diskutiert werden ein Autoimmungeschehen, eine virale Infektion oder eine primär degenerative Muskelerkrankung mit sekundärer Entzündung.
Diagnose
Neben einer ausführlichen Anamnese dienen Blutbild, Ultraschall, Elektromyografie, MRT und Muskelbiopsie zur Diagnose. Im Blutbild zeigen sich stark erhöhte Muskelenzyme (CK, Kreatinkinase), wobei die Blutsenkung in der Regel nur leicht erhöht ist.
Bei der Dermatomyositis fließen auch die Hauterscheinungen und deren spezielle Zeichen mit in die Diagnose mit ein.
Behandlung der Muskelentzündungen
Muskelentzündungen sollten individuell behandelt werden, je nach Entzündungsart und Ausprägung. Zuerst wird versucht, die Entzündung in Schach zu halten und das in der Regel mit Kortison, vor allem in der akuten Phase.
Auch kommen entsprechend den Ursachen Antibiotika und Immunpressiva zum Einsatz. Des Weiteren wird versucht, die betroffenen Muskeln so weit wie möglich beweglich zu halten. Dabei hilft Physiotherapie beziehungsweise Krankengymnastik.
Wie erfolgreich die Therapie ist, hängt natürlich auch von dem Ausprägungszustand der Muskelentzündung ab. Bei gutem Ansprechen der Therapie kann es sein, dass die Betroffenen „nur“ noch an einer leichten Muskelschwäche leiden.
Bei Schluckstörungen im Zusammenhang mit der Einschlusskörperchenmyositis werden Injektionen mit dem Botulinumtoxin angewandt. Dies wird in den Schließmuskel der Speiseröhre injiziert. Hinzu kommen Logopädie und das Trainieren des Schluckvorgangs.
Zusammenfassung
Die Muskelentzündung ist eine Erkrankung, die unbedingt eine konsequente Therapie verlangt. Je nach Ausprägungsform schlägt diese besser oder schlechter an. Ist die quergestreifte Muskulatur des Kehlkopfes und /oder der Lunge betroffen, so kommt es zu Schluckstörungen und/oder Atemproblemen. Bei der Dermatomyositis ist neben den Muskeln auch die Haut betroffen. Auftretende Gelenkschmerzen können zu neurologischen Symptomen führen.
Regelmäßige Physiotherapie, Krankengymnastik und Logopädie können den Verlauf positiv beeinflussen. Die verordneten Arzneimittel wie Cortison, Antibiotika oder Immunsuppressiva können zur Therapie beitragen, allerdings unter Umständen auch zu unangenehmen Nebenwirkungen führen. Dies sollte unbedingt mit der behandelnden Ärztin beziehungsweise dem behandelnden Arzt besprochen werden. (sw)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Maren Fitzner, Jens Schmidt: Entzündliche Muskelerkrankungen – Aktueller Stand zur Diagnostik und Therapie der Myositis; in: Physikalische Medizin - Rehabilitationsmedizin - Kurortmedizin, Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York, 2017, thieme-connect.com
- Deutsches Ärzteblatt: Nekrotisierende autoimmune Myopathie: Nicht nur Folge einer Statintherapie (veröffentlicht 21.07.2015), aerzteblatt.de
- Schweizerisches Heilmittelinstitut Swissmedic: HPC - Statin-assoziierte immunvermittelte nekrotisierende Myopathie (veröffentlicht 21.10.2015), swissmedic.ch
- Hiroyuki Tomimitsu: Immune-Mediated Necrotizing Myopathy: IMNM; in: Brain Nerve (veröffentlicht Februar 2023), PubMed
- Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU): Myositiden (Abruf 08.05.2023), klinikum.uni-muenchen.de
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.