Schwangere Männer und Stinkfische – Skurrile Krankheiten
Manche Krankheiten sind so merkwürdig, dass sie wie erfunden klingen. Es gibt sie aber wirklich: Männer, die an den Symptomen einer Schwangerschaft leiden, Frauen, die glauben, ihr Gatte sei durch einen Doppelgänger ausgetauscht, Menschen, die im Schlaf Geschlechtsverkehr haben und sich danach nicht daran erinnern und Gestörte, die sich gesunde Körperteile amputieren.
Zu den skurrilen psychiatrischen Störungen gesellen sich Erkrankungen des Körpers, die direkt aus einem Fantasy-Horrorfilm kommen könnten: Menschen, deren Körper verhärtet wie bei einer Statue, Patienten, die bei lebendigem Leib verwesen und Unglückliche, die wie ein fauliger Fisch riechen. Einige der skurrilsten Krankheiten zeigen wir in einer Übersicht:
Inhaltsverzeichnis
Das Couvade-Syndrom – Wenn Männer sich schwanger fühlen
Männer mit Rückenschmerzen, Babybauch, Heißhunger, Stimmungshochs- und tiefs wie ihre schwangere Partnerin? Diese Störung heißt Couvade-Syndrom. Den Betroffenen wächst tatsächlich der Bauch, sie müssen sich übergeben oder fangen an, zu weinen.
Aus Solidarität entwickeln Männer solche Scheinschwangerschaften, so die Psychologie. Manche Forscher vermuten auch Gebärneid als Auslöser für dieses Verhalten. Die Betroffenen würden nicht akzeptieren, dass sie keine Kinder kriegen können und so zumindest die Beschwerden imitieren.
Neurologisch treten die Spiegelneuronen in Kraft. Diese Nervenzellen lösen beim Betroffenen die gleichen Handlungen aus, die er gerade beobachtete. Ein am Couvade-Syndrom Leidender sieht also die Beschwerden seiner Frau, und sein Nervenapparat überträgt die gleichen Empfindungen auf seinen eigenen Körper aus.
Das Rastlose-Genital-Syndrom
Betroffenen kratzen ständig die Genitalien. Enge Jeans, Unterhosen, auf einem Stuhl sitzen, selbst ein Windstoß von vorne lösen einen starken Juckreiz aus. Es handelt sich aber keinesfalls um Erregung. Männer erleben keine Erektion und Frauen werden nicht feucht.
Ärzte stellten diese Störung am häufigsten bei Frauen nach der Menopause fest. Diese hatten meist zuvor schon am Rastlosen-Bein-Syndrom gelitten.
Ein Berner Arzt berichtet über ein interessantes Gegenmittel: Orgasmus. Bei einer 50-jährigen Patientin ließen die Beschwerden erheblich nach, wenn sie beim Sex zum Orgasmus kam.
Die Dunkelziffer bei diesem Syndrom ist vermutlich sehr hoch, weil sich viele Betroffene schämen, zum Arzt zu gehen.
Es handelt sich vermutlich um eine Störung der genitalen Nerven innerhalb einer Polyneuropathie. Für eine solche Neuropathie spricht, dass viele Betroffene ähnliche Schmerzen zuvor in anderen Körperteilen hatten.
Als Medikamente gegen die Beschwerden dienen Anti-Epileptika, Opiate und Anti-Depressiva.
Truman-Syndrom
Als Truman-Syndrom bezeichnen amerikanische Psychiater einen Wahn, in dem die Betroffenen denken, ihr gesamtes Leben sei eine Fernseh-Show. Sie trägt ihren Namen nach „Die Truman Show“ von 1998, einem Film, in dem der Hauptcharakter Truman Burbank ohne sein Wissen Hauptdarsteller einer Serie ist, die seit seiner Geburt sein Leben im Fernsehen überträgt.
Die Betroffenen leiden aber nicht etwa an übersteigertem Narzissmus, so dass sie glauben, ein grandioser Filmstar zu sein, sondern daran, vermeintlich keine Intimsphäre zu haben. Sie glauben, alle ihr Kontakte und Beziehungen seien Teil eines Drehbuchs und jede ihrer Bewegungen würde aufgezeichnet.
Der New Yorker Psychiater Joel Gold berichtete über einen Mann, der meinte, er müsse auf die Freiheitsstatue steigen – erst dann wäre endlich Schluss mit der Fernsehshow. Selbst den Psychiater hielt er für einen Schauspieler.
Capgras-Syndrom
Das Capgras-Syndrom heißt nach dem französischen Psychiater, der es entdeckte. Betroffene glauben, Ehepartner, Verwandte oder Freunde seien durch Doppelgänger ersetzt. Diese Wahnvorstellung gehört zum schizophrenen Formenkreis, tritt aber auch bei Demenzkranken auf, und selten bei Epileptikern oder Menschen mit Hirnschäden.
Es wird wie diese psychiatrischen Beschwerden behandelt, also vor allem mit antipsychotischen Medikamenten. Bei Dementen sind allerdings kognitive Therapien sinnvoller, da die Vorstellung bei ihnen vor allem aus allgemeiner Verwirrung stammt.
Fregoli-Syndrom
Von dieser Störung Betroffene nehmen ihr soziales Umfeld genau umgekehrt wahr wie Capgras-Patienten. Leopoldo Fregoli war ein italienischer Schauspieler und berühmt für seine schnell wechselnden Rollen.
Die Betroffenen glauben, nahe stehende Menschen hätten sich optisch verändert und würden als fremde Personen erscheinen. Sie glauben, ein Mensch könnte die Gestalt eines anderen Menschen annehmen und sich so maskieren. Betroffen sind ebenfalls Menschen mit Epilepsie, Demenz oder Schizophrenie.
Cotard-Syndrom
Das Cotard-Syndrom trägt seinen Namen von Jules Cotard, einem französischen Arzt, der es 1880 diagnostizierte. Die Betroffenen glauben, dass sie tot seien, verwesten, Blut oder innere Organe verloren hätten.
Depressive mit psychotischen Schüben und Schizophrenie-Patienten entwickeln am häufigsten diese Störung.
Reduplikative Paramnesie
Bei dieser neurologischen Störung glauben die Betroffenen, Orte oder Objekte würden gleichzeitig an verschiedenen Orten existieren. Im Unterschied zum Capgras-Syndrom sehen sie diese Veränderung aber nicht bei Menschen.
Alien-Hand-Syndrom
Beim Alien-Hand-Syndrom können die Betroffenen ein Hand nicht mehr willentlich steuern. Sie fühlen ihre Hand normal, empfinden sie aber als ein Körperteil, das autonom agiert.
Die Betroffenen sind bei vollem Bewusstsein, können die nicht betroffene Hand willentlich einsetzen, die gestörte Hand ist hingegen unberechenbar. Diese Störung entsteht bei einem Schlaganfall oder anderen Hirnschäden.
Alice-im Wunderland-Syndrom
Betroffene sehen ihre Umwelt wie Alice das Wunderland: Dinge und Menschen erscheinen größer oder kleiner als sie gewöhnlich, Geschwindigkeiten wirken langsamer und schneller. Die Betroffenen sind verwirrt, weil die Größe und Form einzelner Körperteile der eigenen Person sich in der Wahrnehmung ändern.
Die Betroffenen sind nicht psychisch krank und wissen meist, dass es sich um Halluzinationen handelt. Oft fühlen sie sich befremdet und leiden unter Panikattacken.
Die Störung tritt oft auf bei Migräne, Hirntumoren oder psychoaktiven Substanzen wie LSD. Die beste Therapie ist Ruhe. Die Betroffenen vermeiden am besten alle Reize, legen sich hin und schließen die Augen.
Bei schweren Fällen helfen Antikonvulsiva, Antidepressiva, Beta-Blocker und Kalzium-Kanal-Blocker.
Jerusalem-Syndrom
Von dieser Störung Betroffene entwickeln Wahnvorstellungen, die um den Besuch der Stadt Jerusalem kreisen.
Die Betroffenen leiden bereits an klinischen psychischen Störungen, und wenn sie sich in Jerusalem befinden, brechen Psychosen aus.
Das Paris-Syndrom
Das Paris-Syndrom betrifft japanische Touristen. Sie erleiden in Paris eine psychotische Form des Kulturschocks. Sie bekommen extreme Ängste, nehmen ihre Persönlichkeit nicht mehr wahr, entwickeln Verschwörungsfantasien und Halluzinationen.
Unter circa 6 Millionen japanischer Touristen, die jährlich Paris besuchen, entwickeln ungefähr 20 diese Störung. Ansonsten sind sie psychisch normal.
Stendhal-Syndrom
Die vom Stendhal-Syndrom betroffenen entwickeln extreme Ängste, sie sind verwirrt und verlieren das Gefühl für Raum und Zeit, manche werden sogar von Halluzinationen geplagt. Auslöser sind Kunstwerke, die die Betroffenen als besonders schön empfinden, oder die gehäuft an einem Ort zu sehen sind wie in den Vatikanischen Museen oder dem Louvre. Es reguliert sich meist von selbst und bedarf keiner Medikamente.
Diogenes-Syndrom
Von diesem Syndrom Betroffene erinnern an die populäre Vorstellung von Messies. Sie verlieren ihr Schamgefühl, vernachlässigen sich selbst, ziehen sich zurück, werden apathisch und sammeln zwanghaft Müll. Namensgeber war der griechische Philosoph Diogenes von Sinope (412 bis 323) v. Chr., der Wohlstand, Macht, Gesundheit und Ruhm verachtete und frei von Besitz lebte. Angeblich hauste er in einem Weinfass in den Straßen Athens. Das Syndrom wird dem Philosophen nicht gerecht; er vernachlässigte weder seine Hygiene noch lebte er im Müll. Betroffen von der Störung sind vor allem alte Menschen mit fortschreitender Demenz.
Apotemnophilie – Das Verlangen, sich zu verstümmeln
Wer unter dieser Störung leidet, nimmt seinen Körper nicht als Einheit wahr, und Körperteile stören ihn so, dass er sie abtrennen will. Ursache ist vermutlich eine Nervenstörung. Bisweilen amputieren sich Betroffene eigene Extremitäten: Finger, Zehen oder ganze Hände.
Chirugen weigern sich selbstverständlich, gesunde Gliedmaßen zu amputieren, die Betroffenen schädigen sich dann so, dass dem Arzt kein anderer Ausweg bleibt – zum Beispiel wegen Gefahr einer Blutvergiftung. Die erfolgte Amputation empfinden die Patienten als Erleichterung.
Bei den Betroffenen ist die rechte Gehirnhälfte geschädigt. Eine Therapie ist sehr schwierig, da die Betroffenen keine Einsicht in ihre Krankheit haben. Sie treffen oft auf Arotomophile, das sind sexuelle Fetischisten, die von Menschen mit Amputationen erregt werden.
Pap-Syndrom – Die Antriebslosen
Wer am Pap-Syndrom leidet, der kann sich nicht zu einer Handlung entscheiden – im pathologischen Sinn. Er isst nichts, wenn man ihn nicht daran erinnert und an den Tisch setzt. Dabei verspürt er den Hunger, doch er kann sich nicht entscheiden, auch wenn die Unentschlossenheit sein Leben kostet.
Die Betroffenen müssen sich Notizen machen, damit sie duschen, sich die Zähne putzen, die Haare kämmen oder einkaufen. Das liegt nicht an Vergesslichkeit.
Typisch ist, dass die Betroffenen sich trotz des Nichstun nicht langweilen. Bei ihnen sind die Baslaganglien gestört, die Schaltstellen des Gehirns, die die emotionalen Impulse des limbischen Systems an den Frontallappen weiterleiten. Die Informationen gelangen so nicht mehr in den Bereich, wo die bewussten Entscheidungen ablaufen.
Psychiater fasziniert das Syndrom, weil es viel darüber verraten kann, wie menschlicher Wille entsteht.
Kufungisisa – Zu viel Denken macht krank
Die Shona in Simbobwe kennen die Krankheit Kufunisisa. Das heißt „zu viel denken“. Wer darunter leidet, entwickelt Angststörungen und Depressionen. Er grübelt so viel herum, dass er sich immer schlechter fühlt, und kann gegen dieses Nachdenken kaum etwas unternehmen.
Erfolg versprechen kognitive Verhaltenstherapien, um das zwanghafte Nachdenken zu lindern, aber auch gängige Behandlungen gegen Angsttörungen und Depressionen.
Klinische Lykanthropie – Die Werwolfs-Störung
Klinische Lykanthropen leiden unter der Wahnvorstellung, sich in einen Wolf zu verwandeln. Das bekannteste Beispiel ist der spanische Serienmörder Romasanta, der 1854 vor Gericht stand, weil er 13 Menschen ermordet hatte.
Er glaubte, dass der Teufel ihn verflucht habe, sich periodisch in einen Wolf zu verwandeln und Menschen zu töten. Der Gerichtspsychiater diganostizierte pathologische Lykanthropie und Romasanta wurde nicht hingerichtet, sondern verbrachte den Rest seines Lebens in einem Irrenhaus.
Der Begriff leitet sich ab von König Lykaon von Arkadien, der dem Gott Zeus menschliches Fleisch als Mahl brachte und den der Göttervater deshalb in einen Wolf verwandelte.
Die pathologische Lykanthropie gehört zu den wahnhaften Fehlidentifikationen und tritt deshalb meist im schizophrenen Formenkreis, bei manisch-depressiven Psychosen, dem Borderline-Syndrom, dissoziativen Störung oder Psychosen infolge von Medikamenten oder Drogen.
Sex im Schlaf
Manche Menschen träumen nicht nur im Schlaf von Sex, sondern haben Sex, während sie sich in der Tiefschlafphase befinden. Wir sprechen dann von Sex-Somnia. Es handelt sich um eine nichtorganische Schlafstörung.
Die Betroffenen wirken wach, masturbieren oder vollziehen sexuelle Handlungen mit Anwesenden, sie kommen jedoch aus dem Non-REM-Schlaf nicht zum Bewusstsein. Meist erinnern sie sich an ihre Aktionen nicht, wenn sie aufwachen.
Dreimal so häufig zeigen Männer dieses Verhalten. Oft kommt es während des Schlafsexes zu gewaltsamen Handlungen, und Betroffene fürchten, als Simulanten zu gelten, wenn sie sagen, dass sie sich nicht erinnern könnten, was sie gemacht haben.
Die Betroffenen verwenden im Schlaf erotische Sprache und masturbieren – wenn sie aufwachen, sind sie oft noch sexuell erregt. Menschen mit dem Restless-Legs-Syndrom oder starkem Schlafdrang leiden besonders häufig unter dieser Störung.
Lebendig verfaulen
Eine der übelsten Krankheiten ist die nekrotosierende Faszitis. Dabei verfault der Körper bei lebendigem Leib.
Schuld sind Streptokokken, Fleisch fressende Bakterien. Sie dringen durch Wunden in die Haut ein, vermehren sich dort, setzen Toxine und Enzyme frei. Äußerlich zeigen sich dunkle Blasen. Das Fleisch zersetzt sich.
Die Gifte können einen septischen Schock auslösen. Dann versagen die Nieren, der Atem setzt aus, und das Herz funktioniert nicht mehr.
Das Beste ist, das infizierte Gewebe vollständig heraus zu schneiden. Anfangs lassen sich die Bakterien zwar noch mit Antibiotika behandeln, doch das erste Stadium ähnelt einer Grippe, so dass wir die Gefahr meist nicht erkennen.
Durch Trinken ins Koma
Wer zu wenig trinkt, belastet seinen Körper. Wer aber zu viel Wasser trinkt, kann ins Koma fallen. Dieser Zustand heißt Hyponatriämie. Grund ist ein Ungleichgewicht zwischen Wasser und Natrium.
Wenn wir schwitzen, verlieren wir nämlich ebenso Wasser wie Natrium. Wenn wir jetzt nur Wasser zu uns nehmen, fehlt es im Blut an Natrium. Der Körper kann das Wasser nicht verteilen und quillt auf. Das Gehirn schwillt an – es beginnt mit Kopfschmerzen, und nach weniger als einer Stunde können wir ins Koma fallen.
Wir können einem solchen Natriummangel einfach entgegen wirken, indem wir salzhaltige Lebensmittel essen wie Chips, gesalzene Erdnüsse oder Salzheringe.
Sklerodemie – die Statuenkranheit
Wer unter dieser Störung leidet, erstarrt. Die Haut verhärtet sich derart, dass die Betroffenen sich kaum noch bewegen können und wie eine Statue in der gleichen Pose stehen bleiben. Ursache ist eine Erkrankung des Autoimmun-Systems.
Der geschwächte Körper lagert überall seinen Überschuss an Kollagen ab. Nach Jahren verhärten sich die haut wie die inneren Organe. Jedes Jahr sterben an der Sklerodemie 10.000 Menschen.
Fischgeruchs-Krankheit
Wer an Trimethylaminurie leidet, stirbt zwar nicht daran, doch seine sozialen Kontakte nehmen erheblichen Schaden. Die Betroffenen stinken nämlich nach fauligem Fisch – aus dem Mund, im Schweiß und im Urin. Ihnen fehlt ein Enzym, das Trimethylamin abbaut, den Stoff, der Fische zum stinken bringt.
Unser Körper produziert diese intensiv riechende Substanz zum Beispiel, wenn wir Eier, Leber oder Sojabohnen verwerten. Es handelt sich um eine genetische Mutation. Deswegen helfen keine Medikamente. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.