Seit dem Ende des 15. Jahrhunderts sucht die Syphilis, auch Franzosenkrankheit, Lustseuche, harter Schanker oder Lues (venerea) genannt, Europa heim. Die spanischen Entdecker Amerikas verschleppten das hoch ansteckende Bakterium Treponema pallidum aus der Neuen Welt. Syphilis ist eine sexuell übertragbare Krankheit wie HIV, Tripper oder Genitalherpes.
Der Erreger gelangt über die Schleimhaut oder Hautrisse in den Körper, vor allem beim Geschlechtsverkehr. Dabei ist die Infektionsgefahr bei Analverkehr noch größer als beim Vaginalverkehr. Möglich ist auch eine Ansteckung über Blutkontakte wie Bluttransfusionen, über Hautkontakt mit Infizierten oder von Schwangeren auf das ungeborene Baby. Das kommt aber in Deutschland selten vor.
Inhaltsverzeichnis
Eine vergessene Krankheit
Die Lustseuche nehmen die meisten wie Pest oder Pocken als historische Plage wahr, an der Berühmtheiten wie Oscar Wilde und Friedrich Nietzsche erkrankten. Dabei ist die Syphilis noch heute weltweit verbreitet, die Ansteckungen steigen in den letzten Jahrzehnten wieder – und seit 2010 auch in Deutschland. Im Gegensatz zur frühen Neuzeit lässt sich die Geschlechtskrankheit heute jedoch sehr gut behandeln.
Symptome
Frühe Beschwerden treten nur bei etwa 50 Prozent der Erkrankten auf. Dann bildet sich dort, wo der Erreger in den Körper eindrang, ein typisches Geschwür – schmerzlos und hart an den Rändern. Darauf schwellen die umgebenden Lymphknoten an. Im nächsten Stadium verbreitet sich das Bakterium über das Blut und die Lymphen im ganzen Körper. Es folgen unter anderem Fieber, Hautausschlag und Haarausfall.
Nach diesem zweiten Stadium kann die Syphilis unbehandelt entweder von selbst ausheilen oder über Jahre anhalten. Bisweilen setzt das dritte Stadium ein, und jetzt wird es gefährlich. Jahrzehnte nach der Infektion kann das Bakterium schwerste Organschäden auslösen. Dringt es ins Gehirn oder Rückenmark ein, entsteht die Neurosyphilis. Diese führt zu schwersten Nervenschäden, psychischen Störungen und dem Verlust der geistigen Fähigkeiten. In der Vergangenheit wurden diese Symptome als „syphilitischer Schwachsinn“ bezeichnet. So war auch die letzte Zeit eines der größten Denkers des 19. Jahrhunderts von Neurosyphilis geprägt: Friedrich Nietzsche verbrachte seinen Lebensabend in geistiger Verwirrung.
Diagnose
Das Geschwür und die geschwollen Lymphknoten in der ersten Phase, verbunden mit Hautausschlag in der zweiten, deuten bereits auf die Krankheit hin. Mit Blutuntersuchungen und einem Erregernachweis im Labor ist die Diagnose sicher. Der Laborarzt muss die Krankheit jetzt melden und den Fall beim Robert Koch-Institut angeben – ohne Namen des Patienten.
Was sollten die Patienten tun?
Auch wenn es schwerfällt, peinlich ist und den Kontakt zu Menschen bedeutet, mit denen die Betroffenen abgeschlossen haben: Die Erkrankten sollten unbedingt ihre Geschlechtspartner über ihre Erkrankung informieren, und diese sollten sich ärztlich untersuchen und gegebenenfalls behandeln lassen. Ist die Krankheit bereits fortgeschritten, müssen die Betroffenen auch frühere Partner informieren.
Warum heißt die Syphilis Franzosenkrankheit?
Die Autorin Claudia Stein hat ein Buch über den Ausbruch der Syphilis in Augsburg in der frühen Neuzeit geschrieben, und darin exemplarisch aufgezeigt, wie die Erkrankung zu ihrem etwas merkwürdigen Namen Franzosenkrankheit kam. Die Augsburger Chronik des Hector Mülich hebt, Stein zufolge, 1495 die neue Krankheit hervor als Ereignis des Jahres: „der zeit des jars ist ain Posse plag (böse Plage) in dise land kommen mit den grossen platteren (mit den großen Blattern), die hieß man die Frantzosen, umb daß [die kranckhait] in Franckreich am ersten sich erhob; und kam darnach in alle welt.”
Mülich zufolge hieß die Krankheit also Franzosenkrankheit, weil sie zuerst in Frankreich aufgetreten sei. Deutlich wird eine häufige Reaktion auf neue Krankheiten: Der Nachbar ist schuld. Zudem hielten die Zeitgenossen die Syphilis für eine Strafe Gottes. Mülich behauptet außerdem, die Krankheit sei unter den Söldnern des französischen Königs Karl VIII (1483-1498) aufgetreten, und zwar 1494. Zeitlich kommt das sogar hin, da Kolumbus damals von der ersten Reise nach Amerika wiedergekehrt war. Unter Deutschen war indessen klar: Die Franzosen hatten sie verbreitet. So hieß die Krankheit unter anderem „Franzosenpocken“ oder lateinisch „Morbus Gallicus“.
Eine Verbindung zwischen dem Ausbruch der Krankheit in Europa und der Entdeckung Amerikas 1492 stellte in Deutschland anfangs niemand her. Wozu auch: Mit den „liederlichen Franzosen“ war der Sündenbock gefunden. Auch die Italiener schoben den Franzosen die Krankheit zu. Die Franzosen machten es umgekehrt und bezeichneten die „Franzosenkrankheit“ als „neapolitanische Krankheit“. Schuld waren für sie also die Italiener. In Polen schließlich bekam die neue Seuche den Namen „Deutsche Krankheit“, und die Russen nannten sie „Polnische Krankheit“. In ganz Europa trug die Syphilis bald über 400 Namen.
Gonzalo Fernández de Oviedo y Valdés (1478-1537) sagte jedoch, dass Mitglieder der Mannschaft von Kolumbus durch amerikanische Indigene mit der Syphilis infiziert worden seien. Gestützt wurde dieser Befund durch den berühmten Dominikaner Bartolome de las Casas und den Arzt Ruy Diaz de Isla. De las Casas kannte Syphilisopfer in Amerika, und der Mediziner De Isla hatte das erste bekannte Opfer in Europa in Barcelona behandelt.
Heute besteht in der Medizingeschichte weitgehend Einigkeit: Als Kolumbus Mannschaft von seiner ersten Reise nach Amerika 1492 zurückkam, brachte sie den Erreger mit. Die Syphilis verbreitete sich zuerst in Spanien. Als dann spanische Soldaten bei den Kämpfen zwischen Italienern und Franzosen in Neapel mitmischten, steckten sich Franzosen und Italiener an und verbreiteten die Krankheit in ihren Heimatländern. Die Armee von Karl VIII zog sich von der Belagerung Neapels zurück und brachte die Seuche nach Frankreich. Aus deutscher Perspektive ist der Begriff „Franzosenkrankheit“ also verständlich.
Die sündige Lust
Schnell wurde klar, dass Sex und Krankheit zusammen hingen – in der Renaissance ein gefundenes Fressen für den katholischen Klerus. Gerade in Italien und Frankreich hatte mit dem Humanismus auch in sexueller Hinsicht eine Befreiung stattgefunden, und Zentren der Renaissance-Gelehrten wie Florenz galten reaktionären Pfaffen als neues Babylon.
Die Kranken wurden zu Geächteten, hatten sie sich die Seuche doch durch ihre Sünde zugezogen. Mehr noch: Niemand wusste etwas von Bakterien und Ansteckung. So erkannten die Zeitgenossen zwar zu Recht, dass das Ausleben der körperlichen Lust und der Ausbruch der Syphilis miteinander zu tun hatten, erklärten diese Verbindung aber als Strafe Gottes. Gott bestrafte demnach die Sünder für ihre Sünde der Wollust.
Die Kranken wurden ausgegrenzt und mussten sich im Freien herumtreiben, unter Brücken schlafen oder im Wald. Zöllner kontrollierten sie an den Stadtgrenzen und verbaten ihnen das Betteln, Gastwirten war verboten, sie hereinzulassen. Chirurgen und Barbiere durften sie nicht behandeln, Bader nicht in die Bäder lassen.
Die Kirche feierte Erfolge: Die beliebten Badestuben, die oft zugleich Bordelle waren, verloren die Kunden, denn die Badegäste hatten Angst, sich die Seuche zuzuziehen. Eine kurze Phase der körperlichen Freizügigkeit wich Prüderie aus Furcht. In Deutschland entstanden 1500 neue Seuchenhäuser – die „Franzosenhäuser“.
Die Syphilis verbreitete sich quer in der Bevölkerung. War sie anfangs vor allem unter Söldnern und Prostituierten bekannt, litten bald auch Herrscher an ihr: Karl VIII, Franz I, Heinrich VIII oder Iwan, der Schreckliche, Kardinal Richelieu, Peter, der Große und Katharina, die Große. Auch Künstler wie Ludwig van Beethoven, Heinrich Heine, Gauguin, Franz Schubert, Goya und Maupassant gehörten zu den Opfern.
Das Zaubermittel aus der Neuen Welt
Die Seuche war aus Amerika gekommen und die Zeitgenossen glaubten, dort fände sich auch ein Gegenmittel. Im 16. Jahrhundert führte der Schatzmeister von Hispania, Gonzales, das Guajakholz nach Europa ein und behauptete, damit hätte er sich von seiner Syphilis geheilt. Heute wissen wir, dass Syphilis in manchen Fällen von allein verschwindet.
Das Jochblattgewächs Guiacum officinale wächst auf den Antillen ebenso wie in Venezuela, Kolumbien, Guayana und Panama. Das verwandte Guiacum sanctum kommt hingegen von den westindischen Inseln. Die Europäer waren verzückt. Endlich schien es ein sanftes Mittel gegen die Krankheit zu geben. Zuvor bestand die Therapie in Quecksilbersalben und Schwitzkuren, wobei die Vergiftung mit Quecksilber die Leidenden oft schneller dahinraffte als die „Franzosenkrankheit“.
Ärzte priesen das neue Wundermittel, die Fugger in Augsburg verdienten sich mit dem Guajakholz-Handel eine weitere goldene Nase, denn Kaiser Karl V hatte ihnen das Privileg zum Handeln mit dem „Heiligen Holz“ gegeben. Die Kranken nahmen das mühselig geraspelte Holz als Tee, Sirup oder Extrakt zu sich.
Utz von Hutten (1488-1523) war an Syphilis erkrankt. Der Reichsritter behandelte sich mit dem Holz und schrieb 1519: „Meinen Beobachtungen nach wirkt das Mittel (Guajakholz) langsam und gleichmäßig, nicht rasch oder stürmisch. Weit entfernt davon, dass seine heilsame Wirkung sofort subjektiv empfunden wird oder dass es die Schmerzen, die es schliesslich vollkommen beseitigt, rasch lindert, wird im Gegenteil zu Anfang der Cur und für die ersten vierzehn Tage die Krankheit im höchsten Grad acut: Die Qualen nehmen zu, die Geschwüre breiten sich aus und in der That kommt es dem Kranken vor, als ginge es ihm schlechter denn je.“ Und doch starb Hutten im Alter von 35 Jahren an der Krankheit.
Guajakholz wirkt laut heutigen Befunden antiphlogistisch, spasmolytisch und aquaretisch. Gegen Bakterien wirkt es nicht und ist somit ungeeignet, Treponema pallidum zu bekämpfen. Syphilis verläuft in Schüben und Wellen. Vermutlich nahmen Erkrankte wie Hutten das Holz in einer Phase temporärer Erholung zu sich und schoben diese Besserung dem Mittel zu.
Syphilis – Differentialdiagnosen
- Die primäre Syphilis lässt sich verwechseln mit Herpes genitalis und Karzinomen.
- Die sekundäre Syphilis zeigt ähnliche Symptome wie HIV-Infektionen, Röschenflechte, Schuppenflechte und Arzneimittelallergien.
- Die Symptome der Neurosyphilis decken sich mit anderen Formen von Demenz, die durch Störungen im zentralen Nervensystem erfolgen. Indessen geht dieser Neurosyphilis ein Jahrzehnte währender Verlauf der Syphilis vorweg.
Ursache
In Deutschland ist heute die Ursache fast immer der ungeschützte Geschlechtsverkehr mit einem infizierten Partner. Die Ansteckungsgefahr ist hoch – sie liegt bei circa 50 Prozent. Besonders gefährlich sind Oralsex ohne Kondom mit wechselnden Sexualpartnern und der Gebrauch von analen Sexspielzeugen, Verbandsmaterialen, Spritzen etc., die infizierte Personen benutzten.
Wie verläuft die Syphilis?
Die Frühsyphilis dauert nach der Infektion circa ein Jahr. Auf die primäre Syphilis (Lues I) folgt die sekundäre Syphilis (Lues II). Ungefähr einen Monat nach der Ansteckung bildet sich ein Knoten an der Stelle, wo der Erreger in den Körper eindrang. Diesen bemerken die Betroffenen oft nicht. Er verursacht keine Schmerzen und lässt sich leicht mit anderen Hautverdickungen verwechseln. Aus dem Knötchen entsteht ein Geschwür, das ebenfalls schmerzlos ist, nässt und einen knorpeligen Rand bildet. Da Syphilis vor allem durch Geschlechtsverkehr übertragen wird, liegt dieses Geschwür dann am Ort der Sexualpraktik: Am After, im Dickdarm, an den Geschlechtsorganen, im Mund oder an den Lippen.
Hat sich das Geschwür gebildet, schwellen die Lymphknoten in der Nähe an. Beim Geschlechtsverkehr sind das die Lymphknoten in der Leistengegend. Kennzeichen sind die fehlenden Schmerzen und das Fehlen einer Entzündung – im Unterschied zu „typischen“, ansonsten ähnlichen, Verdickungen im Geschlechtsbereich. Diese entstehen häufig durch Pilz- oder Bakterienbefall, entzünden sich also, jucken und kratzen.
Syphilis ist ein wenig „tricky“, denn das Geschwür verschwindet nach bis zu sechs Wochen von selbst. Meist gehen wir davon aus, dass etwas, das nicht weh tut, sich nicht entzündet und von selbst verschwindet, harmlos ist und beachten es nicht weiter. Doch die Syphilis kann jetzt in das zweite Stadium übergehen – zumindest ohne Behandlung.
Dieses zweite Stadium beginnt etwa acht bis neun Wochen nach der Ansteckung. Jetzt haben sich die Erreger über das Blut im Körper verteilt. Die Betroffenen fühlen sich krank. Sie haben Fieber und am ganzen Körper schwellen die Lymphknoten an. Leitsymptom ist ein Hautausschlag, aus dem Ausschlag werden dann einzelne Knötchen, die vor allem an der Hand und den Fußsohlen schuppen und an Schuppenflechte erinnern. Die rötlichen Knötchen sind Ansteckungsherde, die den Erreger enthalten. Indessen verursachen sie, wie das Geschwür am Anfang, keine Schmerzen.
Im Sekundärstadium entstehen diverse weitere Beschwerden, angefangen von Haarausfall über Wucherungen in der Mundschleimhaut bis hin zu Entzündungen des Halses, juckende kleine warzenartige Gebilde an den Geschlechtsorganen und am After. Dieses zweite Stadium kann unbehandelt Jahre anhalten. Bisweilen endet die Krankheit dann von selbst – was in der Vergangenheit zum Glauben an die Wirksamkeit von real unwirksamen Mitteln führte.
Erst drei bis fünf Jahre nach der Infektion beginnt das Tertiärstadium, und jetzt wird es gefährlich. Nicht nur Haut und Lymphknoten werden von den Bakterien heimgesucht, sondern auch die Organe – vom Magen über den Darm bis zur Speiseröhre, den Knochen und Muskeln. Mehrere Jahrzehnte nach der Infektion schließlich kann sich ein Aorten-Aneurysma bilden, dabei ist dieses Blutgefäß krankhaft erweitert. Reißt es, was leicht passieren kann, folgt eine starke innere Blutung, und diese kann innerhalb kurzer Zeit zum Tod führen. Dieses dritte Stadium lässt sich mit einer Antibiotika-Therapie heute vermeiden.
Die Neurosyphilis gilt manchen Medizinern als Teil des dritten Stadiums, lässt sich aber auch als Quartärstadium trennen, da sie sich erst nach zehn bis 20 Jahren entwickelt. Jetzt befallen die Bakterien auch das zentrale Nervensystem. Es drohen Lähmungen durch die Schäden im Rückenmark, vor allem aber ein irreversibler Abbau geistiger Fähigkeiten bis hin zur Demenz. Dieses letzte Stadium kommt heute in Industrieländern nur noch durch Fehler bei der Behandlung und Missachten der vorherigen Erkrankung vor. Im dritten und vierten Stadium ist die Syphilis nicht mehr ansteckend.
Besondere Gefahren
Mit Syphilis infizierte Schwangere können den Erreger auf das ungeborene Kind übertragen. Bei einer frisch eingefangenen Erkrankung passiert dies zu 80 bis 90 Prozent, im sekundären Stadium immer noch mit einer Wahrscheinlichkeit von 40 Prozent und im dritten Stadium mit zehn Prozent. Erkrankte Mütter erleiden zudem häufig Fehl- und Frühgeburten.
Das Geschwür im ersten Stadium ist ein Einfallstor für eine HIV-Infektion. Infizieren sich die Betroffenen jetzt zusätzlich mit HIV, dann sorgt die Syphilis bei HIV für einen beschleunigten Verlauf der Krankheit. Kombinierte Syphilis- und HIV-Infektionen begünstigen zudem den Ausbruch der gefährlichen Neurosyphilis.
Therapie
Die „Lustseuche“, die das Europa der frühen Neuzeit in Schrecken versetzte und die Kirchenpropaganda gegen die sexuelle Selbstbestimmung schürte, lässt sich nicht nur durch geschützten Verkehr gut verhindern, sondern nach dem Ausbruch auch gut behandeln. Eine Behandlung mit Penicillin oder anderen Antibiotika im ersten und zweiten Stadium läuft in der Regel erfolgreich – und es bleiben keine permanenten Schäden.
Penicillin G ist das beste Gegenmittel, allerdings vermehren sich die Syphilis-Erreger langsam, und deshalb muss die Behandlung in hohen Dosen über zwei Wochen erfolgen, in späteren Phasen der Syphilis sogar bis zu drei Wochen. Im Anfangsstadium reichen Injektionen in die Muskeln aus, im dritten Stadium sind intravenöse Injektionen über drei Wochen unausweichlich. Neurosyphilis muss sogar noch intensiver mit Penicillin behandelt werden.
Betroffene dürfen bis zur Ausheilung keinen Geschlechtsverkehr haben und keine Babys stillen. Im ersten Jahr wird alle drei Monate ärztlich überprüft, ob noch Erreger vorhanden sind, danach einmal pro Jahr.
Komplikationen bei der Behandlung
Problematische Reaktionen auf die Penicillin-Therapie sind selten und erfordern eine Behandlung mit anderen Antibiotika. Jede/r zweite Betroffene zeigt indessen durch den schnellen Zerfall der Syphilis-Erreger schwere Reaktionen, die als Jarisch-Herxheimer-Reaktion bezeichnet werden. Da diese Reaktionen beim Zerstören des Erregers entstehen, sind sie nicht aufzuhalten. Es handelt sich um Schmerzen in Kopf und Muskeln, Fieber, Schüttelfrost und einen Abfall des Blutdrucks. Sie setzen zwei bis acht Stunden nach der Penicillin-Injektion ein. Um die Symptome zu lindern, erhalten die Betroffenen Kortison.
Syphilis in Deutschland heute
Syphilis breitet sich in Deutschland wieder aus. So wurden dem Robert Koch-Institut 2017 insgesamt 7.476 Syphilisfälle gemeldet, 4,2 Prozent mehr als im Jahr 2016. Seit 2010 stieg die Anzahl der Erkrankten kontinuierlich. Betroffen sind vor allem homosexuelle Männer. Die Anzahl der Infizierten, die sich über sexuelle Kontakte mit anderen Männern ansteckten, lag bei 83,5 Prozent.
Ein möglicher Grund ist, dass „Safer Sex“ Praktiken wieder nachlassen und der Geschlechtsverkehr ohne Kondome zunimmt, was wiederum auch damit zu tun hat, dass HIV in den letzten Jahrzehnten immer besser behandelbar wurde. Der große Schock der „tödlichen Lust“, der die 1980er Jahre erschütterte und dazu führte, dass der Gebrauch von Kondomen Standard wurde, ist vorüber. Safer Sex, um HIV zu verhindern, verhinderte auch andere sexuell übertragbare Krankheiten wie die Syphilis. Um Syphilis vorzubeugen, hilft die wichtigste Methode gegen HIV: Safer Sex. Benutzen Sie Kondome, teilen Sie Sextoys nicht mit anderen oder waschen sie diese zumindest vor Gebrauch gründlich. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Robert Koch-Institut: RKI-Ratgeber Syphilis (Abruf: 26.06.2019), rki.de
- Deutsche Aidshilfe e.V.: Syphilis (Abruf: 26.06.2019), aidshilfe.de
- Berufsverband der Frauenärzte e.V. (BVF): Syphilis (Abruf: 26.06.2019), frauenaerzte-im-netz.de
- Merck & Co., Inc.: Syphilis (Abruf: 26.06.2019), msdmanuals.com
- Deutsche STI-Gesellschaft e. V. (DSTIG): S2K-Leitlinie Syphilis, Diagnostik und Therapie, Stand: Juli 2014, Leitlinien-Detailansicht
- Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs: Syphilis (Abruf: 26.06.2018), gesundheit.gv.at
- Mayo Clinic: Syphilis (Abruf: 26.06.2018), mayoclinic.org
- World Health Organisation: WHO guidelines for the treatment of Treponema pallidum (syphilis), Stand: 2016, who.int
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.