Typhus abdominalis und Paratyphus
Unter Typhus werden die von bestimmten Salmonellen hervorgerufenen fieberhaften Infektionskrankheiten Typhus abdominalis und Paratyphus zusammengefasst, die schwere Durchfälle verursachen. Bei den in Deutschland verzeichneten Erkrankungen handelt es sich in den meisten Fällen um eingeführte Reisekrankheiten, die aufgrund mangelnder Hygieneverhältnisse übertragen wurden. Es können schwere Komplikationen auftreten, weshalb eine Antibiotikatherapie und häufig auch ein Krankenhausaufenthalt unerlässlich sind. Um die Verbreitung über den Menschen einzugrenzen, gelten eine Meldepflicht und bestimmte Isolationsmaßnahmen für Infizierte und potentielle Überträger.
Inhaltsverzeichnis
Definition
Bei Typhus handelt es sich um eine zyklische Infektionskrankheit, die durch Erreger aus der Familie der Enterobakterien übertragen wird, sogenannte Salmonellen. Der Begriff Typhus leitet sich aus dem Griechischen „typhos“ für Dunst, Nebel oder im übertragenden Sinne auch Schwindel ab. Dies beschreibt den typisch neblig-verwirrten Bewusstseinszustand, der im Verlauf der Erkrankung auftritt. Betroffene zeigen in aller Regel schwerwiegende Beeinträchtigungen des Allgemeinzustands mit Fieber und gastroenterologische Symptome, vor allem Durchfall. Es können schwerwiegende Komplikationen auftreten, die in sehr seltenen Fällen auch zum Tod führen können.
Aufgrund verschiedener Serotypen der krankheitsauslösenden Salmonellen wird zwischen Thyphus abdominalis (Bauchtyphus) und Paratyphus unterschieden.
Vorkommen
Die Krankheitserreger sind weltweit verbreitet, wobei in Länder mit schlechten Hygienebedingungen weitaus mehr Erkrankungen zu verzeichnen sind. Nach aktuellen Schätzungen des Robert Koch-Instituts (RKI) treten jedes Jahr insgesamt zweiundzwanzig Millionen Neuerkrankungen von Typhus abdominalis (mit circa zweihunderttausend Todesfällen) auf. Für Paratyphus werden jährlich etwa 5,5 Millionen Neuinfektionen angenommen.
In Deutschland sind die Krankheitsfälle in den letzten Jahrzehnten deutlich zurückgegangen. Die meisten der in Deutschland gemeldeten Erkrankungen sind auf Reisen in Infektionsländer (insbesondere Asien) zurückzuführen. Im Jahr 2014 wurden beim RKI achtundfünfzig Fälle von Typhus abdominalis und 26 von Parathypus verzeichnet.
Typhus ist gemäß Infektionsschutzgesetz (lfSG) eine meldepflichtige Infektionskrankheit, die bereits bei Verdacht namentlich gemeldet werden muss. Treten Symptome nach Auslandsreisen auf (vor allem nach Nordafrika, Südamerika, Südostasien und Indien), sollte umgehend eine ärztliche Untersuchung stattfinden. Dabei sind auch andere Tropenkrankheiten (zum Beispiel Malaria) und Darminfektionen mit zu berücksichtigen.
Eine Reiseschutzimpfung für Aufenthalte in Risikoländern stellt einen weitreichenden Schutz vor der Erkrankung dar.
Symptome
Bei Paratyphus handelt es sich um eine leichtere Verlaufsform mit ähnlichen aber weniger ausgeprägten Beschwerden als bei Typhus abdominalis. Bei einer Erkrankung trotz aktuellem Impfschutz tritt in aller Regel nur eine abgeschwächte Symptomatik auf (Typhus levissimus).
Symptomatik bei Typhus abdominalis
Zu Beginn fühlen sich die Betroffenen oft sehr schwach und matt und beklagen eher unspezifische Symptome wie Benommenheit, Kopfschmerzen, Bauchschmerzen und Gliederschmerzen. Manchmal kommt es schon zu einer erhöhten Körpertemperatur. Meist steigt das Fieber allmählich an und bereits nach einigen Tagen treten sehr hohe Temperaturen bis über vierzig Grad auf. Das hohe Fieber kann bis zu drei Wochen andauern (kontinuierliches Fieber).
Im frühen Stadium zeigen sich nur selten die typischen hellroten, stecknadelkopfgroßen Hautausschläge (Roseolen) am Körperstamm. Ebenso kann ein verlangsamter Herzschlag (Bradykardie) auftreten.
Die Symptome des Verdauungstrakts variieren von einer anfänglichen Verstopfung bis hin zu breiartigen Durchfällen. Auch Übelkeit und Erbrechen sind möglich.
In den meisten Fällen tritt bei entsprechender Behandlung nach drei bis vier Wochen eine Besserung ein. Liegt über einen längeren Zeitraum eine erhöhte Temperatur vor, ist ein wiederholtes Auftreten der Erkrankung wahrscheinlich.
Komplikationen
Selten treten schwere Verläufe auf, bei denen es zu Komplikationen wie etwa Geschwüren, Blutungen und Perforationen der Darmwand, Nekrosen, Abszesse oder thromboembolischen Ereignisse kommt. Es besteht die Gefahr einer Bauchfellentzündung (Peritonitis). Auch können neurologische Komplikationen (Meningitis) und Entzündungen am Knochenmark (Osteomyelitis) oder Herzen (Endokarditis) entstehen. Kinder im ersten Lebensjahr haben ein erhöhtes Risiko für Komplikationen.
Symptomatik bei Paratyphus
Bei dieser meist leichteren Verlaufsform ist vor allem mit abdominellen Schmerzen, Durchfall sowie Übelkeit und Erbrechen zu rechnen. Die Fieberkurve übersteigt neununddreißig Grad meist nicht und die Beschwerden gehen bereits nach etwa vier bis zehn Tagen zurück.
Ursachen
Typhus wird über spezielle Salmonellen Bakterien übertragen. Bei Tyhpus abdominalis liegt eine Infektion mit Salmonella enterica Serotyp Typhi vor, während Paratyphus auf Salmonella enterica Serotyp Paratyphi A, B und C zurückzuführen ist.
Die Krankheitserreger werden oral aufgenommen. Dies geschieht vor allem über den indirekten Infektionsweg durch Wasser oder Nahrungsmittel, die mit den Bakterien verunreinigt sind. Auch eine direkte Infektion etwa durch Händeschütteln ist möglich.
Zu einer Kontaminierung kommt es über Ausscheidungen (Urin und Stuhl) des Menschen, denn der Mensch dient den Bakterien als Erregerreservoir. Dabei scheiden nicht nur akut erkrankte Menschen die Keime aus, sondern auch noch Wochen nach der Erkrankung kann es zu infizierten Ausscheidungen kommen. Etwa zwei bis fünf Prozent der Betroffenen werden sogar zu lebenslangen „Dauerausscheidern“, die eine wichtige Infektionsquelle darstellen. Zwei Drittel dieser dauerhaften Ausscheider gehören zu den Galleausscheidern, ein Drittel zu den Dünndarmausscheidern.
Inkubationszeit
Wie viele Keime benötigt werden, um eine Erkrankung hervorzurufen, ist individuell sehr unterschiedlich. Die Inkubationszeit bei Bauchtyphus kann, abhängig von der Dosis, stark variieren und beträgt circa drei bis sechzig Tage. In aller Regel treten die Symptome aber nach ein bis zwei Wochen auf. Bei Paratyphus geht es schneller und die ersten Anzeichen äußern sich nach ein bis zehn Tagen.
Diagnose
Bei fieberhaften Erkrankungen mit hohen Temperaturen, die über vier Tage andauern und ohne weiteren Befund sind, müssen Typhus und Paratyphus bei der ärztlichen Diagnostik berücksichtigt werden. Dies gilt insbesondere nach Auslandsreisen (in Gebiete mit erhöhter Typhusgefahr).
Laborergebnisse einer Blutprobe können Hinweise auf die Erkrankungen geben, wie beispielsweise eine Leukopenie (Leukozytenmangel) mit Aneosinophilie (Verringerung eosinophiler Granulozyten als spezielle Leukozyten) oder einem vermehrten Auftreten von Granulozyten-Vorstufen.
Ein sicherer Befund kann über den Erregernachweis erfolgen, am besten mit einer Blutkultur im späteren Stadium bei kontinuierlichem Fieber. Die Antikörperbestimmung im Blutserum ist einfacher im Nachweisverfahren, aber reicht nicht für eine gültige Bestätigung der Erkrankung aus.
Behandlung
Alle Betroffenen sollten antibiotisch behandelt werden. Für eine erfolgreiche Therapie bei Erwachsenen eignet sich vor allem das Antibiotikum Ciprofloxacin, welches mindestens über zwei Wochen hinweg verabreicht werden muss. Alternativ können auch Breitbandantibiotika aus der Gruppe der Cephalosporine (zum Beispiel Ceftriaxon) angewandt werden. Zudem eignen sich Cotrimoxazol und Amoxicillin zur Bekämpfung von Typhuserregern.
Ein Therapieerfolg stellt sich vor allem bei einer frühzeitig begonnenen Therapie ein. Ein zunehmendes Problem bei der Behandlung stellen multiresistenten Keime dar. Vor allem in den Endemiegebieten zeigen entsprechende Antibiotikabehandlungen oft keine Wirkung mehr.
Aufgrund möglicher Komplikationen ist eine Krankenhauseinweisung sinnvoll, es sei denn es handelt sich um eine leichte Verlaufsform. Die Kranken werden nach strikten hygienischen Regeln in Einzelzimmern untergebracht. Nach Entlassung werden über einen längeren Zeitraum noch mehrere Stuhlproben vom Gesundheitsamt auf Erreger untersucht. Bei Dauerausscheidern müssen besondere Regeln befolgt werden und es wird empfohlen, die Gabe von Ciprofloxacin auf einen Monat auszuweiten. Womöglich kann eine Gallenblasenentfernung erforderlich werden.
Nach ausgestandener Erkrankung kann mit einer Immunität für circa ein Jahr gerechnet werden, wobei die Dosishöhe bei jeder Neuinfektion eine wichtige Rolle spielt.
Behandlungsverbot für Heilpraktiker
Nach Paragraf vierunddreißig des Infektionsschutzgesetzes besteht bei Typhus ein Behandlungsverbot für Heilpraktiker. Betroffene dürfen demnach nur von Ärzten behandelt werden. Heilpraktiker sind jedoch darauf geschult, die Krankheit zu erkennen und gehören zu den Personen die zur namentlichen Meldung verpflichtet sind.
Vorbeugende Maßnahmen
Um einer Typhuserkrankung bestmöglich vorzubeugen, müssen allgemeine Hygieneregeln eingehalten werden. Dazu zählen regelmäßiges Händewaschen (und Desinfizieren) und in Risikogebieten vor allem die Vermeidung von Leitungswasser und daraus hergestelltes Eis. Für Speisen gilt allgemein das Gebot, keine rohen beziehungsweise keine unzureichend erhitzten Lebensmittel oder ungeschältes Obst (auch in Form von frischen Säften) zu konsumieren.
Eine aktive Immunisierung mittels Schluckimpfung (Lebendimpfstoff) oder Injektion (Totimpfstoff) gilt für ein bis drei Jahre als wirksamer Schutz für etwa sechzig Prozent der Geimpften. Die Impfung ist generell gut verträglich.
Bei Erkrankten, oder wenn ein Verdacht auf eine Erkrankung vorliegt, treten Bestimmungen des Infektionsschutzgesetzes in Kraft, bei der die entsprechenden Personen nicht an der Herstellung, Behandlung oder Weitergabe von bestimmten Lebensmitteln beteiligt sein dürfen. Auch besteht ein Beschäftigungsverbot für Betroffene, wenn sie in Gemeinschaftseinrichtungen tätig sind und dort Personenkontakt haben. Des Weiteren dürfen die Einrichtungen von dort betreuten Personen bei Erkrankung nicht besucht werden. Diese Regelungen gelten solange, bis ein ärztliches Attest beziehungsweise das Gesundheitsamt ein weiteres Übertragungsrisiko ausschließt. (jvs, cs)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch. 267., neu bearbeitete Auflage, De Gruyter, 2017
- Herold, Gerd und Mitarbeiter: Innere Medizin. Selbstverlag Gerd Herold, 2019
- Robert Koch-Institut (Hrsg.): RKI-Ratgeber Thypus abdominalis, Parathyphus, Stand: 08.02.2019, rki.de
- Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz, IfSG), gesetze-im-internet.de
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.