Depression im Herbst und Winter
Eine Winterdepression tritt regelmäßig in der dunklen Jahreszeit auf und versetzt die Betroffenen in ein saisonales Stimmungstief. Vor allem scheint ein Lichtmangel für diese vorübergehende und wiederkehrende Depression verantwortlich zu sein. In der ganzheitlichen Medizin wird aber auch anderen Faktoren wie gestörten Stoffwechselprozessen und einer negativen inneren Einstellung zum Winter eine gewisse Bedeutung zugeschrieben. In den meisten Fällen helfen eine (natürliche) Lichttherapie, Johanniskraut, viel Bewegung an der frischen Luft und weitere Hausmittel den Beschwerden entgegenzuwirken und vorzubeugen.
Inhaltsverzeichnis
Definition: Winterdepression und Winterblues
Die Winterdepression, auch Herbstblues oder Winterblues genannt, ist inzwischen als eine spezielle Form von Depressionen anerkannt und wird in Fachkreisen auch als saisonal abhängige Depression (englisch: seasonal affective Disorder, SAD) bezeichnet.
Die Winterdepression zeigt sich regelmäßig in der dunklen Jahreszeit von November bis Februar, wobei dies regionalen Unterschieden unterliegt. Daher stammt auch die Bezeichnung Winterdepression. Allgemein spricht man von Winterblues eher bei einer leichten Form dieser depressiven Störung oder Verstimmung.
Etwa neun Prozent der deutschen Bevölkerung leiden an dieser Art von Depression, wobei deutlich häufiger Frauen von den Stimmungstiefs betroffen sind.
Winterdepression: Anzeichen und Symptome
Viele Menschen fühlen Stimmungsschwankungen, die mit Wetter und Jahreszeit variieren. Dies ist aber nicht mit einer Depression gleichzusetzen. Von einer Winterdepression spricht man erst, wenn nur über die dunkle Jahreszeit Beschwerden auftreten, die den typischen depressiven Symptomen zuzuordnen sind. Beim Winterblues sind diese Anzeichen generell schwächer ausgeprägt.
Um von einer Depression zu sprechen sind meistens folgende Symptome ausschlaggebend:
- langanhaltende depressive Verstimmung, Niedergeschlagenheit,
- Interessenlosigkeit,
- Veränderung von Appetit und Körpergewicht,
- Schlafstörungen,
- negative Gedanken zur eigenen Person.
Abweichend vom allgemeinen Krankheitsbild der Depression gehen mit der Winterdepression allerdings nicht die üblichen Ein- und Durchschlafstörungen einher, sondern es zeigt sich ein auffallend erhöhtes Schlafbedürfnis. Längere Schlafphasen sind aber in der Regel nicht erholsam und die Betroffenen fühlen sich tagsüber müde und erschöpft. Auch Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust kommen weniger vor, dafür aber ein gesteigertes Essbedürfnis mit Verlangen nach Kohlenhydraten und süßen Speisen, was häufig zu einer Gewichtszunahme führt.
Weitere Anzeichen sind Antriebslosigkeit, Müdigkeit (am Tag), geringes Konzentrations- und Leistungsvermögen, soziale Zurückgezogenheit und weitere Verstimmungen, mit denen Sorgen, Ängste und Reizbarkeit einhergehen können.
Neben den psychischen Anzeichen kommt es regelmäßig auch zu körperlichen Auswirkungen. Oft treten bei den Betroffenen folgende Beschwerden auf:
- Kopfschmerzen,
- Kloß im Hals,
- Atemstörungen,
- Brustenge und Herzschmerzen,
- Muskelverspannungen,
- Verdauungsbeschwerden.
Ursachen
Der Zusammenhang zwischen Lichtmangel und depressiven Störungen gilt als wissenschaftlich unbestritten, so auch bei der Winterdepression. Dennoch können in einer ganzheitlichen Betrachtungsweise auch andere Faktoren eine Rolle spielen.
Lichtmangel als wesentlicher Auslöser
Für die Entstehung einer Winterdepression wird in erster Linie der Lichtmangel in der Zeit von November bis Februar verantwortlich gemacht, der sich auf den Gehirnstoffwechsel auswirken soll. Die Zirbeldrüse, die sich oberhalb des Mittelhirns befindet, ist sensibel für Hell-Dunkel-Reize und reagiert dabei mit der Ausschüttung des Hormons Melatonin. Ein erhöhter Melatoninspiegel wirkt sich unter anderem einschränkend auf die Aufmerksamkeit aus und beeinflusst die Ausschüttung weiterer Hormone.
Darüber hinaus entsteht durch den Mangel an Licht ein Ungleichgewicht im Haushalt der Neurotransmitter. Hierbei soll ein Mangel des „Wohlfühlhormons“ Serotonin eine besondere Rolle spielen. Die genauen Zusammenhänge sind aber noch Gegenstand wissenschaftlicher Forschung.
Ein weiterer wichtiger Aspekt besteht in der Entwicklung eines Vitamin-D Mangels, der durch die fehlende UV-Strahlung der Sonne in den Wintermonaten zustande kommt.
Winterdepression durch Giftstoffe im Körper?
In der traditionellen indischen Heilkunde, dem Ayurveda, wird die Entstehung von Depressionen – und den damit verbundenen Symptomen – einer Ansammlung von Giftstoffen im Körper zugeschrieben. Diese, als „Ama“ bezeichneten Schlacken können sowohl körperlicher als auch psychischer Natur sein. Auf körperlicher Ebene entstehen sie aus unverdauten Nahrungsbestandteilen und nicht ausgeschiedenen Abfallprodukten des Stoffwechsels. Psychisch entstehen die Schlacken der Ayurveda-Theorie zufolge durch negative Gefühle, die festgehalten werden.
Auch in der ganzheitlichen Medizin vermutet man neben dem Lichtmangel ein Übermaß an Stoffwechselabbauprodukten und Giftstoffen als Auslöser von Depressionen. Diese entstehen unter anderem durch eine Übersäuerung, die zu einer gestörten Feindurchblutung des Gewebes mit Sauerstoffmangel führt und dadurch können Abfallprodukte nicht ausreichend abtransportiert und aus dem Körper ausgeschieden werden, so die Theorie.
Darüber hinaus wird vermutet, dass Vitamin- und Enzymmangel aus dem gestörten Stoffwechsel entstehen oder ihn sogar mitbedingen. Genau wie bei chronischer Müdigkeit und Erschöpfung geht man hier nicht zuletzt von einer Überlastung der Leber als „Entgiftungszentrale“ aus.
Die innere Einstellung zum Winter
Ein wenig beachteter Aspekt ist die negative Einstellung und damit verbundene Erwartung an die kalte Winterzeit. Vielfach wird die vergehende Leichtigkeit des Sommers mit vermehrter Geselligkeit, Veranstaltungen und Freizeitmöglichkeiten als schmerzlicher Verlust betrauert und die Chancen dieser introvertierten Zeit werden nicht genutzt. So kann zum Beispiel Erlebtes und Neues sich in der Zeit eines vorübergehenden Rückzugs „setzen“, innerlich sortiert und integriert werden.
Winterdepression: Behandlungsmöglichkeiten
Eine medikamentöse Therapie, vor allem mit selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmern (SSRI), sollte nur bei sehr schweren Winterdepressionen erfolgen. Die wohl anerkannteste Behandlungsmethode ist die Lichttherapie. In vielen Fällen helfen den Betroffenen aber auch schon natürliche Behandlungsmethoden und Hausmittel gegen die Winterdepression oder beugen dieser sogar vor. Lange Spaziergänge, als Art natürliche Lichttherapie, oder natürliche Heilmittel wie Johanniskraut zeigen beispielsweise gute Wirksamkeiten bei der Linderung der Beschwerden.
Licht, Farben, Luft und Bewegung
Immer wieder werden ärztlich begleitete Lichttherapien empfohlen, um die winterlichen Depressionen zu vertreiben. Dabei werden Betroffene täglich eine halbe Stunde mit künstlichem Licht bestrahlt. Ähnlich effektiv kann sich ein täglicher ausgedehnter Spaziergang von etwa einer Stunde auswirken. Damit kann ausreichend Tageslicht für die Bildung wichtiger Hormone aufgenommen werden und gleichzeitig bekommt der Körper ausreichend Bewegung und frische Luft. Besonders Spaziergänge in der Natur wirken entspannend und stimmungsaufhellend
Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind bereits täglich zehn Minuten Tageslicht bei bedecktem Himmel ausreichend, um das Hormon Calciferol (Vitamin D) in der benötigten Menge zu produzieren. Vitamin D wirkt selbst antidepressiv und der Mangel an Vitamin D in der dunklen Jahreszeit könnte auch eine Erklärung für den sogenannten Winterblues sein.
Auch Farben wirken sich – ähnlich wie natürliches Licht – positiv auf die Stimmung aus. Deshalb ist es empfehlenswert, sich im Winter mit leuchtenden warmen Farben zu umgeben, sei es in der Wohnung, beim Kochen oder bei der Kleiderwahl.
Gesunde Ernährung
Ist eine Neigung zur Winterdepression bereits bekannt, kann eine professionell begleitete Heilfastenkur im Herbst mit anschließender Umstellung auf säurearme und vitalstoffreiche Kost unter Umständen helfen, den Beschwerden vorzubeugen. In der Naturheilpraxis werden unterstützend nach individueller Diagnostik Maßnahmen zur Entsäuerung und Entgiftung ergriffen und es wird die Ernährungsumstellung begleitet.
Johanniskraut gegen Winterdepression
Johanniskraut gilt als „Sonnenfänger“ gegen Winterdepression. Die Pflanze ist schon lange für ihre antidepressive Wirkung bekannt und inzwischen auch in medizinischen Fachkreisen weitestgehend anerkannt vor allem bei leichter Symptomatik. Allerdings fehlen bisher noch belastbare Studien zum Nutzen der Heilpflanze gegen Depressionen, weshalb Verabreichung und Wirkung als durchaus umstritten gelten.
Insbesondere der Inhaltsstoff Hypericin macht bei entsprechender Aufnahme lichtsensibler, was sich sowohl ausgleichend auf die Melatoninbildung in der Zirbeldrüse als auch auf den Serotoninhaushalt im Gehirn auswirkt. Dennoch wird angenommen, dass erst das Zusammenspiel der verschiedenen Wirkstoffe in der Heilpflanze das volle Wirkspektrum entfaltet.
Von einer Eigenmedikation wird unbedingt abgeraten. Welche Dosierung und ob überhaupt Johanniskraut eingenommen werden darf muss fachkundig bestimmt werden. Höhere Dosen sind verschreibungspflichtig.
Wichtig ist aber vor allem auch, sich etwas Gutes zu tun in der dunklen und eher tristen Jahreszeit. Dies können den individuellen Bedürfnissen entsprechend sehr unterschiedliche Aktivitäten und Methoden sein. (jvs, cs)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch. 267., neu bearbeitete Auflage, De Gruyter, 2017
- Pro Psychotherapie e.V. (Hrsg.): www.therapie.de, Diagnosen & Therapien - Psychische Störungen- Winterdepression , Abruf: 04.09.2019, therapie.de
- Müller, Thomas: Winterblues – Das ist der Grund für das Stimmungstief, in: Ärzte Zeitung, Heft 121, Jahrgang 2014, Ärzte Zeitung
- Lad, Vasand und Frawley, David: Die Ayurveda-Pflanzenheilkunde, Winpferd Verlag, 2000
- Friebel-Röhring, Gisela und Hoffmann, Klaus: Nahrung für Deine Seele, Ariane Verlag, 1994
- Friedrich, Ina: Eurobooks Ratgeber - Johanniskraut, Eurobooks, 1998
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.