Entzündete Zunge
Die Zungenentzündung (Glossitis) entsteht meist durch mechanische Reize im Mundraum, so zum Beispiel durch eine schlecht sitzende Prothese. Die Glossitis kommt aber auch als Begleitsymptom vieler Allgemeinerkrankungen vor. Sie zeigt sich in jedem Lebensalter und befällt vor allem immungeschwächte Patienten. Ursachenfindung, Diagnose und Therapie erweisen sich bei dieser Erkrankung nicht immer als einfach.
Inhaltsverzeichnis
Anatomie der Zunge
Die Zunge ist ein mit Schleimhaut überzogener Muskel. Sie hilft beim Kauen, Sprechen und Saugen und unterstützt den Schluckakt. Auf ihrer Oberfläche befinden sich sogenannte Papillen, die als Tast- und Temperaturfühler dienen, aber auch für das Schmecken verantwortlich sind. Die Zunge ist an der Lautbildung beim Sprechen beteiligt und unterstützt mit ihren lymphatischen Zellen die Immunabwehr. Über die Zunge verabreichte Medikamente zeigen eine schnelle Wirkung, da sie von der Mundschleimhaut in kürzester Zeit aufgenommen werden können. Ein Beispiel dafür ist das Nitro-Spray, das bei Angina pectoris Anfällen verabreicht wird.
Glossitis: Symptome
Folgende Beschwerden können auf eine Zungenentzündung hinweisen:
- Schmerzen in der Zunge,
- Zunge ist empfindlicher als gewohnt,
- Anschwellen der Zunge,
- Zunge verändert die Farbe,
- Probleme beim Essen oder Sprechen,
- Schluckbeschwerden,
- Zungenveränderungen (Anzahl der Papillen nimmt ab).
Die Beschwerden können leicht, aber auch schwer ausfallen. Mitunter nimmt die Zungenentzündung einen langwierigen, äußerst schmerzhaften Verlauf. Eventuell tritt zusätzlich Zungenbelag auf, was gerade bei Pilzinfektionen häufiger der Fall ist. Durch die Entzündung findet eine gesteigerte Durchblutung statt, was zu einer leichten aber auch massiven Schwellungen führen kann. Diese sind unter Umständen so ausgeprägt, dass das Schlucken und Sprechen behindert wird. Die Zunge rötet sich, vor allem an der Spitze und an den Rändern. Schmerzen, eventuell brennender Natur, gesellen sich dazu. Auch der Geschmackssinn ist oftmals beeinträchtigt. Bei Zungenentzündungen aufgrund einer Allergie kommt außerdem häufig Juckreiz hinzu. Im Allgemeinen beschränken sich die Symptome auf die Zunge und die Erkrankung wirkt sich nicht auf das Allgemeinbefinden aus.
Wurde die Entzündung der Zunge durch einen Insektenstich hervorgerufen, kann die starke Schwellung der Zunge die Atmung so behindern, dass Tod durch Erstickung droht und ein Notarzt alarmiert werden muss.
Vor allem bei Kindern tritt häufig eine akute Glossitis auf. Dabei ist die Zunge geschwollen, dunkelrot und eventuell befinden sich kleine Bläschen auf der Oberfläche. Diese sogenannten Aphten sind kleine, runde, offene Stellen, die bis zu linsengroß ausfallen können. Die Bläschen sind äußerst schmerzhaft. Hinzu gesellen sich häufig Schluckbeschwerden und ein unangenehmer Geschmack im Mund.
Eine chronische Zungenentzündung kommt eher bei Erwachsenen vor. Diese kann auf Allgemeinerkrankungen, wie Sprue (Glutenallergie), Eisenmangel-Anämie oder perniziöse Anämie (Vitamin B12 – Mangelanämie) hindeuten.
Ursachen der Zungenentzündung
Die Hauptursachen sind Reizungen der Zungenoberfläche, zum Beispiel durch scharfe Zahnkanten oder verschiedene Metall-Legierungen, die bei einer Zahnsanierung verwendet werden. Auch ein plötzlicher Biss, der beim Essen geschieht, Verbrennungen durch zu heißes Essen und Trinken oder schlecht angepasste Zahnprothesen können zu einer Glossitis führen. Bei Nahrungsmittelunverträglichkeiten auf bestimmte Speisen, wie Nüsse, Käse, Obst oder Meeresfrüchte reagieren viele Betroffene ebenfalls mit einer Entzündungsreaktion der Zunge. Außerdem gehört das Rauchen zu möglichen Ursachen der Glossitis.
Aber auch bei bestimmten Krankheiten zählt die Entzündung der Zunge zum Erscheinungsbild. Infektionskrankheiten, wie Scharlach, Diphterie, und Syphilis, zeigen – neben anderen Symptomen – eine Zungenentzündung. Ein Beispiel dafür ist das Sjögren-Syndrom, eine Autoimmunerkrankung bei der der komplette Mundraum inklusive Zunge mitbetroffen ist. Ein Vitamin A, B oder C-Mangel oder Eisenmangel kann zu entzündlichen Veränderungen führen. Aber auch eingedrungene Erreger, meist sind dies Pilze, sorgen unter Umständen für unangenehme, schmerzhafte Veränderungen der Zunge. Zungenentzündungen treten zudem in Verbindung mit Diabetes mellitus, Erkrankungen der Leber aber auch der Psyche auf. Gerade das Zungenbrennen hat häufig eine psychische Ursache.
Krankheiten, bei denen das Immunsystem stark geschwächt ist, begünstigen das Entstehen einer Zungenentzündung. Dazu gehören
- Krebserkrankungen,
- Knochenmarkstumoren,
- starke Unterernährung,
- AIDS,
- Autoimmunerkrankungen, wie das Sjögren Syndrom.
Besondere Formen der Zungenentzündungen
Besondere Formen der Zungenentzündungen sind die Glossitis areata exsudativa, auch Landkartenzunge genannt, die Himbeerzunge und die Hunter Glossitis.
Die Glossitis areata exsudativa ist eine chronische Entzündung der Zunge, bei der sich diese landkartenähnlich verändert. Man findet diese Erkrankung auch in Verbindung mit Psoriasis (Schuppenflechte) und Neurodermitis. Aus kleinen weißen oder gelblichen Papeln, die nach Tagen zu glatten, roten Einzelherden werden und dann langsam konfluieren, bilden sich Herde, die einer Landkarte ähneln. Diese greifen häufig auf Gaumen und Wangen über. Die Betroffen berichten über leichtes Brennen und eine Überempfindlichkeit auf starke Gewürze.
Die Himbeerzunge, die vor allem zusammen mit Scharlach auftritt, ist intensiv rot, geschwollen und zeigt entzündete Papillen. Diese Sonderform begleitet auch die seltenen Erkrankungen Pellagra (Hypovitaminose – Vitamin B3 Mangel) und das Kawasaki-Syndrom (fieberhafte Kinderkrankheit mit generalisierter Lymphknotenschwellung).
Eine weitere, besondere Form ist die Hunter Glossitis. Diese deutet auf das Fehlen des Vitamin B12 hin. Dabei ist die Zunge lackartig und rot, vor allem an den Zungenspitzen und auf dem Zungenrücken.
Zungenbrennen
Zungenbrennen kann zusammen mit einer Zungenentzündung durch Reizsituationen im Mundraum ausgelöst werden oder aber auch mit verschiedenen Allgemeinerkrankungen auftreten. Das brennende Gefühl auf der Zunge kommt bei Krankheiten, wie Diabetes mellitus, Anämie, Vitaminmangel und Infektionen mit Bakterien und Pilzen vor. Aber auch mechanische Reize im Mund, wie eine drückende Prothese, eine schlecht angepasste Zahnspange oder eine allergische Reaktion auf die verwendeten Materialien während der Zahnbehandlung können Auslöser des Zungenbrennens sein. Äußerlich ist der Zunge dabei nicht unbedingt etwas anzusehen, was die Diagnose entsprechend erschwert. Die Betroffenen leiden unter Brennen, Jucken und/oder Stechen, ähnlich einem Wundheitsgefühl. Oft sind dabei die Wangen und der Gaumen mitbetroffen.
Frauen leiden unter der Glossodynie (Zungenbrennen) wesentlich häufiger als Männer, gerade in Lebensphasen mit tiefgreifenden, körperlichen Veränderungen, wie zum Beispiel während des Klimakteriums. Auch besteht eine sogenannte Tagesrhythmik, so dass die Beschwerden meist zum Abend hin zunehmen. Das Zungenbrennen kann zusammen mit einem Pelzigkeitsgefühl, Mundtrockenheit und auch Geschmacksstörungen auftreten.
Die Ursachen für diese unangenehme Missempfindung zu finden, bereitet nicht selten erhebliche Schwierigeiten. So werden Betroffene bei Ärzten unterschiedlichster Fachrichtung angetroffen. Zuerst führt der Weg meist zu einem Zahnarzt, der durch eine ausführliche Anamnese und Untersuchung des Mundraumes, die Ursachen zu ergründen sucht. Oft sind weitere Diagnoseverfahren, zum Beispiel eine Blutuntersuchung, bei anderen Fachärzten nötig, um der Ursache auf den Grund zu gehen.
Stress, Dauerbelastung oder Ängste können ebenfalls zu Zungenbrennen führen. Aber auch die Intensität der Beschwerden verstärkt sich häufig durch eine belastete Psyche. Eine sich nur auf den Mundraum beschränkende Krankheit ist das Burning Mouth Syndrom. Dies tritt vor allem bei Frauen zwischen dem vierzigsten und fünfundvierzigsten Lebensjahr auf, aber auch jenseits der Sechzig ist die Erkrankung anzutreffen. Die Patientinnen und Patienten wachen bereits morgens mit brennender Zunge auf. Ursachenfindung und Diagnostik ist bei BMS (Burning Mouth Syndrome) meist eine Herausforderung, da sich das Krankheitsbild multifaktorell darstellt.
Glossitis: Behandlung
Ist die Ursache für die Zungenentzündung bekannt, so wird diese mit geeigneten Methoden behandelt. Eine Infektion wird, je nach Erreger, antimykotisch, antibakteriell oder antiviral therapiert. Generell sind bei der Behandlung alle Reize auszuschließen, wie scharfe Gewürze, zu heiße Speisen und Getränke, aber auch störende Faktoren, wie schlecht angepasste Prothesen oder Zahnspangen. Zur Linderung der Symptome werden verschiedenste Mundspüllösungen verordnet. Eine Gründliche Mundhygiene, nach jeder Mahlzeit, ist unerlässlich. Spülen mit Kamillen- oder Salbeitee kann unterstützend eingesetzt werden und zur Linderung der Beschwerden beitragen.
Naturheilkunde
Auch hier wird zuerst nach der Ursache gesucht, um diese dann ausschließlich oder begleitend zur Schulmedizin mit geeigneten naturheilkundlichen Mitteln zu behandeln. Meist sind Maßnahmen, die das Immunsystem stärken Bestandteil der Therapie. Hierfür existieren in der Naturheilkunde die verschiedensten Verfahren, wie zum Beispiel die Eigenbluttherapie, Injektionen mit stärkenden Präparaten und eine individuell abgestimmte Darmsanierung. Direkt auf die Schleimhaut der Zunge aufgebracht ist die schon aus Großmutters Zeiten bekannte Myrrhentinktur. Diese kann mit Wasser verdünnt als Mundspülung angewendet oder auch direkt ganz vorsichtig zum Betupfen der befallenen Stellen genutzt werden. Ebenso eigenen sich für Mundspülungen Salbei, Kamille und Pfefferminze. Auf jeden Fall sollte unbedingt auf scharfe und zu heiße Speisen und Getränke verzichtet werden. Liegt eine Allergie vor, ist das Allergen strikt zu meiden.
Glossitis: Homöopathie
Die Wirksamkeit der Homöopathie gilt wissenschaftlich als umstritten. Dennoch vertrauen viele Personen auf homöopathische Mittel. Bei einer Glossitis wird das Mittel Marum verum angewendet, welches aus dem Saft der Heilpflanze Katzenkraut hergestellt wird. Darüber hinaus werden beispielsweise auch Schüßler Salze eingesetzt.
Die Zunge in der Traditionell Chinesischen Medizin
Die Zunge wird in der Traditionell Chinesischen Medizin schon seit circa fünftausend Jahren zur Diagnosestellung genutzt. Mittlerweile hat sich diese Diagnoseform in vielen Naturheilpraxen etabliert. Farbe, Beschaffenheit, Form und Belag geben Hinweise auf die verschiedensten organischen Störungen. Die Zunge reflektiert die Körperorgane an bestimmten Stellen und kann somit bei Veränderungen auf Krankheiten oder aber auch präventiv auf Veranlagungen hinweisen. So spiegeln nach Aussagen der TCM (Traditionell Chinesische Medizin) die Zungenspitze das Herz, die Zungenmitte Milz und Magen, der seitliche Rand Leber und Gallenblase und die Zungenwurzel Nieren und Dickdarm wieder. Rötungen, Risse, Erhebungen und farbliche Beläge werden von den naturheilkundlichen Therapeuten, je nach Medizinsystem, unterschiedlich interpretiert. Entsprechend der Diagnose werden anschließend geeignete Therapieformen ausgewählt. (sw)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Amboss GmbH: Zungenveränderungen (Abruf: 05.09.2019), amboss.com
- Deutscher Berufsverband der Hals-Nasen-Ohrenärzte e.V.: Zungenbrennen (Abruf: 05.09.2019), hno-aerzte-im-netz.de
- U.S. National Library of Medicine: Glossitis (Abruf: 05.09.2019), medlineplus.gov
- Prof. Dr. med. Peter Altmeyer: Glossitis K14.00 (Abruf: 05.09.2019), enzyklopaedie-dermatologie.de
- Thomas Lenarz, Hans-Georg Boenninghaus: Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Springer, 14. Auflage, 2012
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.