Baldrianwurzel hat sich als pflanzliches Beruhigungsmittel bewährt
Baldrian, auch Hexen- oder Katzenkraut genannt, ist ein Geißblattgewächs und bekannt dafür, dass es entspannt und beim Einschlafen hilft. Die Pflanze lässt sich gut selbst anbauen. Bei welchen Beschwerden das Heilkraut eingesetzt wird und worauf Sie beim Anbau im eigenen Garten achten müssen, erfahren Sie hier.
Inhaltsverzeichnis
Baldrian im Überblick – Die wichtigsten Fakten
- Die Heilpflanze hilft gegen Schlafstörungen, Stress, Ängste, Migräne, Menstruations- und Magenbeschwerden sowie gegen Nervosität und innere Unruhe.
- Kinder unter 12 Jahren sollten keine Baldrianpräparate einnehmen.
- Nach längerer Einnahme sollte eine Pause eingelegt werden.
- Die Pflanze eignet sich für den kommerziellen Anbau ebenso wie als Gartenpflanze.
- Gesät wird im März und April, sie blüht von Mai bis August. Wir ernten ganzjährig, aber erst seit dem zweiten Jahr.
- Baldrian ist ein Staudengewächs – keine Art, sondern eine Gattung mit mehreren Spezies, deren Eigenschaften sich ähneln.
- Unser echter Baldrian, Valeriana officinalis, stammt als Wildform aus dem gemäßigten Eurasien. Hier wächst er in Gräben, auf Waldlichtungen, auf Feuchtwiesen und am Waldrand.
- Die Pflanze liebt Sonne, der Boden sollte nährstoffreich und durchlässig sein.
- Baldriangewächse sind sehr anpassungsfähig, sie vertragen jedoch keine extreme Hitze und Trockenheit.
Biologische Merkmale
Baldrian ist eine mehrjährige Staude, die zwischen 90 cm und 200 cm Höhe erreicht, abhängig von der Menge an Nährstoffen und der Sonnenstrahlung. Er verankert sich mit gelb-weißen Wurzeln, die mehrfach verzweigen und einen typischen Geruch haben (Stinkwurzel). Die Wurzeln sind zwar verzweigt, aber nicht tief. Im Winter lebt die Pflanze in ihrer Wurzel weiter.
Ende März bis Mitte April, je nach Witterung, sprießen die ersten Blätter in ähnlicher Farbe wie Pfefferminze. Sie haben eine Lanzettform, die Ränder sind jedoch erstens gefiedert und zweitens gesägt. Die unteren Blätter sind am größten, die obersten am kleinsten; sie drapieren sich gegenständig am Stängel. Dessen Farbe schwankt zwischen braun und grün. Er ist leicht behaart.
Zur Fruchtreife produziert Baldrian Früchte, die an Nüsse erinnern und bis zu 5 mm lang sind. Pro Frucht ist ein Samen enthalten.
Baldrian: Wirkung
Baldrianwurzeln waren schon in der Antike als Heilpflanzen bekannt – in Europa ebenso wie in Asien bis nach Indien und Pakistan. Im Mittelalter diente es als Mittel gegen gänzlich andere Zwecke als heute.
Statt gegen Schlafstörungen und innere Unruhe sollte es gegen Akne helfen, gegen Blähungen oder gegen Husten, gegen Kopfschmerzen sowie gegen Augenerkrankungen.
Dazu mischten die Ärzte die Wurzel mit Wein, Opium, Süßholz oder Anis. Hildegard von Bingen empfahl sie gegen Rippenfellentzündung (auch Brustfellentzündung) und die Krankheit Vicht, bei der es sich vermutlich um im Entstehen begriffene Tumore handelte.
Erst ab dem 18. Jahrhundert wurden die beruhigenden und schlaffördernden Eigenschaften der Heilpflanze entdeckt und diese von nun an als natürliches Beruhigungsmittel eingesetzt. Bis heute kommt Baldrian als Naturheilmittel bei Beschwerden wie
- Schlaflosigkeit,
- Nervosität,
- Stress,
- Migräne und andere Kopfschmerzen,
- Angstzuständen,
- Magen-Darm-Problemen und
- Wechseljahresbeschwerden
zum Einsatz.
Wertvolle Inhaltsstoffe in der Baldrianwurzel
Vom Baldrian nutzen wir die Wurzel. Wir graben sie im Herbst aus und trocknen sie. Alternativ sind diese auch im Reformhaus oder in der Apotheke erhältlich. Die getrockneten Wurzeln können wir pur essen oder einen Tee daraus zubereiten, einen Medizinwein herstellen, eine Tinktur oder einen Badezusatz. Dieser fördert den Schlaf, hilft gegen krampfartige Schmerzen im Magen und innere Unruhe.
Die wichtigsten Inhaltsstoffe sind im ätherischen Öl der Baldrianwurzel enthalten:
- Borneol,
- Valeranon und
- Valerenal.
Hinzu kommen die Valerensäuren.
Baldrian als Medizin – Anwendung
Meist nehmen wir Baldrian als Kapseln, Tabletten oder als Wurzeltee zu uns. Die Tabletten sind bei akuten Problemen angesagt, zum Beispiel bei Angst vor Prüfungen. Tee trinken wir hingegen bei Schlafstörungen, chronischer Unruhe oder psychisch ausgelösten Kopfschmerzen.
Rezept für Baldriantee
Für einen Baldriantee nehmen wir circa 3 Gramm Baldrianwurzel und übergießen sie mit 300 ml kochend heißem Wasser. Wir lassen den Tee zehn Minuten ziehen, bevor wir ihn trinken.
Wichtige Hinweise
Kinder unter 12 Jahren sollten keine Baldrianpräparate nehmen, da es kaum medizinische Untersuchungen zu Baldrian bei Kindern gibt. Wenn Sie die Mittel über längere Zeit eingenommen haben, zum Beispiel bei Schlafstörungen, sollten Sie einen Monat Pause einlegen, bevor Sie erneut zu diesen greifen.
Baldrian säen und ernten
Die Heilpflanze säen wir am besten in Saatkästen, idealerweise im Gewächshaus, solange der Nachtfrost noch zuschlägt, denn die empfindlichen Samen vertragen starken Frost nicht. Wenn die Keimlinge Blätter zeigen, und sich je nach Kälteeinbruch zwischen März bis Ende April die Sonne scheint, pflanzen wir die zarten Pflänzchen aus – im Abstand von circa 60 cm, denn Baldrian entwickelt sich zu einer Staude mit 1 m Höhe.
Wir pflanzen auf einem gut aufgelockerten Boden – wenn die Erde sich sieben lässt, ist sie für das Staudengewächs optimal. Am besten harken Sie kräftig durch, bevor Sie die Pflanzen einsetzen. Ideal ist eine Südlage ohne Schatten spendende Bäume und volle Sonne.
Wächst der Baldrian, dann können Sie im zweiten Jahr ernten. Erst im zweiten Jahr bildet die Staude Blüten aus, und aus denen bilden sich wiederum Samen. Natürlich verbreitet der Wind diese Samen.
Von Juli bis August lassen sich die Blüten sammeln und trocken, im Oktober die Wurzeln. Sie sammeln die Blüten am besten am frühen Morgen: Je tiefer die Temperatur, desto mehr Wirkstoffe sind enthalten.
Lehmboden lockern
Ist der Boden lehmig, sollten Sie ihn mit Sand auflockern. So kommt mehr Luft in den Boden und das Wasser erreicht besser die Wurzeln. Umgekehrt sollten Sie einen sehr sandigen Boden mit Komposterde mischen. Die Samen sollten frisch sein, da Baldriansamen vom Vorjahr nur selten keimen.
Düngen müssen Sie kaum. Im Garten reicht Kompost als Dünger völlig aus. Im Kübel können Sie alle 6 Wochen mit einem Kräuterdünger helfen.
Um die Wurzeln gut reinigen zu können, bauen wir Baldrian auf siebfähigem Boden mit wenig Steinen an. Je weniger andere Wildkräuter vorhanden sind, je tiefgründiger und lockerer der Boden ist, umso besser ist der Ertrag. Je mehr Humus im Boden ist, desto mehr Feinwurzeln entstehen und umso schwerer gestaltet sich das Reinigen der Wurzeln.
Ein Lichtkeimer
Das Heilkraut ist ein Lichtkeimer. Deshalb müssen Sie die Samen nur leicht in die Erde drücken und dann feucht halten. Gesät wird im März und April in das Beet oder in Kübel. Eine Vorkultur brauchen Sie nicht. Aussäen können Sie auch in Töpfen auf Balkon oder Terrasse. Achten Sie darauf, dass die Töpfe in die Breite gehen, da Baldrianwurzeln seitlich wachsen.
Baldrian braucht Feuchtigkeit
In Dürreperioden ist Beregnen bzw Gießen ein Muss, denn Baldrian liebt Feuchtigkeit. Im Idealfall ist die Erde immer leicht feucht. Der Cadmiumgehalt im Boden sollte unter 0,5 mg/kg liegen. Sie sollten den Boden auch auf Blei und Quecksilber untersuchen lassen.
Allgemein sollten Sie Heilpflanzen nur an Standorten anbauen, die abseits von Industrieabgasen und städtischen Abfällen sind. Niedrige Temperaturen sind kein Problem. Baldrian ist frosthart.
Krankheiten und Schädlinge
Die Pflanze ist robust. Blattläuse suchen die Stauden heim und setzen sich in den Blattachseln fest. Wir können Sie mit Sprühwasser entfernen oder mit einem Klebeband. Mehltau kann auftreten, ist aber selten. Dieser befällt Baldrian vor allem, wenn die Stauden dicht wachsen, und die Erde zuviel Nährstoffe enthält.
Eine weitläufige Verwandtschaft
Valeriana officinalis gehört zur Gattung Baldriane und hat so mehr als 400 Vettern. Zu seinen Verwandten gehören die Wilde Karde und der Feldsalat. Der Echte Baldrian ist nicht die einzige Kulturpflanze unter den Baldriangewächsen. Valeriana wallrothii wird als Arzneipflanze angebaut, und die indische Narde (Valeriana jatamansi) ist in Indien als Gewürz beliebt.
Das Kraut des Lichtgottes
Der Name Baldrian leitet sich ab von Baldur, dem germanischen Lichtgott. Der lateinische Name stammt vom Verb valere ab, und dass bedeutet „gesund sein“. Der Artname officinalis rührt daher, dass das Kraut in den Apotheken (offizin) auslag.
Baldur war nicht nur der Gott des Lichtes, sondern auch der Sonne, des Frühlings und der Gerechtigkeit. Möglich, dass der Baldrian als „ausgleichende Gerechtigkeit“ bei Schlafbeschwerden und psychischen Belastungen galt, für die die Betroffenen keine Schuld traf.
Baldrian zum Essen
Baldrian ist nicht nur Heilpflanze, sondern auch Gewürz. In der indischen Küche ist die gemahlene Wurzel beliebt für Suppen und Eintöpfe. Der Geschmack ist einzigartig – ein wenig bitter mit einem süßlichen Unterton.
Die frühen Blätter lassen sich wie Feldsalat verwenden und schmecken auch ähnlich. Kein Wunder, es handelt sich um Verwandte. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Kooperation Phytopharmaka GbR: www.koop-phyto.org (Abruf: 15.03.2018), Baldrian
- Bent, Stephen et al.: "Valerian for sleep: a systematic review and meta-analysis", in: The American Journal of Medicine, Volume 119 Issue 12, 2006, amjmed.com
- Dogaheh, Mehdi Ansari et al.: "Antioxidant effect and study of bioactive components of Valeriana sisymbriifolia and Nardostachys jatamansii in comparison to Valeriana officinalis", in: Pakistan journal of pharmaceutical sciences, Volume 26 Issue 1, 2013, NCBI
- Kennedy, David O.: "Anxiolytic effects of a combination of Melissa officinalis and Valeriana officinalis during laboratory induced stress", in: Phytotherapy Research, Volume 20 Issue 2, 2006, Wiley Online Library
- Eichholtz, Fritz: Lehrbuch der Pharmakologie im Rahmen einer allgemeinen Krankheitslehre für praktische Ärzte und Studierende, Springer,1951
- Oomah, B. Dave: Herbs, Botanicals and Teas, CRC Press, 2000
- Marbach, Eva: Heilkräuter Hausapotheke: Die wichtigsten Heilpflanzen für die Anwendung zu Hause, Eva Marbach, 2010
- Achmüller, Arnold: Die Alpen-Apotheke: Hausmittel zum Selbermachen, Knaur MensSana HC, 2017
- Morteza, Elham; Joorabloo, Ali: "Evaluation of Medicinal Plant Valerian (Valeriana Officinalis L.) Essential Oil Compositions Cultivated At Garmsar Zone in Iran", in: Journal of Pharmaceutical and Scientific Innovation, Vol. 3, 2012, semanticscholar.org
- Pahlow, Mannfried: Das große Buch der Heilpflanzen: Gesund durch die Heilkräfte der Natur, Nikol, 2013
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.