Borretsch, auch Gurkenkraut genannt, ist ein Raublattgewächs. Ähnlich merkwürdig wie sein Familienname ist sein Aussehen mit behaarten Blättern und Stängeln sowie sternförmigen Blüten, die ihre Farbe von Rosaviolett zu einem intensiven Blau im Sommer wechseln. Borretsch ist eine alte Heil- und Küchenpflanze, die wir aber mit Vorsicht genießen sollten. Sie enthält zwar Schleim- wie Gerbstoffe und Vitamin C, aber auch Alkaloide, die in hoher Dosis die Leber schädigen.
Inhaltsverzeichnis
Vorkommen
Gurkenkraut stammt aus Westasien, Nordafrika, Süd- und Südosteuropa und kam im Mittelalter nach Deutschland als begehrte Pflanze der Bauern- und Klostergärten. Er kam in Mode, weil seine Blüten und Blätter als Wundermittel gegen Melancholie galten, so der damalige Begriff für einen psychischen Zustand, der der heutigen Depression entspricht. Da sich Borretsch stark ausbreitet, verwilderte er rasch. Heute besiedelt das Gurkenkraut als Neophyt Amerika, Australien, die Kanaren und Azoren.
Namen
Der Geschmack der Blätter erinnert an Gurke, daher trägt der Borretsch den Namen Gurkenkraut. Andere Bezeichnungen zitieren seine Bedeutung als Stimmungsaufheller: Herzfreude, Wohlgemutsblume oder Liebäuglein.
Kulturgeschichte des Gurkenkrauts
Vom Mittelalter bis in die Moderne galt Borretsch als Mittel, um das Blut zu reinigen und gegen „überschüssige Melancolia“. Als Symptome der „Melancholie“ interpretierten die Zeitgenossen dabei Traurigkeit, Ohnmacht, Herzschwäche, Herzrasen und Fieber. Die Pflanze diente auch dazu, Menschen zu beruhigen, die „von Sinnen waren“, vermutlich also unter Psychosen litten oder sich im Zustand der Manie befanden.
Die Hände von Christus
Die Behandlung von Herzkrankheiten mit Borretschblüten und Zucker hatte einen religiösen Hintergrund und hieß „Manus Christi“, also Hände von Christus. In der frühen Neuzeit fügten die Wohlhabenden diesem Blütenzucker noch zerstoßene Perlen und Goldpulver hinzu. Die Blüten des Raublattgewächses galten zusammen mit denen von Veilchen und Ochsenzunge als die erste Wahl unter den Heilblüten.
1991 war Schluss mit dem massenhaften Verbrauch der „Zauberblätter“. Das Bundesgesundheitsamt erklärte Borretsch als nicht vertretbar für eine therapeutische Anwendung wegen den in der Pflanze enthaltenen giftigen Pyrrolizidinalkaloiden.
Wie sieht Borretsch aus?
Das Raublattgewächs ist einjährig, wächst bis zu 70 cm, die Stängel und Blätter tragen auffällige „Borsten“; die Laubblätter sind dunkelgrün und haben eine Lanzettform.
Blüte
Borretsch blüht von Mai bis September mit fünfzähligen zwittrigen Blüten in einer doppelten Fruchthülle. Die Kelchzipfel sind lanzettförmig und die Kelchblätter wachsen zusammen. Anfangs blühen die Staubblätter und geben die Pollen frei, dann verwelken sie und die Narbe nimmt die Pollen auf, die Insekten mit sich tragen.
Für Menschen sehen die Blüten blau aus, sie haben jedoch leuchtende Signale, auf die Insekten reagieren. Sie sind bei Hummeln und Bienen begehrt.
Ökologischer Nutzen
Die Pflanze ist ein Spätblüher und deshalb für Bienen, Hummeln und andere Insekten wichtig.
Borretsch in der Küche
Borretsch trägt den Beinamen Gurkenkraut, weil sein Geschmack an Salatgurken erinnert. Blätter und Blüten passen gut in Salat und Suppen. Die Frankfurter Grüne Sauce enthält das Küchenkraut, daneben Kresse, Kerbel, Pimpinelle, Petersilie und Schnittlauch. Auch Kohlgerichte, Pilzsuppe und die kalte Küche eignen sich für Borretschblätter.
Die Blätter lassen sich auch als Gemüse zubereiten, so wie Spinat.
Blätter und Blüten können eingesetzt werden, um Kaltgetränke zu aromatisieren.
Mit den süßen Blüten lassen sich gut Kuchen, Marmeladen und andere Süßspeisen dekorieren, sie schmecken aber auch kandiert gut. Die Blüten ergeben getrocknet auch einen ausgezeichneten Tee. Im Iran heißt diese Gole Gaw Zabun, und die Menschen trinken ihn bei Husten wie Erkältung, und um die Nerven zu beruhigen.
Boretsch: Leberschäden drohen bei übermäßigen Konsum
Vorsicht: Borretsch enthält giftige Alkaloide, die sich durch Kochen nicht entfernen lassen. Diese dienen der Pflanze dazu, Fressfeinde abzuhalten. In großen Mengen schaden diese Stoffe der Leber. Mäßiger Konsum ist indessen unbedenklich.
Inhaltsstoffe
Die Pflanze enthält Schleimstoffe, Gerbstoffe, Harz, Saponin, Kaliumnitrat, Kieselsäure, Fettsäuren und ätherische Öle, sowie Vitamin C in veritabler Menge.
Die Samen bestehen bis zu 38 % aus Öl mit dem höchsten Anteil an Gamma-Linolensäure, dazu Linolsäure, Ölsäure, Palmitinsäure, Gadoleinsäure, Stearinsäure, Erucasäure und Nervonsäure.
Allerdings enthält Borretsch auch Pyrrolizidinalkaloide, und davon 2-10 mg pro Kilogramm im Trockenzustand, unter anderem Amabilin, Intermedin, Lycopsamin, Supinin, und die sind toxisch für die Leber. Deshalb sollten wir Borretschblätter nicht regelmäßig essen, sondern nur manchmal.
In den Blüten, den Samen oder Samenöl sind diese Alkaloide nur in sehr geringen Mengen vorhanden.
Anwendung von Borretsch als Heilpflanze
Die Blüten dienten in der Volksmedizin gegen Fieber, verschleimte Atemwege, Durchfall, Entzündungen, rheumatische Beschwerden und dazu, das Blut zu reinigen. Borretschsamenöl lässt sich innerlich und äußerlich gegen Ekzeme anwenden, also auch gegen Neurodermitis. Umschläge mit Borretschtinktur werden zudem gegen Venenentzündungen eingesetzt.
Gurkenkraut gilt außerdem als Mittel gegen Schlafstörungen und Nervosität, daher rührt vermutlich sein alter Ruf, „Melancholie“ zu bekämpfen. In der Pharmazeutik ist es ein Bestandteil von Hustensäften.
Wo wächst Borretsch?
Wild wächst die Pflanze in Deutschland im Uferbereich, in Gräben und Sümpfen in Mittellagen bis zu 1400 m.
Borretsch anbauen
Das Raublattgewächs mag einen Boden, der das Wasser durchlässt, aber immer feucht ist. Die Pflanze ist einjährig, und wir säen im Frühjahr im Freiland. Sie ist ein Dunkelkeimer, die Samen brauchen also eine dicke Erdschicht über sich.
Borretsch verträgt keinen überdüngten Boden und mag ebenso wenig Lehm. Lehmböden sollten wir deshalb mit Sand auflockern.
Entweder wir pflanzen ihn in ein Sumpfbeet oder an den Uferrand, oder wir gießen ihn im Sommer bei hohen Temperaturen regelmäßig am Abend.
Auf keinen Fall sollten wir chemischen Dünger nutzen (der ist im Naturgarten sowieso ein No-Go).
Ist der Boden geeignet und die Feuchtigkeit gegeben, haben wir mit der Vermehrung keine Probleme. Im Gegenteil: Die Pflanze überwuchert den Garten durch Selbstaussaat.
Wir säen im Mai im Abstand von zwanzig cm pro Pflanze und vierzig cm pro Reihe und drücken jeden Samen circa einen cm in die Erde. Ist der Boden feucht, keimen die Samen nach fünf Tagen.
Da Borretsch wuchert, ist ein Hochbeet mit offenem Boden eine Option, um die wilde Verbreitung in Grenzen zu halten. Töpfe eignen sich nicht, da er Pfahlwurzeln bildet.
Das Gewürz- und Heilpflanze eignet sich zum Konservieren. Das ist auch nötig, das er eine große Ernte bringt und wegen des Giftgehalts nicht sofort in diesen Mengen verzehrt werden soll.
Borretschzweige trocknen
Wir ernten nur junge Blätter, und zwar von Juni bis Oktober, wenn wir den Borretsch frisch verarbeiten. Für Teemischungen pflücken wir die ganzen blühenden Zweige in Juli und August.
Wir schneiden ganze Zweige ab, waschen sie mit Wasser und tupfen sie trocken. Die Zweige hängen wir an einem warmen und dunklen Ort auf und trocknen sie dort zwei Wochen. Wir lagern diese in einem Gefäß, das kein Licht durchlässt. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Hiller, Karl; Melzig, Matthias F.: Lexikon der Arzneipflanzen und Drogen, Spektrum Akademischer Verlag, 2010
- Garten des Lebens: www.garten-des-lebens.de (Abruf: 27.01.2018), Blühender Sommergarten
- Malm, Liesel: Die Kräuter-Liesel: 300 Heil- und Gewürzkräuter anbauen und anwenden, Bassermann Inspiration, 2013
- ratgeber heilpflanzen: www.heilpflanzen-online.com (Abruf: 23.01.2018), Borretsch (lat. Borago officinalis)
- Das Kräuterbuch: www.kraeuter-buch.de (Abruf: 20.01.2018), Borretsch
- Natur-Lexikon: www.natur-lexikon.com (Abruf: 20.01.2018), Borretsch
- Bühring, Ursel: Praxis-Lehrbuch Heilpflanzenkunde: Grundlagen - Anwendung - Therapie, Karl F. Haug, 2014
- Schilcher, Heinz; Kammerer, Susanne; Wegener, Tankred: Leitfaden Phytotherapie, Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, 2010
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.