Dr. Andrea Flemmer: Die besten Maßnahmen für zu Hause
Arthrose bedeutet Gelenkverschleiß. Diese Volkskrankheit betrifft allein in Deutschland acht Millionen Menschen. Je älter ein Mensch wird, desto höher ist das Risiko: im Alter über 70 Jahren leiden darunter 70 Prozent, so die Autorin. Eine Arthrose muss dabei nicht immer schmerzen, und das hat, laut Flemmer, viel mit dem persönlichem Verhalten zu tun.
Inhaltsverzeichnis
Die Autorin schreibt aus der Perspektive einer Ernährungswissenschaftlerin und Biologin und veröffentlichte Ratgeber rund um Medizin, Ernährung und Umweltschutz. Sie stellt Maßnahmen zur Selbsthilfe gegen die Folgen einer Arthrose vor. Dazu gehören die richtige Form des Sports, eine arthrosegerechte Ernährung, sowie konventionelle nicht medikamentöse Therapien wie das Lindern der Schmerzen durch Wärme, pflanzliche Arzneimittel ebenso wie Bewegung. Dabei wirke nicht jede Methode bei jedem Menschen, da die Menschen wie die Arthrosen, sehr unterschiedlich seien.
Gelenke
Im ersten Kapitel erläutert Flemmer, wie Gelenke funktionieren und wie sie verschleißen. So sei ohne ein Gelenk keine Bewegung möglich, und die Gelenkschmiere sorge dafür, dass die Gelenke beweglich bleiben. Gelenke federn harte Bewegungen ab, mit Hilfe des Gelenkknorpels, einem glatten, elastischen Überzug und Gelenke geben Halt, indem ihre Strukturen bestimmte Bewegungen ermöglichen und andere verhindern.
Gelenktypen
Die Form eines Gelenkes, seine Strukturen, die Muskeln, Bänder und Kapseln definieren den Spielraum des Gelenkes.
Das Kugelgelenk bildet das beweglichste – mit einem kugelförmigen Gelenkkopf und einer Gelenkpfanne, sowie drei Bewegungsachsen für sechs verschiedene Richtungen. Dazu gehört das Hüftgelenk ebenso wie das Schultergelenk.
Ein Eigelenk habe hingegen die Form einer Ellipse mit konkavem Gelenkkopf und konvexer Gelenkpfanne. Es verfüge über zwei Bewegungsachsen für Beuge- und Streckbewegungen von einer Seite zur anderen. Dazu zähle das Handgelenk.
Dann gibt es das Sattelgelenk mit zwei ähnlichen Gelenkflächen, deren Form an einen Sattel erinnert, jedoch liegen sie versetzt aufeinander. Es hat zwei Gelenkachsen. Eines dieser Gelenke ist das Daumensattelgelenk. Der Daumen ist durch das Sattelgelenk mit der Hand verbunden.
Ein Scharniergelenk hat indes nur eine Achse und lässt sich nur nach hinten und vorne bewegen. Ein Gelenkkopf in Form einer Walze liege dabei in einer Gelenkrinne. Bei dem Ellenbogengelenk handle es sich zum Beispiel um ein Scharniergelenk.
Zuletzt gibt es noch das Zapfengelenk, das ebenfalls nur einachsig funktioniert, hier aber als Drehbewegung. So können Sie das Radio-Ulnar-Gelenk am Ellenbogen nur ein- und auswärts bewegen – bei gestrecktem Arm.
Gelenkaufbau
Jedes Gelenk besteht aus Gelenkkopf und -pfanne, Gelenkflächen, Knorpel, Gelenkspalt und Gelenkkapsel. Knorpel überziehen die Gelenkflächen. Die Gelenkkapsel selbst bildet eine Hülle aus Bindegewebe. Sie umschließt das gesamte Gelenk und schützt es nach außen luftdicht ab. Innen entsteht so die Gelenkhöhle und ein dünner Spalt trennt die Gelenkflächen.
Der Gelenkknorpel sei ebenso widerstandsfähig wie elastisch, er schütze die Knochen, sei millimeterdünn und sitze als Gleitschicht auf den Knochenenden, erläutert Flemmer. Er verhindere, dass die Knochen aneinander reiben. Substanz seien Knorpelzellen und Kollagenfasern.
Bei einem gesunden Gelenk berühren sich die Knorpelflächen nicht, sondern die Gelenkschmiere füllt den Spalt zwischen den Knorpelflächen aus. Die Innenhaut der Gelenkkapsel produziert diese Gelenkschmiere, ermöglicht das reibungslose Gleiten und versorgt den Knorpel zudem mit Nährstoffen.
Das arthrotische Gelenk
Ein verschlissenes Gelenk entsteht laut Flemmer durch Abnutzung. Dabei gebe es verschiedene Phasen dieser Krankheit.
Am Anfang stehe ein Schaden am Gelenkknorpel. Dieser könne sehr gering sein, breite sich aber aus. Der Knorpel werde dünner und rauher, nutze sich immer mehr ab. So rieben sich dann die Knorpelflächen aufeinander, Teilchen lösten sich ab, und das Reiben verstärke sich. Dies zeichne dann das erste Stadium der Arthrose aus.
Im zweiten Stadium sei der Knöchel nicht mehr glatt, und die Bewegung des Gelenks sei beeinträchtigt.
Im dritten Stadium seien die angrenzenden Knochen betroffen, jetzt komme es zu Schmerzen, und die Betroffenen können das Gelenk nur noch eingeschränkt bewegen, das Gelenk entzünde sich.
Im vierten Stadium sei kein Knorpel mehr vorhanden. Die umliegenden Knochen verändern sich, ebenso Gelenkschleimhaut, Gelenkkapsel und anliegende Muskeln. Jetzt könne das gesamte Gelenk kaputt gehen. Ohne Gegenmaßnahmen seien starke Schmerzen und Unfähigkeit, das Gelenk zu bewegen, die Folge.
Wie entsteht Arthrose?
Ärztinnen und Ärzte sehen laut Flemmer Arthrose vor allem als eine Art chronische Entzündungskrankheit an. Die Entzündungen führen zum Abbau des Knorpels und den Schmerzen. Ursache seien Verletzungen oder Infektionen.
Ist ein Gelenk geschädigt, so Flemmer, dann fördern Risikofaktoren den weiteren Verschleiß. Dazu gehöre eine Über- ebenso wie eine Fehlbelastung des Gelenks durch Übergewicht oder Fehlhaltungen. Der normale Verschleiß des Knorpels sei indessen auch eine Begleiterscheinung des Alterns. Fehlhaltungen wie X- oder O-Beine würden auf Dauer jedoch die Kniegelenke belasten. Hier wirke das Gewicht entweder nur auf die innere oder nur auf die äußere Seite. Dabei seien die seitlichen Gelenkstrukturen weniger stabil, und somit könne sich hier leichter eine Arthrose bilden.
Extrem- und Leistungssportler überlasten Flemmer zufolge häufig ihre Gelenke und/oder belasteten sie einseitig und begünstigten so ebenfalls den Verschleiß.
Ein weiteres Risiko seien Unfälle. Jeder dritte Patient und ein Drittel aller Patientinnen leide an einer Arthrose infolge eines Unfalls. So werde beispielsweise die Stabilität des Kniegelenks durch Verletzungen des Meniskus und des Kreuzbandes geschädigt und dies fördere einen frühen Verschleiß.
Nicht nur Extremsport, sondern auch das Gegenteil bedingten eine Arthrose – fehlende Bewegung. Diese führe dazu, dass sich nicht genug Flüssigkeit in den Gelenken bilde, so verliere der Gelenkknorpel seine Elastizität und werde nicht hinreichend mit Nährstoffen versorgt.
Störungen des Hormon- und Stoffwechsels spielten ebenfalls in eine Arthrose hinein, außerdem verschiedene Grunderkrankungen wie Gicht, Diabetes mellitus, eine dysfunktionale Schilddrüse, oder das Nachlassen der weiblichen Sexualhormone.
So unterschiedlich die Ursachen auch seien, so sehr ähnelten sich auch die Symptome.
Symptome
Das Knorpelgewebe besitze keine Nerven, deswegen entstünden zu Beginn einer Arthrose auch keine Schmerzen. Je mehr der Knorpel geschädigt sei, umso mehr nähmen die Schmerzen zu. Typisch sei der Anlaufschmerz. Wenn das Gelenk geruht habe, täten die ersten Bewegungen besonders weh. Die aufgewärmten Gelenke schmerzten dann weniger, doch bei stärkerer Belastung komme der Schmerz wieder. Diese Phase könne Jahre anhalten.
Im weiteren Verlauf kämen Muskelverspannungen und Einschränkungen der Bewegung hinzu, das Gelenk werde steifer. Jetzt könnten auch sehr schmerzhafte Entzündungen eintreten, das Gelenk schwelle an und verforme sich.
Zu den Symptomen gehörten:
- Anlaufschmerzen,
- Steife des Gelenks am Morgen,
- Knirschen im Gelenk,
- Belastungsschmerzen,
- später Ruheschmerzen,
- verspannte Muskeln und Sehnen,
- eingeschränkte Beweglichkeit,
- Schonhaltung,
- Gelenkentzündungen,
- Gelenkerguss,
- Gelenkschwellungen
- und Muskelschwäche.
Was tun?
Der Selbsthilfeteil des Buches teilt sich in sechs Sparten: Gelenke entlasten, Physiotherapie, Ernährung, Bewegung, Pflanzenheilkunde und Naturheilmittel. Flemmer betont, dass die Ratschläge sich auf Arthrose beziehen, nicht auf andere Erkrankungen des Gelenks.
Zu den Maßnahmen, die das Gelenk entlasten, gehören laut der Autorin stabilisierende Bandagen, für Gelenke an Beinen oder Rücken, orthopädische Schuheinlagen sowie Schuhe mit weichen Sohlen und gepufferten Absätzen, sowie der Einsatz eines Gehstocks.
Physiotherapie wie Koordinations- und Gleichgewichtstraining und Krafttraining im Rahmen einer Bewegungstherapie seien notwendig. So sollten Arthrose-Patienten ihre Gelenke keinesfalls schonen, sondern Übungen durchführen, die dem Muskelaufbau und der Koordination dienen.
Ergotherapie helfe, Hilfsmittel richtig einzusetzen und im Alltag handeln zu können. Wärmetherapie rege die Durchblutung an und sorge so dafür, dass Nährstoffe besser zum Gelenkkopf kommen. Dafür seien Moorpackungen oder heiße Umschläge geeignet. Behandlung durch Wärme sei aber bei einer akuten Entzündung nicht angebracht. Kältetherapie könne die Schmerzbahnen kurzfristig blockieren und lindere so die Schmerzen.
Medikamente gegen die Schmerzen seien reine Schmerzmittel, Mittel, die zugleich Schmerzen lindern und Entzündungen hemmen und auch reine Entzündungshemmer. Als Beispiele nennt Flemmer Ibuprofen, Aspirin, Paracetamol und Diclofenac.
Zu gesundem Essen gegen die Folgen einer Arthrose gehören laut der Autorin reichlich Obst und Gemüse aus vielen unterschiedlichen Sorten (besonders Brokkoli, Zwiebeln, Knoblauch und Porree), fetter Fisch wie Lachs, Makrele oder Hering und Lein-, Raps- und Walnussöl sowie Vollkornprodukte.
Reduzieren sollten Sie Zucker, ungesunde Fette, Fast Food und Fertiggerichte. Sie sollten außerdem ausreichend trinken und zwar Getränke mit wenig Zucker. Um chronische Entzündungen zu mindern, gehören Flemmer zufolge in die Ernährung Vitamin A, C und E, Kupfer, Selen, Zink sowie Omega-3-Fettsäuren.
Heilpflanzen, die bei einer Arthrose helfen, sind Brennnessel, Teufelskralle, Weidenrinde, Ingwer, Beinwell, Cayennepfeffer, Heublume, Senfsamen, Rosmarin, Hagebutte oder Zitronengras.
Zu den bei einer Arthrose sinnvollen Sportarten gehören Flemmer zufolge Nordic Walking, Radfahren, Tanzen, Golfspielen, Wandern, Crosstrainer, Schwimmen, Wassersport, gemäßigtes Krafttraining. Ungeeignet seien Laufsport und Bergsteigen.
Fazit
„Ich helfe mir selbst“ hält, was es verspricht. Leserinnen und Leser, die mit den Folgen einer Arthrose zu kämpfen haben, bekommen einen klaren Überblick, was Sie selbst tun können – und das ist eine ganze Menge. Wenn Flemmer Fachbegriffe verwendet, erläutert sie diese, und auch jemand, der gar keine Ahnung von Gelenken, Gelenkverschleiß und Gegenmaßnahmen hat, versteht, worum es geht, wenn sie/er den Ratgeber gelesen hat. Die Maßnahmen, die Flemmer vorstellt, lassen sich allesamt ohne Probleme und ohne Vorwissen im Alltag einplanen und umsetzen. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.