Säuren und Basen stehen natürlicherweise im menschlichen Körper in einer Balance von 80 Prozent Basen und 20 Prozent Säuren. Verschiebt sich dieses Gleichgewicht zur Säure hin, nennen wir das Übersäuerung.
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Eine solche Übersäuerung kostet den Körper erstens viel Energie, um das Gleichgewicht wiederherzustellen, zweitens kann eine Übersäuerung zu Erkrankungen führen.
Eine schwache, aber langfristige Übersäuerung hemmt zum Beispiel die Nährstoffaufnahme des Bindegewebes und als Folge kann Cellulite entstehen. Die Nieren können belastet werden und auch Osteoporose, eine Schwäche der Knochen, ist ein Risiko. Blut versorgt die Zellen, und es ist leicht basisch.
Hinweis: Aus schulmedizinischer Sicht gibt es lediglich eine Übersäuerung des Blutes (Azidose), die im akuten Fall einen medizinischen Notfall darstellt.
In diesem Artikel geht es dagegen hauptsächlich um eine (vor allem ernährungsbedingte) Übersäuerung des Gewebes beziehungsweise Körpers, die aus naturheilkundlicher Sicht bestehen kann, von der Schulmedizin jedoch nicht anerkannt wird.
Übersäuerung
Wer sich zu wenig bewegt, unter negativem Stress leidet, sich falsch ernährt und außerdem an Erkrankungen leidet, die die Säurebildung fördern, trägt dazu bei, dass der Körper Laktate anhäuft, die Salze der Milchsäure. Daraus kann aus naturheilkundlicher Sicht eine Übersäuerung entstehen.
Eine solche chronische Übersäuerung kann sich zeigen in schneller Erschöpfung, Appetitlosigkeit, Immunschwäche, Übelkeit und Antriebslosigkeit.
Übersäuerung kann aus naturheilkundlicher Sicht dazu führen, dass die Knochen entkalken und deshalb leichter brechen, das Herz schwächer schlägt und dadurch weniger Blut in den Kreislauf gelangt, die Muskeln sich abbauen, der Kaliumgehalt des Blutes steigt und Karies sich in den Zähnen ausbreitet.
Wie die Säure-Basen-Balance entsteht
Der Körper wandelt Stoffe der Nahrung in Säuren und Basen um, das zeigt sich am pH-Wert. Für Säuren liegt er zwischen 0 und 7, für Basen zwischen 8 und 14 – bei 7 ist ein Gleichgewicht erreicht.
Die unterschiedlichen Organe haben unterschiedliche pH-Werte, das Blut indessen braucht einen konstanten Säure-Basen-Spiegel von 7,4.
Der Körper reguliert die Säuren und Basen effektiv. Er scheidet überschüssige Säure durch die Nieren aus, und wir atmen sie auch aus, nämlich die Kohlensäure. Wenn wir schwitzen, schwitzen wir die Säure mit, und unser Darm befreit uns von saurem Stuhlgang.
Wenn dem Körper sehr viel Säure zugeführt wird, kann er dies also für kurze Zeit verkraften. Langfristig jedoch wird der Organismus gestört, und Erkrankungen sind häufig die Folge.
Dazu gehört die Gicht: Gicht entsteht, weil sich Harnsäure in den Gelenken ablagert, diese entzünden sich daraufhin.
Übersäuerung kann auch Geschwüre, Harnsteine und möglicherweise Rheuma genauso wie Immunschwäche fördern.
Säuren- und Basenproduzenten
Säure liefern Zucker und zuckerhaltige Produkte, weißes Mehl, Nudeln, Kaffee, schwarzer Tee, Alkohol, Fleisch, Fisch, Wurstwaren und Fleischbrühe.
Basenlieferanten sind hingegen Kartoffeln, Gemüse, unbehandelte Milch, Kräuter und vor allem Blattsalate, außerdem Trockenfrüchte wie Datteln, Feigen und Rosinen. Wer genügend hiervon isst, kann aus naturheilkundlicher Sicht für eine Entsäuerung sorgen.
Wasser, Butter, Walnüsse und kalt gepresste Öle wirken neutral.
Kritische Säurewerte
Unter einem pH-Wert von 7,36 beginnt eine Übersäuerung des Blutes, also eine Azidose, ab 7,44 sprechen wir hingegen von einer Alkalose, einer zu hohen Menge an Basen.
Eine latente Übersäuerung zeigt sich jedoch nicht im Blut, sondern im übrigen Körpergewebe. Sie äußert sich aus naturheilkundlicher Sicht vor allem in Verspannungen, Schmerzen, Sodbrennen, Gesichtsblässe, brüchigen Haaren und Haarausfall, Allergien, Neurodermitis, Akne und Magen-Darm-Problemen.
Eine klassische Diagnose dazu gibt es nicht, da bei einer chronischen Übersäuerung des Organismus der pH-Wert im Blut nicht notwendigerweise sinkt und der pH-Wert des Gewebes nur schwer nachgewiesen werden kann.
Basische Ernährung
Eine basische Ernährung lindert vermutlich die beschriebenen Symptome und hat auch positive Nebenwirkungen, da sie allgemein gesund ist. Generell gilt: Wenig fettarmes Fleisch oder Fisch und viel Gemüse und Obst.
Ein Kilogramm Gemüse oder Obst gleichen die Säurebildung von 400 Gramm Fleisch, Fisch oder Getreide aus. Zu Kaffee oder schwarzem Tee sollte immer viel Wasser getrunken werden.
Zum Frühstück bieten sich Müsli mit Trockenfrüchten, Obstschorlen und frisches Obst an. Mittags bringen Gemüsesuppen, gekochtes Gemüse und Kräuter die Basenbildung auf Hochtouren.
Mineralwasser hilft, Säuren auszuscheiden, allerdings ohne Kohlensäure, denn auch die ist eine Säure. Nachmittags und abends arbeitet der Stoffwechsel langsamer, bei Obst und Kohl kann das zu Blähungen führen.
Übersäuerung und Fast Food
„Fast Food“-Ernährung führt zu einer täglichen Übersäuerung. Industriell produzierte Lebensmittel enthalten meist einen viel zu hohen Anteil an meist verstecktem Zucker, egal ob Milchschnitte oder Suppenwürfel.
Cola und die meisten anderen Softdrinks bilden Säure in hohem Ausmaß, ebenso Hamburger, Supermarkt-Pizza, Bratwurst oder Schokopudding. Das Essen frisch herzustellen allein hilft bereits, die Säuren zu reduzieren.
Magenübersäuerung
Hyperazidität bezeichnet die Übersäuerung des Magens. Es handelt sich nicht um eine eigene Krankheit, sondern um ein Symptom von verschiedenen Erkrankungen des Magens.
Belegzellen im Magen produzieren Salzsäure. Diese tötet Krankheitskeime ab, die mit der Nahrung in den Magen gelangen. Die Säure sorgt zudem dafür, dass die Verdauungsenzyme die Nahrung aufspalten.
Die Zellen reagieren auf Nahrung und schütten die Säure nicht ohne Reiz aus. Der Geruch von Essen, die Ausdehnung des Magens während einer Mahlzeit und Eiweiß stimulieren die Bildung von Magensäure.
Auslöser für eine Magenübersäuerung können sein: Stress, falsche Ernährung, Nikotin, Alkohol, Koffein, Infektionen und Vergiftungen. Eine Magenverstimmung ist ungefährlich und reguliert sich meist von selbst wieder.
Anders sieht es aus bei einer Infektion der Magenschleimhaut durch den Erreger Helicobacterium pylori. Die kann nämlich die Schleimhaut schädigen oder Magengeschwüre hervorrufen.
Eine Übersäuerung des Magens äußert sich in Völlegefühl, saurem Aufstoßen, Sodbrennen, Magenschmerzen, Übelkeit und Druckgefühl im Bauch.
So genannte Protonenpumpenhemmer wirken schulmedizinisch gegen die Übersäuerung und damit verbundene Erkrankungen von Magen und Darm. Zugleich ist es ratsam, die Auslöser einzustellen, also auf Rauchen, Alkohol und fette Speisen weitgehend zu verzichten.
Eine Anamnese, um die Krankengeschichte zu erforschen, ist notwendig, wenn es sich um eine ernsthafte Übersäuerung handelt. Der Arzt fragt den Betroffenen oder die Betroffene nach dem Essverhalten, danach, welche Symptome er oder sie zeigt und welche Beschwerden er oder sie hat.
Eine Magenspiegelung und eine Untersuchung der Magenschleimhaut können ebenfalls angebracht sein, um eine Gastritis oder ein Magengeschwür zu erkennen.
Ein in den Magen eingeführtes Endoskop gibt Einblick in den Zwölffingerdarm und zeigt, ob ein Zwölffingerdarmgeschwür die Ursache der Beschwerden ist.
Es folgen, wenn nötig, Tests, um das Bakterium Helicobacter pylori zu entdecken, oder eine Langzeitsäuremessung, um zu prüfen, ob eine Refluxkrankheit vorliegt.
Übersäuerung der Muskeln
Muskeln brauchen Energie. Werden sie auf Dauer belastet oder kurzfristig überlastet, wie zum Beispiel beim Bodybuilding, können sie übersäuern. Betroffene verspüren leichte Schmerzen in den Muskeln, und die Muskeln können auf lange Sicht weniger leisten.
Eine Übersäuerung der Muskeln ist vergleichsweise harmlos, da sie keine lebenswichtigen Organe betrifft und der Körper die Übersäuerung in der Regel ausgleichen kann.
Die Muskeln beziehen ihre Energie aus unterschiedlichen Quellen: Durch das Verbrennen von Kohlenhydraten und Fetten, durch das Spalten von Adenosintriphosphat und Kreatinphosphat, durch Abbau von Glukose (dabei entsteht Milchsäure).
Der Abbau von Glykose stellt kurzfristig Energie für Höchstleistungen zur Verfügung. Beim Abbau der Glukose aus dem Muskelglykogen entsteht nicht nur das Laktat der Milchsäure, sondern es bilden sich auch freie Protonen, Wasserstoffionen.
Diese Protonen verursachen hauptsächlich die Übersäuerung der Muskeln, denn sie verhindern die Aufnahme von Calcium, das benötigt wird um zu entsäuern. Die Muskelkontraktion leidet, weil die Enzyme blockiert sind.
Ein Muskelkater entsteht durch kleine Risse in den Muskelfasern und diese Zerstörung der Zellen führt dazu, dass das Laktat ansteigt. Bei Ausdauertraining übersäuern die Muskeln vermutlich nicht wegen eines solchen Anstiegs der Milchsäure, sondern durch Calciummangel.
Der Körper reagiert auf die Übersäuerung sofort. Wenn die Belastung der Muskeln abklingt, fängt er die Azidose auf, zum Beispiel durch Hyperventilation.
Der akute Schmerz ebbt ab. Das freigesetzte Laktat nutzen Herz und Gehirn, um Energie zu gewinnen und die Muskeln bauen es zu Muskelglykogen um.
Übersäuerung aus der Nahrung
Die Säuren, die der Körper täglich verarbeitet, kommen zumeist nicht direkt aus dem Essen, sondern aus dem Verbrennen von Fetten, Kohlenhydraten und Eiweiß. Der gesunde Körper hat damit kein Problem: Mehr als 20 Mal so viele Basenmoleküle wie freie Säuremoleküle dämmen die Säuren ein.
Zu viel säurebildende Nahrungsmittel führen deshalb nicht gleich zu einer Übersäuerung und auch nicht zu Krankheiten.
Wenn der Körper ein Übermaß an Säuren nicht verarbeiten könnte, hätten wir uns evolutionär kaum entwickelt. Menschen zeichnet gerade aus, dass sie sich an verschiedenste Nahrungsquellen anpassten – von der Sahara bis zur Arktis. In vielen dieser Lebensräume besteht und bestand die Nahrung vor allem aus „Säurebildnern“.
Wenn wir eiweißreiche Lebensmittel essen wie Eier, Fleisch, Käse und Fisch entstehen Säuren im Körper. Diese scheidet der Körper über den Atem, den Schweiß und den Urin wieder aus. Gemüse und Obst neutralisieren die Säuren.
Die Verbraucherzentrale Hessen schrieb: „Die natürlichen Puffersysteme des Körpers, eine ausgewogene Ernährung mit reichlich Gemüse und Obst, mäßig tierischen Lebensmitteln, viel Trinken sowie Bewegung schützen ausreichend vor Übersäuerung.“
Menschen, die sich gesund und ausgewogen ernähren und auch sonst auf eine gesunde Lebensweise mit wenig Stress und viel Bewegung achten, müssen sich also keine Gedanken machen.
Wie weiter oben bereits beschrieben, kann eine sehr ungesunde Ernährung langfristig aus naturheilkundlicher Sicht jedoch zu einer Übersäuerung führen.
Eine Übersäuerung kann auch auf Störungen des Organismus hinweisen: Wir übersäuern zum Beispiel, wenn die Niere in Mitleidenschaft gezogen ist. Außerdem gibt es Risikogruppen: Übergewichtige Kinder haben oft Probleme, die Säure über die Nieren auszuscheiden.
Die Warnung vor einer Übersäuerung des gesunden Körpers durch Nahrung stammt vor allem aus dem 19. Jahrhundert, als die Medizin über den Stoffwechsel nur wenig wusste.
Heute spricht sich die Schulmedizin gegen die Theorie einer Übersäuerung des Gewebes aus, wohingegen die Naturheilkunde ihr überwiegend zustimmt. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Eva-Maria Kraske: Säure-Basen-Balance - Der Schlüssel zu mehr Wohlbefinden, Gräfe und Unzer Verlag, 2013
- James L. Lewis: Azidose, MSD Manual, (Abruf 14.10.2019), MSD
- Hermann Straubinger: Übersäuerung, Mankau Verlag, 2. Auflage, 2014
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.