Pilze mit heilenden Wirkungen
Spรคtestens seit der Entdeckung des Penicillins ist jedem klar, dass es im Reich der Pilze einige medizinisch wertvolle Pilzsorten gibt. Vor allem die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM), in der auch viele Pflanzenwurzeln und Baumrinden Verwendung finden, kennt eine ganze Fรผlle heilsamer Pilze, die in Europa jedoch teilweise noch gรคnzlich unbekannt sind. Im nachstehenden Beitrag mรถchten wir deshalb einige Heilpilze genauer unter die Lupe nehmen.
Inhaltsverzeichnis
Was ist der Unterschied zwischen Heilpilzen und Heilpflanzen?
Bei der Definition der Pilzarten machen viele Laien den Fehler und rechnen Pilze (Fungi) zu den Pflanzen (Plantae). Tatsรคchlich handelt es sich bei Pilzen aber um eine eigenstรคndige Klassifikation von Lebewesen. Das dazugehรถrige wissenschaftliche Fachgebiet ist dabei die Pilzkunde (Mykologie), die sich unter anderem mit den Lebensgewohnheiten von Pilzen beschรคftigt. Pilze sind im รbrigen enger mit den Tieren (Animalia) als mit den Pflanzen verwandt. Denn beide Lebensformen ernรคhren sich von organischen Nรคhrstoffen in ihrer Umgebung, welche sie durch Enzyme aufspalten und in Form von Glykogen speichern. Pflanzen bilden dagegen Stรคrke als Speichersubstanz und ernรคhren sich neben Bodenmineralien hauptsรคchlich von Sonnenlicht, das sie durch Fotosynthese in Chlorophyll umwandeln.
Eine weitere Teildisziplin der Mykologie ist die Erforschung der medizinischen Aspekte von Pilzen. Dazu gehรถren neben bestimmten Heileigenschaften auch potenzielle gesundheitliche Gefahren, die von Pilzen ausgehen, denn eine Reihe von Pilzen sind dazu in der Lage, schwerwiegende Infektionskrankheiten auszulรถsen. Damit ist ein zweiter signifikanter Unterschied zwischen Pflanzen und Pilzen gegeben. Denn Pflanzen kรถnnen รผber toxische Inhaltsstoffe zwar zu gesundheitsschรคdlichen Vergiftungen fรผhren, ein Krankheitspotential besitzen sie im Gegensatz zu Pilzen aber nicht.
Auch was den Lebensraum anbelangt gibt es zwischen Pilzen und Pflanzen deutliche Unterschiede. Wรคhrend Pflanzen gemeinhin ein erdiges oder zumindest sandig-steiniges Standortsubstrat benรถtigen, wachsen Pilze primรคr auf organischer Masse. Sie ernรคhren sich also von anderen Lebewesen, weshalb sie oftmals auch als Parasiten verschrien sind. Dabei wird aber oft vรถllig auรer Acht gelassen, dass die Zersetzungsarbeit, die viele Pilze in der Natur leisten, unerlรคsslich fรผr die Nรคhrstoffanreicherung des Bodens ist und die Pilze damit geeignete Nรคhrstoffe fรผr neue Pflanzen produzieren. Pilze sind also ein entscheidender Teil des natรผrlichen Kreislaufs.
Pilze in der Medizin
Medizinisch betrachtet ist bei Pilzen vor allem die Einteilung in Klein- und Groรpilze relevant. Als Kleinpilze (Mikromyzeten) sind dabei alle Pilzvarianten definiert, deren Fruchtkรถrper kleiner als fรผnf Millimeter und damit nur schwer mit bloรem Auge zu erkennen ist. Mit Ausnahme des Pinselschimmelpilzes, Penicillium, aus dem bekanntlich eines der ersten modernen Antibiotika, das Penicillin, hergestellt wurde, sind die meisten dieser Kleinpilze dabei problematisch fรผr den menschlichen Organismus. Zwar finden sich einige dieser Pilze, etwa der Candida-Pilz auch natรผrlich im Kรถrper, doch in vielen Fรคllen gelangen Mikromyzeten aufgrund ihrer geringen Grรถรe eher ungewollt und oftmals unbemerkt in den Organismus, wo sie sich dann, dank des feucht-warmen Kรถrperklimas, ungehindert vermehren kรถnnen. Dementsprechend sind es in der Regel auch Kleinpilze, die fรผr schwerwiegende Pilzinfektionen verantwortlich sind, darunter:
- Aspergillus-Pilze (Erreger der Aspergillose),
- Candida-Pilze (bei รberpopulation Erreger der Candidose),
- Cryptococcus-Pilze (Erreger der Kryptokokkose)
- und Epidermophyten und Trichophyten (Erreger von Fuร- und Nagelpilz).
Im Bereich der Groรpilze (Makromyzeten) sind gesundheitlich vor allem Giftpilze wie der wohlbekannte Fliegenpilz oder auch der Knollenblรคtterpilz sehr gefรคhrlich, da sie im Falle eines Verzehrs zu lebensbedrohlichen Vergiftungen fรผhren kรถnnen. Allerdings stellen die Makromyzeten auch den Groรteil aller Heilpilze. Insbesondere die Traditionelle Chinesische Medizin kennt zahlreiche Pilzsorten zur Behandlung von Krankheiten, die teilweise schon seit mehreren Jahrtausenden naturheilkundlich genutzt werden. Die Anwendung erfolgt dabei entweder in Form von Tees oder durch Zugabe der Pilze zu medizinischen Spezialgerichten wie Suppen oder Gemรผsebeilagen.
Nun ist die Traditionelle Chinesische Medizin aber lรคngst nicht die einzige Traditionsmedizin, die auf eine medizinische Behandlung mit Pilzen (Mykotherapie) setzt. Auch in Europa, Afrika und Amerika sind einige berรผhmte Heilpilze heimisch und seit dem Altertum in Gebrauch. Leider geriet das Wissen um die Heilkraft von Pilzen mit dem Aufkommen moderner Behandlungsverfahren zunehmend in Vergessenheit. Dabei besitzen Heilpilze mitunter recht auรergewรถhnliche Fรคhigkeiten. Gerade im Bereich der Krebsbehandlung wird Mykotherapie immer hรคufiger als begleitende Behandlungsmaรnahme empfohlen, da viele Heilpilze krebshemmend wirken und zudem auch die Leber, welche im Zuge chemo- und strahlentherapeutischer Maรnahmen besonders stark leidet, nachhaltig stรคrken und vor Therapieschรคden schรผtzen.
Fรผr diese herausragende Heilwirkung sind bei Pilzen einerseits spezielle Polysaccharide wie das bereits erwรคhnte Glykogen verantwortlich. Andererseits besitzen Heilpilze auch sogenannte Mykosterine. Dabei handelt es sich um pilzeigene Membranlipide, die sehr eng mit den Fettsรคuren verwandt sind und eine entscheidende Rolle im Aufbau der Zellmembran von Pilzen รผbernehmen. Da die Pilzzellen sehr viel mit den Zellen von tierischen Lebewesen und damit auch denen des Menschen gemeinsam haben, kรถnnen Mykosterine auch den menschlichen Zellaufbau stรคrken und, im Falle zellschรคdigender Krankheiten, sogar beachtliche Reparaturmaรnahmen an den Kรถrperzellen vollbringen.
Heilpilze im รberblick
Interessanterweise wachsen Heilpilze fast ausschlieรlich auf der Rinde von Bรคumen. Dabei haben sie artabhรคngig sogar bestimmte Vorlieben und bilden bestimmte Wirkstoffe mitunter sogar nur dann aus, wenn sie auf ausgewรคhlten Baumsorten gedeihen. Da Bรคume in vielen Fรคllen selbst besondere Wirkstoffe besitzen, die sich zumeist in ihrer Rinde oder dem dahinter verborgenen Baumharz befinden, ist es auch nicht verwunderlich, dass Pilze entsprechende Heilwirkungen nach der Absorption adaptieren oder in รคhnlich wirkende Stoffe umwandeln. Zu den wichtigsten Heilpilzen gehรถren:
Austernpilz / Austernseitling
Der Austernpilz (Pleurotus ostreatus) verdankt seinen Namen unverkennbar seinem der Austernmuschel รคhnlichen Aussehen. Auch findet man ihn wie Austern zumeist im Verbund gedeihend, und zwar vornehmlich an der Rinde von Laubbรคumen wie der Rotbuche. Hier kann er den befallenen Bรคumen durch intensiven Nรคhrstoffentzug mitunter stark zusetzen. Fรผr den Menschen sind Austernpilze dagegen รคuรerst gesund, da sie zum einen zahlreiche Spurenelemente, gesunden Mehrfachzucker und Proteine enthalten und zum anderen auch reich an Mycosterinen sind, die leber-, magen- und milzstรคrkend wirken. In verschiedenen Studien konnte nachgewiesen werden, dass Austernpilze zudem
- antikarzinogen,
- cholesterinsenkend,
- entzรผndungshemmend,
- immunstรคrkend
- und desinfizierend wirken.
Vor allem ihre cholesterinsenkende Wirkung ist dabei sehr gut belegt und lรคsst sich primรคr auf den Inhaltsstoff Lovastatin zurรผckfรผhren. Er wird medizinisch bereits vielfach zur Behandlung von Hypercholesterinรคmie angewandt und bestรคtigt somit, dass die Heilwirkung des Austernpilzes nicht aus der Luft gegriffen ist. Heimisch ist diese Pilzart dabei in fast allen Regionen der Welt, weshalb ihre Anwendung auch in mehreren Kulturen lange Tradition hat.
Chaga Pilz / Schiefer Schillerporling
Auch der als Chaga Pilz bekannte Schiefe Schillerporling (Inonotus obliquus) wรคchst mit Vorliebe an der Baumrinde von Laubbรคumen und insbesondere an der Rinde von Birken. Er ist somit auch in Europa heimisch, wo er gerade in der lapplรคndischen und russischen Volksmedizin schon seit dem 15. Jahrhundert als Heilpilz Verwendung findet. Auf den ersten Blick kรถnnte man den schwarzen Pilzbrocken fast fรผr deplatziertes Vulkangestein halten.
Die Assoziation mit naturheilkundlichen Eigenschaften kommt einem beim anfรคnglichen Betrachten dagegen kaum in den Sinn. Tatsรคchlich trรคgt der Chaga Pilz wegen seiner รคuรerst intensiven Heilwirkung aber auch den Beinamen “Kรถnig der Pilze”. Dies basiert vor allem auf den
- antikarzinogenen,
- entzรผndungshemmenden,
- herz-kreislauf-stรคrkenden,
- immunstรคrkenden,
- leberschรผtzenden,
- stoffwechselanregenden,
- zellschรผtzenden
- und vitalisierenden
Eigenschaften des Chaga Pilzes. Fรผr diese umfangreiche medizinische Wirkung verantwortlich sind bei Inonotus obliquus maรgeblich Antioxidantien, ร-Glucane sowie Betulinsรคure. Letztere entsteht in dem Pilz allerdings nur, wenn er auf einer Birkenrinde wรคchst, weshalb Chaga zu Heilzwecken meist gezielt auf diesem Laubbaum kultiviert wird.
Chinesischer Raupenpilz
Eine รคuรerst sonderliche Wuchsform weist der aus der Gruppe der Kernkeulen bekannte Chinesische Raupenpilz (Ophiocordyceps sinensis) auf. Tatsรคchlich erinnert die eigentรผmlich keulenfรถrmige Ausprรคgung seines gestielten Fruchtkรถrpers an eine Raupe und das nicht ohne Grund. Denn anders als viele andere Heilpilze wรคchst der Schlauchpilz nicht auf Bรคumen, sondern entwickelt sich aus befallenen Raupen der Geistermotte (Thitarodes). Da sich diese Raupenart bevorzugt von den Wurzeln verschiedener Hรผlsenfrรผchtler, Seggenarten, Sauer- und Sรผรgrรคser sowie Knรถterich- und Liliengewรคchse ernรคhrt, trifft man den Chinesischen Raupenpilz hauptsรคchlich in feuchten Gras- und Strauchlandschaften an. Das natรผrliche Verbreitungsgebiet liegt dabei in Tibet, wo er auch als medizinischer Wunderpilz gefeiert wird. Klassische Inhaltsstoffe von Heilpilzen wie Polysaccharide und Aminosรคuren, aber auch ungesรคttigte Fettsรคuren und der spezifische Wirkstoff Cordycepin sorgen fรผr eine
- antibakterielle,
- antivirale,
- cholesterinregulierende,
- entzรผndungshemmende,
- gerinnungshemmende,
- herz-kreislauf-stรคrkende,
- immunmodulierende,
- lungen- und nierenprotektive
- und krebshemmende Wirkung.
In der Traditionellen Chinesischen Medizin wird die Kernkeule รผberdies auch zur Schmerzbehandlung bei Rรผckenschmerzen eingesetzt. Kulinarisch ist dieser Pilz vor allem zur Verfeinerung von Huhn- und Entengerichten geeignet.
Eichhase / รstiger Bรผschelporling
Wie ein Pulk neckisch aus dem Dickicht spitzender Hasenohren mutet der hiernach benannte Eichhase an, der wissenschaftlich korrekt auch รstiger Bรผschelporling (Polyporus umbellatus) heiรt. Er wรคchst in der Regel zweistielig, wobei die beiden hellbraun bis graubraun gefรคrbten Fruchtkรถrper am Strunk zusammengewachsen sind. Dem Namen nach findet man den Heilpilz insbesondere auf Eichenbรคumen, die einen kalkhaltigen Standort bevorzugen. Zwar ist Polyporus umbellatus auch bei uns heimisch, genutzt wird er allerdings vorwiegend in der Traditionellen Chinesischen Medizin. Hier kennt man den Heilpilz auch als Zhu Ling und nutzt ihn wegen der harntreibenden Wirkung seiner Polysaccharide und Mykosterine vor allem als Diuretikum, um die Nieren und Harnblase durchzuspรผlen.
Tipp: Da der Eichhase zugleich auch entzรผndungshemmend wirkt, bietet sich eine Behandlung gerade bei Harnwegsinfekten besonders an.
Gemeiner Klapperschwamm / Maitake
Fรผr Patienten mit ungesunden Cholesterinwerten kann der Gemeine Klapperschwamm (Grifola frondosa) alias Maitake hilfreich sein. Letzteres ist die japanische Bezeichnung des Heilpilzes und bedeutet รผbersetzt so viel wie “Tanzpilz”. Der Name rรผhrt von verschiedenen asiatischen Legenden her. Eine davon besagt, dass der Name der Wuchsweise der Maitake Pilzkolonien geschuldet sei, welche bevorzugt an den Wurzeln von Laubbรคumen wie der Eiche, Linde oder Kastanie wachsen und an einen Schwarm tanzender Schmetterlinge erinnern. Einer anderen Legende zufolge geht der Name Tanzpilz auf die Tatsache zurรผck, dass die Japaner nach der Entdeckung des Maitake vor Glรผck, dass der Pilz mit Silber aufgewogen wurde, selbst zu tanzen anfingen. Der Silberwert deutet hierbei mรถglicherweise auf die wertvolle Heilwirkung des Pilzes hin, denn er gilt als
- antiviral,
- blutdruckregulierend,
- blutzuckersenkend,
- cholesterinsenkend,
- darmstรคrkend,
- entzรผndungshemmend,
- immunstรคrkend,
- krebshemmend,
- lungenstรคrkend
- und nierenstรคrkend.
Ursรคchlich fรผr die vielseitige Heilwirkung sind beim Maitake neben zahlreichen Vitaminen und Mineralstoffen vor allem Wirkstoffe wie Aminosรคuren, ร-Glucane und ein Inhaltsstoff namens Vanadium. Bei letzterem handelt es sich um ein Mineral, das nachweislich einen blutzuckersenkenden Effekt besitzt, weshalb inzwischen in einer Studie untersucht wird, ob Vanadium eventuell als medikamentรถser Wirkstoff gegen Diabetes mellitus eingesetzt werden kann. Auch gegen erhรถhte Cholesterinwerte scheint Vanadium erfolgreich eingesetzt werden zu kรถnnen. Als Speisepilz ist Maitake deshalb insbesondere Diabetes- und Cholesterinpatienten zu empfehlen.
Indianerbrot
Mit dem Chaga Pilz kennen wir bereits einen Heilpilz, dessen Aussehen eher an einen unscheinbaren Steinbrocken erinnert. Mit dem Indianerbrot (Poria cocos oder Wolfiporia cocos) verhรคlt es sich ganz รคhnlich, denn dank seiner erdbrocken- bis kartoffelรคhnlichen Erscheinung und der Tatsache, dass er unterirdisch am Fuรe von Kiefernbรคumen wรคchst, รผbersieht man ihn nur allzu leicht. Nur die findigsten Pilzkenner stรถbern ihn deshalb auf.
Sein Wirkspektrum ist sehr umfangreich, denn er wirkt
- abschwellend,
- antikarzinogen,
- beruhigend,
- entzรผndungshemmend,
- harntreibend,
- hautschรผtzend,
- hustenlindernd,
- herzstรคrkend,
- milz- und nierenschรผtzend
- und immunstรคrkend.
Neben der Traditionellen Chinesischen Medizin ist der Pilz auch in der indianischen Heilkunst kein Unbekannter, was sich unschwer am Namen des Indianerbrotes erkennen lรคsst. Denn die Ureinwohner Amerikas nutzten den Pilz frรผher als eine Art Brotersatz. Auch heute noch kann man den Pilz bedenkenlos als Nahrungsmittel verwenden. Da sein Geschmack nicht allzu intensiv ist, empfiehlt es sich aber, ihn mit Gemรผse oder Fleisch zu kombinieren.
Judasohr
Das Judasohr (Auricularia polytricha) verdankt seinen ungewรถhnlichen Namen zwei Grรผnden. Zum einen erinnert das Erscheinungsbild des rรถtlich-braunen Pilzes tatsรคchlich an die Form eines Ohres. Zum anderen wรคchst Auricularia polytrichia รผberwiegend auf oder unter Holundergehรถlzen, an denen sich Judas Iskariot nach seinem Verrat an Jesus Christus erhรคngt haben soll. Die Assoziationen zur christlichen Religion zeigen auch auf, in welchem Kulturkreis das Judasohr hauptsรคchlich medizinisch genutzt wird. Dieser umfasst nรคmlich vor allem die abendlรคndische Kultur Europas. Hier ist es Brauch, das Judasohr bei Halsschmerzen in Milch, Bier oder Essig einzukochen und dann entweder innerlich anzuwenden oder als warmen Essig-Umschlag auf Brust und Hals zu legen. Die Traditionelle Chinesische Medizin, die schon vor mehreren Jahrtausenden auf den Geschmack des Judasohrs gekommen ist, nutzt den Heilpilz dagegen zur Behandlung von Hรคmorrhoiden.
Lรคrchenbaumschwamm / Apothekerschwamm
In der europรคischen Forstwirtschaft als Verursacher der Braunfรคule an Nadelbรคumen wie der namensgebenden Lรคrche gefรผrchtet, erfreut sich der Lรคrchenbaumschwamm (Laricifomes officinalis) hierzulande eines eher zweifelhaften Rufes. In der Medizin ist er dagegen sogar als Apothekerschwamm bekannt, weil er mit seinem Inhaltsstoff Chinin einen wichtigen Arzneistoff gegen schwere Infektionskrankheiten wie Malaria und auch gegen Muskelkrรคmpfe liefert. Insgesamt wirkt das Chinin des Lรคrchenbaumschwamms
- antibiotisch,
- fiebersenkend,
- krampflรถsend,
- schmerzstillend
- und wehenfรถrdernd.
Speziell sein krampflรถsender Effekt wird dabei sehr vielseitig eingesetzt, etwa gegen Wadenkrรคmpfe, Gebรคrmutterkrรคmpfe oder zur Einleitung der Geburtswehen. Bei bestehenden Magen-Darm-Entzรผndungen wie Gastritis, Herzbeschwerden und Atemwegskrรคmpfen sollte man den Apothekerpilz dagegen nicht anwenden. Hier kรถnnte der muskelstimulierende Effekt des Pilzes sich eher negativ auswirken und zu ernsten Komplikationen fรผhren. รberhaupt ist bei Laricifomes officinales eine vorsichtige Dosierung wichtig, um Nebenwirkungen wie Verdauungstรถrungen und Nervenbeschwerden, Seh- und Hรถrstรถrungen oder Hautirritationen zu vermeiden. Wir raten deshalb dazu, den Pilz nicht ohne Absprache mit einem erfahrenen Arzt oder Heilpraktiker anzuwenden. Schwangere und stillende Mรผtter sollten darรผber hinaus ganz auf eine Anwendung von Lรคrchenbaumschwamm verzichten, da er als fruchtschรคdigend gilt und wรคhrend der Stillzeit schรคdliche Inhaltsstoffe in die Muttermilch gelangen kรถnnten.
Mandelpilz / Brasilianischer Mandel-Egerling
Aus dem sรผdamerikanischen Brasilien, genauer gesagt aus der Stadt Piedade bei Sรฃo Paulo, die dem Pilz ursprรผnglich offensichtlich ideale Klimabedingungen fรผr sein Wachstum lieferte, kommt ein Heilpilz, der optisch stark an unsere heimischen Champignons erinnert. Und in der Tat ist der Brasilianische Mandel-Egerling (Agaricus brasiliensis) eng mit dem heimischen Champignon verwandt und kann wie dieser als Speisepilz genutzt werden, auch wenn sein Geschmack etwas krรคftiger bis modrig-sรผร ist. Wie viele Heilpilze ist der Mandelpilz vor allem fรผr die alternative Krebstherapie von Bedeutung. Es gibt jedoch auch zahlreiche Studien, die dem Pilz eine medizinische Wirkung bei Fettleibigkeit und Diabetes bescheinigen, weshalb er vermehrt als Functional Food gehandelt wird.
Reishi Pilz / Glรคnzender Lackporling
Wie der Name schon vermuten lรคsst, fรคllt der Glรคnzende Lackporling (Ganoderma lucidum) durch seinen lackartig glรคnzenden Fruchtkรถrper auf. Dieser ist zumeist rรถtlich-gelb bis gelblich-braun gefรคrbt und gedeiht vorzugsweise auf Eichen- oder Buchenrinde, wenngleich auch andere Laubhรถlzer, seltener Nadelhรถlzer wie Fichten oder Kiefern als Substrat infrage kommen. Im Bereich der Heilkunde ist der Glรคnzende Lackporling besser unter seinem Namen Reishi Pilz aus der Traditionellen Chinesischen Medizin bekannt und wird seit mehr als 4000 Jahren wegen seiner
- antibiotischen,
- antiviralen,
- blutdrucksenkenden,
- immunmodulierenden,
- zell- und leberschรผtzenden
Eigenschaften bei einer Vielzahl von Gesundheitsbeschwerden angewandt. Da seine medizinisch wertvollen Polysaccharide nicht nur รคuรerst vitalisierend sind, sondern, wie Studien nachgewiesen haben, sogar eine krebshemmende Wirkung aufweisen und somit selbst gegen eine der tรถdlichsten aller Krankheiten etwas auszurichten vermรถgen, trรคgt der Reishi Pilz auch den Beinamen “Pilz der Unsterblichkeit”. Ein echter Vitalpilz also, dessen jahrtausendelange Anwendung mehr als begrรผndet ist.
Schmetterlingsporling / Schmetterlings-Tramete
Dem Schmetterlingsporling beziehungsweise der Schmetterlings-Tramete (Trametes versicolor oder Coriolus versicolor) begegnet man bei uns nahezu stรคndig. Es ist jener dunkle, rosettenfรถrmige Pilz mit scharf gewelltem weiรem Rand, der im Wald und am Waldesrand auf zahlreichen Baumstรผmpfen, liegenden Holzstapeln und Totholz zu finden ist. So unscheinbar und banal sein Vorkommen in freier Wildbahn ist, so heilsam kann dieser Holzbewohner aber auch sein. Neben den fรผr viele Heilpilze typischen Polysacchariden besitzt er vor allem das medizinisch wertvolle Mycosterin namens Ergosterin, welches eine Vorstufe von Vitamin D2 darstellt und vor allem fรผr das Immunsystem von besonderer Bedeutung ist. Grundsรคtzlich gestaltet sich die Heilwirkung des Schmetterlingsporlings als
- antibakteriell,
- antiviral,
- immunstรคrkend
- und krebshemmend.
In der Traditionellen Chinesischen Medizin wird er vor allem zur Behandlung von Herz- und Milzbeschwerden genutzt. Verschiedene Studien legen auรerdem eine Nutzung in der ergรคnzenden Immuntherapie bei Krebserkrankungen wie Darm- und Leberkrebs nahe.
Shiitake Pilz
Ein weiterer Heilpilz aus der Traditionellen Chinesischen Medizin ist der Shiitake Pilz (Lentinula edodes). Er wird in China auch als Speisepilz kultiviert und ist im รbrigen weltweit der meistangebaute Speisepilz nach dem Champignon. Medizinische Relevanz besitzt der Shiitake zusรคtzlich zu seinen Mehrfachzuckern vor allem wegen Inhaltsstoffen wie Adenin und Cholin. Die beiden Stoffe wurden frรผher auch als Vitamin B4 bezeichnet und sind auch heute noch als vitaminรคhnliche Substanzen mit einem besonderen Nรคhrstoffwert assoziiert.
Gemeinsam mit den Mehrfachzuckern des Shiitake Pilzes verleihen sie diesem eine
- antikarzinogene,
- antivirale,
- cholesterin- und blutdrucksenkende,
- entzรผndungshemmende,
- immunstรคrkende,
- leberschรผtzende,
- muskelentspannende,
- stoffwechselanregende
- und verdauungsfรถrdernde Wirkung.
Darรผber hinaus beinhaltet der Pilz auch zahlreiche Aminosรคuren und Mineralstoffe. Gerade die Mineralien Kalzium, Phosphor, Kalium und Eisen machen den Shiitake dabei zu einem echten Stรคrkungsmittel fรผr Knochen, Gelenke und Zรคhne. Auch gegen Gefรครerkrankungen wie Arteriosklerose wird der Heilpilz gemรคร der Traditionellen Chinesischen Medizin hรคufig angewandt. Am besten nutzt man den Pilz fรผr all diese Zwecke als Kochzutat. Ideal ist er natรผrlich zu asiatischen Reis- und Gemรผsegerichten, wie Sushi oder Wokgemรผse.
Yamabushitake / Igel-Stachelbart
Ein optisch sehr extravaganter Heilpilz ist der Igel-Stachelbart (Hericium erinaceus) oder, wie er in Asien genannt wird, der Yamabushitake. Er wรคchst in langen, weiรlichen, schlauchartigen Gebilden und erinnert mit seinem Erscheinungsbild stark an die Mรคhne eines Lรถwen, was ihm den Beinamen Lรถwenmรคhne eingebracht hat. Geschmacklich weist Yamabushitake ebenfalls ein originelles Aroma auf, das an eine Kombination aus Kalbs- oder Geflรผgelfleisch mit dem exotischen Fruchtaroma von Zitrusfrรผchten und Kokosnuss erinnert. Zurรผckzufรผhren ist dieser Geschmack auf das im Igel-Stachelbart enthaltenen Limonen aus der Gruppe der Terpene, das bereits einen wichtigen Wirkstoff ausmacht, es wirkt
- antidepressiv,
- antikarzinogen,
- antimikrobiell,
- antioxidativ
- und blutbildend.
Gerade die antikarzinogene und blutbildende Wirkung machen es laut einer indisch-amerikanischen Studie zu einem interessanten Wirkstoff gegen den Blutkrebs. Auch als natรผrliches Antibiotikum kรถnnte der Igel-Stachelbart deshalb interessant sein. Da er ohnehin sehr gerne zum Kochen verwendet wird – seine Essbarkeit ist hierbei eine recht seltene Eigenschaft unter den Stachelpilzen – lรคsst sich mit dem Heilpilz auch gut Vorsorge betreiben.
Mykotherapie โ Gegenanzeigen und Nebenwirkungen
Eigentlich gibt es kaum Grรผnde, die gegen eine Anwendung von Heilpilzen sprechen. Nebenwirkungen treten nur bei den wenigsten Pilzsorten auf und sind dann meist einer รberdosierung der Heilpilze geschuldet. Aus diesem Grund ist es wichtig, unbekannte Pilzsorten, die nicht explizit als Speisepilze gekennzeichnet sind, nur nach ausfรผhrlicher Beratung mit einem professionellen Heilpraktiker oder einer medizinischen Fachkraft, die sich mit Traditioneller Chinesischer Medizin auskennt, einzunehmen. Ansonsten kรถnnte es durchaus zu Nebenwirkungen wie Schweiรausbrรผchen, Fieber oder รbelkeit und Erbrechen kommen. Auch Allergiker, die beispielsweise keine Mehrfachzucker vertragen, mรผssen bei der Anwendung der Mykotherapie vorsichtig sein. Gleiches gilt fรผr Kinder und schwangere Frauen, die gemeinhin deutlich sensibler und unberechenbarer auf bestimmte Wirkstoffe reagieren.
Heilpilze sammeln
Was das Sammeln von Heilpilzen anbelangt, so ist fรผr Laien ebenfalls Vorsicht geboten. Wer sich mit Pilzen nicht auskennt, sollte hier lieber auf das Sortiment eines offiziellen Bioladens, Reformhauses oder einer Apotheke vertrauen. Alternativ kann man seine Pilzkenntnisse natรผrlich auch verbessern, indem man an einer Pilzfรผhrung teilnimmt. Hier ist es wichtig, nur Kursangebote zu besuchen, die von zertifizierten Pilzkennern und Mykologen durchgefรผhrt werden. (ma)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der รคrztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprรผft.
- Domingo, Josรฉ L. et al.: "Vanadium compounds for the treatment of human diabetes mellitus: A scientific curiosity? A review of thirty years of research", in: Food and Chemical Toxicology, Volume 95, September 2016, sciencedirect.com
- Yamanaka, Daisuke et al.: "Royal sun medicinal mushroom, Agaricus brasiliensis Ka21 (higher Basidiomycetes), as a functional food in humans", in: International Journal of Medicinal Mushrooms, Volume 15 Issue 4, 2013, Begell House
- Lin, YuโLi et al.: "Polysaccharide purified from Ganoderma lucidum induced activation and maturation of human monocyteโderived dendritic cells by the NFโฮบB and p38 mitogenโactivated protein kinase pathways", in: Journal of Leukocyte Biology, Volume78 Issue 2, August 2005, JLB
- Shah, Bhavini B. et al.: "Anti-leukemic and anti-angiogenic effects of d-Limonene on K562-implanted C57BL/6 mice and the chick chorioallantoic membrane model.", in: Animal Models and Experimental Medicine, 1(4), December 2018, Wiley Online Library
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthรคlt nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.