Naturgarten: Die Wildnis vor dem Haus
Ein Garten ist kultivierte Natur, ein Raum, der nur durch menschliche Technik zustande kommt. Ohne den Eingriff des Menschen handelt es sich nicht um einen Garten. Das gilt auch für den Natur- oder Wildgarten. Was ihn aber vom traditionellen Garten unterscheidet, das sind die Ziele und Methoden. Naturgärten sollen die Artenvielfalt erhöhen und dafür viele Lebensräume für Tiere und Pflanzen bieten.
Inhaltsverzeichnis
Alle Strukturen werden einbezogen
Dafür werden alle Strukturen einbezogen: Begrünte Dächer, Hecken zum Beispiel mit Schlehe oder Weißdorn, Mauern aus geschichteten Steinen, Totholz, Kompost, alte Bäume, sogar die Kies- oder Steinwege.
Der Naturgarten ist aber gerade keine völlig dynamische Natur. Der Gärtner versucht vielmehr, ein (künstliches) Gleichgewicht zu schaffen. Er drängt dominante Arten wie Brombeeren zurück, er stellt für Menschen attraktive Blühpflanzen an exponierte Stellen, und er setzt die natürlichen Feinde derjenigen Spezies ein, die die Arten, die er im Garten haben möchte, bedrohen.
Naturgarten heißt nicht Privatgarten
Sie sind nicht auf Privatgärten beschränkt. Strassenränder, Verkehrsinseln, sogar Baumscheiben und begrünte Streifen neben Fußgängerwegen bieten sich dafür eben so an wie Industrie- und Gewerbeflächen.
Die Idee des Naturgartens
Ein Naturgarten ist heute vor allem ein Garten für heimische Pflanzen, der auch seltenen Tierarten einen Lebensraum bietet, zugleich aber als Garten gehegt und gepflegt wird.
Der historische Natur- oder Wildgarten war zwar ebenfalls eine sorgfältig gestaltete „Wildnis“, doch ging es im 19. Jahrhundert nicht um den Schutz heimischer Wildpflanzen, denn die gab es vor der Industrialisierung noch überall und in großen Mengen.
Stattdessen kultivierten die Wildgärtner exotische Pflanzen, kombinierten diese mit einheimischen und legten ein harmonisch wirkendes Ensemble an, das „zwanglos“ wirken sollte, um die Natur zur Entfaltung zu bringen.
Diese Wildgärten brachen mit den strengen geometrischen Formen des Barock, die wie die Peitsche des Löwendompteus symbolisierten, dass der Mensch Natur, Pflanzen wie Tiere beherrschte.
Die romantische Wildnis
William Robinson (1838-1935), ein irischer Gärtner entwickelte das Konzept dieser freien Gärten. Sein Buch „The Wild Garden“ von 1870 gilt noch heute als Standardwerk des Naturgartens. Robinson schrieb: „Ich möchte zeigen, dass wir die Schönheit unserer vielfältigen, winterharten Blumen vielleicht noch besser zur Geltung bringen können, als die begeisterten Anhänger des alten Gartenbaustils es sich träumen lassen: nämlich, indem wir unzählige, schöne wildwachsende Pflanzen vieler verschiedener Länder in unsere Wälder und Gehölze, in die weniger sorgfältig angelegten und gepflegten Teile von Parkanlagen sowie auf den ungenutzten Flächen fast aller Gartenarten einführen.“
Die ersten Gärten nach Robinsons Vorschlägen entsprachen Farngärten und Grotten. Sie stellten einen ländlich wirkenden Gegensatz zu den exakt angelegten Beeten dar und dienten der Erholung.
Robinson nutzte gezielt Pflanzen, die damals als nicht „gut genug“ für die gestutzten Gärten der Oberklasse galten, unter anderem die Pfingstrose, den Rittersporn und die Lilie.
Robinsons Idee setzte sich durch. Die „romantische Wildnis“ wurde ein fester Teil der städtischen Gärten und Parks. Allerdings gelten Lieblingspflanzen der damaligen „wilden Gärtner“ wie Magnolien, Rhodendren oder Lorbeerrose unter heutigen Puristen des Ökogartens als No-Go, weil es sich um Exoten handelt, die kaum Nahrung für heimische Insekten oder Vögel bieten.
Der Bauerngarten
Eine Wegbereiterin war auch Gertrude Jekyll (1843-1932). Sie liebte die von der damaligen Oberschicht als minderwertig angesehenen Bauerngärten, welche heute Menschen, die alte Bauernhäuser kaufen mit viel Aufwand wieder errichten.
Neu an ihrem Modell war indessen, dass sie exotische Gartenpflanzen und Bauernblumen kombinierte und ästhetisch in Einklang brachte. Dabei warnte sie davor, wahllos Pflanzen zusammen zu stellen, die erstens unterschiedliche Ansprüche hatten und zweitens kein harmonisches Bild vermittelten.
Sie schrieb: „Gedankenlose Menschen gelangen leicht zu der falschen Schlussfolgerung, man könne jede beliebige Gartenpflanze in jede beliebige unberührte Landschaft verpflanzen. Ich habe schon etliche Waldgegenden gesehen, die in ihrer reizvollen Einfachheit bereits perfekt waren, aber nachträglich durch die unbedachte Anpflanzung neuer Arten verunstaltet wurden.“
Dabei wollte sie jedoch einen fließenden Übergang schaffen. Wald und Garten sollten nicht mehr strikt voneinander getrennt sein, eine Idee, die auch den heutigen Naturgarten kennzeichnet. Sie schrieb: „Ein paar Königskerzen hier, ein paar Fingerhüte dort, denn es ist schön, wenn sich auch im angrenzenden Wald noch Einflüsse des Gartens erkennen lassen. Auf diese Weise lassen sich die beiden um so harmonischer miteinander verbunden.“
Garten gegen Wildnis
Entscheidend ist, dass bei Robinson und Jekyll Garten nicht mehr gegen Natur stand wie in den herrschaftlichen Anlagen des 18. Jahrhunderts. Wer heute Gärten des Barock und Rokoko besucht wie in Versailles, Sanscoussi oder Hannover Herrenhausen, der erkennt diesen wesentlichen Unterschied.
Die auf den Zentimeter genau gestutzten Hecken, die Skulpturen und Pavillons, die in der Form von Sternen, Kreisen, in Kurven oder Quadraten angelegten Beete lassen keinen Wildwuchs zu. Sie stehen im bewussten Gegensatz zu den Wiesen, Wäldern oder Sümpfen, die noch allgegenwärtig waren, als diese Parks der Herrschenden entstanden.
Hier sollte deutlich werden, dass der Mensch gestaltet. Die absolutistischen Herrscher in Frankreich arrangierten Versailles zum Beispiel explizit, um die Macht des Gottkönigs über Kultur, Tiere in der Menagerie und Pflanzen in den Parks zu demonstrieren.
Gepflegte Wildnis
Gertrude Jekylls Beitrag zum modernen Garten bestand aber gerade nicht darin, „alles sich selbst zu überlassen“. Ganz im Gegenteil führte sie den Bauerngarten in die Gartenkunst ein.
Die Bauerngärten waren nämlich nach Aspekten der Nützlichkeit eingerichtet. Ein zentraler Weg mit Abzweigungen diente dazu, die angepflanzten Kräuter einfach zu erreichen. Die Bauern pflanzten Nutzgemüse ebenso an wie Heil- und Würzkräuter. Um den Garten zu begrenzen, legten sie Steine zu Trockenmauern aufeinander.
Salbei, Wermut und Thymian, Borretsch und Schnittlauch, Fenchel oder Minze blühten zwar auch schön und boten reichlich Nahrung für Insekten, doch die Bauern pflegten sie nicht aus ästhetischen oder ökologischen Gründen, sondern zum Verzehr. Aus dem gleichen Grund leßen sie Him-, Brom, Heidel- und Erdbeeren gedeihen.
Blühpflanzen wie Kornblume, Weidenröschen oder Schafgarbe kamen von allein. An den schattigen Stellen siedelten sich Farne und Efeu an. Weißdorn, Schlehe oder Eberesche, Vogelkirsche oder Stechpalme boten natürliche Hecken, die die Bauern lediglich in Formen schnitten.
In Jekylls Tradition pflegten Gärtner hingegen solche Bauerngärten und pflanzten zudem exotische Gewächse. Während aber in den „realen“ Bauergärten der Gartencharakter entstand, weil die Bauern diese Gärten für Küche und Medizin nutzten, setzten die Wildgärtner sorgfältiger Planung eine scheinbare Unordentlichkeit in Szene – sie ließen der Natur keinen freien Lauf, sondern schufen professionell die Illusion einer ästhetischen Wildnis.
Der Ökogarten
Die romantische Wildnis gehört fest zur Idee. Doch im Unterschied zu Jekylls Zeit sind exotische Arten heute verpönt. Der Garten soll nämlich Zuflucht für heimische Tiere und Pflanzen bilden.
Viele heimische Feld- und Wiesenpflanzen kommen heute dank der intensiven Landwirtschaft kaum noch vor. Manche sind verschwunden oder vom Aussterben bedroht.
Solche Ökogärten sind heute eine wichtige Ressource für Natur- und Artenschutz. Tatsächlich ist die Vielfalt der Tierarten in städtischen Kleingärten heute größer als in der ausgeräumten Agrarlandschaft und städtische Gartenparks entwickelten sich gar zum Refugium für viele Arten, die erst im Zuge der kleinteiligen Landwirtschaft der frühen Moderne nach Mitteleuropa kamen.
Manche Exoten helfen Tieren
Allerdings sehen viele Ökogärtner die Trennung zwischen Exoten und Einheimischen zu verbissen. Rhododendren bieten zum Beispiel zwar keine Nahrung für einheimische Tiere, sehr wohl aber Versteck und Brutplatz für Vögel; die wichtigste Futterpflanze für Vögel hierzulande ist die nordamerikanische Sonnenblume und die exotische Buddleia bietet wertvolle Nahrung für Schmetterlinge. Fruchtfressende Vögel lieben Feigen ebenso wie Äpfel.
Das Bewusstsein über Natur- und Artenschutz ist in den westlichen Ländern in den letzten Jahrzehnten gewachsen. Auch die als Spießer mit Giftspritze verrufenenen Schrebergärtner entsprechen längst nicht mehr dem Klischee.
Gärten können Refugien bieten für Blumen, die einst überall wuchsen wie Klatschmohn oder Kornblume. Mit sorgfältiger Vorbereitung zum Beispiel Freiflächen, in denen keine Brombeeren wuchern, siedeln sich heimische Pflanzen immer mehr von selbst an. Naturgärtner berichten von über 300 heimischen Arten auf 400 qm Fläche.
Der tiergerechte Garten
Laubreiche mehrjährige Pflanzen, Kletter- und Kriechpflanzen bieten Tieren Unterschlupf. Eine Trockenmauer aus übereinander gelegten Feldsteinen gibt diversen Insekten ein Zuhause, darunter den bedrohten Wildhummeln- und bienen. Zauneidechsen fühlen sich hier wohl, Vögel finden Nahrung.
Einfache Anlagen sind für Tiere lebenswichtig und fehlen in „modernen“ Garten häufig. Eine flache Schale dient als Vogeltränke. Eine offene Lehmstelle sorgt für Nistmaterial für Schwalben und Mauersegler.
Ein Reisig- oder Totholzhaufen ist im Ökogarten kein Schandfleck, sondern lebenswichtig für Igel und Mäuse, Erdkröten und Molche, Wespen, Bienen und Hummeln, Zaunkönig und Heckenbraunelle.
Achten Sie auf Nahrungspflanzen
Bei heimischen und exotischen Garten sollten Sie genau gucken, welche Pflanzen für Tiere Nahrung bieten. So sind viele Schmetterlinge und Insekten auf einzelne Arten spezialisiert: Die amerikanische Art des Fingerhuts zum Beispiel kann nur ein Bruchteil der Insekten nutzen, die die heimische Art ansteuern.
Alte Obstbäume versorgen nicht nur Stare, Drosseln, Igeln und Insekten mit Früchten – sie bieten auch zahlreiche Nistmöglichkeiten, Ansitzflächen und Blüten für Nektarfresser. Typische Arten der offenen Obstgärten, die heute sehr bedroht sind, umfassen zum Beispiel Steinkauz und Wiedehopf.
Nistkästen
Sorgen Sie für Nist- und Wohnkästen. Die gibt es in unterschiedlicher Größe und mit unterschiedlichen Einfluglöchern für diverse Vogelarten: Der bedrohte Gartenrotschwanz bevorzugt zum Beispiel ovale Öffnung, Baumläufer brauchen seitliche Schlitze, duch die sie in der Natur in Baumhöhlen schlüpfen, Kohl- und Blaumeisen nutzen runde Einfluglöcher in unterschiedlicher Größe; Starenkästen sind größer und haben größere Löcher, bedingt durch die Größe der Vögel. Es gibt auch Kästen für Waldkäuze und Turmfalken, dafür sollte ihr Garten aber die entsprechende Größe und bei den Käuzen einen alten Baumbestand haben.
Am Haus können sie künstliche Nester für Schwalben ebenso anbringen wie Halbhöhlen für Hausrotschwänze oder Spatzenkästen. Zaunkönige brauchen kleine Kästen mit halbrunden Öffnungen: Ihnen ist jedoch mit einer dichten Hecke ebenfalls gedient.
Hinzu kommen spezielle Kästen für Fledermäuse, Insektenhotels, Unterschlüpfe für Igel und andere Kleinsäuger.
Eine Oase
Ein Naturgarten dient nicht nur den Tieren, sondern auch der Erholung. Er hilft gegen Stress und entspannt. Durchgestylte Gärten, in denen wild wachsende Pflanzen weg gespritzt werden, eine einzige Grasart und zwei akkurat geschnittene Bäume Ordnung demonstrieren, enttäuschen besonders Kinder.
Sie merken intuitiv: Hier fehlt etwas. Moos, Gänseblümchen, sogar hier und da Löwenzahn, sind kein Unkraut, sondern geben dem Garten genau dieses fehlende Etwas. Wenn Sie auf Unkrautvernichter verzichten, werden Sie bald feststellen, dass sich ein Wohlgefühl einstellt.
Die Stadt wird bunt
Dabei müssen Sie ihren Garten nicht einfach „verwildern“ lassen, sondern bestimmen nach wie vor, welche Pflanzen Sie schön finden. Gartenbesitzer wissen oft gar nicht mehr um die Schönheit heimischer Pflanzen: Ein gelb blühender Ginster verzaubert eine öde Kiesfläche, Farn, der aus der Mauer eines Hinterhofes sprießt, sorgt für ein mystisches Erleben, Königskerzen an einem steinernen Weg bringen Farbe in die Großstadt.
Garten als Therapie
Den therapeutischen Nutzen kann man kaum überschätzen. Die Tiere und Pflanzen bringen gerade den Menschen besondere Freude, die viel Zeit zu Hause verbringen: Menschen mit Behinderungen, alten Menschen und Kindern.
Denken Sie an Harry Potter, an die von den Dichtern der Romantik verherrlichten Orte: Verwunschene Lauben, mit Efeu überwucherte Mauern, oder versteckte Teiche. Ummauerte Klostergärten, brach liegende Grundstücke inspirieren die Fantasie.
Abgeblühte Pflanzen
Im Naturgarten bleiben abgeblühte Stauden den Winter über stehen, denn die Samen bieten vielen Tieren gerade in der kalten Jahreszeit Nahrung, Insekten und Larven einen Unterschlupf.
Ein wirklicher Wildgarten bietet die monatelange Blütenpracht einzelner Blumen wie die Zuchtformen von Petunien zum Beispiel. Dennoch können Sie sich mit Arrangement vom Frühling bis in den Herbst mit Blüten erfreuen.
Sie können ihre Pflanzen so ordnen, dass der Blick auf den jeweils blühenden liegt, oder auch verschiedene Ecken jeweils mit Früh- und Spätblühern anlegen, die im Wechsel der Monate wechselnde Ensembles bieten.
Konstruktive Energie
Therapeutisch stellt er Weichen, die sich auf die Psyche und die Wahrnehmung unserer Umwelt auswirken, indem sie neue Muster in den Synapsen bilden. Ein traditioneller Giftgärtner denkt, fühlt und handelt destruktiv – bis in die Sprache hinein.
Den Großteil seiner Energie nutzt er, um zu zerstören,zu bekämpfen und zu vernichten. Begriffe wie Unkraut und Ungeziefer zeugen von dieser nekrophilen Energie. Schneiden, hacken, mähen und ausmerzen – seine überschüssige Energie verbraucht er im Kampf gegen etwas.
Wir verbringen einen Großteil der Zeit damit, zuzusehen, wie das Leben wächst, wie es sich durchsetzt. Wir legen Schlupfwinkel an, geschützte Ecken und Pflanzen gegen den Wind – statt zu zerstören, investieren wir Energie, um in der natürlichen Dynamik ein Gleichgewicht zu schaffen.
Modellbiotope
Ein Garten schafft bisweilen sogar mehr als die „echte Natur“. Er bedarf sorgsamer Pflege. Ohne menschlichen Eingriff setzen sich sonst die dominantesten Pflanzen durch: In wenigen Jahren besteht die ehemals freie Fläche aus Brombeerranken; Blumenwiesen haben das Nachsehen.
Im Unterschied zur „natürlichen Natur“ können Sie hingegen auf kleiner Fläche verschiedene biologische Lebensräume in einem ermöglichen. In einen großen Garten passt eine wilde Hecke ebenso wie ein Miniwald, eine Wildblumenwiese, ein Teich oder ein Sumpfbeet, ein Schmetterlingshügel und ein Steingarten. Hinzu kommen zum Beispiel eine Kräuteroase und eine Farnmauer.
Solche kleinen Lebensräume wie Teiche, Wiesen und Hecken haben heute größte Bedeutung. Aus der ausgeräumten Landschaft verschwinden sie nämlich. Fast alle Amphibien leiden heute unter dem Verlust temporärer Gewässer, die in den Sommermonaten austrocknen und so die Fressfeinde der Kaulquappen, Fische und Libellenlarven töten.
Lichtwasserteich und Laubhaufen
Früher gab es solche zeitweise ausgetrockneten Gewässer in Mengen: Wilde Kiesgruben, Viehtränken auf Weiden oder natürliche Senken. Die meisten davon entstanden durch kleinere Eingriffe von Menschen: Laubfrosch und Geburtshelferkröte, Kreuzkröte und Knoblauchkröte legten hier ihre Eier ab.
Diese Arten sind heute vom Aussterben bedroht – und die Geburtshelferkröte hat eines ihrer letzten Vorkommen in der Region Hannover / Steinhuder Meer ausgerechnet in einem alten Becken zur Kuhtränke.
Ein Lichtwasserteich im Garten hilft diesen bedrohten Arten. Er sollte sonnig liegen und im Unterschied zum klassischen Gartenteich keine Tiefwasserzone haben, also nicht tiefer als 50 cm sein.
Im klassischen Goldfischteich können sich nur die Grünfrösche und die Erdkröte (deren Laich für Fische giftig ist) fortpflanzen.
Ein Komposthaufen, eine Hecke, ein Erdhügel und ein Totholzhhaufen bieten den erwachsenen Amphibien Lebensraum.
Laub bringen Naturgärtner nicht auf die Müllkippe, sondern lassen es im Winter in einem Haufen im Garten. Igel können hier überwintern, für die Erdkröte ist es ein Paradies.
Sie können bedrohte Pflanzen schützen, indem sie diese im Garten ansiedeln. Schachbrettblume, Gelbe Narzisse und Frauenschuh sind bei uns zum Beispiel selten geworden.
Besser als Fernsehen
Durch solche Minibiotope werden sie reich belohnt. Während der Giftgarten steril bleibt, kommen in den Naturgarten ganze Schwärme von Vögeln. Im Herbst sammeln sich die Finken an den abgeblühten Blumen, Kernbeißer, Stare und Wacholderdrosseln suchen die Obstbäume auf, und im Winter lassen sich ganze Schwärme von Vögeln an den Beerensträuchern nieder.
Ideale Bäume, die Vögeln Nahrung bieten sind Eberesche, Vogelkirsche, Schlehe, Apfel, Kirsche, Quitte, Pflaume und Pfaffenhütchen, bestens geeignet sind auch Weinranken, Him-, Brom- und Heidelbeeren.
Eine einzige Weide bietet zahlreichen Insekten Pollen und Nektar, Schwebfliegen, Nachtfaltern oder Schmetterlingen. Später nutzen Vögel den Flaum der Samen für ihre Nester.
Das muss keineswegs „unordentlich“ aussehen. Wenn Sie geordnete Blumenrabatte mögen können Sie dort ebenso Schmetterlingssträucher pflanzen.
Denken Sie nicht, dass Sie für solche Modellbiotope viel Platz brauchen. In einem großen Garten können Sie zwar einen großen Gartenteich anlegen. Haben Sie aber nur einen Kleingarten, einen Hinterhof oder einen Balkon, müssen Sie trotzdem nicht auf ein Feuchtbiotop verzichten.
Das Sumpfbeet
In einem kleinen Garten können Sie ein Sumpfbeet anlegen: Dafür eignen sich Mörtelwannen- und eimer aus dem Baumarkt. Die setzen Sie in ein Loch und füllen Erde herum. Dann befestigen Sie den Rand mit Steinen, Ästen und Rinde.
Jetzt können Sie Wasserpflanzen in die Wanne und Feuchtigkeit liebende Pflanzen um den „Teich“ pflanzen. Es eignen sich zum Beispiel Sumpfdotterblume, Schwanenblume, Kalmus, Wasserdost, Mädesüß, die schön blühende Sumpfschwertlilie, Pfennigkraut, Blutweiderich, Wasserfeder, Wasserminze, Wasserhahnenfuß oder Pfeilkraut. Den Rand können Sie mit Schnittlauch bepflanzen, mit Elfenkraut oder Königsfarn.
Je nach Pflanze schaffen Sie so nicht nur eine grüne Oase, sondern Farbenpracht. Die Sumpfdotterblume blüht zum Beispiel dottergelb, die Wasserfeder blasslila, das Sumpfverißmeinnicht kobaltblau. Der Wasserhahnenfuß schimmert weiß, der Blutweiderich glänzt mit ährenartigen Blüten in Purpurrot.
Pflanzen für Bienen und Schmetterlinge
Bienen und Schmetterlinge sind durch Pestizide bedroht. Im Naturgarten schaffen wir ihnen Erleichterung.
Für diese Tiere geeignet sind: Akelei, Besenheide. Blutweiderich, Dost, Flocken- und Glockenblumen, Gänseblümchen, Grasnelke, Greiskraut, Günsel, Heidekraut, Herbstzeitlose, Johannisapfel, Klee, Königskerze, Leinkraut, Minze, Schafgarbe, Schlehe, Schlüsselblume, Schmetterlingsstrauch, Seifenkraut, Stechginster, Thymian, Weiden, Weidenröschen und Zitronenmelisse.
Nahrung für Vögel und andere Tiere
Folgende Pflanzen bieten Samen und Früchte für Vögel und andere Tiere: Birken, Bittersüßer Nachtschatten, Disteln, Eberesche, Efeu, Eibe, Erdbeerbaum, Geißblatt, Hasel, Holunder, Kiefern, Kirschen, Kreuzdorn, Lauckraut, Liguster, Mannsblut, Schmerwurz, Schneeball, Seidelbast, Stechpalme, Sternmiere, Vergißmeinnicht, Weberkarde, Weißdorn, Aronstäbe und Zaunrübe.
Der Kräutergarten
Ein Naturgarten eignet sich auch hervorragend, um eine Kräuterecke anzulegen, sei es als Kraüterspirale, als Hochbeet oder in Kästen. Heimische Kräuter sind generell anspruchslos und lassen sich einfach aus Samen ziehen.
Sie können so ihre Küche mit selbst gepflückten frischen Kräutern bereichern. Allerdings haben die unterschiedlichen Kräuter unterschiedliche Ansprüche: Kümmel zum Beispiel braucht volle Sonne, ebenso Fenchel, Schnittlauch liebt den Halbschatten.
Zitronenmelisse liebt volle Sonne, breitet sich dann aber stark aus, ebenso Minze; Thymian liebt die Sonne und durchlässigen Boden, Pfefferminze leicht feuchten Boden, Baldrina bevorzugt feuchte Wiesen.
Salbei wächst auf normalem Boden sehr gut und wuchert geradezu. Auch Mittelmeerkräuter wie Rosmarin und Oregano fühlen sich im Garten wohl. Sie erweisen sich als winterhart, brauchen aber sonnige Plätze.
Essbare „Unkräuter“
Es ist paradox: Viele Großstädter kaufen Salat im Supermarkt, um sich gesund zu ernähren, schmeißen aber das in den Biomüll, wovon sich in Indien eine ganze Familie ernähren könnte. Den meisten ist heute gar nicht mehr bewusst, dass vermeintliche Unkräuter wertvolle Ergänzungen in der Küche sind.
Giersch zum Beispiel wuchert überall im Garten und lässt sich ähnlich zubereiten wie Spinat, aus Löwenzahn und Vogelmiere lässt sich leckerer Salat herstellen.
Einen Wildgarten planen
Ein Naturgarten entwickelt sich. Wenn Sie ihn komplett neu anlegen wollen, sehen Sie sich erst einmal genau das Grundstück an. Wie ist der Boden? Sauer, normal oder alkalisch? Ist es generell feucht oder trocken? Sonnig oder schattig?
Verschaffen Sie sich einen Überblick, welche Wildpflanzen auf dem Grundstück wachsen. Reißen Sie nicht einfach alles heraus, was „nicht passt“. Haben Sie ein gerodetes Grundstück gekauft? Dann warten Sie erst einmal ab, welche Pflanzen dort im Frühjahr von selbst sprießen.
Ist der Boden sehr nährstoffarm? Dann versuchen Sie es mit einem Wassergarten, einem Teich oder einem Sumpfbeet. Wasser- und Sumpfpflanzen wachsen bei solchen Voraussetzungen besser als Landpflanzen.
Oder Sie machen aus der Not, dem unfruchtbaren Boden, eine Tugend und legen einen Kiesgarten an. Eine Variante wäre ein Steingarten. Dort siedeln sich schnell viele spezielle Pflanzen an. Lerchensporn zum Beispiel wächst sehr gerne zwischen Steinen.
Einen Naturgarten anlegen
Die Bodenart auf ihrem Grundstück ist wichtig, und sie entscheidet mit, welche Pflanzen sich eignen. Doch zur Erde kommen noch andere wichtige Faktoren: Wind und Windschutz, Dränage und die Lage.
Um ihn anzulegen, müssen sie erst einmal etwas nicht tun: Verwenden Sie keine chemisch-synthetischen Pestizide, keine leicht löslichen Mineraldünger und keinen Torf.
Kaufen Sie keine Hybriden, die haben meist spezielle Ansprüche, die ihr Naturgarten nicht bietet; ihnen fehlt der Genpool und sie sind wenig widerstandsfähig.
Erwerben Sie stattdessen einheimische Pflanzen mit Ansprüchen, die ihr Garten bietet, damit entfällt auch das Düngern und Gießen.
Die Grundregeln des Naturgartens
1) Passen Sie ihre Pflanzungen dem Standort an, nicht den Standort den Pflanzen.
2) Nutzen Sie überwiegend einheimische Wildpflanzen, also Pflanzen, die seit Jahrhunderten hier Fuß gefasst haben. Achten Sie darauf, dass das Saatgut ökologisch einwandfrei ist. Keine Scheu vor Neozoen wie der Sonnenblume, aber vermeiden Sie invasive Neozoen.
3) Pflanzen und fördern Sie gezielt Pflanzen, die spezialisierten Insektenarten Nektar bieten. Setzen Sie zudem auf zeitlich abgestimmte Blüh- und Fruchtphasen, damit die Tiere das ganze Jahr Nahrung finden.
4) Nutzen Sie ökologische Baustoffe, unbehandeltes Holz aus Europa, Naturkies, Natursand und Natursteine. So wenig Kunststoff wie möglich! Im Naturgarten nutzen Sie so viel Baumaterial aus dem Garten selbst wie nur möglich: Der Astschnitt von den Obstbäumen zum Beispiel bietet einen hervorragenden Rahmen für ein Hochbeet, oder eine Begrenzung für Wege; der Kompost wird zu ausgezeichneter Erde; Steine, die beim Graben anfallen, können Sie für eine Trockenmauer oder einen Grillplatz verwenden und auf einem einem Reststamm nach dem Absägen können sie ein Futterhaus für Vögel anlegen. Sie können auch Astschnitt, anfallendes Totholz und Rinde nutzen, um Nistkästen zu bauen.
5) Natur heißt Veränderung. In dem Garten wird nicht jede natürliche Dynamik verhindert, sondern vielmehr gelenkt. Der Wildgarten verändert sich, das ist sein Wesen. Sie mähen, stutzen die Hecken oder harken die Wege nur so weit frei, dass die Gartenstruktur erhalten bleibt.
Aber: Wenn sich Pflanzen selbst aussäen, dulden oder födern Sie dies im Naturgarten. Sie können mit mähen, Hecken schneiden oder hacken diesen Prozess sogar unterstützen, zum Beispiel, indem Sie Blumen, die sich selbst verbreiten, wie zum Beispiel Margeriten an bestimmten Stellen nicht nur gewähren lassen, sondern die selbst ausgesäten Pflanzen aus anderen Teilen der Grasfläche ausgraben und an diesen Stellen anpflanzen. In anderen Teilen mähen Sie bisweilen und unterstützen so Blumen, die kurzen Rasen benötigen und gegen die dominanten Blumen nicht standhalten.
Die abgestorbenen Stängel bleiben bis zum nächsten Frühjahr stehen.
6) Der Boden bleibt intakt. Eine Ausnahme sind Giftablagerungen. Wenn ihr Boden zum Beispiel mit Asbest verseucht ist, sollten Sie ihn auf jeden Fall abtragen. Ein Naturgärtner trägt jedoch keinen Boden ab oder tauscht ihn in großen Umfang aus, um exotische Pflanzen anzusiedeln – ein Naturgarten ist kein Regenwaldterrarium.
Sie fördern den Boden stattdessen mit Komposthumus, natürlichem Mulch und Zwischensaaten.
7) Naturgärtnern heißt Energie minimieren. Laubsauger sind ein No Go. Flächen deckende Gartenbeleuchtung steht der Idee eines Naturgartens entgegen. Naturgärtner nutzen vor allem Regenwasser zum Gießen.
8) „Schädling“ ist ein Begriff, den der Wildgarten nicht kennt. Wenn nötig, dann fördern Sie die Fressfeinde der Läuse, Raupen oder Wühlmäuse oder siedeln geschickt Pflanzen an, die solche Pflanzenfresser vertreiben.
Generell sind Schäden an Pflanzen aber Teil genau der natürlichen Prozesse, die sie im Garten haben wollen.
9) Nutzen Sie den Garten für den Garten: Aus Brennesseln lässt sich zum Beispiel eine gute Jauche herstellen, die als Naturdünger dient. Organische Überreste wie welke Blätter oder abgestorbene Stauden reichern den Boden an. (Dr. Utz Anhalt)
Im zweiten Teil „Der Naturgarten – Wald, Wasser oder Wiese?“ lesen Sie:
– Blumenwiesen und Blumenrasen
– Waldgärten
– Farn- und Laubgärten
– Wassergärten
– Felsengärten
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Stevenson, Violet: Der Naturgarten: Mit Pflanzenkatalog. Anlage, Anzucht, Pflege (Grüne Reihe), Mosaik, 1995
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.