WHO: Jährlich zehntausende HIV-Infektionen in Europa
28.11.2014
Im vergangenen Jahr wurden 136.235 neue HIV-Infektionen in den europäischen Ländern einschließlich Russland registriert. Das teilte das Europa-Regionalbüro der Weltgesundheitsorganisation (WHO) am Donnerstag in Kopenhagen im Vorfeld des Welt-Aids-Tages am 1. Dezember mit. Demnach ist die Ansteckungsrate mit HIV auch rund dreißig Jahre nach der Entdeckung des gefährlichen Erregers trotz großer medizinischer Fortschritte und Präventionsprogrammen in Europa weiterhin hoch.
Zahl der neuen HIV-Infektionen ist vor allem in Osteuropa und Zentralasien hoch
„Von den HIV-Neuinfektionen in der Europäischen Region im Jahr 2013 wurden mehr als 105.000 in den Ländern Osteuropas und Zentralasiens (EECA), über 29.000 in der Europäischen Union und dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) sowie circa 2.000 in anderen Staaten außerhalb der EU gemeldet“, berichtet die WHO. Im Vergleich zum Jahr 2004 habe es in den EECA-Ländern eine Verdreifachung der neuen HIV-Fälle gegeben. In den Staaten der EU und des EWR sei zudem kein Rückgang der HIV-Diagnosen zu verzeichnen gewesen.
„Der Europäischen Region ist es nicht gelungen, die im Rahmen der Millenniums-Entwicklungsziele festgelegte Zielvorgabe zu erreichen, bis 2015 die Ausbreitung von HIV/Aids zum Stillstand zu bringen und allmählich umzukehren. Die Uhr läuft allmählich ab. Auch wenn wir immer mehr neuen gesundheitlichen Bedrohungen gegenüberstehen, werden wir hier wiederum daran erinnert, dass wir bei HIV/Aids nicht in Untätigkeit verfallen dürfen“, mahnt Zsuzsanna Jakab, WHO-Regionaldirektorin für Europa. „In Osteuropa, wo 77 Prozent aller Neuinfektionen gemeldet wurden, wurden zwei Drittel der Fälle unter injizierenden Drogenkonsumenten verspätet entdeckt. Das bedeutet, dass von ihnen eine größere Gefahr einer Übertragung von HIV ausgeht, ihre Behandlung mehr kosten wird und sie mit höherer Wahrscheinlichkeit sterben werden.“ Die WHO habe neue Leitlinien erstellt, die den Ländern die Möglichkeit geben, gezielt diejenigen ins Visier zu nehmen, die das höchste Gefährdungspotential haben, wie Drogenkonsumenten. „Durch gezieltes Handeln können wir das Blatt noch wenden“, so Jakab.
Knapp 80.000 Neuansteckungen wurden allein in Russland registriert. Am geringsten ist die Ansteckungsrate mit 5,7 auf 100.000 Einwohner in den wirtschaftlich stärker entwickelten Staaten der EU und des EWR. Insgesamt liege die Rate der HIV-Infektionen auf dem europäischen Kontinent zusammen mit Russland jedoch bei 15,7 Prozent, teilt die WHO mit.
Keine großen Fortschritte bei der Reduzierung der Zahl der HIV-Infektionen in Europa
„Wir müssen uns die Frage stellen, warum im vergangenen Jahrzehnt keine wesentlichen Fortschritte bei der Reduzierung der Zahl der HIV-Infektionen erzielt werden konnten. Wenn wir uns die Daten ansehen, dann stellen wir eindeutig fest, dass in allen Teilen der Europäischen Region die in Bezug auf HIV-Infektionen am stärksten gefährdeten Bevölkerungsgruppen nicht genügend erreicht werden, insbesondere Männer mit gleichgeschlechtlichen Sexualkontakten“, erläutert Marc Sprenger, Leiter des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC).
In den Ländern der EU und des EWR wird HIV am häufigsten durch sexuelle Kontakte zwischen Männern übertragen. Im vergangenen Jahr waren 42 Prozent aller neuen HIV-Diagnosen auf diesen Übertragungsweg zurückzuführen. „Die Zahl der HIV-Diagnosen in dieser Gruppe ist seit 2004 um 33 Prozent gestiegen, und ein Anstieg war mit vier Ausnahmen in allen Staaten der EU und des EWR zu verzeichnen. Deshalb muss die Prävention und Bekämpfung von HIV unter Männern mit gleichgeschlechtlichen Sexualkontakten in allen Teilen der Europäischen Region zu einem Eckpfeiler der nationalen HIV-Programme werden“, so Sprenger.
Angaben der Vereinten Nationen (UN) zufolge "sterben jedes Jahr weltweit 1,5 Millionen Menschen an den Folgen von Aids. 35 Millionen Frauen, Männer und Kinder seien derzeit mit HIV infiziert", wie das Anti-Aids-Programm der Vereinten Nationen (UNAIDS) kürzlich informierte. Sollten die Staaten die erforderlichen Mittel für Milliardenprogramme zur Eindämmung von HIV bereitstellen, "könne die Erkrankung innerhalb der nächsten 15 Jahre jedoch weitgehend besiegt werden". (ag)
Bild: Philipp Flury / pixelio.de
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.