Unser psychisches Wohlbefinden kann von einem gezielten Achtsamkeitstraining massiv profitieren. So sinken der empfundene Stress und auch das Risiko für Angststörungen und Depressionen.
In einer systematischen Überprüfung und Meta-Analyse haben Forschende der University of Cambridge die bestehenden randomisierten kontrollierten Studien zu achtsamkeitsbasierten Programmen (Mindfulness-based programs) ausgewertet. Die Ergebnisse sind in dem Fachmagazin „Nature Mental Health“ veröffentlicht.
Wie wirksam ist Achtsamkeitstraining?
Achtsamkeit lässt sich trainieren und entsprechende Übungen wurden in einzelnen Studien bereits mit weitreichenden positiven Effekten auf das psychische Wohlbefinden in Zusammenhang gebracht. So soll Achtsamkeitstraining gegen Schmerzen und negative Emotionen helfen und es wird als Patentrezept gegen Stress beworben.
In dem Achtsamkeitstraining werden häufig Elemente der Meditation, der Körperwahrnehmung und der modernen Psychologie kombiniert und die Übungen sollen dazu beitragen, Stress zu reduzieren, das Wohlbefinden zu verbessern und die geistige und emotionale „Widerstandsfähigkeit“ zu erhöhen, erläutert das Forschungsteam.
Die bisherigen Forschungsergebnisse über die Wirksamkeit des Achtsamkeitstrainings seien allerdings uneinheitlich. Das Team um Dr. Julieta Galante hat daher die Wirkung von achtsamkeitsbasierten Programmen auf die psychische Belastung einschließlich Symptomen von Angst und Depression überprüft.
Auswertung der verfügbaren Studien
Insgesamt wurden die Daten von 2.371 Erwachsenen aus 13 Studien zur Bewertung der Wirksamkeit von achtsamkeitsbasierten Programmen in der aktuellen Meta-Analyse berücksichtigt. Das Durchschnittsalter der Teilnehmenden lag bei 34 Jahren und 71 Prozent waren Frauen.
Etwa die Hälfte der Teilnehmenden hatte nach dem Zufallsprinzip einen Platz in einem achtwöchigen Achtsamkeitsprogramm mit einer ein- bis zweieinhalbstündigen Sitzung pro Woche erhalten, berichtet das Team.
Verringerte psychische Belastung
Die Datenauswertung ergab, dass das Achtsamkeitstraining die psychische Belastung der Erwachsenen leicht bis mäßig verringerten, wobei Faktoren wie bestehende psychische Belastungen, Alter, Geschlecht und Bildungsniveau die Wirkung nicht beeinflussten, so die Forschenden.
Zudem sei bei den Teilnehmenden der Achtsamkeitskurse die Wahrscheinlichkeit geringer gewesen, dass sie in den sechs Monaten nach Abschluss des Programms unter Symptomen von Angst und Depression litten.
Achtsamkeitstraining funktioniert
„Diese Studie ist die bisher beste Bestätigung dafür, dass die persönlichen Achtsamkeitskurse, die in der Regel in der Gemeinschaft angeboten werden, tatsächlich für den Durchschnittsmenschen funktionieren“, betont Dr. Galante.
„Wir haben bestätigt, dass Erwachsene, die sich für einen persönlichen Achtsamkeitskurs mit einem Lehrer entscheiden, der in einer Gruppe angeboten wird, im Durchschnitt ihre psychische Belastung verringern und damit ihre psychische Gesundheit verbessern können“, so die Studienautorin weiter.
Nicht alle Menschen profitieren
Allerdings zeige die Forschung auch, „dass es bei manchen Menschen einfach nicht funktioniert.“ Zudem bleibe offen, ob Achtsamkeitskurse effektiver sind, als andere Aktivitäten, von denen man profitieren könnte, wie zum Beispiel die Mitgliedschaft in einem Sportverein.
„Wir haben keine Beweise dafür, dass Achtsamkeit besser ist als andere Wohlfühlpraktiken, aber wenn man nichts tut, gehören diese Arten von Achtsamkeitskursen sicherlich zu den Optionen, die hilfreich sein können“, fasst Galante zusammen.
Wirkung von Achtsamkeits-Apps unklar
Inwiefern Achtsamkeits-Apps auf dem Smartphone die psychische Belastung verringern, bleibe indes fragwürdig. Denn in den Studien wurden die Kurse in Gruppen und im Beisein einer Lehrerin beziehungsweise eines Lehrers durchgeführt.
„Apps mögen billiger sein, aber es gibt nicht annähernd die gleiche Evidenzbasis für ihre Wirksamkeit. Manche Apps geben zwar an, dass sie evidenzbasiert sind, aber sie beziehen sich oft auf Studien, bei denen ein Lehrer und eine Gruppe persönlich anwesend sind“, berichtet Galante.
Die Forschenden planen daher die Wirkung der Smartphone-Apps in künftigen Studien zu untersuchen. Auch möchten sie ermitteln, was passiert, wenn Menschen die Achtsamkeitsübungen weiterhin allein praktizieren. (fp)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Julieta Galante, Claire Friedrich, Collaboration of Mindfulness Trials (CoMinT), Tim Dalgleish, Peter B. Jones, Ian R. White: Systematic review and individual participant data meta-analysis of randomized controlled trials assessing mindfulness-based programs for mental health promotion; in: Nature Mental Health (veröffentlicht 10.07.2023), nature.com
- University of Cambridge: In-person mindfulness courses help improve mental health for at least six months (veröffentlicht 10.07.2023), cam.ac.uk
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.