Magnetfelder helfen bei behandlungsresistenten Depressionen
Wenn Menschen unter Angstzuständen und Depressionen leiden, kann eine Behandlung mit der Hilfe eines Magnetfelds selbst dann Erleichterung verschaffen, wenn die Erkrankung nicht auf andere Formen der Behandlung anspricht. Der Psychiater Dr. Murat Altinay von der Cleveland Clinic erläutert, wie eine transkranielle Magnetstimulation abläuft und für welche Menschen sie besonders geeignet ist.
Bessere Stimmung dank Magnetstimulation
Menschen mit behandlungsresistenten Depressionen können durch eine nichtinvasive Behandlung, welche als transkranielle Magnetstimulation (TMS) bezeichnet wird, eine Verminderung ihrer Symptome und eine Verbesserung der allgemeinen Stimmungslage erreichen, berichtet der Mediziner in einer Pressemitteilung der Cleveland Clinic.
Einem großen Anteil der Personen mit Angstzuständen und Depressionen kann mit herkömmlichen Methoden therapeutisch geholfen werden, aber in etwa 30 Prozent der Fälle lassen sich die Beschwerden nicht ablegen, berichtet der Experte. Dies betreffe insbesondere Menschen, die schlecht auf Antidepressiva ansprechen.
Behandlungsresistente Depressionen mit Hilfe der transkraniellen Magnetstimulation zu bekämpfen, könne hier eine effektive Alternative bieten. „Diese Option kann Erleichterung bringen, wenn andere Behandlungen für Depressionen versagen”, berichtet der Experte.
Wie funktioniert die transkraniellen Magnetstimulation?
Diese Form der Behandlung nutzt ein Magnetfeld, ähnlich wie es bei der Magnetresonanztomographie der Fall ist, um den dorsolateralen präfrontalen Kortex des Gehirns zu stimulieren, welcher eine wichtige Schlüsselrolle bei der Stimmungslage spielt. „Die Erhöhung der Aktivität der Neuronen in diesem Bereich lindert Depressionen”, erläutert Dr. Altinay.
Die Stimulation des Gehirns durch ein Magnetfeld sei weder schmerzhaft noch schädlich. „Eine typische TMS-Sitzung dauert etwa 30 bis 40 Minuten. Während der Sitzung sind die Patienten völlig wach und sitzen in einem bequemen Stuhl“, so der Experte der Cleveland Clinic.
Wie läuft eine transkranielle Magnetstimulation ab?
Für eine transkranielle Magnetstimulation wird zunächst die TMS-Spule an der oberen linken Seite des Kopfes platziert. Diese gibt dann für etwa vier Sekunden eine Stimulation ab, unterbricht für etwa 15 Sekunden und beginnt dann erneut, so der Mediziner. Der Zyklus werde etwa 75 Mal pro Sitzung wiederholt. Während der Stimulation hören die behandelten Personen ein Klopfgeräusch und spüren ein Klopfen auf der Kopfhaut. „Diejenigen, die etwas empfindlicher sind, können ein leichtes Unbehagen an der Kopfhaut verspüren”, fügt Dr. Altinay hinzu.
Vor- und Nachteile der TMS
Die behandelten Personen sind sich dabei des Geschehens voll bewusst. „Nach der Behandlung können sie ihren täglichen Aktivitäten sofort und ohne Einschränkungen wieder nachgehen”, fügt der Experte hinzu. Es gebe allerdings auch einen Nachteil bei dieser Form der Behandlung, sie ist zeitaufwändig, zumindest am Anfang. In der ersten Phase müssen Menschen wahrscheinlich laut dem Psychiater sechs Wochen lang jeden Wochentag behandelt werden (etwa 30 Mal).
In der zweiten Phase (Erhaltungsphase) wird dann die Frequenz der Behandlung an die Bedürfnisse der betroffenen Person angepasst. Eine Behandlung könne beispielsweise jede zweite Woche, monatlich oder alle zwei Monate durchgeführt werden, wobei die Häufigkeit der Behandlungen mit der Zeit weiter abnehme.
Wirksamkeit und Sicherheit der TMS
Der Experte erläutert, dass eine regelmäßige Behandlung mit TMS dazu beiträgt, einen Rückfall zu verhindern und die Symptome einer erneuten Depression zu verringern. Vorteilhaft sei, dass TMS relativ wenige Nebenwirkungen haben. „Die häufigste Nebenwirkung sind Kopfschmerzen, aber die treten nicht bei jedem auf”, so Dr. Altinay.
Keine TMS bei Epilepsie
Der Fachmann erklärt weiter, dass Menschen mit Epilepsie ärztlichen Rat einholen sollten, bevor sie sich einer TMS unterziehen, da gegebenenfalls Probleme drohen. Einige Veröffentlichungen weisen allerdings darauf hin, dass TMS eine Option sein kann, wenn Epilepsie mit Antiepileptika gut kontrolliert wird, fügt Dr. Altinay hinzu.
Für welche Menschen ist TMS optimal?
TMS richtet sich vor allem an Personen, welche nicht ausreichend auf Antidepressiva ansprechen oder die völlig medikamentenresistent sind, erläutert der Psychiater. Zusätzlich könne eine TMS Menschen helfen, wenn Antidepressiva schwere Reaktionen oder Nebenwirkungen verursachen oder andere vorliegende gesundheitliche Probleme verschlimmern.
Wann keinesfalls TMS angewendet werden sollte
Es gibt jedoch auch Personen, welche keine TMS durchführen lassen sollten. Eine solche Behandlung wird laut dem Experten nicht empfohlen, wenn:
- eine unzureichende kontrollierte Epilepsie vorliegt,
- sich ein metallisches Implantat in der Nähe des Kopfes befindet,
- Betroffene einen Hirntumor oder eine Hirnerkrankung aufweisen,
- oder eine Substanzmissbrauchsstörung vorhanden ist.
Vorteile von TMS gegenüber EKT
Die TMS ähnelt einer sogenannten Elektrokonvulsionstherapie (EKT) für medikamentenresistente Depressionen. Diese beiden Formen der Behandlung mögen sich zwar ähnlich sein, trotzdem bietet TMS mehrere Vorteile.
Beide Verfahren beruhen auf Stimulation, aber EKT verwendet elektrische Energie, um das gesamte Gehirn zu stimulieren. Daher kann man nicht kontrollieren, welcher Bereich des Gehirns stimuliert wird. Diese Form der Stimulation führt in Verbindung mit der erforderlichen Narkose häufig zu einem kurzfristigen Gedächtnisverlust.
Bei der TMS wird dagegen ein Magnetfeld anstelle von elektrischer Energie verwendet und das Gehirn wird nur teilweise stimuliert. Dies geschieht an den Stellen, die wirklich an der Depression beteiligt sind, was mit weniger Nebenwirkungen verbunden ist, so der Experte. Es habe sich sogar gezeigt, dass die TMS das Gedächtnis verbessern kann. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Cleveland Clinic: How Magnets Can Help You Conquer Depression (veröffentlicht 05.11.2021), Cleveland Clinic
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.