Ärzte sollen durchschnittlich 1800 Euro mehr Honorar pro Jahr erhalten
31.08.2012
Wie die der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) am Donnerstag in Berlin mitteilte, soll jeder Arzt zukünftig 1.800 Euro mehr im Schnitt erhalten. Damit sind die Ärzte mit ihrer Forderung nach einer deutlichen Honorarerhöhung gescheitert. Statt der geforderten 11 Prozent sollen sie nur ein Einkommensplus von 0,9 Prozent erhalten. "Insgesamt 300 Millionen Euro erhalten die Ärzten künftig zusätzlich", so der Spitzenverband der Krankenkassen. Die Ärzteverbände sind mit diesem Ergebnis keineswegs zufrieden und drohen mit Protestaktionen.
Ärzteverbände drohen mit Protestaktionen
Im nächsten Jahr sollen niedergelassene Ärzte nach der neuen Regelung insgesamt 270 Millionen Euro mehr erhalten. Das entspricht einem Einkommensplus von durchschnittlich 1.800 Euro pro Jahr, wie der GKV nach den Verhandlungen mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) am Donnerstag in Berlin berichtete.
Der sogenannte Erweiterte Bewertungsausschuss, zu dem Ärzte- und Kassenvertreter sowie drei unparteiische Mitglieder gehören, legte die Vergütungserhöhung fest, nachdem sich Ärzte und Kassen in einem monatelangen Streit nicht einigen konnten. Die KBV-Vertreter sprachen sich zwar gegen den Beschluss des Gremiums aus, dessen Vorsitz der unparteiische Gesundheitsökonomen Jürgen Wasem inne hat, wurden letztendlich jedoch überstimmt. „Das ist nicht das von den Krankenkassen geforderte Ergebnis, aber eine vernünftige Lösung, die den Interessen beider Seiten entgegen kommt“, argumentierte Johann-Magnus von Stackelberg, GKV-Vizechef.
„Eine Erhöhung um niedrige 0,9 Prozent ist mit uns nicht zu machen“, stellte KBV-Chef Andreas Köhler klar. „Seit 2008 wurden Kostensteigerungen und Inflation nicht berücksichtigt. Die Stimmung in der Ärzteschaft ist hochexplosiv." Eine Honorarsteigerung von 11 Prozent sei gerechtfertigt gewesen. Die Verhandlungen seien für Ärzte und Psychotherapeuten mit einem fatalen Resultat beendet worden. „Wer solche Signale aussendet, braucht sich nicht zu wundern, wenn der medizinische Nachwuchs ausbleibt und keine Nachfolger für Landarztpraxen zu finden sind.“ Der KBV-Chef kündigte ein „deutlich wahrnehmbares Zeichen“ an, das am Samstag mit den Verbänden und allen teilnehmenden Ärzten bei einer Sonder-Vertreterversammlung gesetzt werden solle, um zu zeigen, was man von der Entscheidung halte. Da die KBV als Körperschaft des öffentlichen Rechts nicht zu Protestaktionen aufrufen dürfe, sei es sehr wahrscheinlich, dass freie Ärzteverbände entsprechende Aktionen anregen würden, erklärte ein Sprecher der KBV. Zudem wies er daraufhin, dass die KBV möglicherweise beim Sozialgericht Klage einreichen werde.
GKV begrüßt Ergebnis des Erweiterten Bewertungsausschusses
Von Stackelberg befürwortet das Ergebnis der zähen Verhandlungen. Auch die Kassen hätten ihr gefordertes Ergebnis – eine Honorarkürzung um 2,2 Milliarden Euro – nicht erreicht. „Trotz der beeindruckenden Steigerungen der letzten Jahre werden die Honorare der Ärzte weiter steigen, wenn auch nicht in dem Umfang, wie es ihre Verbandsvertreter angestrebt hatten," sagte der GKV-Vizechef. „Für die Beitragszahler bleibt der große Kostenschub aus, den die Eins-zu-eins-Umsetzung der Ärzteforderungen bedeutet hätte.“ Laut Kassenverband hatten die Ärzte im vergangen Jahr 33,3 Milliarden Euro erhalten. Vier Jahre zuvor seien es noch 27,4 Milliarden Euro gewesen.
Jens Spahn (CDU), gesundheitspolitischer Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, hält die Verärgerung der Ärzteschaft für nachvollziehbar: „Ich verstehe den Unmut der Ärzte angesichts des eher mageren Ergebnisses." Die „Rhetorik und Kampagne der Krankenkassen im Vorfeld und während der Verhandlungen“ sei inakzeptabel gewesen. Dadurch werde das Verhältnis zwischen Ärzten und Kassen dauerhaft vergiftet.
Heinz Lanfermann (FDP) hielt sich mit einer Bewertung des Ergebnisses zurück und erklärte gegenüber der Zeitung „Welt“: „Grundsätzlich ist es richtig, dass kein Minus herausgekommen ist." Gleichzeitig warnte er die Ärzteschaft vor schnellen und zu heftigen Protesten. „Ich weiß nicht, ob das der richtige Weg ist, jetzt schon Praxen zu schließen. Es muss nicht sein, dass man jetzt schon zu einem solchen Mittel greift."
Auch der Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach (SPD) appelliert an die Ärzte, den Konflikt nicht zu Lasten der Patienten auszutragen. Es sei unverhältnismäßig, sofort mit Praxisschließung zu drohen. „Es darf nicht sein, dass kranke Menschen nur deshalb nicht zum Arzt gehen können, weil der Streit um einen Honorarzuwachs ungelöst ist." (ag)
Lesen Sie zum Thema:
300 Millionen Euro mehr für Ärzte Honorare
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.