Frühwarnsystem gegen Krankenhauskeime – Mathematiker entwickeln Alarmanlage
28.01.2014
Krankenhauskeime gelten als besonders Widerstandsfähig. Immer wieder kommt es zu schweren Infektionen durch resistente Keime. Experten gehen davon aus, dass an den Infektionen jährlich etwa 15.000 Menschen sterben. Den meisten resistenten Bakterien kann der Einsatz von Antibiotika nichts mehr anhaben, denn sie haben Abwehrstrategien in Form von Enzymen entwickelt, die sie quasi „unverwundbar“ machen. Dabei können sie auch sogenannte Multiresistenzen gegen mehrere Antibiotika ausbilden.
Krankenhäuser sind der ideale Ort für Bakterien
Das eingesetzte Medikament wirkt dann nicht mehr, und ein infizierter Mensch oder ein infiziertes Tier kann an der Bakterien-Infektion mitunter schwer erkranken oder sogar sterben. Vor allem an Orten, wo viele Antibiotika im Umlauf sind wie in Krankenhäusern oder in der Massentierhaltung, bilden sich Resistenzen besonders schnell und stark aus. Mit jedem neuen Medikament, das die Forscher zur Abwehr einsetzen, entwickeln sich Bakterien weiter und bauen ihren Abwehrmechanismus aus. Einer der bekanntesten Krankenhauskeime ist der sogenannte „MRSA“. Schon länger fordern Ärzte, dass nicht nur nach neuen Antibiotika geforscht wird, sondern auch Möglichkeiten zur Eindämmung der Erreger gefunden werden.
Damit neue Erreger effektiv aufgespürt werden, kann eine Überwachung von nur jeder fünften Klinik ausreichen. Das zumindest wollen Mathematiker mit analytischen Berechnungsverfahren herausgefunden haben. Dabei beziehen sich die Forscher auf sogenannte “nosokomiale Infektionen“. Das sind Infektionen, die sich Patienten im Zuge eines Aufenthalts oder einer Behandlung in einem Krankenhaus oder einer Pflegeeinrichtung zuziehen. Die Ergebnisse ihrer Studie haben die Mathematiker in dem Fachmagazin „Proceedings of the National Academy of Science“ veröffentlicht.
Für Mediziner von der Universität Groningen stellt sogar jeder Patient, der in eine andere Klinik verlegt wird, ein Risiko dar, egal ob er erkrankt oder gesund ist. "Selbst wenn der Patient nicht erkrankt ist, können die Erreger auf seiner Haut oder seiner Kleidung haften“, erklärt Tjibbe Donker der an der Universität tätig ist. Besonders Patienten, die oft überwiesen werden, sind mathematisch gesehen der größte Risikofaktor für die Verbreitung von resistenten Erregern.
20 Prozent aller Kliniken reichen als Alarmsystem
Für ihre Studie konzentrierten sich die Forscher auf die Niederlande und Großbritannien. Theoretisch gesehen würden 20 Prozent aller Kliniken ausreichen, um ein solches Warnsystem aufzubauen. Bei streng durchgeführten Kontrollen wären in den meisten Fällen lediglich zwei bis drei Krankenhäuser vom neuen Keim betroffen. "Würden wir dagegen Kliniken nach dem Zufallsprinzip auswählen, müsste man 40 Prozent von ihnen im Blick behalten", erklärt Mathematiker Donker. Das niederländische Gesundheitsministerium zieht in Erwägung, ein solches Warnsystem in einer Region zu erproben. Die Idee eines solchen Frühwarnsytems findet auch Klaus-Dieter Zastrow, Mitglied im Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene, interessant. Er betont jedoch, dass "das Wichtigste im Kampf gegen neue Keime bleibt, sie gar nicht erst entstehen zu lassen". Das „Einhalten von Hygienevorschriften ist dabei unerlässlich“.
Häufig kommt es in Folge von Krankenhauskeim-Infektionen zu Blutvergiftungen, Lungenentzündungen und Wundinfektionen. Die Bakterien lassen sich an Türklinken, Kitteln und Essenstabletts nachweisen. Oft überleben sie unentdeckt wochenlang. (fr)
Bild: Dr. Karl Herrmann / pixelio.de
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