Jahrbuch Sucht: Die Deutschen trinken noch immer viel zu viel
Die Menschen in Deutschland trinken überdurchschnittlich viel Alkohol. Im Schnitt konsumiert jeder Bundesbürger pro Jahr fast 134 Liter alkoholischer Getränke, so viel wie in eine Badewanne passt. Zu diesem Ergebnis kommt die Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) im aktuellen „Jahrbuch Sucht“. Die Experten sprechen sich dafür aus, Maßnahmen zur Reduzierung des Alkoholkonsums zu ergreifen.
Alkohol schadet der Gesundheit
Ein hoher Alkoholkonsum schadet der Gesundheit. Dauerhaft zu viel zu trinken, kann Experten zufolge alle Organe des Körpers schädigen. Durch Alkohol erhöht sich das Risiko für zahlreiche Krankheiten wie Bluthochdruck, Herzrhythmusstörungen, Herzschwäche, Fettleber, Nervenschäden sowie verschiedene Krebsarten wie Darmkrebs. Dennoch ist für viele Menschen ein geselliger Abend mit Freunden oder ein Kneipenbesuch ohne alkoholische Getränke fast nicht vorstellbar. Schon vor Jahren zeigte sich in Untersuchungen, dass der Alkoholkonsum in Deutschland viel zu hoch ist. Leider gibt es hier „Keine Änderung“, wie die Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) berichtet: „In Deutschland wird viel zu viel getrunken“, schreiben die Experten.
Konsum auf sehr hohen Verbrauch gesunken
Zwar sinkt der Alkoholkonsum in Deutschland, doch nur von einem extrem hohen zu einem sehr hohen Verbrauch. Das geht aus dem neuen „Jahrbuch Sucht 2018“ hervor, das gerade von der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) veröffentlicht wurde.
Im Jahr 2015 betrug der Alkoholkonsum demnach 10,7 Liter Reinalkohol pro Bundesbürgerin oder -bürger im Lebensalter ab 15 Jahren.
Der Gesamtverbrauch an alkoholischen Getränken sank im Jahr 2016 gegenüber dem Vorjahr um 1,25 Prozent auf 133,8 Liter pro Kopf der Bevölkerung.
Auf den gesamten Alkoholkonsum, gemessen in Reinalkohol pro Kopf, entfallen 5,0 Liter auf Bier, 2,3 Liter auf Wein, 1,8 Liter auf Spirituosen und 0,4 Liter auf Schaumwein.
Alkohol verringert die Lebensqualität und verkürzt die Lebenszeit
Alkohol ist kein Heilmittel, im Gegenteil: Er verringert die Lebensqualität und verkürzt drastisch die Lebenszeit. Je weniger Alkohol getrunken wird, desto geringer die Gefahr für Krebs- und Kreislauferkrankungen.
Zwar gab es hierzulande – wie auch in anderen Nationen – einen geringen Konsumrückgang zu verzeichnen, dennoch kann keine Entwarnung gegeben werden.
Ein hoher Alkoholkonsum ist mit der Lebenserwartung und der Krankheitslast für Deutschland eng verknüpft. „Alkoholtrinken gehört neben Tabakrauchen, Bewegungsmangel und unausgewogener Ernährung zu den TOP 4 der Verhaltensweisen, die die Gesundheit ruinieren“, schreibt die DHS.
Alkoholkonsum führt im Leben besonders früh zum Tod und wurde daher als gefährlich klassifiziert. 200 Krankheiten werden durch den Konsum mitverursacht. Trotzdem wird Alkohol als attraktiv vermarktet.
In Deutschland sind dementsprechend die sozialen Normen zu alkoholorientiert und die Alkoholwerbung ein Problem für die Gesundheit aller. „Ziel muss die Senkung des Alkoholkonsums der ganzen Nation sein“, so die DHS.
Kinder leiden am meisten unter Passivtrinken
Die Experten fordern zudem einen wirksamen Schutz für Unbeteiligte, denn: „Passivtrinken beeinträchtigt auch Unbeteiligte massiv in nahezu allen Lebensbereichen.“
Laut DHS leiden Angehörige und Kinder am meisten unter Passivtrinken. Dramatisch ist das Passivtrinken demnach für Ungeborene und Kinder.
Nach einer aktuellen europaweiten Studie trinken mehr als ein Viertel der Frauen in Deutschland in der Schwangerschaft Alkohol.
Pro Jahr sind in Deutschland 10.000 Kinder schon bei ihrer Geburt alkoholgeschädigt – geistig und körperlich („Fetale Alkohol-Spektrum Störung“ FASD). Diese Schädigungen sind nicht reversibel, viele von ihnen brauchen lebenslange Betreuung.
Insgesamt gehen Experten von rund 1,5 Millionen Menschen mit einer FASD in Deutschland aus. Fazit: Es gibt für Schwangere keine unbedenkliche Menge Alkohol.
Die DHS spricht sich für einen „Schutz von Jugendlichen, Kindern und des Kindes im Mutterleib“ aus. Erreicht werden könne dieser unter anderem durch Präventionsmaßnahmen wie Preiserhöhungen.
Konsum von Pfeifentabak hat stark zugenommen
Neben Alkoholkonsum wird auch das Rauchen im „Jahrbuch Sucht“ besonders hervorgehoben.
Der Verbrauch von Zigaretten und von Pfeifentabak ist laut DHS 2017 wieder gestiegen: In Deutschland wurden 75.838 Millionen Zigaretten konsumiert. Im Vergleich zu 75.016 Millionen Stück im Vorjahr entspricht dies einer Erhöhung um 1,1 Prozent.
Außerordentlich stark zugenommen hat der Konsum von Pfeifentabak. Der Anstieg von 2.521 Tonnen im Jahr 2016 auf 3.245 Tonnen in 2017 entspricht 28,7 Prozent.
Illegale Drogen
Basierend auf den aktuellsten Bevölkerungssurveys des Jahres 2015 haben in Deutschland etwa 479.000 Jugendliche im Alter von zwölf bis 17 Jahren sowie 14,4 Mio. Erwachsene im Alter von 18 bis 64 Jahren zumindest einmal in ihrem Leben eine illegale Droge konsumiert.
Nach wie vor ist Cannabis in allen Altersgruppen die am weitesten verbreitete illegale Droge und wurde von 7,3 Prozent der 12- bis 17-jährigen Jugendlichen und 6,1 Prozent der 18- bis 64-jährigen Erwachsenen im Zeitraum der letzten zwölf Monate konsumiert.
Doch die legalen Drogen Alkohol, Tabak und Medikamente sind für den größten Teil der Suchtproblematik in Deutschland verantwortlich.
Laut DHS müssen Verhaltens- und Verhältnisprävention flächendeckend und kontinuierlich eingesetzt werden, damit Deutschland endlich die internationalen Spitzenplätze im gesundheitsschädlichen Konsum legaler Drogen verlässt. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
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Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.