Legale Droge: Deutschland hat ein Alkoholproblem
25.06.2014
Bezüglich Alkohol ist Deutschland eine Problem-Nation. Wie das Statistische Bundesamt anlässlich des Weltdrogentages ausgerechnet hat, starben 2012 hierzulande 14.551 Menschen an den Folgen übermäßigen Alkoholkonsums. Das sind fast viermal so viele Tote wie im Straßenverkehr.
Viermal so viele Opfer wie im Straßenverkehr
Wie das Statistische Bundesamt anlässlich des Internationalen Weltdrogentages an diesem Donnerstag (26. Juni) ausgerechnet hat, starben 2012 in Deutschland 14.551 Menschen an den Folgen übermäßigen Alkoholkonsums. Im selben Jahr kamen 3.827 Menschen bei Verkehrsunfällen zu Tode, teilten die Statistiker am Dienstag mit. Damit fordert das Saufen hierzulande fast viermal so viel Opfer wie der Straßenverkehr. Es sei gar nicht so leicht, die Zahl der Alkoholtoten aus der Todesursachenstatistik herauszufinden. Für ihre „Zahl der Woche“ mussten sich die Statistiker Rat bei einem Expertengremium holen. Dieseslistet mehr als zwei Dutzend alkoholbedingte Todesursachen auf – von Alkohol-Gastritis bis hin zu Zirrhose.
Todesfälle vor allem durch Leberschäden
Generell bringt Alkoholkonsum zahlreiche gesundheitliche Probleme mit sich. So kann er unter anderem zu Bluthochdruck, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Fettstoffwechselstörungen oder Osteoporose führen. Auch ein erhöhtes Risiko für manche Krebsarten geht damit einher und durch die Schwächung des Immunsystems steigt die Anfälligkeit für Infektionskrankheiten. Die häufigste Todesursache bei Alkoholikern waren laut dem Bundesamt mit 7.812 Fällen Leberschädigungen. Die Bauchspeicheldrüse ist am zweithäufigsten betroffen. Doch auch Herzmuskel, Lunge oder Nervensystem können so stark geschädigt werden, bis sie versagen. Bei fast 4.000 Toten wurde lediglich „Abhängigkeitssyndrom“ als Ursache genannt. Bei dieser Diagnoseziffer werden alle möglichen Alkohol-Folgeschäden – bis hin zum Suizid – unspezifisch verschlüsselt.
Trinker und Raucher sind die Drogentoten in Deutschland
Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) geht von einer höheren Zahl der Alkohol-Toten aus. Das Statistische Bundesamt zählt nur jene Todesfälle, bei denen der Arzt einen Zusammenhang mit Alkohol erkennt und auf dem Totenschein notiert hat. Eine Studie der Universität Greifswald wählte 2002 hingegen einen weiteren Blickwinkel und kam auf fast 80.000 Alkoholtote pro Jahr. Unabhängig davon, ob es 15.000 oder 80.000 sind: „Trinker und Raucher – das sind die Drogentoten in Deutschland. Danach kommt lange nichts“, so Raphael Gaßmann, Geschäftsführer der DHS im westfälischen Hamm, laut einer dpa-Meldung. „Deutschland ist ein führendes Land beim Alkohol-Konsum und daher auch eine Alkohol-Problem-Nation.“
In Deutschland wird mehr getrunken als in anderen Ländern
Der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge wird in Deutschland viel mehr getrunken als in anderen Ländern. So konsumiert jeder Deutsche im Alter von über 15 Jahren durchschnittlich 11,8 Liter reinen Alkohol im Jahr, das entspricht rund 500 Flaschen Bier. Mit 6,2 Litern an reinem Alkohol liegt der Alkoholkonsum weltweit noch nicht einmal halb so hoch. Und auch in Europa liegt der Schnitt mit 10,9 Litern reinem Alkohol jährlich niedriger. Für den Suchtexperten Gaßmann ist die Hauptursache der niedrige Preis. In Deutschland könne man sich schon für den Gegenwert eines Taschengeldes tottrinken. Zudem werde es den Süchtigen hierzulande leicht gemacht, indem Alkohol an Kiosken oder Tankstellen rund um die Uhr verfügbar sei. Außerdem dürfen Hersteller hier für Alkohol werben und der Jugendschutz stehe oft nur auf dem Papier.
Männer trinken doppelt soviel wie Frauen
Gaßmann meint, dass bei all diesen Punkten etwas gemacht werden könnte, so dass weniger Menschen an Alkohol sterben: Steuern erhöhen, Werbung verbieten, kein Verkauf nachts und kein Alkohol für Jugendliche. „Ich bin sicher, wenn wir den gleichen Weg gingen wie beim Tabak, hätten wir bald weniger Alkoholtote.“ Vor allem Männern könnte dass das Leben retten, da diese der WHO zufolge mehr als doppelt so viel trinken wie Frauen. Laut dem Statistischem Bundesamt waren von den gut 14.500 Alkohol-Toten des Jahres 2012 knapp 11.000 männlich. Der DHS bereitet zudem ein neues „Konsummuster“ Sorgen, vor allem bei Jugendlichen: Dabei wird unter der Woche kaum Alkohol konsumiert, doch am Wochenende wird „Komasaufen“ zum Freizeitspaß.
Millionen Deutsche mit Alkoholproblemen
Bier macht laut der WHO in Deutschland mehr als die Hälfte des Konsums aus, gefolgt von Wein (28 Prozent) und harten Getränken (18 Prozent). 7,4 Millionen Erwachsene hierzulande haben laut Epidemiologischem Suchtsurvey Alkoholprobleme. Demnach weisen 4,02 Millionen einen riskanten Alkoholkonsum auf, weitere 1,61 Millionen einen Alkoholmissbrauch und 1,77 Millionen Erwachsene sind alkoholabhängig. Doch es gibt auch gute Nachrichten: Konsum und Todesfälle sind leicht rückläufig So lag laut WHO der Pro-Kopf-Verbrauch von Alkohol in Deutschland vor zehn Jahren noch rund einen Liter höher. Und auch die Zeitreihe beim Statistischen Bundesamt zeigt, dass heute etwas weniger Menschen an alkoholbedingten Krankheiten sterben als vor zehn Jahren, wo es noch zwischen 16.000 und 17.000 Alkoholtote jährlich gab. Der Pro-Kopf-Konsum in Deutschland werde zukünftig sinken, meint die WHO. (ad)
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