Forschung: Genetische Grundlagen von Alkoholabhängigkeit untersucht
Gesundheitsexperten zufolge gelten etwa 1,3 Millionen Menschen in Deutschland als alkoholabhängig. Meist entwickelt sich die Alkoholsucht schleichend über viele Jahre hinweg. Doch was bringt die Menschen dazu, zu viel zu trinken? Wie sich in wissenschaftlichen Untersuchungen zeigte, sind mitunter auch die Gene mitverantwortlich dafür.
Hoher Alkoholkonsum gefährdet die Gesundheit
Obwohl bekannt ist, dass ein hoher Alkoholkonsum das Risiko für zahlreiche Krankheiten wie Bluthochdruck oder Fettleber erhöht, trinken die Menschen hierzulande überdurchschnittlich viel Alkohol. Rund 1,3 Millionen Menschen in Deutschland gelten sogar als alkoholabhängig. Doch wie kommt es zum Alkoholismus? Schwedische Forscher stellten schon vor Jahren fest, dass Alkoholabhängigen ein bestimmtes Enzym zur Kontrolle ihrer Sucht fehlt. Deutsche Wissenschaftler haben nun die genetischen Grundlagen von Alkoholsucht untersucht.
Wenn es nicht mehr ohne Alkohol geht
„Eine Alkoholabhängigkeit entwickelt sich meist schleichend über viele Jahre hinweg“, schreibt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) auf ihrem Portal „Kenn dein Limit“.
„Die Anzeichen für eine krankhafte Alkoholsucht sind jedoch klar erkennbar“, heißt es dort weiter.
Symptome einer beginnenden Alkoholabhängigkeit sind demnach häufiges Denken an Alkohol, steigender Alkoholkonsum, Streitigkeiten in der Familie, nachlassende Leistungsfähigkeit, eventuelle Geldknappheit und Verlust an Lebensfreude.
„Wer sich frühzeitig entschließt, das Problem Alkohol ernst zu nehmen, hat gute Chancen eine Abhängigkeit zu umgehen“, so die Experten.
Doch wie kommt es überhaupt zu der Sucht? Neben verschiedenen anderen Ursachen wie psychologischen und soziokulturellen Faktoren spielen hier auch die Gene eine Rolle.
Zusammenhänge zwischen Alkoholabhängigkeit und psychiatrischen Störungsbildern
Die Anfälligkeit eines Menschen, alkoholabhängig zu werden, ist auch vererbbar.
Dies ist zwar schon länger bekannt, dennoch ist nur wenig über die genetischen Grundlagen von Alkoholabhängigkeit und deren Verbindung zu anderen psychiatrischen Störungen bekannt.
Eine Gruppe von internationalen Wissenschaftlern hat nun unter Beteiligung von Forschern des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit (ZI) in Mannheim erstmals herausgefunden, dass deutliche genetische Zusammenhänge zwischen Alkoholabhängigkeit und 17 verschiedenen psychiatrischen Störungsbildern bestehen.
Wie das ZI in einer Mitteilung schreibt, sind darunter unter anderem Schizophrenie, Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS), Depression und der Konsum von Zigaretten und Cannabis.
Die Ergebnisse wurden im Fachmagazin „Nature Neuroscience“ veröffentlicht.
Daten von fast 15.000 Personen analysiert
Um zu ihren Ergebnissen zu gelangen, haben die Forscher die bisher größte genomweite Studie in diesem Forschungsfeld durchgeführt.
Dafür analysierten sie genetische Daten von fast 15.000 Personen mit diagnostizierter Alkoholabhängigkeit und verglichen diese mit Daten von fast 38.000 gesunden Personen.
Den Angaben zufolge stammen die Daten von Menschen aus Europa und Afrika.
Unterscheidung zwischen pathologischem und nicht-pathologischem Trinkverhalten
Zudem fanden die Wissenschaftler heraus, dass sich die genetischen Ausprägungen von Alkoholabhängigkeit nur teilweise mit denen des Alkoholkonsums überschneiden.
„Das unterstreicht die Unterscheidung zwischen pathologischem und nicht-pathologischem Trinkverhalten“, erklärte Prof. Dr. Marcella Rietschel, Direktorin der Abteilung Genetische Epidemiologie in der Psychiatrie, die an der Studie beteiligt war.
„Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass der genetische Ansatz erfolgreich ist, Zusammenhänge aufzuklären, die bislang nur vermutet werden konnten“, so Rietschel.
„Nun sind vor allem detailliertere Untersuchungen von vielen Patienten von Nöten, um herauszufinden, wie genau die genetischen Faktoren dazu beitragen, dass jemand abhängig wird“, sagte Prof. Dr. Falk Kiefer, ärztlicher Direktor der Klinik für Abhängiges Verhalten und Suchtmedizin am ZI.
Auf diese Weise hoffen die Forscher, bessere Wege zu finden, um die Widerstandskraft (Resilienz) von Betroffenen zu stärken. (ad)
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