Ärzte können Erkrankten helfen, wieder ein normales Leben zu führen
Einer der Patienten der Klinik für Dermatologie und Venerologie des Universitätsklinikums Freiburg litt schon seit einem Jahr immer wieder unter schmerzhaften Schwellungen an den Oberschenkeln, den Unterarmen und dem Gesäß. Die handtellergroßen und teilweise sehr schmerzhaften Schwellungen juckten durchgehend sehr stark. Der betroffene Patient hatte immer das Verlangen sich an den geschwollenen Stellen zu kratzen. Manchmal bildeten sich kleine Bläschen auf den Schwellungen. Der Mann hatte bereits erfolglos etliche andere Ärzte aufgesucht, bevor er das Universitätsklinikum Freiburg aufsuchte.
Zu einem bestimmten Zeitpunkt begannen die Schwellungen so stark zu schmerzen, dass der Betroffene nicht mehr für längere Zeit sitzen konnte. Aus diesem Grund ist er schon seit mehreren Monaten krankgeschrieben. Der Patient arbeitete normalerweise in einem Bürojob. Es wurde bereits darüber nachgedacht, ob der jetzt Ende 50 Jahre alte Mann nicht besser in Frührente gehen sollte. Natürlich belastete den Erkrankten diese Überlegung noch zusätzlich, erläutern die Experten des Universitätsklinikums Freiburg in einer Pressemitteilung.
Therapie mit Antibiotika blieb erfolglos
Zunächst hatten die Mediziner versucht, eine mögliche bakterielle Infektion durch eine Therapie mit Antibiotika zu behandeln. Allerdings blieb diese Art der Behandlung ohne Erfolg. Die Experten konnten auch beobachten, dass sich ab und zu Quaddeln auf der Haut des Patienten bildeten. Diese ähnelten vom Aussehen her Mückenstichen. Die Quaddeln gaben den Medizinern Grund zur Hoffnung. Könnte es etwa einen Zusammenhang zwischen dem Auftreten von großflächigen Schwellungen und den punktuellen Hauterhebungen geben?
Quaddeln sind typisches Zeichen für eine Nesselsucht
Der Patient wurde in der Abteilung der Allergologie-Ambulanz der Hautklinik untersucht. Dort konnten die Mediziner feststellen, dass die Quaddeln ein typisches Zeichen für eine sogenannte Urtikaria waren. Diese Erkrankung wird auch als Nesselsucht bezeichnet, erläutert Dr. Sabine Müller die Funktionsoberärztin an der Klinik für Dermatologie und Venerologie des Universitätsklinikums Freiburg. Allerdings schienen die Bläschen für die Erkrankung nicht richtig ins Bild zu passen, fügt die Medizinerin hinzu.
Was versteht man unter Nesselsucht?
Die sogenannte Nesselsucht bezeichnet eine der am häufigsten auftretenden Hauterkrankungen. Ungefähr jeder vierte Mensch erkrankt irgendwann in seinem Leben mindestens einmal an dieser Hautkrankheit. Trotzdem gestaltet sich eine kausale Behandlung meist schwierig. Denn leider können die Ursachen der Nesselsucht nur sehr schwer festgestellt werden. Auftretende Symptome der Krankheit umfassen beispielsweise Hautausschläge, Quaddeln und Juckreiz.
Ursachen für Nesselsucht
Die Ursachen für die Nesselsucht können viele verschiedene Gründe haben. Eine auftretende Unverträglichkeit gegenüber Lebensmittelzusatzstoffen, eine bakterielle oder eine Virusinfektion können Gründe für die Erkrankung sein. Außerdem können auch physikalische Reize wie Druck, Kälte und Licht die Nesselsucht entstehen lassen, erläutern die Autoren.
Botenstoff Histamin löst Schwellungen und Juckreiz aus
All diese Faktoren bewirken dann, dass Mastzellen in der Haut den sogenannten Botenstoff Histamin freisetzen. Durch den Botenstoff entsteht dann ein starker Juckreiz und eine Erweiterung der Blutgefäße tritt ein. Dadurch kann es zu Schwellungen und Rötungen der Haut kommen, erläutern die Experten.
Schwellungen des Patienten bei Druck auf die Haute
Der Fall des Erkrankten unterschied sich aber in einem Faktor komplett von einer typischen Nesselsucht. Der Patient hatte den Ärzten bei der Untersuchung erzählt, dass die Schwellungen besonders schlimm und schmerzhaft werden, wenn der Betroffene eine längere Zeit am Schreibtisch gesessen hatte. Dadurch konnten die Mediziner erkennen, dass Schwellungen da auftraten, wo Druck auf die Haut ausgeübt wurde.
Ärzte testen mit einem Gewicht die Auswirkung von Druck auf die Haut
Die Ärzte des Universitätsklinikums Freiburg begannen daraufhin, dem Patienten für einen Zeitraum von zehn Minuten ein zehn Kilogramm schweres Gewicht über die Schulter zu hängen. Danach nahmen die Mediziner das Gewicht wieder ab und untersuchten die Haut mehrere Stunden lang auf Schwellungen.
Extrem starker verzögerte druckabhängige Nesselsucht
Eine sehr lange Zeit war nichts zu beobachten. Aber sechs Stunden nach der Belastung durch das Gewicht, entwickelten sich die typischen Schwellungen. Diese sahen genauso aus, wie die Schwellungen, die an Armen, Beinen und Po auftraten, erläutert Dr. Müller. Damit war bewiesen, dass es sich um eine verzögerte druckabhängige Nesselsucht handelte. Die dabei auftretenden Bläschen waren offenbar die Folge einer ausgeprägten Schwellung bei extrem starken Nesselsucht, fügt Dr. Müller hinzu.
Mediziner verwenden schließlich eine Antikörper-Therapie
Nach dieser Erkenntnis begannen die Mediziner mit der üblichen Therapie bei sogenannter Druckurtikaria. Allerdings wollte sich bei dieser Behandlungsmethode kein wirklicher Erfolg einstellen. Zu diesem Zeitpunkt wurde auch die spontane Nesselsucht des Patienten stärker und seine Quaddeln nahmen zu, sagen die Autoren. Tatsächlich bedeutete diese Entwicklung der Erkrankung aber so etwas wie Glück im Unglück für den Erkrankten. Es war den Medizinern jetzt möglich, eine Behandlungsmethode einzusetzen, die normalerweise bei einer Druck-Nesselsucht nicht zugelassen ist. Diese Antikörper-Therapie kann verhindern, dass die Mastzellen zu stark aktiviert werden und somit die Nesselsucht verursachen, erklären die Mediziner.
Antikörper-Therapie zeigt schnell Erfolge
Die Behandlung zeigt schnell Erfolge. Bereits nach dem Zeitraum von einer Woche war der Patient wieder komplett frei von gesundheitlichen Beschwerden. Aber die Krankheit ist leider nicht vollständig besiegt. Alle vier Wochen muss sich der Erkrankte Antikörper unter seine Haut spritzen, ansonsten kehrt die Krankheit wieder zurück, so die Mitteilung des Freiburger Uniklinikums.
Patient kann wieder arbeiten und ein ganz normales Leben führen
Der betroffene Patient kann aber gut mit dieser geringen Einschränkung leben. Es ist ihm mittlerweile wieder möglich seinen Beruf auszuüben und der Mann hat sogar schon mehrere Fernreisen unternommen, erklären die Mediziner. Durch die neue Art der Behandlung könne die Krankheit den Betroffenen jetzt nicht mehr von einem normalen Leben in unser Gesellschaft abhalten. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.