Asthma durch einen Schimmelpilz?
Weitverbreitete Schimmelpilze scheinen mit der Entstehung von Asthma in Verbindung zu stehen. Jetzt wurde ein neuer Mechanismus identifiziert, wie gewöhnliche Schimmelpilze Asthma auslösen können. Dafür greift der Pilz die schützende Gewebebarriere tief in unserer Lunge an.
Bei der aktuellen Untersuchung der University of Wisconsin-Madison wurde festgestellt, wie gewöhnliche Aspergillus-Schimmelpilze Asthma auslösen können. Die Ergebnisse der Studie wurden in der englischsprachigen Fachzeitschrift „Cell Host and Microbe“ publiziert.
Pilz greif Gewebebarriere an
Sogenannte Aspergillus-Schimmelpilze lösen Asthma aus, indem sie die schützende Gewebebarriere tief in der Lunge angreifen. Sowohl bei Mäusen als auch beim Menschen war als starke Reaktion auf diese anfängliche Schädigung eine Überreaktion auf zukünftige Schimmelpilzexposition und die für Asthma charakteristischen verengten Atemwege festzustellen.
Schimmelpilze häufig an einer Asthmareaktionen beteiligt
Die Empfindlichkeit gegenüber Schimmelpilzen ist für ein Viertel bis die Hälfte der Asthmareaktionen verantwortlich, so dass die Verhinderung von allergischen Reaktionen des Körpers auf Schimmelpilze die Belastung durch die Krankheit deutlich verringern könnte, betonen die Forschenden.
Wieso zeigen manche eine asthmatische Reaktion?
Aspergillus ist allgegenwärtig und wir atmen mit jedem Atemzug Sporen ein, berichten die Forschenden. Bei der Untersuchung sollte festgestellt werden, wie diese ansonsten harmlosen Schimmelpilze einige Personen dafür sensibilisieren, eine starke, asthmatische Reaktion auf ihre Sporen zu entwickeln.
Welche Rolle spielt das Lungenallergen Alp1?
Schimmelpilze sezernieren bestimmte Enzyme, um Proteine in ihrer Umgebung zu verdauen. Ein solches Enzym, eine Protease mit der Bezeichnung Alp1, ist ein bekanntes Lungenallergen, welches in großen Mengen von Aspergillus-Schimmelpilzen abgesondert wird. Trotzdem ist der Vorgang, wie Alp1 genau Asthma auslöst, seit Jahren ein Rätsel.
Löst Alp1 allergische Reaktionswege aus?
Die Forschenden untersuchten, ob Alp1 eine Reihe von bekannten allergischen Reaktionswegen im Körper auslösen könnte. Es wurden jedoch keine Beweise dafür gefunden, dass Aspergillus Alp1 diese allergischen Reaktionen aktivierte, die oft auf einzigartige Signaturen von schädlichen Mikroorganismen folgen.
Aspergillus ist eigentlich kein primärer Krankheitserreger
Die Vorstellung, dass diese allgegenwärtigen Pilze, die keine primären Krankheitserreger sind, hochspezifische Komponenten entwickelt haben könnten, war für die Forschenden wenig einleuchtend. Es schien wahrscheinlicher, dass diese Proteasen, die man in die Lunge einatmet, einfach nur Schäden verursachen, so das Forschungsteam. Das erste, mit dem sie dabei in Wechselwirkung treten, seien die sogenannten Epithelzellen.
Reaktion der Lungenepithelzellen untersucht
Die Forschenden untersuchten also, welche der zehn Arten von Lungenepithelzellen, aus denen die Lungenoberfläche besteht, am stärksten auf die Schädigung durch Alp1 reagierten. Dabei konzentrierten sie sich auf sogenannte Keulenzellen, welche ehemals als Clara-Zelle bezeichnet wurden. Die Keulenzellen befinden sich hauptsächlich in den Bronchiolen. Keulenzellen sind dafür bekannt, dass sie versuchen, Schadstoffe aus der Lunge zu entfernen, so dass eine Beteiligung bei der Reaktion auf Umweltangriffe wie Schimmelpilze logisch scheint.
Alp1 griff die Lungenbarriere an
Wie alle Lungenzellen binden sich die Keulenzellen eng an ihre Nachbarn und bilden so eine Barriere zwischen der Lunge und dem Rest des Körpers. Diese Verbindungen bestehen aus Proteinen, welche Alp1 anzugreifen und zu verdauen scheint. Wurden Mäuse Alp1 ausgesetzt, wurde die Lungenbarriere undicht, ein Beweis dafür, dass Alp1 diese Zellverbindungen unterbrach.
TRPV4 spielt eine wichtige Rolle für Empfindlichkeit gegenüber Alp1
Ein Gens namens TRPV4, welches die Menge des vom Körper produzierten TRPV4-Proteins erhöht, wurde bereits in der Vergangenheit mit schimmelpilzempfindlichem Asthma bei Kindern in Verbindung gebracht. Mäuse produzieren ebenfalls das Protein. Als die Forschenden das Gen in den Keulenzellen der Mäuse entfernten, waren die Tiere viel weniger empfindlich gegenüber Alp1. Wenn die Keulenzellen dazu gebracht wurden, mehr TRPV4 zu produzieren, waren die Mäuse überempfindlich gegen das Schimmelpilzenzym.
Was bewirkt TRPV4?
TRPV4 registriert physikalische Veränderungen in einer Zelle und setzt eine Welle von Kalzium frei, die dann von anderen Zellbestandteilen wahrgenommen wird. Kalzium ist ein übliches Zellsignal, aber es gab in der Vergangenheit kaum Hinweise darauf, dass Kalzium bei der Entstehung von Asthma eine Rolle spielt.
Die Forschenden nehmen an, dass Alp1 die Pfade zwischen den Lungenzellen angreift, was die Zellen anstößt. TRPV4 spürt diese Bewegung und sendet Signale, welche helfen, die Schäden an der wichtigen Lungenbarriere zu reparieren. Bei Mäusen oder Menschen mit zusätzlichem TRPV4 ist diese Reaktion stark genug, um im Körper eine Überreaktion auszulösen. Diese übermäßige Reaktion bereitet die Lunge darauf vor, beim nächsten Kontakt mit Alp1 (zu) stark zu reagieren. Die daraus resultierende Entzündung führt zu Asthma, so das Fazit des Forschungsteams. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Darin L. Wiesner, Richard M. Merkhofer, Carole Ober, Gregory C. Kujoth, Mengyao Niu et al.: Club Cell TRPV4 Serves as a Damage Sensor Driving Lung Allergic Inflammation, in Cell Host and Microbe (Veröffentlicht 03.03.2020), Cell Host and Microbe
Wichtiger Hinweis:
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