Europäische Forscher entwickeln neuen Grippeimpfstoff
29.07.2011
Forscher arbeiten an einem neuen Grippeimpfstoff, der anderes als bisherige Impfstoffe vor den verschiedensten Grippeviren schützen soll. Bisher boten Grippeimpfstoffe nur gegen einzelne Virustypen einen effizienten Schutz. Lediglich durch die Kombination verschiedener Wirkstoffe konnte ein Schutz vor den unterschiedlichen Influenza-Viren erreicht werden. Da die Influenza-Erreger jedoch äußerst schnell mutieren, mussten auch die Grippeimpfstoffe jährlich angepasst werden.
Nun hat ein internationales Forscherteam mit Wissenschaftlern aus der Schweiz, Großbritannien und den Niederlanden einen Antikörper entdeckt, der als eine Art Allzweckwaffe vor sämtlichen Grippeviren schützen soll. Die identifizierten Antikörper haben im Rahmen von Tierversuchen an Mäusen und Frettchen bereits ihre Wirksamkeit unter Beweis gestellt, berichten die Forscher um Davide Corti vom Institute for Research in Biomedicine im schweizerischen Bellinzona in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „Science“. Da die Antikörper ihre Wirkung bei allen Influenza-Stämmen entfalten, könnte ein daraus entwickelter Impfstoff über Jahre vor sämtlichen Grippeviren schützen, so das Fazit der Forscher.
Neuer Antikörper gegen Influenza entdeckt
Seit Jahren forschen Wissenschaftler an Grippeimpfstoffen, die als Allzweckwaffen gegen alle Influenza-Viren ihre Wirksamkeit entfalten sollen. Das Team europäischer Wissenschaftler konnte hierbei nun erste Erfolge erzielen. Im Rahmen ihrer Studie gelang es den Forschern um Davide Corti mit Hilfe eines neuen Verfahrens bei einem Patienten den extrem seltenen Antikörper F16 identifizieren, der gegen beide großen Influenza-A-Stämme wirken soll. Aufgrund seiner besonderen Struktur an der Virusbindungsstelle ist der neu entdeckte Antikörper dazu in der Lage, an sämtlichen Viren der Influenza-A-Stämme anzudocken, um dort seine Wirkung zu entfalten, berichten die Forscher in dem aktuellen „Science“-Artikel. Laut Aussage der Wissenschaftler bindet der Antikörper dabei an einer Stelle der Viren-Außenhülle, die sich im Rahmen von Mutationen nur wenig verändert, so dass ein entsprechender Impfstoff auch vor neuen Influenza-A-Viren schützen würde. Die Influenza-A-Stämme bilden den Großteil der gewöhnlichen Grippeviren.
Antikörper könnte als Allzweckimpfstoff gegen Influenza-A-Stämme dienen
Die Grippeviren nutzen spezielle Proteine, um an den Zellen des menschlichen Organismus anzudocken und die Zellen anschließend für die eigene Vermehrung zu nutzen. Bei den Influenza-A-Stämme dient das Protein Hämagglutinin den Grippeviren, um an die entsprechenden Rezeptoren der Wirtszelle zu binden. Die Antikörper nutzen eben dieses Protein, um an den Viren anzudocken und die Viren zu zerstören, berichten die Wissenschaftler. Doch die Grippeviren verändern ihre Struktur relativ schnell, wobei oftmals auch die Struktur des Hämagglutinins betroffen ist, so dass die bisherigen Antikörper ihre Wirkung verlieren. Damit konnten auch die Grippe-Impfstoffe nur über einen begrenzten Zeitraum vor den Erregern schützen, erklärten die Experten. Bei Bedarf waren die Grippeschutzimpfungen jährlich zu erneuern. Die Wissenschaft sucht daher seit Jahren nach langfristig wirksamen Antikörpern, um daraus einen Allzweckimpfstoff gegen Influenza zu entwickeln. Doch die Chancen einen Antikörper zu identifizieren, der gegen zahlreiche verschiedene Grippeviren wirkt, galten bislang als äußerst gering. Dem europäischen Forscherteam ist nun jedoch eben dies gelungen. Der extrem seltene Antikörper F16 soll vor sämtlichen Grippeviren der Influenza-A-Stämme schützen.
Forschung im Bereich der Universal-Impfstoffe gegen Influenza
Bei der Suche nach einem Universal-Impfstoff gegen sämtliche Influenza-Viren hatten britische Forscher um Sarah Gilbert vom Jenner Institute bereits im Februar dieses Jahres erste Erfolge gemeldet, wobei sie jedoch einen anderen Ansatz verfolgten als die Wissenschaftler um Davide Corti in ihrer aktuellen Untersuchung. Die britischen Forscher entwickelten eine neuartige Vakzine (Impfstoff), die anders – als bisherige Impfstoffe – die Grippe-Erreger im Inneren des Virus angreift und so einen langfristigen Schutz gegen sämtlichen Grippe-Viren biete, berichteten Sarah Gilbert und Kollegen Anfang Februar. Der von den britischen Forschern entwickelte Wirkstoff soll nicht an der Oberfläche der Viren andocken, sondern setzt laut Aussage der Forscher bei zwei Proteinen im Kern der Grippe-Erreger an. Da diese Proteine ein wesentlicher Bestandteil aller Grippe-Viren seien, könne der Impfstoff als Generalserum gegen sämtliche Influenza Gattungen wirken, so die Hoffnung der britischen Wissenschaftler. (fp)
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Sabine Holzke / pixelio.de
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