Nächtliche Alpträume können das Leben zur Qual machen
Der Sturz in unendliche Tiefe oder ein bedrohlicher Verfolger, der immer näher kommt: Wohl jeder ist schon mal aus einem schlimmen Alptraum erwacht. Nicht immer ist es damit vorbei. Die nächtlichen Horrortrips können in manchen Fällen auch den Tag zur Hölle machen.
Wenn sich häufig Gruselszenarien abspielen
Jeder Mensch kennt Alpträume bei denen beispielsweise der Partner den Abgrund hinab stürzt, man von einem Mörder verfolgt wird oder sich nicht mehr bewegen kann. Wenn sich solche Gruselszenarien nachts häufig abspielen, kann dies für Betroffene auch tagsüber das Leben zur Qual machen. Beschwichtigungen wie: „Es war doch nur ein Traum“, nehmen ihnen die Angst und innere Unruhe nicht unbedingt. Viele machen sich Gedanken über die wirren Träume und ihre Bedeutung und kommen zu keinem zufriedenstellenden Ergebnis. In einer Mitteilung der Nachrichtenagentur dpa erklären Experten, warum Menschen Alpträume haben, wie diese das Leben beeinflussen und was man dagegen unternehmen kann.
Was ist eigentlich ein Alptraum?
Wie der wissenschaftliche Leiter der Schlafforschung am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim, Prof. Michael Schredl, erklärt, lösen Alpträume so starke, negative Gefühle aus, dass man davon aufwacht. Neben Angst können das auch Trauer, Ärger oder Ekel sein. Normalerweise können sich Betroffene sehr gut an die Alpträume erinnern. Diese treten meist in der zweiten Nachthälfte auf. Doch auch schlechte Träume, von denen man nicht aufwacht, können einen erheblichen Leidensdruck mit sich bringen, wie Hans-Günter Weeß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin laut dpa erläutert. Ein Traum, an dessen Inhalt man sich nicht erinnert, von dem man aber in Panik und oft auch schreiend aufschreckt, fällt nicht unter den Begriff Alptraum. Die medizinische Bezeichnung dafür ist Pavor Nocturnus.
Welchen Einfluss haben die Alpträume auf das Leben?
„Alpträume hat jeder mal. Zum Problem werden sie erst, wenn ein starker Leidensdruck entsteht“, so Judith Koppehele-Gossel vom Institut für Psychologie an der Universität Bonn. Zum Beispiel wenn die Träume einen noch tagsüber in Angst versetzen oder Betroffene aus Furcht vor erneuten Alpträumen nicht mehr Schlafengehen wollen. Zudem können die Konzentration und vor allem die Stimmung durch Alpträume stark beeinträchtigt sein, ergänzt Schredl. Wenn Alpträume öfter als einmal wöchentlich vorkommen, würde bei Betroffenen wohl eine Angsttraumstörung diagnostiziert werden. Diese ist laut der Nachrichtenagentur im Diagnosekatalog ICD-10 erfasst und gehört zu den Schlafstörungen. In Deutschland sind davon insgesamt rund fünf Prozent der Erwachsenen betroffen.
Typische Alptraumszenarien
Die fünf häufigsten Alptraum-Themen von Erwachsenen sind Schredl zufolge: Fallen, verfolgt werden, sich gelähmt fühlen, zu spät kommen und der Tod oder das Verschwinden einer nahestehenden Personen. Wie Koppehele-Gossel aus ihrer Arbeit berichtet, nehmen viele Menschen mit Alpträumen an, dass sie immer genau das Gleiche träumen. „Wenn sie dann aber ein Traumtagebuch führen, stellen sie schnell fest: Es sind nur bestimmte Elemente, die immer wieder auftauchen, aber die Abfolge oder der Zusammenhang zum Beispiel sind anders.“ Darüber hinaus erscheinen Alpträume im Rückblick häufig noch intensiver und länger. „Das macht niemand extra, das ist ganz natürlich, wenn wir Erinnerungen, auch Traumerinnerungen, um bereits bestehende Erinnerungen ergänzen und sie dann nicht mehr unterscheiden können.“ Direkt nach dem Erwachen sei die Einschätzung am realistischsten.
Weshalb haben Menschen Alpträume?
Bislang sind die genauen Ursachen von Alpträumen nicht geklärt. „Vor allem Menschen mit einer posttraumatischen Belastungsstörung sind besonders häufig betroffen“, so Koppehele-Gossel. In den Alpträumen dieser Personen kehrt meist ein Thema immer wieder. Bekannt ist auch, dass Stress mit Alpträumen einhergehen kann. Des Weiteren können die Veranlagung und Medikamente wie Blutdrucksenker oder Antidepressiva Alpträume begünstigen, wie Weeß ergänzt. Alkohol ebenso. „Wer Probleme mit Alpträumen hat, sollte auf das abendliche Gläschen verzichten.“
Was man gegen die Horrortrips machen kann
Träumen Kinder ab und an schlecht, können Eltern zwar helfen, Experten zufolge sei es aber besser die Kleinen selbst eine Lösung finden zu lassen, indem der böse Traum am folgenden Tag mit ihnen besprochen wird. Auch Erwachsene sollten sich nicht damit abfinden: Alpträume können besiegt werden. Es gibt gezielte Techniken, mit denen man Alpträume in Eigenregie oder auch mit professioneller Hilfe in den Griff bekommen kann. Außerdem gibt es erfolgreiche Therapien bei chronischen Alpträumen. Der Hausarzt kann oft einen erfahrenen Psychotherapeuten oder einen Schlafmediziner empfehlen. Medikamente werden nur im äußersten Notfall verschrieben.
Sich selbst mit Geträumten konrontieren
Denen, die nachts hochschrecken und sich nicht an den Traum erinnern können, empfiehlt Schredl, es vor dem Einschlafen mit gezielten Entspannungstechniken zum Stressabbau wie Autogenem Training oder Progressiver Muskelentspannung zu probieren. Des Weiteren können es Betroffene mit speziellen Techniken versuchen. Zum Beispiel mit Konfrontation: Dabei schreibt man den Alptraum auf und liest ihn im Anschluss mehrmals hintereinander vor. „Dadurch, dass man den Traum immer wieder erlebt, gewöhnt man sich daran – wie bei einer Desensibilisierung“, erläutert Weeß. „Außerdem verliert der Alptraum im Alltagskontext seinen Schrecken.“
Sich im Traum bewusst werden dass man träumt
Bei der „Imagery Rehearsal Therapy“ schreiben Betroffene ihren Alptraum auf und setzen sich mit ihm auseinander. Wie Schredl laut dpa erklärt, ist es damit jedoch nicht getan, denn Betroffene suchen ein neues, positives Ende für ihren Traum. Gemeint ist damit nicht Weglaufen oder Aufwachen, sondern beispielsweise sich Helfer vorzustellen. „Es geht darum, das Grundprinzip zu ändern.“ Das neue Prinzip heißt dann: „Ich habe Angst und überlege, was ich tun kann.“ Den Angaben zufolge sollte man das zwei Wochen lang einmal täglich in Gedanken durchgehen. Klappt es, dann reagiert man im Schlaf wie eingeübt, und der Alptraum nimmt ein positives Ende. Koppehele-Gossel erklärt eine weitere Technik: Luzides Träumen. Dabei wird man sich durch Training im Traum bewusst, dass man gerade träumt. Der Alptraum wird hinterfragt. Betroffene sollten dafür wieder ein Traumtagebuch führen und sich über bestimmte Muster oder wiederkehrende Elemente bewusst werden. Als Beispiel nennt sie den Hund, der nicht mehr lebt: „Wenn ich dann das nächste Mal im Traum meinen verstorbenen Hund sehe, weiß ich, dass ich träume.“ (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.