Proteingleichgewicht der Geschlechtszellen beeinflusst schädliche Proteinablagerungen
Proteinablagerungen im Körper werden unter anderem mit neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer, Chorea Huntington oder ALS (Amyotrophe Lateralsklerose) in Zusammenhang gebracht. In einer aktuellen Studie wurde nun deutlich, dass das Proteingleichgewicht in den Geschlechtszellen offenbar in Zusammenhang mit den Proteinansammlungen an anderer Stelle im Körper steht.
Inwiefern der Status des Proteingleichgewichts (Proteinhomöostase oder auch Proteostase genannt) von Keimzellen Einfluss auf andere Gewebe und Organe hat, haben Forschende der Universität zu Köln und der University of California gemeinsam untersucht. Dabei zeigte sich eine durchaus deutlich Wirkung auf die Bildung von Proteinablagerungen, welche auch bei manchen neurodegenerativen Erkrankungen auftreten. Veröffentlicht wurden die entsprechenden Studienergebnisse in dem Fachmagazin „Science Advances“.
Proteinhomöostase bei Fadenwürmern untersucht
Das Forschungsteam um Dr. David Vilchez von der Universität zu Köln hat anhand des Fadenwurms Caenorhabditis elegans als Modellorganismus analysiert, wie die Proteinhomöostase von Keimzellen andere Gewebe und Organe beeinflusst. Hierfür induzierten sie „die Aggregation des keimlinienspezifischen PGL-1-Proteins in Keimbahnstammzellen“ der Fadenwürmer.
Proteinablagerung in Muskeln und Neuronen
Dabei wurde deutlich, dass eine Anhäufung des Proteins in der Keimzelle zur Ausschüttung bestimmter Signalbotenstoffe führt, die über den Wnt-Signalweg Veränderungen in den Mitochondrien bedingen. Diese Regulation der Mitochondrien kann wiederum zur Proteinansammlung auch in anderen Geweben wie Muskeln oder Neuronen führen, berichten die Forschenden.
Mitochondriales Netzwerk weitreichend verändert
„Wir waren sehr erstaunt, als wir sahen, dass wir allein durch die Induktion von Proteinklumpen in Keimzellen das mitochondriale Netzwerk des gesamten Organismus verändern können. Diese Veränderung hat auch Proteinansammlungen in Neuronen hervorgerufen“, betont der Erstautor der Studie, Guiseppe Calculli von der Universität zu Köln.
„Unsere Ergebnisse öffnen eine neue Tür zum Verständnis, warum sich Proteinaggregate in den Neuronen von Patienten mit Chorea Huntington und ALS ansammeln“, ergänzt Dr. Vilchez. Da diese Aggregate zu der für diese Krankheiten charakteristischen Neurodegeneration beitragen können, die nach wie vor unheilbar ist, könne „ein weiteres Verständnis des hier entdeckten Prozesses zu neuen therapeutischen Ansätzen führen.“
Grundlage für weitere Studien
In der aktuellen Studie wurde deutlich, dass der „Proteostasestatus der Keimbahnstammzellen mitochondriale Netzwerke und die Proteinaggregation im gesamten Organismus“ beeinflusst, resümieren die Forschenden. Ob sich keimspezifische Proteine auch während des Alterungsprozesses ansammeln und ob dieser Prozess zu der altersassoziierten Aggregation von Proteinen beiträgt, die charakteristisch für Erkrankungen wie Chorea Huntington oder ALS ist, müsse nun in weiteren Forschungsarbeiten untersucht werden. (fp)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Universität zu Köln: Proteingleichgewicht im Fortpflanzungssystem kann Krankheiten verhindern (veröffentlicht 25.06.2021), uni-koeln.de
- Giuseppe Calculli, Hyun Ju Lee, Koning Shen, Uyen Pham, Marija Herholz, Aleksandra Trifunovic, Andrew Dillin, David Vilchez: Systemic regulation of mitochondria by germline proteostasis prevents protein aggregation in the soma of C. elegans; in: Science Advances (veröffentlicht 25.06.2021), sciencemag.org
Wichtiger Hinweis:
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