Alternative zu Oxytocin: Neue chemische Verbindung zur Erleichterung der Geburt
Der Wirkstoff Oxytocin wird unter anderem bei Schwangeren verwendet, um die Geburt einzuleiten oder auch die Wehen während der Geburt zu verstärken beziehungsweise anzuregen. Doch der Stoff hat oft schwere Nebenwirkungen. Ein internationales Forscherteam hat nun eine nebenwirkungsärmere Alternative zum „Liebeshormon“ Oxytocin entwickelt.
Neue chemische Verbindung wirkt ähnlich wie das „Liebeshormon“ Oxytocin
Markus Muttenthaler von der Fakultät für Chemie an der Universität Wien hat gemeinsam mit einem internationalen Forschungsteam eine neue chemische Verbindung entwickelt, die ähnlich wie das „Liebeshormon“ Oxytocin wirkt, in der Anwendung jedoch sicherer und nebenwirkungsärmer ist. Diese Verbindung hat das Potential, zukünftig für verschiedenste Studien und therapeutische Anwendungen herangezogen zu werden, wo der Oxytocin-Rezeptor eine Rolle spielt, heißt es in einer Mitteilung der Hochschule. Die Studie ist nun im Fachmagazin „Science Signaling“ veröffentlicht worden.
Kuschelhormon mit vielfältigen Wirkungen
Das auch als „Kuschel“- oder „Bindungshormon“ bezeichnete Oxytocin spielt besonders bei der Geburt eine große Rolle. Der Wirkstoff ist unter anderem dafür zugelassen, um bei Schwangeren die Geburt einzuleiten.
Zudem regelt das „Liebeshormon“, das im Gehirn gebildet wird, Prozesse wie die Mutter-Kind-Bindung und ist auch für das Stillen verantwortlich.
Es hilft Ängste zu bewältigen und beeinflusst auch das Verhalten zwischen Partnern und generell soziale Interaktionen, indem es bindungsfähiger macht und beruhigt.
Das Hormon kann aber noch viel mehr: So zeigten wissenschaftliche Untersuchungen, dass Ocytocin bei Muskelschwund und auch bei Magersucht helfen könnte.
Und es lindert Schmerzen, wie Forscher des Max-Planck-Instituts für medizinische Forschung in Heidelberg in einer Studie feststellten.
Nicht zuletzt zeigten wissenschaftliche Untersuchungen, dass Oxytocin bei Frauen sexuelle Unlust mindern kann. Laut österreichischen Wissenschaftlern profitieren davon Frau und Mann.
Doch der Einsatz von Oxytocin geht häufig mit Nebenwirkungen wie Herzrhythmusstörungen, zu schnellem oder zu langsamem Herzschlag, Blutdruckanstieg, Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen einher.
Hormone regulieren viele wichtige physiologische Funktionen
Oxytocin und Vasopressin sind Peptidhormone, die beim Menschen viele wichtige physiologische Funktionen regulieren, wie zum Beispiel Reproduktion, Herz-Kreislauf, soziales Verhalten und Lernen, heißt es in der Mitteilung der Uni Wien.
Beide Hormone agieren über vier Rezeptoren, die strukturell sehr ähnlich aufgebaut sind. In verschiedenen (Krankheits-)Fällen stellen diese Rezeptoren vielversprechende Ziele für die Medikamentenentwicklung dar.
So kann eine Aktivierung des Oxytocin-Rezeptors beispielsweise Verbesserungen im sozialen Verhalten von autistischen Kindern bewirken, Schmerzen bei Migräne und chronischen Darmproblemen lindern oder die Geburt eines Kindes erleichtern.
Die Aktivierung eines Vasopressin-Rezeptors hemmt Wasserausscheidungen und wird bei Diabetes Insipidus eingesetzt. Ein anderer Vasopressin-Rezeptor wiederum ist ein Ziel für Herz-Kreislauf-Probleme, da er an der Kontraktion von Blutgefäßen beteiligt ist.
Medizinische Entwicklung von wirksamen Substanzen geht nur schleppend voran
Obwohl es viele medizinische Anwendungsmöglichkeiten für diese Signalsysteme gibt, geht die medizinische Entwicklung von wirksamen Substanzen nur schleppend voran.
Ein Hauptgrund dafür ist die Schwierigkeit, selektive Verbindungen herzustellen, die nur einen von den vier Rezeptoren aktivieren, um unerwünschte Nebeneffekte auszuschließen.
Ein weiteres Problem ist, dass die Selektivität von solchen Verbindungen oftmals nur bei Tieren gegeben ist, jedoch nicht bei Menschen.
Therapeutische Anwendung zur Erleichterung der Geburt
Der österreichische Medizinchemiker Markus Muttenthaler von der Universität Wien hat sich diesem Problem gewidmet und über einen neuen Ansatz Oxytocin-Rezeptor-selektive Verbindungen hergestellt, welche die Selektivität bei Tieren und bei Menschen beibehalten.
In seiner Studie untersuchte er die therapeutische Anwendung beim klinischen Einsatz von Oxytocin zur Erleichterung der Geburt.
Oxytocin kann nämlich bei zu hoher Dosis oder zu langer Anwendung Nebenwirkungen für Mutter und Kind verursachen, die mit der Aktivierung des Vasopressin-Rezeptors V1a zu tun haben.
Muttenthalers neu entwickelte Verbindung konnte die Kontraktionen des Uterus ähnlich wie mit Oxytocin verstärken, jedoch in einer viel geregelteren Art und Weise.
Außerdem hatte die neue Verbindung – [Se-Se]-Oxytocin-OH – keine Aktivierung von Herzmuskelzellen zur Folge, was die Sicherheit in der Anwendung verbessert. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.