Statt konventioneller Grippeschutzimpfung: Forscher entwickelten alternativen Grippeschutz
22.04.2011
Statt der konventionellen Grippeimpfung könnte zukünftig ein natürlicher Botenstoff das Immunsystem derart stark aktivieren, so dass alle Grippeviren effektiv ausgeschaltet werden können. US-Amerikanische Forscher der University of Texas haben die alternative Methode erstmals im „American Journal of Respiratory and Critical Care Medicine“ vorgestellt. Erste Studienarbeiten konnten bereits Erfolge erzielen. Der Einsatz eines speziell konzipierten Botenstoffs konnte bei einem Tierexperiment eine hohe Anzahl von Immunzellen in der Lunge aktivieren und somit Fresszellen gegen Grippeviren mobilisieren.
Natürlicher Botenstoff aktiviert Immunabwehr
Ein natürlich wirkender Botenstoff kann nach Angaben von US-Forschern Zellen in der Lunge aktivieren, die alle bislang bekannten Influenzaviren ausschalten. Die neuartige Methode soll nicht nur als Alternative gelten, sondern kann sogar wesentlich effektiver wirken, als eine herkömmliche Grippeschutzimpfung. In einem Experiment mit Mäusen konnte der natürliche Wachstumsfaktor „GM-CSF“ (Granulozyten-Makrophagen-Kolonie-stimulierender Faktor) das Ausbreiten von Viren verhindern und eine schwerwiegende Infektion stoppen, weil sogenannte Fresszellen sich stark vermehrten. Eine solche Therapie könnte sehr schnell wirksam sein und höchst wahrscheinlich gegen alle Influenzaviren-Typen vorgehen, wie die Forscher im Wissenschaftsmagazin „American Journal of Respiratory and Critical Care Medicine“ schreiben. Im Gegensatz zur einfachen Grippeschutzimpfung könnte die Behandlung bereits bei Erkrankten eingesetzt werden und den Krankheitsverlauf stoppen oder zu mindestens milder gestalten.
Konventionelle Impfstoffe bieten keinen ausreichenden Schutz
Jedes Jahr sterben nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO an der saisonal auftretenden Grippe bis zu 500.000 Menschen. "Verbesserte Methoden, die gegen die Grippe schützen, sind dringend erforderlich, insbesondere vor dem Hintergrund einer drohenden Pandemie. Die Entwicklung solcher Methoden hängt ganz entscheidend vom Verständnis bestimmter körpereigener Mechanismen ab. Diese Mechanismen bieten nämlich einen robusten Schutz gegen die Influenza", erklärt Dr. Homayoun Shams, Leiter des Forscherteams der University of Texas in Tyler. Genetische Mutationen des Influenza-Virus verringern zudem zunehmend die Wirksamkeit von Grippe-Impfstoffen und vielmals werden durch die bisherigen Impfstoffe gesundheitliche Komplikationen provoziert. Daher sei es von hoher Wichtigkeit einen neuen Grippeschutz zu entwickeln, wie Dr. Shams erklärt. Bislang müssten Menschen sich jedes Jahr aufs neue impfen lassen, um sich vor einer viralen Infektion zu schützen. Die Impfung muss zudem mindestens zwei Wochen vor der Infektion erfolgen und wirke nur für den Wirkstoff des ausgewählten Virusstamm.
Konventionelle Impfung wirkt nicht bei bereits Infizierten
Eine vollzogene Impfung aktiviert das adaptive Immunsystem, das spezielle Erreger mit Antikörpern und Immunzellen bekämpft. Ist die Immunabwehr bereits beeinträchtigt, kann eine Impfung den Schutz nicht aktivieren. Die körpereigene Immunabwehr ist im Gegensatz zu Impfstoffen in der Lage, unabhängig vom Erregertyp gezielte Abwehrmechanismen zu aktivieren. Dabei ist die natürliche Immunabwehr wesentlich schneller und effektiver. Der Ansatz der Wissenschaftler ist es, das Immunsystem gezielt in seiner Abwehr zu unterstützen. Durch den Einsatz des körpereigenen Botenstoffs GM-CSF werden sogenannte Fresszellen (alveolarer Makrophagen) mobilisiert. Diese immunisierenden Zellen sammeln sich in der Lunge und eliminieren in den Organismus eindringende Viren.
Im Experiment verwandten die Forscher genmanipulierte Mäuse, bei denen der benannte Botenstoff verstärkt produziert wurde. Bei den Tieren wurden hierdurch die Fresszellen in der Lungen um das Fünf- bis Zehnfache gesteigert. Im weiteren Studienverlauf wurden die Mäuse mit einer hohen Anzahl von Grippeviren infiziert. Dabei verwandten die Forscher insgesamt drei verschiedene Grippeviren-Typen, darunter auch der Schweinegrippevirus H1/N1 Typ A.
Botenstoff aktiviert Fresszellen bei Infekt
Durch den künstlich herbeigeführten Infekt produzierte die Immunabwehr eine noch größere Anzahl von Immun-Fresszellen. Alle Mäuse überlebten die hohen Virendosen, obwohl unter normalen Umständen der sichere Tod hätte eintreten müssen. Das zeigte auch die Kontrollgruppe der Mäuse, die nicht genetisch verändert waren. Alle „normalen Mäuse“ der Kontrollgruppe starben an der Vireninfektion. Ein hoher GM-CSF Spiegel in der Lunge ist demnach ausreichend, um einen ausreichenden Infektionsschutz zu aktivieren, erklärte Dr. Shams.
Als der Botenstoff GM-CSF bei den normalen, nicht genetisch veränderten Tieren verabreicht wurde, konnten ebenfalls Fresszellen verstärkt aktiviert werden. Danach konnten auch die hohen Dosen der Virenstämme erfolgreich bekämpft werden, so dass auch diese Tiere überlebten und gerettet werden konnten. Ob die Therapie auch bei bereits erkrankten Tieren sich als Behandlungsmethode eignet, wollen die Wissenschaftler noch genauer untersuchen. Bei einem ersten Durchgang konnte zunächst die Sterberate von 100 auf 70 Prozent reduziert werden. In weiteren Durchgängen sollen sogenannte Zeitfenster genauer erforscht werden. Hierbei soll es darum gehen, wie viel Zeit bleibt, um eine Infektion auch im Nachhinein noch vollständig wirkt. Von bedeutender Rolle wird auch sein, ob der natürliche Wirkstoff als Injektion oder durch die Nase verabreicht werden soll.
Klinische Phase kann schon bald beginnen
Der medizinische Einsatz von GM-CSF ist keine Neuigkeit. Entsprechende Arzneien werden beispielsweise bei der Abnahme der Zahl der weißen Blutkörperchen eingesetzt. Bislang haben sich solche Präparate als gut verträglich erwiesen. Aus diesem Grund könnten auch im Gebiet des Grippeschutzes zeitnah klinische Studien beginnen. Trotzdem wird es nach Angaben der Forschergruppe noch einige Jahre dauern, bis die alternative Methode als Grippeschutz eingesetzt werden kann. (sb)
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Bild stellt GM-CSF Botenstoff dar.
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