Zusammenhang zwischen Abbauprodukten des Insektengifts und dem Auftreten von Alzheimer
28.04.2014
Zwar sind die Ursachen von Alzheimer bis heute nicht gänzlich verstanden, doch wird davon ausgegangen, dass eine Kombination aus genetischen, Umwelt-und Lebensstilfaktoren die Basis der Erkrankung bildet. Nun haben US-Wissenschaftler in der Fachzeitschrift „JAMA Neurology“ eine Studie veröffentlicht, die zu dem Ergebnis kommt, dass die Rückstände des Pestizids DDT (Dichlordiphenyltrichlorethan) hier offenbar eine entscheidende Rolle spielen können.
Obwohl der Einsatz von DDT heute fast überall auf der Welt verboten ist, finden sich in den Körpern vieler Menschen noch langlebige Abbauprodukte des Pestizids, berichtet das Forscherteam um Jason Richardson vom Department of Environmental and Occupational Medicine an der Rutgers Robert Wood Johnson Medical School (New Jersey). Deutlich erhöhte Konzentrationen dieser Abbauprodukte ( Dichlordiphenyldichlorethen; DDE) seien bereits in früheren Studien bei Alzheimer-Patienten nachgewiesen worden. Nun haben die US-Wissenschaftler die früheren Ergebnisse an einer größeren Stichprobe überprüft und fanden auch hier erhöhte DDE-Konzentrationen im Blut der Alzheimer-Patienten. Dies lege den Schluss nahe, dass hier ein Zusammenhang besteht, schreiben Richardson und Kollegen.
DDT-Abbauprodukt im Gehirn der Alzheimer-Patienten
Über Jahrzehnte war DDT das meist eingesetzte Insektengift weltweit, bevor sich die Erkenntnis durchsetzte, dass die Umwelt- und Gesundheitsschäden nicht tragbar sind. Insbesondere die Tatsache, dass DDT äußerst schwer abbaubar ist und sich langfristig in der Umwelt, aber auch im Organismus von Menschen und Tieren anreichert, hat hier seit den 1970er Jahren zu einem Verbot in den meisten Ländern weltweit geführt. Dennoch finden sich auch heute noch Abbauprodukte des Insektengifts in den Körpern vieler Menschen. So haben Richardson und Kollegen bei der Untersuchung der Blutwerte von 86 Alzheimer-Patienten im Alter über 60 Jahre deutlich erhöhte DDE-Konzentration festgestellt. Der Vergleich mit 79 gesunden Probanden habe ergeben, dass die DDE-Konzentration bei den Alzheimer-Patienten im Schnitt um das 3,8-fache höher lag. Dies lege den Verdacht nahe, dass hier ein Zusammenhang besteht. Auch hätten Tests der Hirnfunktion ergeben, dass diese bei steigender DDE-Konzentration deutlich nachlässt.
Umweltrisikofaktor für Alzheimer identifiziert
Die Forscher haben des Weiteren untersucht, auf welche Weise das DDT beziehungsweise dessen Abbauprodukte einen Einfluss auf die Entwicklung einer Alzheimer-Erkrankung haben können. In Versuchen mit Zellkulturen stellten sie fest, dass DDT und DDE die Produktion von Proteinen fördern, die einen Vorläufer des Proteins Beta-Amyloid bilden, welches wiederum vermehrt als Ablagerung im Gehirn der Alzheimer-Patienten zu finden ist und mit der Entstehung der neurodegenerative Erkrankung in Verbindung gebracht wird. Zwar sei die Größe der Stichprobe immer noch zu gering, um einen eindeutigen Zusammenhang herzustellen, doch gehen die US-Forscher davon aus, dass hier ein Umweltrisikofaktor für Alzheimer identifiziert wurde. Dabei sei auch vorstellbar, dass das Insektengift bei der Entstehung anderer neurodegenerative Erkrankungen, wie beispielsweise bei Morbus Parkinson ebenfalls eine Rolle spiele.
Langfristige Folgen des Einsatzes von Pestiziden kaum abschätzbar
Letztendlich bestätigt die Studie erneut die Gefährlichkeit des Insektengifts DDT und macht deutlich, dass die langfristigen Folgen des Eintrags derartiger Giftstoffe in die Umwelt kaum abschätzbar sind. Wurde DDT bei seiner Einführung von vielen Landwirten noch als gute Möglichkeit zur Ertragssteigerung gefeiert, sind heute die meisten angesichts der negativen Wirkung auf Menschen und Tiere ernüchtert. Doch neue Mittel rücken nach und immer wieder entdeckt ein findiges Unternehmen vermeintliche Wunderwaffen gegen Insekten und Unkraut. Hier sei an die Diskussionen um genetisch veränderte Kartoffeln und Sojapflanzen erinnert, die extra resistent gegen spezielle Pestizide und Herbizide entwickelt wurden. Damit soll der Einsatz entsprechender Giftstoffe weiterhin möglich bleiben, ohne dass die Anbaupflanzen Schaden nehmen. Die langfristigen Folgen bleiben erneut kaum abschätzbar. (fp)
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