Erfolgreiche Beseitigung der Alzheimer-Proteine mit Hilfe spezieller Antikörpern
Die Ablagerung von Amyloid-Beta-Proteinen im Gehirn wird schon seit Jahren als maßgeblicher Faktor bei der Entwicklung von Alzheimer bewertet. Bei ihre Entdeckung bestand große Hoffnung, hier auch einen Ansatz zur Behandlung der Erkrankung zu finden. Doch konnten lange Zeit kaum Fortschritte erzielt werden. Nun haben Wissenschaftler der MedUni Wien einen neuen Ansatz zur Beseitigung der Proteinablagerungen im Gehirn vorgestellt.
„Jahrelang galt das Amyloid-β-Protein als vielversprechendes therapeutisches Ziel bei der Alzheimer Demenz, doch die Studien-Ergebnisse waren eher enttäuschend“, berichtet die MedUni Wien. Obwohl das Protein gemeinsam mit dem Tau-Protein als maßgeblicher Biomarker für die Alzheimer-Erkrankung im Gehirn gilt, konnten bislang keine effizienten Therapien aus dieser Erkenntnis abgeleitet werden. Die aktuelle Phase III-Studie unter der Leitung von Elisabeth Stögmann von der Universitätsklinik für Neurologie der MedUni Wien hat jedoch gezeigt, dass monoklonale Antikörper, die auf die Amyloid-Ablagerungen (Plaques) im Gehirn gerichtet sind, diese Plaques auflösen können. Inwiefern sich so auch die Gedächtnisleistung der Betroffenen erhalten lässt, muss nun in weiteren Studien geklärt werden.
Alzheimer-Plaques erfolgreich aufgelöst
„Nachdem diese positive Wirkung nachgewiesen ist, wollen wir nun untersuchen, ob das Verschwinden der Plaques auch dazu beiträgt, dass die Verschlechterung der Gedächtnisleistung des Betroffenen gestoppt oder vermindert werden kann. Die ersten Ergebnisse sind vielversprechend“, betont die Studienleiterin in einer Pressemitteilung der MedUni Wien zu den Studienergebnissen. Die Forschenden hatten in ihrer Phase-III-Studie den Wirkstoff Aducanumab eingesetzt, der intravenös gegeben wird und direkt die für Alzheimer charakteristischen Eiweißablagerungen im Gehirn angreift bzw. hilft, sie ab- und aufzulösen. Die verbesserte Wirkung der Amyloid-Antikörpern sei darauf zurückzuführen, dass generell eine höhere Dosis verwendet wird, erklärt Elisabeth Stögmann.
Nebenwirkungen besser kontrollierbar
Zudem seien die immer wieder auftretende Nebenwirkung in Form von Ödemen (Wassereinlagerungen) im Gehirn mittlerweile deutlich besser zu „managen“, berichtet die Studienleiterin weiter. Die Ödeme seien nur in der Startphase der Antikörper-Behandlung festzustellen und wenn die Dosis wieder zurückgefahren werde, lösen sich die Ödeme von selbst wieder auf und man könne mit der Therapie wie geplant fortfahren, ohne Rezidiv. „Der Patient oder die Patientin merken davon nichts, aber ich kann die Ödeme in der Magnetresonanztomografie (Anm.: MRT) erkennen und richtig darauf reagieren“; erläutert die Expertin. Bei rund einem Drittel der Betroffenen seien entsprechende Ödeme festzustellen.
Früherkennung von entscheidender Bedeutung
Die Wirkung der neuen Antikörper-Behandlung ist laut Aussage der Forscher umso besser, je früher sie bei Betroffenen eingesetzt wird. Allerdings sei man bei der Früherkennung bislang auf offensichtliche kognitive Beschwerden angewiesen, also auf Symptome, die den Betroffenen selbst oder ihrer Umwelt auffallen. Die Veränderungen im Gehirn laufen dann in der Regel jedoch bereits seit Jahren. Beispielsweise können die Amyloid-β-Plaques schon 20 Jahre vorher im menschlichen Körper schlummern, ohne bedrohlich zu werden, erläutern die Experten.
Neuer Bluttest in der Entwicklung
Bei der Früherkennung könnte es jedoch in wenigen Jahren ebenfalls eine deutliche Verbesserung geben, so die Hoffnung der Wissenschaftler. Elisabeth Stögmann berichtet von einem Vortrag auf dem weltweit größten Kongress zum Thema Alzheimer (AAIC in Chicago), bei dem ein noch in Entwicklung befindlicher Bluttest vorgestellt wurde, der schon bei 50- oder 60-Jährigen Amyloid-β im Blutbild erkennen und so das erhöhte Risiko für die Alzheimer Demenz anzeigen kann. „Dieser Test könnte schon in wenigen Jahren die Szene der Alzheimer-Forschung und -Behandlung total verändern“, so das Fazit der Expertin.
Weitere Studien geplant
Basierend auf den Ergebnisse ihrer Forschungen zu dem Antikörper-Einsatz zur Auflösung der Eiweißablagerungen im Gehirn planen die Forschenden der MedUni Wien nun weitere Studien, die überprüfen sollen, ob die Zerstörung der Plaques auch die Verschlechterung der Gedächtnisleistung bei Alzheimer-Patienten bremst. Erste konkrete Resultate seien hier in etwa drei Jahren zu erwarten, so die Neurologin Elisabeth Stögmann. (fp)
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