Alzheimer: Erkrankungsrisiko reduzieren und Lebenserwartung steigern
Zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen haben Hinweise darauf geliefert, dass ein gesunder Lebensstil dazu beitragen kann, länger zu leben. In einer neuen Studie hat sich jetzt gezeigt, dass sich ein gesunder, aktiver Lebensstil nicht nur positiv auf die Lebensdauer auswirken, sondern auch das Risiko, an Alzheimer zu erkranken, deutlich reduzieren kann.
Eine neue Studie zeigt, dass alle Menschen ihr Risiko, an Alzheimer-Demenz zu erkranken, senken können – und zwar mit fünf einfachen Maßnahmen: Gesunde Ernährung, ausreichende Bewegung, den Geist trainieren, Nichtrauchen sowie den Alkoholkonsum beschränken. Dieser Lebensstil wirkt sich auch positiv auf die Lebenserwartung aus. Die Studienergebnisse wurden in dem Fachmagazin „BMJ” veröffentlicht.
Score aus fünf Lebensstilfaktoren
Laut der aktuellen prospektive Kohortenstudie lässt sich einer Alzheimer-Erkrankung effektiv vorbeugen.
Wie die Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V. (DGN) in einer aktuellen Mitteilung schreibt, wurden 2.449 Menschen im Alter von mindestens 65 Jahren, alle aus einem Chicagoer Stadtteil, zwischen 1993 und 2012 in diese Studie eingeschlossen.
Bei 2.110 war zum Zeitpunkt des Studieneinschlusses eine Alzheimer-Demenz ausgeschlossen worden, 339 waren an Alzheimer erkrankt. Alle drei Jahre wurden bei den Teilnehmenden neurokognitive Tests durchgeführt – bis zu sechsmal pro Person. Aus den folgenden fünf Lebensstilfaktoren wurde eine Score berechnet:
- Die Einhaltung einer „hirngesunden Ernährung“, der sogenannten MIND-Diät („Mediterranean-DASH Diet Intervention für Neurodegenerative Delay“).
- Eine hohe kognitive Aktivität im Alter, welche durch Lesen, Museumsbesuche oder Beschäftigungen wie Karten- oder Brettspiele, Kreuzworträtsel oder Puzzeln gekennzeichnet war.
- Eine hohe körperliche Aktivität, definiert als mehr als 140 Minuten Bewegung wöchentlich, was neben Laufen auch Gartenarbeit, Fahrradfahren oder Schwimmen umfasste.
- Nichtrauchen.
- Ein geringer Alkoholkonsum (definiert als 1-15 g/Tag für Frauen und 1-30 g/Tag bei Männern).
Für jeden dieser Faktoren erhielten die Studienteilnehmenden eine „1“ pro erreichten Lebensstilfaktor oder eine „0“, wenn sie ihn nicht umgesetzt hatten. Bei optimal gesundem Lebensstil konnten so insgesamt 5 Punkte erreicht werden und je weniger Punkte erzielt wurden, desto ungesünder war der Lebensstil.
Die Adhärenz („Befolgung“) wurde alle zehn Jahre neu evaluiert, und zwar separat für jede Altersgruppe, Geschlecht und für diejenigen mit und ohne vorbestehender Demenz. In der Analyse wurde dann die Lebenserwartung je nach Adhärenz in Bezug auf die gesunde Lebensweise berechnet und die zu erwartenden Demenz-freien Jahre.
Höhere Lebenserwartung und weniger Jahre mit Demenz
Die Studie zeigte, dass Frauen im Alter von 65 Jahren, die vier oder sogar alle fünf gesunden Lebensstilmaßnahmen umsetzen, eine Lebenserwartung von 24,2 Jahren hatten. Gleichaltrige Frauen, die keine oder lediglich eine dieser Maßnahmen umsetzten, hatten eine um 3,1 Jahren verkürzte Lebenserwartung.
In der zu erwartenden Lebensspanne lebten zehn Prozent der Frauen mit gesundem Lebensstil mit einer Demenzerkrankung (im Durchschnitt 2,6 Jahre), während die Frauen mit ungesundem Lebensstil von ihrer ohnehin verkürzten Lebensdauer durchschnittlich 4,1 Jahre lang mit einer Demenz lebten.
Bei Männern war der Unterschied sogar noch gravierender: Die gesund lebenden 65-Jährigen hatten eine Lebenserwartung von 23,1 Jahren – 5,7 Jahre mehr als die mit einem ungesunden Lebensstil, sie litten im Durchschnitt 1,4 Jahre der 23,1 Jahre an einer Demenz, die ungesund Lebenden 2,1 der 17,4 verbleibenden Lebensjahre.
Blutdrucksenkung und geistiges Training wichtig
Die Studie zeige, dass durch einen gesunden Lebensstil aktiv einer Alzheimer-Demenz vorgebeugt und Lebenszeit, vor allem auch „Demenz-freie“ Lebenszeit gewonnen werden kann, sagt Prof. Dr. Hans Christoph Diener, Pressesprecher der DGN.
Zudem zeigt sie auch ganz klar einen linearen, quasi ‚dosisabhängigen‘ Effekt: Je mehr der fünf gesunden Lebensstilfaktoren umgesetzt wurden, desto höher der Effekt.
„Es lohnt sich also, an allen Faktoren zu arbeiten und hat keine Veranlassung aufzugeben, weil man weiß, dass man die eine oder andere Angewohnheit nicht ändern kann. Es bleiben dann immer noch 3 oder 4 andere ‚Stellschrauben‘, mit denen man an seiner Lebenserwartung drehen kann“, sagt Diener.
DGN-Generalsekretär Prof. Peter Berlit ergänzt, dass auch bekannt ist, dass Bluthochdruck die Entstehung einer Demenz begünstigen kann und vier der fünf untersuchten Lebensstilfaktoren auch „gegen Bluthochdruck sind: Eine gesunde, salz- und fettarme Ernährung, ausreichend körperliche Bewegung, wenig Alkohol und Nichtrauchen.“ Blutdruck senken könne also eine wichtige Präventionsmaßnahme sein.
Zudem ist beiden Experten wichtig, die Bedeutung des geistigen Trainings hervorzuheben, insbesondere die soziale Interaktion. Wenn diese fehlt, erhöht das bei 65-Jährigen das Demenzrisiko signifikant, wie eine in der Fachzeitschrift „The Lancet“ veröffentlichte Studie gezeigt hat.
Daher sei es gerade in dem Alter, in dem viele Menschen aus dem Berufsleben aussteigen, wichtig, soziale Kontakte aufrecht zu erhalten. „Wir müssen nicht nur unseren Körper, sondern auch den Geist fordern und trainieren – physisches und geistiges Training sind wichtig für die Hirngesundheit“, so das Fazit von Prof. Diener und Prof. Berlit. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V.: Alzheimer-Prävention: Ein gesunder, aktiver Lebensstil zahlt sich nicht nur im Hinblick auf die Lebenserwartung aus!, (Abruf: 17.05.2022), Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V.
- Dhana K, Franco O H, Ritz E M et al.: Healthy lifestyle and life expectancy with and without Alzheimer’s dementia: population based cohort study; in: BMJ, (veröffentlicht: 13.04.2022), BMJ
- Livingston G, Huntley J, Sommerlad A et al.: Dementia prevention, intervention, and care: 2020 report of the Lancet Commission; in: The Lancet, (veröffentlicht online: 30.07.2020 und in Volume 396, Issue 10248, P413-446: 08.08.2020), The Lancet
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.