Münchener Oberarzt wegen vermuteter Manipulation der Organspenden angeklagt
06.03.2015
Bei Transplantation erfolgt die Vergabe der Spenderorgane vor allem nach Dringlichkeit, weshalb ein Oberarzt des Münchener Klinikums rechts der Isar den Zustand mehrerer Patienten dramatisiert haben soll, um ihnen eine schnellere Transplantation zu ermöglichen. 2012 flog der Transplantationsskandal in München auf und nun hat die Staatsanwaltschaft beim Landgericht München I Klage wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung in drei Fällen eingereicht, so die Mitteilung der Nachrichtenagentur „dpa“.
Manipulationen der Organspenden beziehungsweise der Transplantationen wurden im Jahr 2012 zunächst am Uniklinikum Göttingen und im weiteren Verlauf auch an Kliniken in Regensburg, München und Leipzig festgestellt. Der Organspendenskandal hatte deutschlandweit für erhebliches Aufsehen gesorgt und einen deutlichen Rückgang der Organspenden bewirkt. In den aufgedeckten Fällen hatten die Ärzte Patientenunterlagen gefälscht und deren Gesundheitszustand auf dem Papier schlechter aussehen zu lassen, als er tatsächlich war, um eine frühzeitige Transplantation zu ermöglichen.
Blutwerte von Patienten manipuliert
Dem 46-jährigen Oberarzt aus München wird von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, er habe in den Jahren 2009 und 2010 die Blutwerte von drei Patienten manipuliert, um eine schnellere Lebertransplantation zu erreichen. Angezeigt hatte den ehemaligen Oberarzt das Klinikum rechts der Isar nach der Überprüfung früherer Organspenden. Den Angaben der Nachrichtenagentur „dpa“ zufolge, geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass der Arzt in drei Fällen wissentlich unrichtige Blutwerte an die Organisation Eurotransplant übermittelt habe, die für die Vergabe der Spenderorgane zuständig ist. So sollen zweimal Blutwerte übermittelt worden seien, die nicht von den angegebenen Patienten selbst stammten, und bei dem dritten Patienten wurden die Blutwerte durch die Beimischung anderer Substanzen manipuliert, berichtet die „dpa“.
Patienten erhielten schneller ein Spenderorgan
Auf dem Papier erschien der Gesundheitszustand der Patienten in Folge der Manipulationen durchaus lebensbedrohlich, was den Betroffenen einen deutlich besseren Platz auf der Warteliste für eine Spenderleber bescherte. So erhielten zwei der Patienten laut Mitteilung der „dpa“ im Januar 2010 eine Spenderleber, bei dem dritten Fall habe ein anderer Arzt allerdings noch vor der Transplantation bemerkt, dass unzutreffende Angaben Basis für die Vergabe des Spenderorgans waren. Das Organ erhielt schließlich ein anderer Patienten, der dieses dringender benötigte. Hier genau liegt auch das maßgebliche Problem bei der Manipulation der Angaben für eine benötigte Organspende. Denn weniger kranke Menschen rutschen auf der Liste durch falsche Angaben nach oben, weshalb schwerkranke Patienten mitunter kein Organ bekommen.
Andere schwerkranke Patienten durch die Manipulation gefährdet
Den Argumenten der Staatsanwaltschaft zufolge, hat der Oberarzt billigend in Kauf genommen, dass durch seine Manipulationen schwerstkranke Patienten von ihrem Listenplatz verdrängt wurden und kein Spenderorgan erhielten, so die Mitteilung der „dpa“. Auf diese Weise habe der Mediziner zumindest theoretisch eine Verlängerung des Leidens und eine abstrakt Lebensgefahr anderer Patienten bedingt. Zwar sei nicht von einem Tötungsvorsatz auszugehen, aber versuchte gefährliche Körperverletzung ist nach Ansicht der Staatsanwaltschaft begründbar, auch wenn der Mediziner alle Vorwürfe von sich weist. Ob die Klage zugelassen wird, muss das Landgericht München I erst noch entscheiden. Im Falle einer Verurteilung würde dem ehemaligen Oberarzt – je nach schwere der Tat – ein Strafmaß von sechs Monaten bis hin zu zehn Jahren Haft drohen. (fp)
>Bildnachweis: Günther Richter / pixelio.de
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