Fluorchinolone: Potentiell dauerhafte Nebenwirkungen von Antibiotika neu bewertet
Gesundheitsexperten kritisieren immer wieder, dass Ärzte deutlich zu oft hochriskante Antibiotika verschreiben. Genannt werden in diesem Zusammenhang häufig auch Fluorchinolone. Diese Medikamente können mit schwerwiegenden, die Lebensqualität beeinträchtigenden und potentiell dauerhaften Nebenwirkungen einhergehen.
Medikamente mit unerwünschten Nebenwirkungen
Zwar ist der Einsatz von Antibiotika bei der Behandlung vieler Krankheiten klinisch notwendig, er wird aber oft auch kritisch gesehen. Schließlich haben Untersuchungen gezeigt, dass solche Medikamente nicht selten mit schweren Nebenwirkungen einhergehen. Besonders in die Kritik geraten sind fluorchinolonhaltige Mittel. Diese können lang anhaltende, die Lebensqualität beeinträchtigende und möglicherweise dauerhafte Nebenwirkungen, insbesondere an den Sehnen, Muskeln, Gelenken und am Nervensystem, verursachen. Deshalb will die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA ihre Verordnung stark einschränken.
Wichtige Breitbandantibiotika
Laut dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sind Fluorchinolone und Chinolone eine Klasse von Breitbandantibiotika, die sowohl gegen verschiedene grampositive als auch gramnegative Bakterien wirksam sind.
Diese Medikamente sind eine wichtige Behandlungsoption gegen verschiedene Infektionskrankheiten, darunter einige lebensbedrohliche, bei denen andere Antibiotika nicht ausreichend wirksam sind.
Allerdings geht die Verabreichung der Präparate auch mit unerwünschten Begleiterscheinungen einher, weshalb der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) bei der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) empfohlen hat, ihren Gebrauch einzuschränken.
Grund ist eine Neubewertung der schwerwiegenden, die Lebensqualität beeinträchtigenden und potentiell dauerhaften Nebenwirkungen im Zusammenhang mit der Arzneimittelgruppe der Fluorchinolone und Chinolone, welche oral eingenommen, injiziert oder inhaliert werden, berichtet das BfArM.
Patienten wird geraten, die Behandlung bei ersten Anzeichen von Nebenwirkungen, die die Muskeln, Sehnen oder Gelenke beziehungsweise das Nervensystem betreffen, zu beenden.
Nur eingeschränkt anzuwenden
Laut BfArM bedeuten die Einschränkungen für die fluorchinolonhaltigen Antibiotika, dass diese nicht angewendet werden sollten:
- zur Behandlung von Infektionen, die auch ohne Behandlung abklingen oder die nicht schwerwiegend sind (z.B.Entzündungen des Halses).
- zur Behandlung von nicht-bakteriell verursachten Infektionen, wie z.B. nicht-bakterielle (chronische) Prostatitis.
- zur Vorbeugung der Reisediarrhöe oder wiederkehrender Infektionen der unteren Harnwege (solche, die nicht über die Blase hinausgehen).
- zur Behandlung leichter bis mittelschwerer Infektionen, es sei denn, andere Antibiotika, die üblicherweise zur Behandlung dieser Infektionen empfohlen werden, können nicht angewendet werden.
Zudem ist es wichtig, dass die Anwendung von Fluorchinolonen generell vermieden werden sollte bei Patienten, bei denen vormals schwere Nebenwirkungen im Zusammenhang mit der Anwendung von Fluorchinolonen oder Chinolonen aufgetreten sind.
Und sie sollten mit besonderer Vorsicht angewendet werden bei älteren Patienten, bei Patienten mit Nierenfunktionsstörungen und bei Patienten, die eine Organtransplantation hatten, weil bei diesen Patientengruppen ein höheres Risiko für Sehnenschäden besteht.
Weil die Anwendung eines Kortikosteroids zusammen mit einem Fluorchinolon dieses Risiko ebenfalls erhöht, sollte die kombinierte Anwendung dieser beiden Arzneimittelgruppen vermieden werden.
Informationen für Patienten
- Fluorchinolonhaltige Arzneimittel, die Ciprofloxacin, Levofloxacin, Lomefloxacin, Moxifloxacin, Norfloxacin, Ofloxacin, Pefloxacin, Prulifloxacin oder Rufloxacin enthalten, können lang anhaltende, die Lebensqualität beeinträchtigende und möglicherweise dauerhafte Nebenwirkungen, insbesondere an den Sehnen, Muskeln, Gelenken und am Nervensystem, verursachen.
- Diese schweren Nebenwirkungen umfassen Entzündungen oder Risse der Sehnen, Muskelschmerzen oder Muskelschwäche, Gelenkschmerzen oder Gelenkschwellungen, Schwierigkeiten beim Gehen, Gefühle von Nadelstichen oder Kribbeln, brennende Schmerzen, Müdigkeit, Depressionen, Gedächtnisstörungen, Schlafstörungen, Probleme beim Sehen oder Hören, veränderter Geschmacks- oder Geruchssinn.
- Sehnenschwellungen und Sehnenverletzungen können innerhalb von zwei Tagen nach dem Beginn der Behandlung mit einem Fluorchinolon aber auch erst einige Monate nach dem Behandlungsende auftreten.
- Beenden Sie die Einnahme des Fluorchinolons und kontaktieren Sie sofort Ihre Ärztin / Ihren Arzt
- bei ersten Anzeichen einer Sehnenverletzung wie beispielsweise Sehnenschmerzen oder Sehnenschwellungen – stellen Sie die betroffenen Bereiche ruhig.
- wenn Sie Schmerzen, Nadelstiche, Kribbeln, Kitzeln, Taubheit oder Brennen oder Kraftlosigkeit, insbesondere in den Beinen oder Armen, verspüren.
- wenn Sie Schwellungen in den Schultern, in den Armen oder Beinen haben, Schwierigkeiten beim Gehen haben, wenn Sie sich müde oder depressiv fühlen, wenn Sie Erinnerungsstörungen oder Schlafstörungen haben oder wenn Sie Veränderungen beim Sehen, Schmecken, Riechen oder Hören feststellen. Sie werden zusammen mit Ihrer Arztin/ Ihrem Arzt entscheiden, ob die Behandlung fortgesetzt wird oder ob Sie eine andere Art von Antibiotikum benötigen.
- Möglicherweise sind Sie anfälliger für Gelenkschmerzen oder Gelenkschwellungen oder Sehnenrisse, wenn Sie über 60 Jahre alt sind, Ihre Nierenfunktion eingeschränkt ist oder Sie eine Organtransplantation hatten.
- Sprechen Sie mit Ihrer Ärztin / Ihrem Arzt, wenn Sie ein Kortikosteroid einnehmen (wie Hydrocortison und Prednisolon) oder eine Behandlung mit einem Kortikosteroid benötigen. Sie sind möglicherweise besonders anfällig für Sehnenschäden, wenn Sie ein Kortikosteroid und ein Fluorchinolon im gleichen Zeitraum einnehmen.
- Sie sollten kein Fluorchinolon einnehmen, wenn Sie schon einmal schwere Nebenwirkungen mit einem Fluorchinolon oder Chinolon hatten und Sie sollten sofort Ihre Ärztin / Ihren Arzt kontaktieren.
Wenn Sie Fragen oder Bedenken bezüglich Ihres Arzneimittels haben, sprechen Sie Ihre Ärztin / Ihren Arzt oder Ihre Apothekerin / Ihren Apotheker an. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.