Antibiotikum schützt Bakterien vor Säureangriffen
Antibiotika sind als Arzneimittel gegen Bakterien gedacht und zeigen bei bakteriellen Infektionen normalerweise eine durchaus überzeugende Wirkung. Probleme bei dem Einsatz bereiten allerdings die zunehmenden Resistenzen der Erreger. Nun hat ein Forscherteam des Institute of Science and Technology Austria (IST Austria) herausgefunden, dass Antibiotika außerdem die Überlebenschance von Bakterien unter bestimmten Bedingungen erhöhen können.
Durch die Stressreaktion in den Bakterien beim Einsatz von Antibiotika kann laut Aussage der österreichischen Forscher eine verbesserte Säure-Resistenz entstehen. So habe der Stress durch das Antibiotikum Trimethoprim (TMP) unter Umständen einen verbesserten Schutz der Bakterien gegenüber Säureangriffen zur Folge, berichten die Wissenschaftler von ihren Studienergebnissen. Veröffentlicht wurden diese in dem Fachmagazin „Cell Systems“.
Stressreaktionen bieten Schutz
Das Antibiotikum TMP hemmt laut Aussage der Forscher das Wachstum des Bakteriums Escherichia coli, was in den Bakterien eine Stressreaktion auslöse. Erstautorin Karin Mitosch untersuchte nun gemeinsam mit Georg Rieckh und Tobias Bollenbach vom Institute of Science and Technology Austria, inwiefern die Stressreaktion auch einen Schutz der Bakterien gegenüber anderen Einflüssen bewirkt. Denn eine spezifische Stressreaktion könne Bakterien dabei helfen, auch andere Angriffe von außen – wie beispielsweise durch die Magensäure – besser zu überstehen.
Kreuzschutz ein unterschätztes Problem?
Die Bakterien seien häufig unwirtlichen Bedingungen ausgesetzt, auf die sie mit entsprechenden Stressreaktionen antworten, erläutern die Wissenschaftler. Solche Reaktionen auf einen bestimmten Stressfaktor können das Bakterium auch gegen einen anderen Stressor schützen; so die Forscher weiter. In diesem Fall spreche man von einem sogenannten Kreuzschutz. Hier habe sich die Frage gestellt, ob auch die Reaktion auf Antibiotika einen solchen Kreuzschutz bieten kann. Denn Antibiotika aktivieren Gene, die für die Stressreaktion verantwortlich sind, erläutern die Experten.
Antibiotikum TMP besonders kritisch
Bisher war unklar, ob die Stressreaktion die Bakterien auch gegen andere Umwelteinflüsse schützen kann. Um dies zu untersuchen, beobachteten die Forscher die Reaktion von Escherichia coli auf vier verschiedenen Antibiotika. Dabei analysierte sie auch, wie sich die Transkription als Antwort auf die Antibiotika im gesamten Genom des Bakteriums verändert.
Die Transkription ist die Übersetzung von DNA in mRNA, was wiederum die Anweisung für den Bau von Proteinen liefert, erläutern die Wissenschaftler. Bei dem Antibiotikum TMP habe sich eine schnelle Säure-Stressreaktion gezeigt, die von Bakterienzelle zu Bakterienzelle sehr unterschiedlich stark ausfiel.
Bakterien vor Säureangriffen geschützt
„Jene Bakterienzellen mit einer starken Stressreaktion sind anschließend vor einem Säureangriff besser geschützt“, erläutern die Forscher das Ergebnis ihrer Untersuchung. Wenn die Bakterienpopulationen einer extrem sauren Salzsäurelösung ausgesetzt wurden, seien diese rasant abgestorben, wobei der Zeitraum des Überlebens – ähnlich wie der Zerfall von radioaktiven Stoffen – als „Halbwertszeit“ gemessen wurde. Diese betrage normalerweise nur knapp 30 Minuten. Wurden die Bakterienpopulation jedoch zuerst in eine Lösung mit TMP und einige Zeit später in die Chlorwasserstofflösung gegeben, so verdreifachte sich die Halbwertszeit auf über 100 Minuten, berichten die österreichischen Forscher.
Biochemischer Mechanismus des Kreuzschutzes entschlüsselt
Die Wissenschaftler konnten genau bestimmen, auf welchem biochemischen Mechanismus dieser Kreuzschutz zurückgeht. „TMP führt zu einer Verminderung von Adenin-Nukleotiden, einem wichtigen Baustein der DNA und Energieträger der Zelle. Diese Verminderung wiederum löst die Stressantwort gegen Säuren aus“, schreiben Mitosch und Kollegen.
Sie haben nach eigenen Angaben mit ihrer Studie eine Anleitung geliefert, wie der Kreuzschutz zwischen Antibiotika und anderen Stressoren gefunden werden kann. „Dies ist wichtig, denn unsere Studie liefert ein Beispiel dafür, wie Antibiotika die Überlebenschancen von Bakterien in unterschiedlichen Umweltbedingungen beeinflussen“, so Mitosch weiter. Wenn ein bestehender Kreuzschutz bekannt sei, könnten laut Aussage der Expertin „zielgerichtete Strategien entwickelt werden, die die Wirkung von Antibiotika in der Behandlung von Krankheiten erhöhen.“ (fp)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
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