TK: Viele Versicherte erhalten bei einer Erkältung Antibiotika
Viele Deutsche erhalten dem Gesundheitsreport der Techniker Krankenkasse (TK) zufolge Antibiotika gegen Erkältungen. Solch leichtfertiger und unsachgemäßer Einsatz von Antibiotika ist ein massives Problem in der Medizin. Der Bremer Gesundheitsökonom Professor Gerd Glaeske fordert daher eine Handlungsleitinie für Ärzte zur Eindämmung des Problems. Denn die Folge sind zunehmende Resistenzen der bakteriellen Erreger und es droht nach Ansicht vieler Experten ein post-antibiotisches Zeitalter, in dem bakterielle Infektionskrankheiten nur noch eingeschränkt therapierbar sind.
Zu der unsachgemäßen Verwendung zählt beispielsweise der Antibiotika-Einsatz bei Erkältungen, der laut Angaben der Techniker Krankenkasse hierzulande knapp bei jedem fünften Versicherten erfolgt. Zwar zeigt sich bei den Verordnungen von Antibiotika gegen Erkältungen in den Daten des TK-Gesundheitsreports ein leicht rückläufiger Trend, doch werden immer noch mehr als jedem fünften Versicherten solche Arzneien gegen Husten, Schnupfen und Heiserkeit verordnet. Hier wird das Problem der unsachgemäßen Antibiotika-Anwendung auf besondere Weise deutlich, denn Erkältungen sind meist virale Infekte gegen die Antibiotika keinerlei Wirkung zeigen.
Verbreitung multiresistenter Erreger
Eigentlich sind Antibiotika hoch-effektive Arzneien zur Behandlung bakterieller Infektionen. Bei unsachgemäßer Anwendung kommen Bakterien jedoch oftmals in Kontakt mit niedrigen Dosierungen, die sie nicht abtöten, und die Erreger können anschließend eine Resistenz gegen die Arzneimittel der jeweiligen Klasse aufbauen. Viele Keime haben bereits Resistenzen entwickelt, die sie auch untereinander weitergeben können. So ist die Verbreitung multiresistenter Keime in den letzten Jahrzehnten massiv gestiegen und nicht nur die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sieht hierin eine der größten medizinischen Herausforderungen der Zukunft.
Strategie gegen die Antibiotikaresistenzen
Die Bundesregierung hat mit der Deutschen Antibiotika-Resistenzstrategie (DART 2020 ) reagiert, welche die Maßnahmen darstellt, die zur Reduzierung von Antibiotika-Resistenzen erforderlich sind. Demnach bestehen zum Beispiel „sowohl in der Bevölkerung als auch in medizinischen und tiermedizinischen Fachkreisen sowie bei den Tierhaltern ein hoher Informationsbedarf und Wissenslücken, die abgebaut werden müssen.“ Laut Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe setz sich die Bundesregierung zudem bei der Weltgesundheitsorganisation verstärkt für das Thema Antibiotikaresistenz ein.. Hier spiele die Zusammenarbeit mit der WHO eine besondere Rolle, da weltweite Maßnahmen erforderlich seien, um die weitere Zunahme der Resistenzen einzudämmen.
Viele Versicherte erhalten Antibiotika bei Erkältungen
In dem TK-Gesundheitsreport des vergangen Jahres wurde deutlich, dass statistisch gesehen fast vier von zehn Beschäftigten, die bei der TK versichert sind, im Jahr 2015 wegen einer Erkältung von ihrem Arzt krankgeschrieben wurden. Hierbei erhielt rund jeder Fünfte (20,5 Prozent), der maximal drei Tag krankgeschrieben war, eine Antibiotika-Verordnung. Aus den Vorabdaten für das laufende Jahr geht laut Medienberichten hervor, dass dies auch im Jahr 2016 noch für rund 19 Prozent dieser TK-Versicherten galt.
Rückgang der unsachgemäßen Antibiotika-Verordnungen
Insgesamt zeigen die Daten der TK einen durchaus positiven Trend, der auch für ein erhöhtes Problembewusstsein beim Thema Antibiotikaresistenzen spricht. So bekam im Jahr 2011 noch fast jeder dritte (28,8 Prozent) Versicherte bei einer maximal dreitägigen Erkältung Antibiotika verordnet, obwohl die Antibiotika nur gegen Bakterien und nicht gegen Viren wirken. Der Rückgang auf circa 20 Prozent im Jahr 2016 ist demnach erfreulich. Die Techniker Krankenkasse betont zudem, dass die Patienten auch selbst viel dafür tun können, „um sich zu schützen und zu verhindern, dass sich multiresistente Erreger weiter ausbreiten.“
Handreichung zum Umgang mit Antibiotika gefordert
Die TK hat zur Informationen der Versicherten auf ihrer Internetseite ein digitales Informationspaket „Multiresistente Erreger – Was tun?” bereitgestellt, welches unter anderem auf die Bereiche Antibiotika, Reisen, Krankenhaus und Küchenhygiene eingeht. Beispielsweise sei „im Krankenhaus die wirksamste Methode zur Prävention die konsequente Händedesinfektion“, betont Hardy Müller vom Wissenschaftlichen Institut der Techniker Krankenkasse. (WINEG). Angesichts der weiterhin hohen Verschreibungsquoten mit unsachgemäßen Hintergrund hat der Bremer Gesundheitsökonom Professor Dr. Gerd Glaeske des Weiteren eine Handreichung für Ärzte zum Umgang mit Antibiotika gefordert. „Wir haben keine einzige Leitlinie, die den Ärzten genau darstellt, wie Antibiotika eingenommen werden sollen“, wird Glaeske von der Nachrichtenagentur „dpa“ zitiert. Zudem seien mehr Hygienefachkräfte in Krankenhäusern erforderlich, die ihrerseits stärker mit den ambulanten Ärzten verzahnt seien sollten. (fp)
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