Wie die Arbeit Psyche und Lebenserwartung beeinflusst
Das Maß der Autonomie, die Belastung und die Anforderungen am Arbeitsplatz sowie die kognitive Fähigkeit mit diesen Anforderungen umzugehen, haben großen Einfluss auf unsere psychische Gesundheit und Sterblichkeit.
Bei der aktuellen gemeinsamen Untersuchung von Forschenden der Indiana University Kelley School of Business und der Northern Illinois University wurde festgestellt, dass verschiedene Faktoren am Arbeitsplatz einen erheblichen Einfluss auf unsere Psyche und unsere Lebenserwartung haben. Die Ergebnisse der Studie wurden in einem Artikel in der englischsprachigen Fachzeitschrift „Journal of Applied Psychology“ veröffentlicht.
Daten von 3.148 Menschen wurden ausgewertet
Die Forschenden wollten bei ihrer Untersuchung herausfinden, wie sich Arbeitsanforderungen auf die Gesundheit auswirken. Dafür analysierten sie die Daten von 3.148 in Wisconsin lebenden Personen, welche an der landesweit repräsentativen Längsschnitt-Umfrage Midlife in the United States teilnahmen. Während der zwanzig Jahre andauernden Studie verstarben 211 der teilnehmenden Personen.
Wie wirken sich Arbeitsanforderungen auf die Gesundheit aus?
„Wir untersuchten, wie die Kontrolle am Arbeitsplatz (oder der Grad der Autonomie der Mitarbeiter bei der Arbeit) und die kognitiven Fähigkeiten (bzw. die Fähigkeit der Menschen, zu lernen und Probleme zu lösen) Einfluss darauf haben, wie sich Arbeitsstressoren wie Zeitdruck oder Arbeitsbelastung auf die psychische und physische Gesundheit und letztlich auf den Tod auswirken”, erklärt Professor Erik Gonzalez-Mulé von der Indiana University in einer Pressemitteilung.
Wann verschlechterte sich die psychische Gesundheit?
Wenn auftretende Arbeitsanforderungen höher sind als die Fähigkeiten, mit diesen Anforderungen umzugehen, verschlechtert sich die psychische Gesundheit der betroffenen Person und dementsprechend steigt die Wahrscheinlichkeit für einen vorzeitigen Tod, berichten die Forschenden.
Welchen Einfluss haben Arbeitsstressoren?
Sogenannte Arbeitsstressoren (Merkmale von Arbeitssituationen, welche wahrscheinlich eine Stressreaktionen auslösen) führen eher zu Depressionen und einem vorzeitigen Tod. Dies gilt besonders für Tätigkeiten, bei denen die arbeitende Person wenig Kontrolle hat oder bei Menschen mit geringeren kognitiven Fähigkeiten.
Arbeitsanforderungen können die Gesundheit auch verbessern
Arbeitsanforderungen können jedoch auch zu einer verbesserten Gesundheit und einer geringeren Sterbewahrscheinlichkeit führen, wenn sie mit mehr Kontrolle über die Arbeitsaufgaben einhergehen, berichten die Forschenden. „Wir glauben, dass dies darauf zurückzuführen ist, dass Arbeitskontrolle und kognitive Fähigkeiten als Ressourcen wirken, die den Menschen helfen, mit Arbeitsstressoren umzugehen”, mutmaßt Professor Gonzalez-Mulé.
Wie lässt sich Stress auf der Arbeit reduzieren?
Die Möglichkeit, nach eigenen Zeitplänen zu arbeiten und Arbeit so zu priorisieren, dass vorhandene Arbeitsziele erreicht werden können, hilft Menschen besser mit dem Stress umzugehen. Klügere Menschen scheinen dabei generell besser in der Lage zu sein, sich an die Anforderungen eines stressigen Jobs anzupassen und Wege zu finden, mit Stress umzugehen.
Maßnahmen zu Stressreduzierung
Vorgesetzte sollten Personen, die in anspruchsvollen Berufen arbeiten, mehr Kontrolle gewähren. In Berufen, in denen dies nicht möglich ist, sollte eine entsprechende Reduzierung der Anforderungen angestrebt werden, berichten die Forschenden. Wenn man beispielsweise den Menschen die Möglichkeit gibt, sich ihre eigenen Ziele zu setzen oder zu entscheiden, wie sie ihre Arbeit erledigen wollen, könnte sich dies positiv auf die Gesundheit auswirken. Dies gilt auch für eine Reduzierung der Arbeitszeit.
Hohe kognitive Fähigkeiten für anspruchsvolle Aufgaben
Unternehmen sollten außerdem Personen mit hohen kognitiven Fähigkeiten für anspruchsvolle Aufgaben auswählen. Auf diese Weise werden die Unternehmen von der höheren Arbeitsleistung profitieren, die mit intelligenteren Mitarbeitenden verbunden ist, und gleichzeitig eine gesündere Belegschaft haben, erläutern die Forschenden.
Verstärkte Probleme in Zeiten von COVID-19
COVID-19 könnte mehr Probleme mit der psychischen Gesundheit verursachen, deshalb ist es besonders wichtig, dass die Arbeit diese Probleme nicht auch noch verschlimmert, sagt Professor Gonzalez-Mulé. Daher sollten die Anforderungen der arbeitenden Personen vernünftig kontrolliert und gegebenenfalls sogar reduziert werden. Vorgesetzte sollten sich der kognitiven Fähigkeit ihrer Mitarbeitenden bewusst sein und ihnen ausreichend Autonomie gewähren, fügt die Forschungsgruppe hinzu.
Fazit der Studie
Die aktuelle Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, dass die psychische Gesundheit und Sterblichkeit in einem engen Zusammenhang stehen mit dem Maß an Autonomie am Arbeitsplatz, der Arbeitsbelastung, den vorhandenen Arbeitsanforderungen sowie mit der kognitiven Fähigkeit der einzelnen Person, mit diesen Anforderungen umzugehen. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Erik Gonzalez-Mulé, Bethany S. Cockburn: This job is (literally) killing me: A moderated-mediated model linking work characteristics to mortality., in Journal of Applied Psychology (Veröffentlicht 2020), Journal of Applied Psychology
- Is your job killing you? Stress, lack of autonomy and ability can lead to depression and death, Indiana University (Veröffentlicht 19.05.2020), Indiana University
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.