Bei Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Krankengeld
18.01.2014
Leider ist nicht jede Krankheit schon nach ein paar Tagen Ruhe ausgestanden. Beschwerden wie Rückenschmerzen oder eine Depression dauern oft Wochen. Arbeitnehmer, die länger als sechs Wochen krank sind haben einen Anspruch auf Krankengeld. Dessen Höhe hängt dabei vom Einkommen vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit ab.
Anspruch nach sechs Wochen
Krankheiten wie eine Depression oder ein schmerzhaftes Rückenleiden sind in der Regel nicht nach wenigen Tagen vorbei, sondern dauern meist Wochen oder gar Monate. Für Arbeitnehmer muss nach einer Krankschreibung der Lohn sechs Wochen lang weiter vom Arbeitgeber bezahlt werden. Nach dieser Frist muss die Krankenkasse einspringen, und zwar mit 70 Prozent des Bruttogehalts. Manuela-Andrea Pohl vom Verband der Ersatzkassen (vdek) in Berlin erklärte dazu: „Versicherte haben einen Anspruch auf Krankengeld, wenn ihre Krankheit sie arbeitsunfähig macht.“
Entscheidung trifft der Arzt
Die Entscheidung darüber, wann ein Mensch arbeitsunfähig ist, treffe der Arzt. Dirk Lullies vom Verband der Privaten Krankenversicherung PKV in Berlin erklärte dazu, dass arbeitsunfähig bedeute, wenn jemand seinen bisherigen Beruf zu weniger als 50 Prozent ausüben könne. Zudem müsse die Ursache tatsächlich eine Krankheit und nicht etwa ein Unfall sein, denn dann sei die Unfallversicherung zuständig. Pohl zufolge könne eine Behandlung in einem Krankenhaus oder in einer Vorsorge- beziehungsweise Rehabilitationseinrichtung ein weiterer Grund für Krankengeld sein.
Auch Arbeitslose habe Anspruch auf Krankengeld
Wie Ann Marini vom GKV-Spitzenverband in Berlin erklärte, hängt die Höhe des Krankengeldes vom Einkommen vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit ab. Demnach betrage sie bei Arbeitnehmern 70 Prozent des Bruttogehaltes, maximal jedoch 90 Prozent des bisherigen Nettoeinkommens. Bezieher von Arbeitslosengeld I erhielten Krankengeld in Höhe der zuletzt bezogenen Leistungen und freiwillig versicherte Selbstständige könnten beim Abschluss ihrer Versicherung wählen, ob sie Krankengeld erhalten wollten. Dies erhöhe jedoch deren Beiträge. Insgesamt könne ein Versicherter innerhalb von drei Jahren bis zu 78 Wochen Krankengeld erhalten. „Das gilt für jede Krankheit einzeln“, so Pohl. Dabei werde ab dem ersten Tag des Beginns der Arbeitsunfähigkeit gerechnet.
Privat Versicherte erhalten bis zu 100 Prozent
Nach ähnlichen Richtlinien erhalten auch privat Versicherte ihr Krankengeld. Lullies erklärte: „Es kann bis zu 100 Prozent des Nettoverdienstes ersetzen.“ Dabei lege die Versicherung den Durchschnittsverdienst der vergangenen zwölf Monate vor Krankheitsbeginn zugrunde. Zudem ende der Anspruch auch nicht zwangsweise nach 78 Wochen, sondern könne unter Umständen bis zum tatsächlichen Ende der Erkrankung weitergezahlt werden. Selbständige könnten einen Tarif wählen, bei dem nicht erst ab der siebten Woche, sondern schon nach wenigen Tagen Krankengeld bezahlt werde. Dies sei dann jedoch teurer und zudem müssten die Versicherten ihrem Anbieter mitteilen, wenn sich ihr Nettoeinkommen ändere.
Auf lückenlose Krankschreibung achten
Grundsätzlich gilt, dass man nur einen Anspruch hat, wenn man bestimmte Regeln befolgt. Laut Pohl seien es oft Kleinigkeiten, die Versicherte beim Krankengeld außer Acht ließen. „Unser Tipp: Achten Sie immer darauf, dass die Krankschreibung lückenlos ist“, so ihr Rat. Beispielsweise sollte derjenige, der erst einmal von Montag bis Freitag krankgeschrieben ist und verlängern müsse, dies bereits am letzten Tag der Krankschreibung, also am Freitag, tun. Dies deshalb, da bei einer erneuten Krankschreibung ab Montag die Kassen kein Geld für das zurückliegende Wochenende zahlten.
Wichtig für die Rentenversicherungsbescheinigungen
Dies mindere nicht nur das Krankengeld selbst, sondern „Das fällt hinterher auch bei den Rentenversicherungsbescheinigungen auf“, wie Pohl erläuterte. Vom Krankengeld würden nämlich auch Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge bezahlt. Außerdem sei wichtig: „Der Arbeitnehmer sollte den Durchschlag seiner Krankschreibung, den er vom Arzt für seine Versicherung erhält, schnell dorthin schicken.“ Die Kasse könne den Fall umso schneller bearbeiten, je eher der Versicherte den Beleg verschickt.
Manche ohne automatischen Anspruch
Keinen automatischen Anspruch auf Krankengeld haben zum einen diejenigen Selbstständigen, die sich nicht für einen dementsprechenden Tarif entschieden haben und zudem auch diejenigen, die nur wenige Tage oder Wochen in einem Unternehmen arbeiten. Pohl erklärte dazu, dass dazu beispielsweise Saisonarbeitskräfte zählten, die Verträge von weniger als zehn Wochen Dauer unterschreiben. Jedoch könnten sie gegen einen Aufpreis die Möglichkeit auf Krankengeld mitversichern, je nach Tarif auch schon vor der siebten Woche.
Organspender erhalten mehr Geld
Pohl zufolge habe sich an der gesetzlichen Grundlage zum Krankengeld in den vergangenen Jahren eigentlich nichts geändert. Doch seit August 2012 hätten nun Menschen, die zu Lebzeiten ein Organ spenden, einen Anspruch darauf, dass die Krankenkasse des Empfängers ihnen Krankengeld für die Zeit nach der Spende zahlt. „Organspender erhalten sogar mehr Geld“, so Pohl. So erhielten Organspender im Gegensatz zu den üblichen 70 Prozent im Spendenfall bis zu 100 Prozent ihres Gehaltes bezahlt.
Kassen verweigern oft benötigte Hilfe
Die gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland verweigern ihren rund 70 Millionen Mitgliedern jedoch immer häufiger benötigte Hilfen. Hunderttausende Krankenversicherte hätten von ihrer Versicherung im Jahr 2012 einen negativen Bescheid zu Leistungen wie Reha-Maßnahmen, Hilfsmitteln oder Krankengeld erhalten, berichtete die Nachrichtenagentur „dpa“ unter Berufung auf Zahlen des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vor wenigen Monaten. So kamen in 16 Prozent aller von den Krankenkassen initiierten Überprüfungen zur Arbeitsunfähigkeit Gutachter zum Ergebnis, dass die Arbeitnehmer gesund seien und wieder arbeiten könnten. (ad)
Bild: Andrea Damm / pixelio.de
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