Viele Arthrose-Patienten greifen für ihre Behandlung tief in die eigene Tasche
Arthrose ist laut Fachleuten die häufigste aller Gelenkerkrankungen. Bislang gibt es keine krankheitsspezifische Behandlung. Es gibt aber einiges, was Betroffenen hilft. Viele Patientinnen und Patienten investieren aber viel Geld für Behandlungen, deren Nutzen oft nicht klar ist.
Der Deutschen Arthrose-Hilfe zufolge ist Arthrose die häufigste Gelenkerkrankung. Betroffen sind meist Hände, Knie und Hüfte. Rund fünf Millionen Menschen in Deutschland leiden unter Beschwerden, die durch eine Arthrose verursacht werden, mit steigender Tendenz. Viele von ihnen investieren viel Geld in Privatleistungen, die nichts bringen.
Leistungen oft ohne Nutzen
Wie die Krankenkasse Barmer in einer Mitteilung schreibt, greifen zwei von fünf Arthrose-Patientinnen und -Patienten für ihre Behandlung tief in die eigene Tasche. Sie kaufen sogenannte individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL), deren Nutzen oft unklar ist oder sich erst gar nicht einstellt.
Das belegt eine Studie von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Universitäten in Oldenburg und Dresden, der Charité und des Deutschen Rheumaforschungszentrums in Berlin sowie der Barmer.
Demnach haben 39 Prozent der befragten 2.363 Versicherten mit Arthrose zwischen 30 und 79 Jahren innerhalb eines Jahres IGeL privat finanziert, beispielsweise Spritzen. Und zwei Drittel der Befragten hofften, ihr Leiden durch Angebote außerhalb der Arztpraxis zu lindern.
Laut der Krankenkasse gaben 49 Prozent der IGeL-Nutzerinnen und -Nutzer an, dass sich ihre Beschwerden gebessert hätten.
Mehr als 300 Euro pro Jahr für Privatleistungen
„Ganz gleich, an welchem Gelenk man unter Arthrose leidet, sie lässt sich im besten Fall aufhalten, nicht heilen. Die Betroffenen suchen daher Hilfe abseits der Schulmedizin. Sie können aber nicht sicher sein, dass ihre Schmerzen gelindert und Gelenke beweglicher werden“, sagt Dr. Ursula Marschall, leitende Medizinerin der Barmer.
Der Aufwand dafür sei erheblich. Ein Drittel der Befragten habe innerhalb eines Jahres über 300 Euro für IGeL und Co. aufgewendet. Umso wichtiger sei es, sich in Ruhe und gut informiert für oder gegen privat finanzierte Gesundheitsleistungen zu entscheiden. Das Wichtigste sei stets ein persönlicher Nutzen.
Fragen nach Alternativen jenseits der Schulmedizin
Am häufigsten nutzen mit 45 Prozent an Kniearthrose Erkrankte eine IGeL. Laut Co-Autor Prof. Dr. Klaus-Peter Günther, Ärztlicher Direktor der Klinik und Poliklinik für Orthopädie am Uniklinikum Dresden, liegt das vor allem am Leidensdruck. Dieser sei bei Kniearthrose besonders hoch, da sie extrem schmerzhaft sein könne.
Das fordere die Ärztinnen und Ärzte in ihrer Rolle als Ratgeber umso mehr, denn dazu gehöre auch, vor falschen Erwartungen bei einer IGeL zu warnen. So würden vor allem Orthopädinnen und Orthopäden sowie Hausärztinnen und Hausärzte häufig nach Alternativen jenseits der Schulmedizin gefragt.
„Ärztinnen und Ärzte sollten ausführlich über Risiken und Nebenwirkungen von IGeL aufklären und den persönlichen Nutzen für den Patienten herausarbeiten“, so Günther.
Was Betroffenen helfen kann
Arthrose lässt sich bislang nicht heilen. Um die Beschwerden zu lindern, wird eine große Zahl von Behandlungen angeboten, doch nur für wenige Therapien ist durch aussagekräftige Studien nachgewiesen, dass sie das Fortschreiten der Arthrose abbremsen oder die Beschwerden lindern können, erklärt das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) auf dem Portal „gesundheitsinformation.de“.
Zu den wirksamen Behandlungsmaßnahmen gehören – je nach Gelenk – Bewegungstherapien oder Reha-Sport sowie Schmerzmittel. Bei starkem Übergewicht wird insbesondere bei Knie- oder Hüftarthrose eine Gewichtsabnahme empfohlen. Und bei einer Arthrose der Finger- oder Handgelenke kann eine Ergotherapie vermitteln, wie man belastende Bewegungen vermeidet oder sie gelenkschonend ausführt.
Zudem lassen sich die Gelenke durch Hilfsmittel wie Gehstöcke (bei Knie- und Hüftarthrose) und spezielle Stifte, Greif- und Öffnungshilfen für Gläser und Flaschen (bei Fingerarthrose) entlasten. In manchen Fällen werden auch stabilisierende Schienen eingesetzt.
Zwar berichten viele Betroffene über positive Erfahrungen mit Behandlungsmöglichkeiten der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM), sowie Verfahren wie Akupunktur, Schröpfen oder Qi Gong, doch nachgewiesen, dass sie bei Menschen mit Arthrose wirken, ist dies meist nicht.
Dies gilt laut dem IQWiG unter anderem auch für Gelenkspiegelungen (Arthroskopie), pflanzliche Arzneien, Nahrungsergänzungsmittel, Spritzen mit Hyaluronsäure, Ultraschalltherapien und die transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS).
Ist eine Knie- oder Hüftarthrose weit fortgeschritten, können die abgenutzten Gelenkflächen durch ein künstliches Gelenk, eine sogenannte Endoprothese, ganz oder teilweise ersetzt werden. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Barmer: Arthrose treibt Patienten zu Privatleistungen, (Abruf: 06.01.2020), Barmer
- Deutsche Arthrose-Hilfe: Wie häufig ist Arthrose?, (Abruf: 06.01.2020), Deutsche Arthrose-Hilfe
- Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG): Arthrose: Behandlung, (Abruf: 06.01.2020), gesundheitsinformation.de
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.