Sozialgericht Mainz gibt 74-jährigem Augenarzt neue Chance
Mainz (jur). Alter darf nicht das alleinige Kriterium für die Besetzung eines Arztsitzes sein. Das gilt selbst dann, wenn einer der Bewerber bereits 74 Jahre alt ist, wie das Sozialgericht (SG) Mainz in einem am Donnerstag, 16. Juni 2016, bekanntgegebenen Urteil entschied (Az.: S 16 KA 211/14).
Die Zahl der für die gesetzliche Krankenversicherung zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzte ist in vielen eher überversorgten Gebieten begrenzt. Für die Nachbesetzung frei gewordener Arztsitze sind der Zulassungs- und gegebenenfalls der Berufungsausschuss zuständig, die bei der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung angesiedelt sind. Über Klagen verhandeln dann die Sozialgerichte.
Im Streitfall konkurrierten ein 64-Jähriger und ein 74-Jähriger um einen Vertragsarztsitz als Augenarzt. Der Zulassungsausschuss entschied sich für den 74-Jährigen, weil dieser bereits länger auf der Warteliste stand.
Der 64-Jährige rief daraufhin den Berufungsausschuss an. Der hielt den 74-Jährigen sogar für besser geeignet war. Dennoch entschied er sich für den Jüngeren, weil dieser noch länger als Vertragsarzt arbeiten und deshalb besser eine kontinuierliche Versorgung gewährleisten könne.
Auf Klage des 74-Jährigen hob das SG Mainz diese Entscheidung nun auf. Mit seinem jetzt bekanntgegebenen Urteil vom 11. Mai 2016 verpflichtete es den Berufungsausschuss, neu über die Besetzung zu entscheiden.
Zwar dürften die Zulassungsgremien das Alter des Bewerbers durchaus berücksichtigen. Hier sei dies aber erkennbar das alleinige Kriterium gewesen. Das dürfe „schon aus Diskriminierungsgesichtspunkten nicht sein“, betonten die Mainzer Richter.
Deutlicher werde dies beim Vergleich beispielsweise eines 35-jährigen und eines 45-jährigen Bewerbers. Ein bloßes Abstellen auf das Alter würde „zu einer grundsätzlichen Benachteiligung des älteren Bewerbers führen“. Allein wegen des jüngeren Alters könne aber nicht auf eine bessere oder kontinuierlichere Versorgung geschlossen werden. Denn es gebe auch viele persönliche Gründe, eine Praxis aufzugeben oder an einen anderen Ort zu verlegen. zwo
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