Krankheitsüberträger: Asiatische Mücke in Deutschland heimisch
16.06.2014
Zahlreiche Infektionskrankheiten werden durch Mücken übertragen. Mit jedem Stich können die kleinen Blutsauger gefährliche Krankheitserreger übertragen. In einem neuen Sicherheitslabor wollen nun Experten erforschen, welche Gefahr von eingewanderten Moskitos ausgeht.
Heimische Hausmücke hat Konkurrenz aus Asien bekommen
Die Gemeine Hausmücke Culex pipiens, die hier beheimatet ist, hat mittlerweile Konkurrenz aus Asien bekommen. Der Insektenforscher Helge Kampen vom Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) auf der Ostseeinsel Riems erklärte laut einer Nachrichtenagentur dpa: „Die Asiatische Buschmücke hat sich inzwischen in Deutschland etabliert. Wir sind uns sicher, dass sie hier überwintert.“ Das FLI ist das Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit. Die Asiatische Buschmücke war erstmals 2008 in Süddeutschland entdeckt worden, später vor allem in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen und auch in diesem Jahr konnten die FLI-Wissenschaftler das Insekt in Nordrhein-Westfalen nachweisen.
Forscher wollen in neuem Sicherheitslabor exotische Mücken züchten
Aedes japonicus, wie die Asistaische Buschmücke im Lateinischen heißt, wurde als erste einst exotische Stechmückenart unter den 50 heimischen Arten in den Katalog der in Deutschland lebenden Mücken aufgenommen. „Die Bekämpfung der Buschmücke macht keinen Sinn mehr, sie hat sich zu weit in Deutschland ausgebreitet“, so Kampen. Die Wissenschaftler des FLI nehmen nun in einem neuen Sicherheitslabor sowohl exotische als auch heimische Mückenarten genauer ins Visier. Die Entomologen starteten vor zwei Monaten in dem mit Luftschleusen gesicherten „Insektarium“ erste Zuchtversuche der Exoten. Männliche und weibliche Buschmücken sollen sich in gazebespannten Boxen und bei Idealbedingungen mit mindestens 70 Prozent Luftfeuchtigkeit und 24 Grad Raumtemperatur zunächst zur Befruchtung treffen. Da Mücken in freier Natur Kopulationsschwärme bilden, sei dies nicht ganz einfach. Sollte die Zucht aber gelingen, wollen die Biologen und Insektenforscher Ende 2014 erste Infektionsversuche starten, um das Übertragungspotenzial zu erforschen.
Überträger exotischer Infektionskrankheiten
Die Aedes japonicus zählt zu Überträgern gefährlicher Infektionskrankheiten. So kann die Mücke mit den geringelten Mustern an den Beinen möglicherweise hierzulande nicht auftretende Krankheiten wie das West-Nil-Fieber, das Dengue-Fieber oder das Chikungunya-Fieber übertragen. All diese Erkrankungen sind für den Menschen gefährlich und können teilweise tödlich enden. Das Chikungunya-Fieber verläuft normalerweise nicht tödlich. Neben dem Fieber und den Muskel- beziehungsweise Gliederschmerzen kann es auch zu Symptomen wie unter anderem Lymphknotenschwellung, Juckender Hautausschlag, Schleimhautblutungen oder Magen-Darm-Beschwerden kommen.
West-Nil-Erkrankungen in Griechenland
Beim West-Nil-Fieber handelt es sich um eine Zoonose, das heißt, dass das Virus per Mücke von einem infizierten Tier auf den Menschen übertragen werden kann. Infizierte leiden meist an Kopfschmerzen und Gliederschmerzen, häufig begleitet von Erbrechen und Durchfall. West-Nil-Erkrankungen kommen unter anderem auch in Griechenland vor; bereits mehrere Erkrankte starben. Immer mehr der exotischen Mücken dringen mit dem Klimawandel und dem globalisierten Handel nach Mitteleuropa vor. “Selbst die aggressive Asiatische Tigermücke wurde bereits in Deutschland gesichtet. Für die Forscher sei es nur eine Frage der Zeit, bis sie sich ebenso wie die Asiatische Buschmücke hierzulande etablieren wird.”
Heimische Mücken könnten künftig weitere Krankheiten übertragen
Doch auch heimische Mückenarten könnten angesichts wärmerer Temperaturen Überträger bislang hier nicht bekannter Krankheitserreger werden, meint Stefanie Becker, Leiterin des FLI-Instituts für Infektionsmedizin. „Jedes Virus hat eine Temperaturspanne, unter denen es sich besonders gut entwickelt.“ Dass Mücken Krankheiten übertragen, spreche für die Gewieftheit mancher Erreger. „Es ist schlau von dem Virus, mit den Mücken einen Zwischenwirt zu haben, der selbst nicht erkrankt“, so Becker. Viren, die durch heimische Stechmücken auf den Menschen übertragen werden, wie etwa das Sindbis-Virus, das Tahyna-Virus oder das Batai-Virus, gibt es in Europa schon seit langer Zeit. In der Regel sind die Infektionen nicht schwerwiegend und gehen meist mit leichten Symptomen einer Sommergrippe einher.
Gefährliche Erreger für Mensch und Tier
„Nach der Ausrottung der Malaria in Deutschland verschwand auch das Interesse an der Mückenforschung – bis 2006 an der Blauzungenkrankheit Tausende Rinder und Schafe starben“, erklärte der Leiter des Bundesforschungsinstituts, Thomas C. Mettenleiter. Der volkswirtschaftliche Schaden, der durch die Seuche verursacht wurde, wird allein in Deutschland auf 200 Millionen Euro geschätzt. Vor allem solche exotischen, von Mücken übertragbare Erreger, die neben dem Menschen auch Nutztieren wie Rinder, Schafe, Pferde oder Geflügel gefährlich werden können, rücken für die Tierseuchenforscher auf der Insel Riems in den Blick. Dazu zählen unter anderem “das Rifttal-Fieber-Virus oder das Japanische Enzephalitis-Virus”. Das in Afrika beheimatete Rifttal-Fieber-Virus kann von verschiedenen Stechmückenarten übertragen werden. Wie Becker berichtete, ist es inzwischen von Kenia bis auf die arabische Halbinsel vorgedrungen. Und auch das ursprünglich in Afrika beheimatete Usutu-Virus, an dem auch in Deutschland Amseln verendeten, wird von Stechmücken übertragen. (ad)
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