Effekt von Asthma-Sprays als Dopingmittel überprüft
Nach dem Motto „Höher, schneller, weiter“ greifen manche Sportlehrerinnen und Sportler zu Wirkstoffen, um ihre körperliche Leistungsfähigkeit zu optimieren. Auch Asthma-Sprays werden als Dopingmittel eingesetzt. Eine Studie zeigt nun, dass solche Medikamente Veränderungen der Lungen- oder Herzfunktion hervorrufen können.
Eine Untersuchung der Ulmer Universitätsmedizin hat den Effekt von Asthma-Medikamenten auf die Leistungsfähigkeit von Sportlerinnen und Sportlern überprüft. In einer Mitteilung des Universitätsklinikums Ulm wird über die Ergebnisse berichtet.
Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit
In einer Studie der Sektion Sport- und Rehabilitationsmedizin des Universitätsklinikums Ulm, die in den letzten zwei Jahren durchgeführt wurde, haben Forschende untersucht, inwieweit Asthma-Medikamente sich auf die Leistungsfähigkeit von Profisportlerinnen und -sportler auswirken.
Insgesamt 24 Teilnehmende – 12 sportliche Männer und 12 sportliche Frauen im Alter von 18 bis 45 Jahren – radelten einmal in der Woche in der Sektion Sport- und Rehabilitationsmedizin zehn Minuten lang bei höchstmöglicher körperlicher Leistungsfähigkeit im Rahmen eines simulierten Time Trials (TT).
Die Medikamente Formoterol sowie Salbutamol sowie ein Placebo wurden in verschiedenen Kombinationen eingesetzt.
Alle Probandinnen und Probanden wurden vor Einschluss in die Studie intensiv auf ihre gesundheitliche und körperliche Eignung sowie ihre wettkampforientierte Erfahrung und Ausdauerleistung untersucht, um möglichst genau die Verhältnisse im Hochleistungssport abzubilden.
Bei den Teilnehmenden wurden unter anderem die erbrachte Leistung, die Lungenfunktion, der Blutdruck und Herzkontraktilitäts-Veränderungen bestimmt sowie nach der Belastung eine Muskelbiopsie am Oberschenkel entnommen.
Die Kooperationspartner dieser Studie, die Arbeitsgruppen von Prof. Dr. Maria Kristina Parr (Freie Universität Berlin, Institut für Pharmazie) sowie Prof. Dr. Patrick Diel (Deutsche Sporthochschule Köln, Institut für Kreislaufforschung und Sportmedizin), führten zusätzliche Experimente zu anabolen Effekten von Asthma-Medikamenten in Zellkultur sowie massenspektrometrische Spurenanalysen durch.
Valide Studienergebnisse
Die Studie lief wie geplant zwei Jahre – ein Jahr für den praktischen Teil und ein Jahr für die Auswertung – und konnte trotz Corona-Pandemie erfolgreich durchgeführt werden. Als wichtigste Erkenntnisse konnten unter anderem folgende Rückschlüsse gezogen werden:
Das Studiendesign war sowohl für Frauen als auch für Männer geeignet und lieferte valide Studienergebnisse in Hinblick auf den Einfluss von Asthma-Sprays auf die Leistungsfähigkeit bei beiden Geschlechtern.
Herzfunktion: Es konnte ein Behandlungseffekt auf die Kontraktionsfähigkeit des Herzmuskels, gemessen durch die echokardiographische Funktion (Global Longitudinal Strain) nachgewiesen werden. Ein deutlicher Effekt zeigte sich nach der kombinierten Behandlung mit den Medikamenten Salbutamol und Formoterol.
Lungenfunktion: Unmittelbar nach dem zehnminütigen Leistungstest zeigten die Teilnehmenden eine weiterhin erhöhte Einsekundenkapazität, also die größtmögliche Menge an Luft, die innerhalb von einer Sekunde forciert ausgeatmet werden kann.
Bei der Anwendung von medizinisch nicht indizierten inhalativen ß2-Agonisten ergeben sich zudem möglicherweise (in höherer Dosierung oder bei der Kombination von kurz- und langwirksamen ß2-Agonisten) positive Effekte auf Gesunde und deren sportliche Leistung durch Effekte auf die Einsekundenkapazität.
Auf genetischer Ebene im Muskel zeigten sogenannte Pathway-Analysen, mit denen die Hoch- oder Runterregulierung von Genen untersucht werden kann, Unterschiede in der Aktivierung des mit der Wirkung der Asthma-Medikamente zusammenhängenden Adrenozeptors Beta 2 (ADRB2) durch die Behandlung.
Auf der Grundlage dieser Genanalysen zeigte sich bei einer kombinierten Medikation eine statistisch bedeutende Hochregulation der ADRB2 Gene um den Faktor 1,53 im Vergleich zur Placebo-Gabe. Des Weiteren war das sogenannte NR4A2-Gen als ein potentieller Regulationsmechanismus für eine verbesserte Regulierung der Stoffwechselleistung bei Ausdauer- oder Krafttraining hochreguliert.
Ein klarer Behandlungseffekt konnte für die Hormone LH, FSH sowie Insulin im Blut gezeigt werden, was die anabole, also aufbauende Wirkung der ß2-Agonisten verdeutlicht und potentiell bei längerer Anwendung Einfluss auf die körperliche Leistungsfähigkeit haben könnte.
Dabei wurde in den Urinproben keine Konzentration detektiert, die als Doping gewertet würde, wenn es eine echte Dopingkontrolle wäre.
Die Arbeitsgruppe aus Köln untersuchte die anabolen Effekte in C2C12-Zellkulturen über einen längeren Zeitraum und zeigte dabei ganz eindeutig die anabolen Effekte von 2-Agonisten auf das Muskelzellwachstum in vitro.
Potenziell sehr leistungssteigernd
Können die Veränderungen der Lungen- oder Herzfunktion bei Ausdauersportarten nun, zum Beispiel bei einsetzender Ermüdung, durch die Verabreichung des Medikaments während eines Wettkampfs begünstigt werden?
„Beide Effekte könnten sich nach aktueller Evidenzlage potenziell leistungssteigernd auswirken“, sagt Prof. Dr. Jürgen M. Steinacker, Ärztlicher Leiter der Sektion Sport- und Rehabilitationsmedizin am Universitätsklinikum Ulm.
„Weitere Studien müssen dieser Frage nun nachgehen, um einen möglichen Wettbewerbsvorteil auszuschließen und die Gesundheit aller Athletinnen und Athleten zu schützen. Mögliche Implikationen für die Doping-Kontrolle dieser Substanzen sowie potentielle Nebenwirkungen sollten nun diskutiert werden.“ (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Universitätsklinikum Ulm: Asthmaspray als Dopingmittel?, (Abruf: 27.08.2022), Universitätsklinikum Ulm
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.