Nebenwirkungen durch inaktive Wirkstoffe in Medikamenten?
Arzneimittel, welche wir einnehmen, enthalten viele sogenannte inaktive Inhaltsstoffe, welche keine Reaktionen im Körper auslösen sollen. Experten fanden jetzt aber heraus, dass auch diese inaktiven Inhaltsstoffe bei einigen Patienten allergische Reaktionen oder andere Symptome einer Lebensmittelunverträglichkeit auslösen können.
Die Wissenschaftler vom Massachusetts Institute of Technology und der Harvard Medical School stellten bei ihrer aktuellen Untersuchung fest, dass inaktive Inhaltsstoffe in unseren Medikamenten manchmal doch nicht so inaktiv sind und beispielsweise zu allergischen Reaktionen führen können. Die Mediziner publizierten die Ergebnisse ihrer Studie in dem englischsprachigen Fachblatt „Science Translational Medicine“.
Was sind inaktive Wirkstoffe?
Unsere Arzneimittel enthalten viele aktive und inaktive Inhaltsstoffe. Aktive Wirkstoffe sind jene, die einen therapeutischen Nutzen bieten, während inaktive Inhaltsstoffe nicht selber im Körper reagieren und stattdessen die Eigenschaften des Medikaments verbessern, wie beispielsweise Geschmack, Aussehen und die Fähigkeit vom Körper aufgenommen zu werden.
71 Prozent des Gewichts von Pillen bestehen aus inaktiven Inhaltsstoffen
Die Wissenschaftler begannen sich mit inaktiven Inhaltsstoffen zu befassen, nachdem sie einen Patienten mit Zöliakie behandelt hatten, der auf inaktive Wirkstoffe in einem Medikament reagierte. Die Experten durchforschten die medizinische Literatur nach Berichten über Patienten, die auf inaktive Inhaltsstoffe reagierten. Sie fanden so einige Studien mit Patienten, die allergische Reaktionen auf inaktive Inhaltsstoffe wie Laktose zeigten. Laktose ist in vielen Pillen enthalten. Die Mediziner fanden jedoch keine Studien, in denen untersucht wurde, ob bestimmte inaktive Inhaltsstoffe weniger extreme, aber wahrscheinlich häufiger auftretende Symptome von Nahrungsmittelunverträglichkeiten (wie beispielsweise Blähungen oder Bauchschmerzen) verursachen. Also untersuchten sie die Daten über inaktive Inhaltsstoffe. Dabei fanden sie heraus, dass Wirkstoffe im Durchschnitt etwas mehr als ein Viertel (29 Prozent) des Gewichts einer oralen Pille ausmachen. Die restlichen 71 Prozent des Gewichts stammen von inaktiven Inhaltsstoffen. Durchschnittlich enthält eine Pille mehr als acht verschiedene inaktive Inhaltsstoffe, im Extremfall kann sie jedoch bis zu 35 inaktive Inhaltsstoffe enthalten, erläutern die Experten.
Pharmaunternehmen verwenden rund 1.000 inaktive Inhaltsstoffe
Pharmaunternehmen haben rund 1.000 inaktive Inhaltsstoffe zur Auswahl, wenn sie Pillen herstellen. Von diesen Bestandteilen sind 38, wie beispielsweise Erdnussöl, Laktose und einige Farbstoffe, als Allergene bekannt. Obwohl die meisten inaktiven Inhaltsstoffe normalerweise getestet werden, um eine mögliche Toxizität zu überprüfen, und festgestellt wurde, dass sie bei den meisten Bevölkerungsgruppen zu keinerlei starken Auswirkungen führen, können die Tests bestimmte kleine Nebenwirkungen nicht erfassen, erläutern die Experten.
93 Prozent der untersuchten Pillen enthielten mindestens ein Allergen
Die Studie ergab, dass 93 Prozent der Pillen mindestens eines der 38 Allergene enthalten und fast alle Pillen Substanzen aufweisen, die für Menschen mit bestimmten Nahrungsmittelunverträglichkeiten problematisch sein könnten, wie zum Beispiel Gluten oder Zucker.
Einige Kritiker zweifeln die Ergebnisse an
Dennoch sind nicht alle Experten davon überzeugt, dass inaktive Inhaltsstoffe besonders problematisch sind. In den meisten Fällen würde die Menge des in der Medikation vorhandenen Nahrungsmittelproteins nicht ausreichen, um eine allergische Reaktion auszulösen, behaupten Kritiker der aktuellen Untersuchung. Zum Beispiel sei die Menge an Eiweiß, welche in Grippeimpfungen vorhanden ist, nicht ausreichend, um allergische Reaktionen auszulösen, selbst bei Menschen mit schweren Allergien gegen Eier.
Gelatine kann zu Problemen führen
Aber es gibt einen inaktiven Bestandteil, der bei Allergikern eindeutig Probleme verursachen kann: Gelatine. Einige Medikamente und Impfstoffe, die intravenös verabreicht bzw. injiziert werden, können größere Mengen Gelatine enthalten und Allergien auslösen. Daher sollten diese Arzneimittel von Menschen mit Gelatineallergien nicht verwendet werden. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.