Augenerkrankungen mit Risiko für Demenz verbunden
Bestimmte altersbedingte Erkrankungen der Augen sind laut einer aktuellen Studie gleichzeitig mit einem erhöhten Demenz-Risiko verbunden. Eine Beeinträchtigung des Sehvermögens kann dem Forschungsteam zufolge auch das erste Anzeichen von Demenz sein. Zudem könnte eine verminderte Stimulation der visuellen Sinneskanäle das Fortschreiten einer Demenz beschleunigen.
Forschende der Guangdong Academy of Medical Sciences in Guangzhou (China) haben gezeigt, dass das Vorliegen einer altersbedingten Makuladegeneration, eines grauen Stars (Katarakt) oder diabetesbedingter Augenkrankheiten auf ein erhöhtes Risiko für alle Demenzerkrankungen hinweist. Grüner Star (Glaukom) war dagegen nur mit dem Risiko für eine bestimmte Demenz-Form verbunden. Die Studienergebnisse wurden kürzlich in dem „British Journal of Ophthalmology“ vorgestellt.
Sind Augenerkrankungen ein Risikofaktor für Demenz?
Mehrere kleinere Studien haben bereits einen Zusammenhang zwischen bestimmten Augenerkrankungen und kognitiven Beeinträchtigungen nahegelegt. Die Häufigkeit dieser Augenerkrankungen nimmt mit steigendem Alter zu. Gleiches gilt auch für Erkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck, Herzkrankheiten, Depressionen und Schlaganfall. Auch solche Erkrankungen gelten als Risikofaktoren für Demenz. In der aktuellen Studie wurde nun untersucht, ob Augenerkrankungen ein unabhängiger Risikofaktor für Demenz sind.
Um dies zu untersuchen, analysierte die Arbeitsgruppe Daten von 12.364 Erwachsenen im Alter von 55 bis 73 Jahren, die im Rahmen der sogenannten UK Biobank-Studie gesammelt wurden. Alle Teilnehmenden wurden zu Beginn der Studie in den Jahren 2006 bis 2010 umfassend untersucht und bis zum Anfang des Jahres 2021 medizinisch nachbeobachtet. Während der Nachbeobachtungszeit wurden 2.304 Fälle von Demenz registriert.
Welche Augenerkrankungen sind mit Demenz verbunden?
Die Auswertung der Daten zeigte, dass die altersbedingte Makuladegeneration, der Katarakt sowie diabetesbedingte Augenerkrankungen mit einem erhöhten Risiko für Demenz jeglicher Art verbunden waren. Glaukome waren nur mit einem höheren Risiko für vaskuläre Demenz verbunden. Die vaskuläre Demenz ist auf eine verringerte oder blockierte Blutversorgung zurückzuführen.
Wie hoch steigt das Demenz-Risiko durch Augenerkrankungen?
Im Vergleich zu Personen, die zu Beginn der Studie keine Augenkrankheiten hatten, war das Demenzrisiko bei Personen mit altersbedingter Makuladegeneration um 26 Prozent, bei Personen mit Katarakt um 11 Prozent und bei Personen mit diabetesbedingten Augenkrankheiten um 61 Prozent erhöht.
Grunderkrankungen erhöhten das Demenz-Risiko weiter
Wenn zu Beginn der Studie bei den Teilnehmenden zusätzlich zu einer Augenerkrankung eine Grunderkrankung wie ein Herzinfarkt, ein Schlaganfall, Bluthochdruck oder Diabetes bekannt war, erhöhte sich das Demenz-Risiko weiter. Am höchsten war das Demenz-Risiko, wenn eine diabetesbedingte Augenerkrankung zusammen mit einer systemischen Grunderkrankung auftrat. Zudem war die Gefahr für das Entstehen einer Demenz zusätzlich erhöht, wenn mehrere Augenerkrankungen gleichzeitig vorlagen.
Einschränkungen der Studie
Da es sich um eine Beobachtungsstudie handelt, konnten die Forschenden die Ursachen für den Zusammenhang nicht feststellen. Zudem könnte die Prävalenz von Demenz höher sein, als in der Studie angegeben, da wahrscheinlich nicht alle Demenz-Fälle durch die medizinischen Aufzeichnungen und Sterberegister erfasst wurden.
Warum erhöhen Augenkrankheiten das Demenz-Risiko?
Die Mechanismen für den positiven Zusammenhang zwischen Augenerkrankungen und Demenz sind weitgehend unbekannt, aber es gibt mehrere mögliche Hypothesen. Zum einen teilen sich den Forschenden zufolge Augenerkrankungen und Demenz viele gemeinsame Risikofaktoren wie höheres Alter, niedriges Bildungsniveau, Rauchen und körperliche Inaktivität. Zudem sei ein Mangel an Sehkraft auch mit einer verminderten Aktivierung zentraler sensorischer Bahnen verbunden. Diese Verminderung sei eine mögliche Ursache für kognitive Einschränkungen und Schädigung der Hirnstruktur.
Fazit: Augenerkrankungen sind ein Risikofaktor für Demenz
Die Arbeitsgruppe kommt zu dem Schluss, dass „altersbedingte Makuladegeneration, Katarakt und diabetesbedingte Augenerkrankungen mit einem erhöhten Demenzrisiko verbunden sind“. Personen, die sowohl an einer Augen- als auch an einer Systemerkrankung leiden, haben zudem ein höheres Demenzrisiko als Personen, die nur an einer Augen- oder Systemerkrankung leiden.
Neu auftretende Grunderkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes, Schlaganfall, Herzinfarkt oder Depressionen können bei Personen mit Augenerkrankungen auf eine erhöhte Gefahr für Demenz hinweisen. Andersherum gilt dies auch für neu auftretende Augenerkrankung bei Personen mit bestehender Grunderkrankung, resümiert das Forschungsteam. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Guangdong Academy of Medical Sciences: Eye conditions linked to heightened risk of dementia (veröffentlicht: 13.09.2021), eurekalert.org
- Xianwen Shang, Zhuoting Zhu, Yu Huang, et al.: Associations of ophthalmic and systemic conditions with incident dementia in the UK Biobank; in: British Journal of Ophthalmology, 2021, bjo.bmj.com
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.