Bakterien nutzen Gen-Übertragung zur Weitergabe von Resistenzen
Die Entwickelung von resistenten Bakterienstämmen ist weltweit ein erhebliches Problem. Medikamentöse Behandlungen verlieren ihre Wirkung und bislang gut kontrollierbare Erkrankungen werden zu einer tödlichen Gefahr. Ermöglicht wird die rasante Ausbreitung der Resistenzen durch den Austausch von Erbinformationen zwischen den Bakterien. Wie dieser genau funktioniert haben Wissenschaftler des Instituts für Molekulare Biowissenschaften der Uni Graz gemeinsam mit britischen Forschern untersucht.
Der Austausch von Erbinformationen erlaubt Bakterien die Weitergabe von Resistenzen. Den aktuellen Ergebnissen des Forscherteams um Prof. Dr. Ellen Zechner vom Institut für Molekulare Biowissenschaften der Uni Graz zufolge spielt hierbei das Enzym Relaxase eine entscheidende Rolle. Die Wissenschaftler entschlüsselten in ihrer Studie die Struktur des Enzyms, das den Austausch der DNA zwischen Bakterien beeinflusst. Mit seiner Hilfe können ganze Populationen von Krankheitserregern binnen kürzester Zeit gegen verschiedene Antibiotika resistent werden, betonen die Experten. Die Ergebnisse der Forscher wurden in dem renommierten Fachjournal „Cell“ veröffentlicht.
Struktur des Schlüsselenzyms bestimmt
„Die weltweit rasant wachsende Zahl an Bakterienstämmen, denen Antibiotika nichts mehr anhaben können, stellt Medizin und Forschung vor große Herausforderungen“, warnen die Wissenschaftler. Eine wesentliche Rolle bei der Entwicklung der Resistenzen spiele der Austausch von Erbinformationen unter den Erregern. Dass Bakterien grundsätzlich Erbinformationen austauschen können, sei bereits seit den 1950er-Jahren bekannt, erläutern die Experten. Doch bisher blieb der genaue Ablauf dieses Prozesses weitgehend unklar. „Trotz intensiver Forschung ist es uns erst jetzt gelungen, die Struktur des dafür verantwortlichen Schlüsselenzyms zu bestimmen“, betont Prof. Zechner.
Binnen Minuten werden große DNA-Mengen übertragen
Die Gen-Übertragung zwischen Bakterien erfolgt laut Aussage der Wissenschaftler mit Unterstützung des Enzyms Relaxase, das gezielt Erbinformationen auswähle, die beiden DNA-Stränge durchtrenne und einen davon durch einen Tunnel in das Nachbarbakterium transportiere. Der jeweils fehlende Strang werde in kürzester Zeit wieder nachgebildet und beide Bakterien zeigen anschließend die so übertragene Immunität gegen bestimmte Medikamente. Die Resistent kann wiederum von beiden Bakterien weitergegeben werden. Auf diese Weise werden „binnen Minuten große Mengen an DNA übertragen“, was erkläre, warum sich Antibiotikaresistenzen derart rasant ausbreiten, berichtet Prof. Zechner.
Ansatz für neue Wirkstoffe
Die Forscher hoffen, dass ihre Erkenntnisse in Zukunft dazu beitragen könnten, „neue Wirkstoffe zu entwickeln, die den Austausch von Genen zwischen Bakterien unterbinden.“ Die bisherigen Versuche seien unter anderem daran gescheitert, dass „wir kein detailliertes Bild des Enzyms hatten“, so Prof. Zechner. Die aktuellen Studienergebnisse liefern nach Ansicht der Experten nun völlig neue Anhaltspunkte, um die Relaxase auszuschalten und damit die Verbreitung von Antibiotika-Resistenzen einzudämmen. (fp)
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