OLG Köln: US-Zusicherungen und gelebte Begnadigungspraxis reichen
Köln (jur). Eine drohende Anklage wegen Mordes schließt eine Auslieferung in die USA nicht aus. Sie ist zulässig, wenn die US-Behörden verbindlich auf Verhängung der Todesstrafe verzichten und wenn auch bei lebenslanger Haft realistische Chancen auf eine vorzeitige Entlassung bestehen, wie das Oberlandesgericht (OLG) Köln in einem am Freitag, 3. Juni 2016, bekanntgegebenen Beschluss entschied (Az.: 6 AuslA 134/15 – 102). Im konkreten Fall einer Honduranerin reichten dem OLG entsprechende Zusicherungen der USA sowie eine gelebte Begnadigungspraxis aus.
Die US-Strafverfolgungsbehörden werfen der Frau vor, im April 2014 zusammen mit einem Mittäter zwei Menschen ermordet zu haben. Das zuständige Gericht im US-Bundesstaat Louisiana hat einen Haftbefehl erlassen.
Im November 2015 wurde die Frau auf einer Polizeiwache im Raum Köln festgenommen, als sie dort in einer anderen Sache Anzeige erstatten wollte. Gegen ihre Auslieferung wehrt sie sich mit dem Hinweis, ihr drohe in den USA die Todesstrafe oder zumindest eine „übermäßig harte Strafe“.
Hintergrund ist zum einen die Abschaffung der Todesstrafe durch das Grundgesetz. Zudem hatte das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe Auslieferungen für unzulässig gehalten, wenn eine lebenslange Haft ohne Chance auf Resozialisierung droht (Beschluss vom 13. Januar 2010, Az.: 2 BvR 2299/09). Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg hatte entschieden, dass auch schwere Straftäter immer die Chance auf Freilassung und Rehabilitierung haben müssen (so EGMR-Urteil und JurAgentur-Meldung vom 9. Juli 2013, Az.: 66069/09, 130/10 und 3896/10).
In dem nun vom OLG Köln entschiedenen Fall hatte der zuständige Staatsanwalt eidesstattlich erklärt, er werde keine Todesstrafe beantragen; nach US-Recht darf sie das Gericht dann auch nicht verhängen. Auch das Justizministerium in Washington hatte zugesichert, im Fall einer Auslieferung werde die Todesstrafe nicht verhängt oder zumindest nicht vollstreckt. Das OLG Köln ging daher davon aus, dass der Honduranerin die Todesstrafe nicht droht.
Weiter hatten die US-Behörden auf die Möglichkeit einer Begnadigung bei „beanstandungsfreiem Vollzugsverhalten und guter Arbeitsleistung“ verwiesen. Dies werde auch tatsächlich angewandt, so das OLG. Zu lebenslanger Haft verurteilte Straftäter verbüßten in Louisiana durchschnittlich 20 Jahre. Das sei bei zweifachem Mord auch in Deutschland nicht ausgeschlossen. Insgesamt sei die Auslieferung daher zulässig.
Dabei betonte das OLG, es habe den Mordvorwurf selbst nicht geprüft. Hier sei es an „die schlüssigen Feststellungen des amerikanischen Gerichts“ gebunden, so das Gericht in seinem Beschluss vom 30. Mai 2016. mwo/fle
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