Unnötige Eingriffe: Großteil der Rücken-OPs in Deutschland sind überflüssig
In einer aktuellen Auswertung hat sich gezeigt, dass acht von zehn Rücken-Operationen, die in Deutschland durchgeführt werden, unnötig sind. Experten zufolge zeigen die Zahlen, dass in deutschen Kliniken oft zu schnell zum Skalpell gegriffen wird.
Konservative Therapien bei Rückenbeschwerden reichen häufig aus
Rückenschmerzen zählen zu den häufigsten gesundheitlichen Beschwerden hierzulande. Betroffenen wird meist geraten, sich bei Beschwerden nicht übermäßig zu schonen, sondern vielmehr den Rücken durch Bewegung zu stärken. Doch obwohl konservative Therapien bei Rückenschmerzen laut Experten oft ausreichen und eine OP nur selten sinnvoll ist, kommen immer mehr Patienten mit solchen Beschwerden in Deutschland ins Krankenhaus und werden operiert. Ein Großteil dieser Eingriffe ist jedoch überflüssig.
Oft wird zu schnell zum Skalpell gegriffen
Wie eine Auswertung eines speziellen Zweitmeinungsangebots der Techniker Krankenkasse (TK) zeigt, sind acht von zehn Rücken-Operationen unnötig.
Bei diesem Angebot können Patienten die Notwendigkeit einer Wirbelsäulen-Operation in speziellen Schmerzzentren überprüfen lassen.
Den Angaben zufolge bekamen 79 Prozent der Teilnehmer dabei die Empfehlung, sich konservativ – beispielsweise mit Krankengymnastik – behandeln zu lassen und kamen dauerhaft ohne Operation aus.
„Die Zahlen zeigen, dass die Ärzte in Deutschland oftmals zu schnell zum Skalpell greifen“, sagte Klaus Rupp, Leiter des TK-Versorgungsmanagements, laut einer Mitteilung.
„Natürlich gibt es Fälle, in denen eine Operation das Mittel der Wahl ist, aber die Entscheidung für solch einen Schritt sollte gut abgewogen und kritisch hinterfragt werden“, so der Experte.
Ärztliche Zweitmeinung
Bei dem TK-Projekt „Zweitmeinung vor Wirbelsäulen-Operationen“ können Versicherte vor einem geplanten Eingriff kostenlos eine professionelle ärztliche Zweitmeinung bei einem interdisziplinären Spezialistenteam einholen.
Den Angaben zufolge bekommen die Patienten bei Bedarf innerhalb von zwei Tagen einen Termin und können in einem der bundesweit rund 30 Schmerzzentren ihre OP-Empfehlung überprüfen lassen.
Das Behandlungsteam besteht aus einem Schmerztherapeuten, einem Physiotherapeuten sowie einem Psychotherapeuten. Die Experten untersuchen den Patienten und beraten ihn gemeinsam, wie er am besten zu behandeln ist.
Großteil der Patienten kann dauerhaft auf eine OP verzichten
Laut Angaben der TK bestätigte das Schmerzteam die Notwendigkeit eines operativen Eingriffs in den Jahren 2010 bis 2016 nur bei zehn Prozent der 2.400 Teilnehmer.
In 90 Prozent der Fälle rieten die Spezialisten der Schmerzzentren von der Operation ab und empfahlen eine konservative Behandlung.
„In einigen Fällen ist der Leidensdruck jedoch so groß, dass die Patienten sich irgendwann doch zu einem Eingriff entscheiden“, erklärte Rupp.
„79 Prozent der Patienten konnten aber dauerhaft auf eine OP verzichten. Das ist ein beeindruckender Erfolg. Wir wollen unseren Versicherten mit dem Zweitmeinungsprogramm mehr Sicherheit bei einer Entscheidung für oder gegen eine Operation geben.“
Mehr Fehltage aufgrund von Rückenproblemen
Kreuzschmerzen sind in Deutschland weit verbreitet. Das spiegelt sich auch in den Fehlzeiten der Beschäftigten wider.
Der TK-Gesundheitsreport 2018 hat gezeigt, dass gut jeder elfte Krankschreibungstag auf Rückenschmerzen zurückzuführen (8,8 Prozent) ist. Jeder Beschäftigte fehlte im Jahr 2017 durchschnittlich 1,3 Tage aufgrund der Diagnose „Rücken“.
Fast jeder dritte Erwachsene gab im Rahmen einer repräsentativen Meinungsumfrage für die TK-Bewegungsstudie 2016 an, ständig oder oft Rückenbeschwerden zu haben. Etwa ein Drittel hat ab und zu Probleme mit dem Kreuz.
Auch jüngere Menschen sind betroffen. 40 Prozent der 19- bis 39-Jährigen gaben an, häufig oder dauerhaft unter Beschwerden des Bewegungsapparats zu leiden. Um schmerzhaften Problemen mit dem Rücken vorzubeugen, hilft vor allem Bewegung.
Die TK-Bewegungsstudie zeigte, dass jeder vierte Antisportler ständig an Rückenschmerzen leidet. Bei den Gelegenheitssportlern mit wenigstens einer Stunde Sport pro Woche sind es nur noch 15 Prozent. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
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